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Bericht

Name des Laufes:7. Brocken-Challenge 2010
mehr zum Lauf: VID11136
Datum des Laufes:6.2.2010 (Sat)
Ort:Göttingen
Plz:D3
Homepage:www.brocken-challenge.de
Strecken:86230 m + 10800 m
Beschaffenheit:winterlich (mit allen Konsequenzen) und genau das wollten wir!
Profil:Bergig
Wetter:trocken, leicht bedeckt, meist knapp unter dem Gefrierpunkt
Teilnehmer:140 Starter, 115 im Ziel
Name des Berichtenden: zollstocks LID859
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Bericht vom 9.2.2010 (Tue)
Brocken 2010 – ein Experiment
Die Brocken Challenge ist schon seid vielen Jahren ein fester Eintrag in meinem Kalender. Die Stimmung ist Klasse, der (gemeinnützige) Zweck heiligt die Teilnahme und ansonsten: Ich mag diesen Lauf.
In der Woche vorher noch eine Messe, rolle ich mit meinem Wohnwagen am Haken aus ungewohnter östlicher Richtung nach Göttingen. Die Meldestelle ist wie gewohnt ganz weit oben im Sportinstitut. Der unerfahrene Herausforderer soll sofort merken: Hier geht es um Höhenmeter...
Die Schlange war recht lang, denn ich war für meine Verhältnisse früh angereist, sozusagen pünktlich.
Die Vorstellung der Strecke gab ein paar kleine Änderungen, da der Winter voll zugeschlagen hatte. Einige Wege waren schlicht und einfach nicht passierbar.
Nach der Vorbesprechung fuhr ich gleich zum Startpunkt am Kehr, zog die Schneeketten auf und parkte mein Schlafgehäuse auf dem unteren Parkplatz etwa 200 m weg vom Start. Nach dem leckeren Abendessen ging es in den Wohnwagen, noch die letzten Sachen packen.
Kurzer Equipmentcheck: Laufhose, Reservepullover, dicke Mütze und Handschuhe gehen in den Rucksack, dazu noch die Taschen für Handy und Fotoapparat an die Träger. Geld, iPod und die Trillerpfeife kommen in das Deckelfach. Alle anderen Sachen werden schon mal herausgelegt bzw. gleich angezogen (ich konnte schon mal eine ganze Nacht nicht schlafen, weil ich nicht wusste, ob ich mein Lieblings - Laufshirt eingepackt hatte und das will ich gerne vermeiden). So richtig gut konnte ich aber nicht schlafen, denn meine Vorbereitung war alles andere als mustergültig, eher so ganz weit am anderen Ende des Spektrums. Ich hatte in den 12 Wochen vor dem Lauf in der Summe rund 110 km gelaufen, also nicht mal 10 km / Woche. Wenn ich dann noch die 50 km für die ‚Null’ im Dezember abziehe, bleibt nicht mehr so ganz viel über – außer ein Experiment:
“Wie viel Training benötigt man für einen langen Lauf?“
Ich fühle mich wie ein Schüler, der am nächsten Tag eine Klassenarbeit schreiben muß, weiss, das er nichts dafür getan hat und nun erkennt, dass es auch zu spät ist.
Der Beginn:
Draußen wird es unruhig. Ich mache mir heißes Wasser für meinen Tee und melde mich in der Zwischenzeit schon mal am Listentisch. Mit meiner Unterschrift habe ich mir schon mal die leichte Lösung DNS vertan: Ich versichere hiermit, dass ich um 6:00 Uhr starte und die vielen Helfer an der Strecke auf mich warten. Ich spüre die Verpflichtung und mache mich fertig. Alles wird so, wie es schon vorher als funktionierend bekannt war: Icebugs, die dicke Laufhose von Aldi, drunter eine kurze Laufhose, mein geliebtes Funktionsunterhemd, drüber ein älterer Fleecerolly vom Kaffeeröster und meine alte Laufjacke. Dann noch den Buff und die schöne alte rote Mütze, die mein Vater schon in Betrieb hatte. Dann noch den Garmin für einen Moment an das Ladegerät und schon kann es fast schon losgehen. Ich ergattere noch ein oder zwei leckere Marmeladenbrötchen an der Frühstückstheke und dann wird es ernster. GPS an den Arm, Stirnlampe an, Wohnwagen und Auto abschließen und ich mische mich unter die anderen Starter. Irgendwie fühle ich mich aber falsch am Platze, fast so wie ein Öltröpfchen im Wasser. Rund um mich zu schlanke bis hagere Heldinnen und Helden, man hört von gewaltigen Läufen und grandiosen Ultras. Ich bin umzingelt von echten Profis, die sich auskennen.
Irgendwann geht es endlich los Das Feld zieht sich auseinander und bald kann ich in einem mit mir passenden Tempo einfach vor mich hinrollen. Rund um mich herum ist so viel Licht, dass ich meine Stirnlampe ausmache und in der Tasche verpacke. Stellenweise bilden sich Schlangen, weil Fahrspuren zum Laufen genutzt werden. Das ist besser, als im tiefen Schnee zu laufen, aber nervt trotzdem. Schließlich muß der geneigte Dauerjogger nun die Füße ungewohnt weit anheben...
Irgendwann wird es heller und ich bin an der ersten Verpflegung angekommen. Hier gönne ich mir ein paar Kleinigkeiten, etwas Tee und stopfe ein paar Kekse in die Tasche. Fast alle Verpflegungsstellen sind vor einer Steigung. Da kann ich dann in aller Ruhe gehen, noch etwas essen und dann nach der Steigung stressfrei weiterlaufen. Die Sonne kommt leider nicht heraus, es wird nun einfach nur hell. Ich hatte mich schon auf den Sonnenaufgang an der Seulinger Warte gefreut – vielleicht das nächste Mal.
Inzwischen treffe ich das eine oder andere bereits bekannte Gesicht und dann haben wir schon die nächste Station erreicht: den Parkplatz bei Seeburg. Wieder eine paar Schlucke Tee, einen Müsliriegel, ein paar Kekse in die Tasche und schon geht es weiter in den erwachenden Tag. Die Laune ist im Moment gut, die Beine funktionieren und der Tag könnte durchaus mein Freund werden. Aber so richtig hat er ja noch nicht mal angefangen.
Nun kommt der erste halbwegs erkennbare Berg - der Aufstieg zur Tilly – Eiche (von der nur noch ziemlich wenig übergeblieben ist. Der 30jährige Krieg ist schließlich schon eine Weile her) und die Gefällestrecke dahinter bedarf einiger Konzentration, um nicht auf dem Hintern oder sonst wo zu stürzen. Noch ein bisschen und ich erkenne die Schornsteine von der alten Fabrik, an der man auf dem Weg zur Rhumequelle vorbei kommt. Kurz drauf stelle ich fest, dass es gar nicht die Fabrik ist, sondern eine Andere, an der ich gar nicht vorbei laufen sollte (und es dann auch besser lasse). Ich fühle mich auf gutem Pfad und bin schon bald an der ‚richtigen’ Fabrik und dann auch an der nächsten Station angekommen. Ich trinke ein wenig, halte mnich aber mit dem dritten (oder vierten?) Frühstück etwas kürzer. Mein Magen macht etwas ärger. Will mir da jemand den Tag verderben? Ich habe überhaupt keine Einschätzung, wie ich zeitlich oder im Feld liege. Mein Position im Feld ist mir fast egal und ich zwinge mich, bis zur halben Strecke (Barbis) nicht auf die Uhr zu schauen. Mein Gefühl soll reichen, dass ich heile oben ankomme (hoffe ich). Bergauf gehe ich, in der waagerechten und bergab laufe ich, wenn es der Untergrund zulässt. Am Aussiedlerhof muß ich einem Trecker ausweichen, wer einen frisch geschlagenen Baum zum Hof schleppt. Das ist das erste Mal, dass ich da überhaut Leben auf dem Hof sah, bislang nur Hundegebell...
In den Jahren vorher hatte ich es nie geschaft, hinter den Beberteichen richtig abzubiegen Dies Problem wurde nun ganz einfach gelöst. Die Strecke wurde so geändert, dass alle da entlang laufen, wo ich (bis auf letztes Jahr) schon immer unterwegs war. Manche Probleme lösen sich ganz einfach...
Barbis kommt in Sicht, der Bauch macht Ärger, aber die Füße machen noch mit. Endlich gönne ich mir den Blick auf die Uhr: 4:45 für die erste Hälfte der Strecke, das ist sehr in Ordnung und macht Mut. Damit habe ich etwas ein Drittel der zeitlichen Distanz geschafft.
Nach der Brücke geht es recht ab den Berg hoch. Diesmal eine kleine Überraschung: Tiefer Schnee und schmale Spuren – sehr schwer zu laufen. Die Strecke zeigt mal so richtig die Zähne...
Aber was soll es, dies ist ohnehin der Streckenabschnitt, der als ‚Entsafter’ bekannt ist. Ich beschließe einfach, mich nicht klein kriegen zu lassen – ich will da durch!
Es geht in den tiefen Wald, erst noch etwas bergab, aber dann geht es hoch, langsam, aber stetig will einem der Berg die Kraft aus dem Körper ziehen. Ich kenne diesen langen Anstieg schon und mache einfach nicht mit und gehe statt zu laufen. Schließlich will ich zunächst mal ankommen, möglichst auch mit Haltung ankommen, ev. auch nicht als Letzter (wobei ich gar keine Ahnung habe, wo im Feld ich überhaupt bin). Im Wald sehe ich ein paar Rehe. Die sind zu Fotografieren aber leider zu weit weg. Dann bin ich an einem der Höhepunkte angekommen, dem Jagtkopf. Vorher machte ich mir noch Sorgen, dass ich die Abzweigung verpasse, denn hier ist die Strecke ja geändert. Die Sorge war unberechtigt. Ich wär dann voll in einen Schneehaufen gelaufen und spätesten dann gemerkt, dass hier was falsch ist. So haben wir ein paar Fotos gemacht und dann ging es links ab und bergab herunter zum See. Ich finde auf der Schräge wieder einen schönen steigen Laufrithmus und trabe schon bald am Ufer des Sees entlang. Die Variante der Strecke gefällt mir. Es ist im vergleich zu den schon fast langweiligen Nadelbäumen mal etwas Abwechslung. Bald sehe ich auch die Bundesstrasse. Hätt ich zu dem Zeitpunkt in die Karte gesehen, wär mir auch klar gewesen, dass es noch eine Weile hin ist, bis ich am VP bei der Erikabuche bin. Später treffe ich auf zwei Läufer, die gehen. Ich halte kurz an und erfahre, dass einer leichte Probleme mit dem Bein hat. Nebenher hat er auch nicht zu trinken mit und schon mächtig Durst. Hier kann ich aushelfen, da ich meinen Trinkrucksack vor dem Start vollgemacht habe (fast 3 l) und noch nicht viel getrunken. Der Tee ist zwar inzwischen kalt, aber immerhin Flüssig und hat auch ein paar Kalorien, die zum weitermachen ermutigen. An der VP gibt es leckere Suppe, Tee und noch das eine oder andere zu essen. Von dort startet der kurze Autoshuttle zum nächsten Streckenpunkt. Diese nicht ganz 2 km können nur über die viel befahrene Bundesstraße überbrückt werden und das wär zum Laufen viel zu gefährlich. An Absetzpunkt erlebe ich eine Überraschung: Das war nicht der Platz an der Lausebuche wie von mir gedacht, sondern ein kleiner Parkplatz ein Stück vorher. Hier habe ich am Vortag wohl nicht richtig zugehört :o/ Aber jammern nützt nichts – ich will ja ankommen. So gehe ich die Steigung hoch und wandere / trabe / jogge den Weg entlang, wie er sich vor mir auftut. Der Weg vom Vorjahr (ich hatte den Track in meinem Garmin gespeichert) lief immer ein paar hundert Meter von meiner Position entfernt und ich hatte überhaupt keine Ahnung, wo genau ich überhaupt bin. Ich beschloß für mich, dass die genaue Position auch gar nicht wichtig ist. Wir sind vermutlich, wenn nicht sogar höchstwahrscheinlich auf dem richtigen Weg und alle weiteren Probleme lassen sich durch beharrliches weiterlaufen lösen. Uns begegnet eine Helferin, die einen Spaziergang macht. Es seien nur noch so 500 m bis zum nächsten VP. Sie hatte wohl beim Spazieren jegliches Gefühl für Zeit und Raum verloren (mir ging es ähnlich) – aber bist zum VP waren es von dem Punkt aus noch gute 2 km...
Auch dies ‚Problem’ lies sich durch weiterlaufen lösen...
Am Übergang ‚Lausebuche’ stieg die Laune gewaltig. Die größten Hindernisse sind überwunden, der schlimmste Teil der Strecke gelaufen. Nun sollte ich auch das allerschlimmste Stück, also die letzten gut 21 km schaffen. Dann geriet ich auf dem Weg zum Königskrug doch noch einmal in eine Krise. Laut meinem Track hatte ich eine Abzweigung um 500 m verpasst. Ich lief zurück, aber ein folgender versicherte mir, dass ich richtig war. Außerdem war der Weg vom Vorjahr gar nicht geräumt, wie ich nun auch feststellte.
Die Langlaufstrecken enthielten eine echte Herausforderung. Da wir die Loipen selber nicht beschädigen wollten (außerdem läuft es sich darin ganz übel), blieb nur ein keine 20 cm breiter Pfad links der Spuren. Dort war es beinahe fest genug zum laufen (man achte auf das ‚beinahe’). Weiter links war der Schnee dann aber so weich, dass man gleich bis mindestens zum Knie wegsackte. Also bloß nicht vom guten Weg abkommen ;o)
Nun ging es gefühlt recht fix. Ab dem Königskrug in den Wald hinein bis nach Oderbrück. Dort gab es vor dem Aufstieg noch eine kleine Stärkung (Tee, Cola, mehr Tee, 3 oder 4 Heißwürstchen, ein paar Lebkuchen, (hatte ich eigentlich erwähnt, dass ich so ab km 30 etwas Streß mit dem Magen hatte?) und dann ging zusammen mit Andreas es entspannt hoch zum finalen Anstieg. Die Brockenbahn haben wir gerade verpasst (wir sahen nur noch die Dampfwolken) und so langsam ging dem Tag das Licht aus.
Auf der Rampe wurde es nun wirklich dunkel, aber bei dem Schnee lohnte sich die Stirnlampe wirklich nicht. Bald war das Ziel vor Augen. Die Helfer feuerten uns kräftig an und so ging es die letzten 200 m in überraschend lockerem Laufschritt über die Linie -> Angekommen!
Danach ging es natürlich gleich weiter zum ganz wichtigen Foto an der Brockenspitze. Wenn man nicht da ankommt, ist man nicht angekommen, egal wo das Zielbanner gerade hängt.
Dann mussten wir ein wenig nach der richtigen Tür suchen, um zum Saal zum kommen. Natürlich hätten wir auch auf die Hinweise der Helfer am Ziel hören können, aber das wär ja viel zu einfach gewesen...
;o)

Oben wurden alle ankommenden Läufer mit viel Beifall begrüßt. Dann ging es zu Dusche, neue Sachen, 1 leckeres Hefeweizen, Erbsensuppe, noch ein leckeres Hefeweizen und der Planung des Heimwegs. Da tat sich nämlich ein kleines Problem auf. Durch unerwartete technische Probleme standen nur 2 der 4 Shuttlebusse für den Transport nach Schierke zur Verfügung.
Aber was sind schon 11 Kilometer, wenn man den ganzen Tag unterwegs ist? Also machte ich mich mit zwei anderen Läufern und zwei Wanderinnen auf den Weg zu Tal. Ich kannte von früher den kürzeren Weg über die ‚Bobbahn’ nach Schierke. Allerdings schauten die Mitläufer an der Abzweigung (na ja, es war eine Lücke im Schneewall) auf das kurze Stück des steilen und verschneiten Pfades, der sich im dunklen Wald verlor und hatten gar keine Lust auf Abkürzungen mehr...
Nach einer Weile waren wir dann auch in Schierke am Hotel angekommen. Das war genau pünktlich zur Abfahrt des ersten der Transferbusse nach Göttingen. Mitten in der Nacht war ich dann auch wieder an meinem mobilen Heim im Wald angekommen.
Dort gönnte ich mir noch etwas zu trinken, ziemlich viel Schokolade (macht Laufen eigentlich dick?) und rollte mich dann in mein Bett. Die Nacht war ziemlich unruhig, aber ich wollte irgendwie nicht aufstehen. Ich hatte einfach Angst, dass da irgendwas so richtig weh tut...
So gegen 7:00 Uhr fasse ich mir ein Herz und stehe auf. Hui, sind das steife Beine. Aber Bewegung hilft, die Beine werden wieder so beweglich (ähem), dass ich mich doch rund um mein Gespann bewegen und alles wieder fahrbereit machen kann.
Nach drei Stunden Autofahrt kann Aussteigen ziemlich unangenehm werden...


Fazit:

Dies war meine längste Brocken Challenge und auch die längste Strecke, die ich bislang an einem Tag zu Fuß zurückgelegt habe.

Wenn Ausrüstung funktioniert, funktioniert sie. Egal wie oft man es probiert.
„Never change a running system!“

Icebugs funktionieren im Winter, aber ich möchte mal Yaktrax testen. Ev. geht es damit noch besser. Auf jedem Fall sind diese Dinger flexibler nutzbar.

Ich werde, wenn immer möglich, auch 2011 wieder mitlaufen.

Gründliche Vorbereitung, besonders natürlich Lauftraining, macht eine lange Laufstrecke deutlich angenehmer.

Und nun einen herzlichen Dank an alle Organisatoren und Helfer der Brocken Challenge 2010.
Ihr habt eine besondere Veranstaltung geschaffen und durchgeführt. Ich bewundere Euch für so viel Einsatz.


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=2460


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