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Bericht

Name des Laufes:32. Neusser Erftlauf
mehr zum Lauf: VID952
Datum des Laufes:20.11.2004 (Sat)
Ort:Neuss
Plz:D4
Homepage:http://www.erftlauf.de/
Strecken:15 km, 5 km sowie Schüler- u. Bambiniläufe
Beschaffenheit:größtenteils feste Wald -und Parkwege, durch Matsch und Laub aber glatt
Profil:flach
Wetter:ca 2°, bedeckt, teils Schneeregen
Teilnehmer:gesamt 948, davon 466 über 15 km
Name des Berichtenden: Ansgar LID1399
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Bericht vom 21.11.2004 (Sun)
Der Lauf fing für mich eigentlich schon Freitag an. Es stand nämlich die Frage an, wie schnell ich eigentlich laufen will. Klar: so schnell wie möglich, so langsam wie nötig. Da ich im Moment das Training für dieses Jahr aber abgeschlossen habe und im Sommer und Herbst kaum Läufe bestritten habe, ist das nicht so leicht festzustellen.
Deshalb habe ich mal ganz mutig den drsl-Rechner mit meiner aktuellen Bestzeit über 10 km gefüttert. Ich bin im Herbst 45:44 gelaufen, der Rechner macht etwas über 70 Minuten daraus. Das wäre Bestzeit und würde bedeuten, daß ich etwa 4:40 laufen müßte. Uff! Das ist aber schnell. Vielleicht lieber 4:45 laufen und den Rest gegen Ende rauslaufen? Das hört sich besser an.

Ich mache mich rechtzeitig auf den Weg, um knapp eine Stunde vor dem Start in Neuss zu sein. Weil die S-Bahn ein paar Minuten zu spät kommt und kurz vor Neuss-Süd eine halbe Ewigkeit auf freier Strecke wartet, wird es dann doch etwas später.
Ich nutze die Zeit aber, um festzustellen, daß ich, um bei 4:45er Tempo noch unter 70 Minuten zu kommen, die letzten beiden Kilometer knapp über 4:05 oder die letzten fünf (!) mit 4:30 laufen müßte. Örks! Dann lieber die ganze Strecke mit 4:40.

Bei der Ausgabe der Startunterlagen herrscht ziemliches Chaos, weil es nur zwei Tische gibt: Einen für M-R und einen für alle anderen Buchstaben. Als Nachmelder wäre ich schneller durchgekommen, aber schließlich komme ich doch noch an meine Nummer. Mit der in der Hand quetsche ich mich in die Umkleidekabine. Die ist voll wie eine Sardinenbüchse, aber irgendwie finde ich doch ein freies Eckchen. Jetzt stellt sich die nächste Frage, die mir bei einstelligen Temperaturen immer Kopfzerbrechen bereitet: was ziehe ich an? Ich einige mich schnell auf lang/lang + Handschuhe, und nach einigem Zögern kommt auch noch die Weste drüber.
Wieder draußen ist mir erbärmlich kalt, aber nach zweieinhalb Runden um den Platz wird es besser.

Zum richtigen Warmlaufen oder für Luxus wie Dehnen ist keine Zeit mehr. Ich quetsche mich irgendwo ins vordere Drittel, und ab geht's.
Mein Tempo habe ich schnell gefunden, und ich bin ganz guter Dinge.
Nachdem wir das Stadion verlassen haben, schiebt sich von rechts hinten ein giftgrünes Trikot heran. Das ist unsere Farbe, in diesem Falle getragen von Lothar, dem Oberhamster.
Daß er mich jetzt überholt, ist schon eine kleine Sensation: Wir sind auf den Distanzen unterhalb von 42 km in etwa gleichstark mit einem kleinen Vorsprung für ihn; seine Taktik ist aber normalerweise, flott zu starten, nach den ersten Kilometern einen Durchhänger zu haben, um dann gegen Ende wieder schneller zu werden. Ich kann also (wenn überhaupt) nur auf dem mittleren Abschnitt vor ihm sein.
Ich hänge mich also an ihn dran, und da kommt auch schon das 1km-Schild: 4:53. Ich laufe eigentlich schon recht schnell und habe nicht wirklich Lust, noch 13 Sekunden schneller zu werden. Naja, 75 Minuten sind immer drin. Jetzt fällt mir auf, daß mein linker Schuh sich etwas locker anfühlt. Ich hasse Doppelschleifen und mache sie nur, wenn es in Strömen regnet. Der wird also kaum bis zum Ende des Rennens durchhalten; ich beschließe aber, das zu ignorieren, bis er wirklich aufgeht. Während ich darüber sinniere, bin ich auch schon wieder vor Lothar. Hmm.

Dann laufen wir unter Der Brücke durch. Die Brücke hat eine besondere Geschichte, die ich jetzt kurz erzählen muß:
Wenn man den Erftlauf zum ersten Mal absolviert und etwa bei 12 oder 13 km angekommen ist, sieht man einen halben Kilometer vor sich eine graue Wand aufragen. Beim Laufen ist Sauerstoff natürlich kostbar und bleibt fast ausschließlich den Beinen vorbehalten. Ein bißchen geht auch ins Hirn, aber doch so wenig, daß dieses haushalten muß. Deswegen finden Nebensächlichkeiten wie gelangweilte Zuschauer oder eben graue Wände normalerweise kaum Beachtung - das Hirn hat doch genug damit zu tun, den Pfeilen hinterherzulaufen (und den Beinen das Abbremsen zu empfehlen). Das ist das erste Stadium.
Weil diese spezielle Wand aber nicht verschwindet, nimmt man sie dann doch irgendwann zur Kenntnis; vielleicht fragt man sich auch, ob die Strecke vor ihr denn rechts oder links abbiegt: Stadium zwei. Das dritte Stadium ist dann Verwunderung: soll ich da wirklich drüberlaufen? Gefolgt vom Stadium der Verzweiflung: Oh Nein!
Die Brücke geht nämlich unmenschlich steil nach oben, nur um auf der anderen Seite genauso unmenschlich steil wieder nach unten zu führen.
Das hat in diesem Jahr allerdings (leider, möchte ich sagen) ein Ende, weil die DJK die Strecke verlegt hat, so daß man nicht mehr über Die Brücke läuft.
Ich merke mir noch, daß an dieser Stelle auch das Schild für 13 km steht - daran kann ich mich später festhalten (an dem Wissen, nicht am Schild!)

Jetzt laufen wir an der Obererft entlang, für mich einer der schönsten Streckenabschnitte. Bei Kilometer 3 messe ich 9:32 - ich bin also doch schneller geworden. Ich überhole auch die ganze Zeit andere Läufer, wenn auch recht langsam. Kaum habe ich einen überholt, arbeite ich mich an den nächsten heran, mag dann aber auch nicht dahinterbleiben.
Wir überqueren die Kreisstraße und erreichen die Erft etwa bei km 4: 4:48. Bei Weckhoven überqueren wir die Erft, und ich genehmige mir einen Blick nach hinten: ich habe etwa 100 m Vorsprung vor Lothar. Das ist ganz nett, aber er könnte die Strecke im Sprint recht schnell aufholen. Da ist auch schon Kilometer 5, 4:46. Wir streifen Weckhoven nur und laufen an ein paar Feldern vorbei. Irgendwo hier werden meine Hände warm genug, um die Handschuhe auszuziehen. Die muß ich dann natürlich die ganze Strecke mit mir rumtragen, das ist aber angenehmer, als sie anzubehalten.
Dann kommt die Kläranlage, die stinkt aber glücklicherweise nicht und ist auch ganz gut hinter Bäumen versteckt. Hier gibt es ein paar 90°-Kurven, und ich mißachte Ian Thomas ("Don't look back, you've been there"), um nach Lothar Ausschau zu halten. Ich kann ihn nicht entdecken.
Es geht wieder an die Erft zurück: Kilometer 9, 9:27. An dieser Stelle überhole ich den vorerst letzten Läufer. Davor erstreckt sich eine Lücke von mindestens 100 Metern; die Leute am anderen Ende der Lücke sind verdammt schnell und wollen sich so gar nicht einholen lassen. Ich erreiche die Gnadenthaler Mühle. Hier knickt die Strecke eigentlich links ab, vorher muß man aber rechts abbiegen und einen Bogen von einem Kilometer laufen. Jetzt, da ich niemanden mehr vor mir habe, merke ich, daß ich ziemlich am Ende bin. Die Gnadenthaler Mühle kommt wieder in Sicht, und kurz darauf auch das 9km-Schild. Schon wieder? Ein Blick auf die Uhr liefert 9:26 (das ist gut) und 42:xx Gesamtzeit. Eine kurze Überschlagsrechnung bestätigt, daß ich wirklich erst bei 9 Kilometern bin und das andere Schild wohl falsch war. Mist.

Die Strecke führt jetzt an der A57 entlang, was aber nicht wirklich stört, weil die auf einem Damm verläuft. Wahrscheinlich gibt es auch eine Lärmschutzwand, aber daran erinnere ich mich nicht mehr genau. Bei Kilometer 10 stehen Helfer, die die Durchgangszeit verkünden, aber mir ist meine aktuelle Kilometerzeit wichtiger: 4:45.
An dieser Stelle kann ich ein paar Läufer, die in die Lücke vor mir zurückgefallen sind, überholen. Das hat den Nachteil, daß ich die immer noch sehr große Lücke wieder vor mir habe.
Mein Oberteil ist längst klatschnaß, weil der Schweiß unter der winddichten Weste kaum verdunstet. Mir ist auch recht warm, und ich öffne den Reißverschluß der Weste probeweise zwei Handbreit. Zweihundert Meter weiter wird der jetzt dem Wind ausgesetzte Stoff allerdings so kalt, daß ich die Weste schnell wieder schließe.

Wir kommen jetzt auf einen Streckenabschnitt, der in den vorigen Jahren nicht gelaufen wurde. Ich habe keine Hoffnung mehr auf 70 Minuten und falle auf 4:49 ab. Auftrieb gibt mir allerdings, daß ich ein paar Leute überholen kann, die das Tempo überhaupt nicht halten können und jetzt im Bereich 5:xx laufen. Ich erreiche die Bahntrasse, eine S-Bahn überholt mich (warum merke ich mir das bloß?) und ich bin mal wieder allein unterwegs. Von links ist Burkhards Stimme aus dem Lautsprecher zu hören, ich nähere mich dem Stadion. Vorne verläuft eine Straße quer unter der Eisenbahn, dort geht es links und wieder links, und dann auf der anderen Seite der Trasse zurück. Rechts liegt das Stadion, aber dafür ist es noch zu früh: Die schnellen Läufer kommen mir entgegen, sie sind fast da, ich muß aber noch geradeaus. Wenn ich Die Brücke wieder erreicht habe, werde ich 13 km hinter mir haben. Daran halte ich mich fest.

Endlich taucht das ersehnte Schild auf, 9:47. Die Gesamtzeit ist jetzt 62:13, und während sich die Strecke so durch den Wald kringelt, rechne ich aus, was noch drin ist. Mit nur wenig unter 5:00 kann ich unter 72 Minuten rutschen, für 71 wären aber zwei Kilometer unter 4:30 nötig - das ist nicht zu machen.
Das gibt mir Auftrieb, ich habe ein klares Ziel vor Augen und brauche keine Angst zu haben, hinterher eine runde Zeit knapp verpaßt zu haben.
Zur Feier dieser Erkenntnis lasse ich mir bis Kilometer 14 ganze 5:01 Zeit.

Die Strecke verläuft jetzt hinter dem Stadion, so daß der Zieleinlauf nur etwa 300 m Luftlinie entfernt ist; zu laufen ist aber noch die dreifache Distanz. Viel ist nicht mehr drin, aber ich versuche, noch etwas anzuziehen. Dann geht es ins Stadion, da bis in die hinterste Ecke, eine 180°-Kehre und wieder nach vorn. Burkhard kündigt mich an und bemerkt, daß ich Remscheid ja wohl gut überstanden habe. Ich werfe einen Blick auf die offizielle Uhr und laufe auch brutto noch gut unter 72 Minuten ins Ziel.

Danach stehe ich etwas verloren in der Gegend herum, bis ich die Getränkeausgabe entdecke. Der heiße Hagebuttentee tut gut, aber Wasser scheint teuer zu sein. Jedenfalls ist kaum welches drin.
Die Zeit nach dem Zieleinlauf vergeht wie immer recht schnell, ich ziehe mich um (der Schnürsenkel hat übrigens gehalten) und esse eine Suppe (das ist Premiere: die war sonst immer schon alle, bevor einen nennenswerte Zahl 15km-Läufer das Ziel erreicht hatte). Danach warte ich noch die Siegerehrungen ab und hole meine Urkunde. Ich bin 10. in der M30 und im Gesamtfeld knapp im ersten Drittel - ein gutes Ergebnis für mich. Etwas verwundert nehme ich zur Kenntnis, daß meine selbstgestoppte Nettozeit gleich der offiziellen Bruttozeit ist. Egal, PB ist das so oder so, und das freut mich besonders, weil ich dieses Jahr fast kein Training unter 4:40 gemacht habe.

Jetzt aber ab nach Hause!

Abends ist dann Berichtschreiben angesagt. Mir tut zwar fast alles weh, aber die Finger sind zum Glück nicht betroffen.


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=700


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