Lauf um die Welt!
 
 
Aktuelle Saison: 2023-2
Menü jeder km zählt
 
11.05.2024, der 6. Tag der KW 19

[ /Rennen | Berichte Übersicht | Bericht suchen | Neuen Bericht schreiben ]

Bericht

Name des Laufes:36. GutsMuths Rennsteiglauf
mehr zum Lauf: VID6929
Datum des Laufes:17.5.2008 (Sat)
Ort:Schmiedefeld
Plz:D9
Homepage:www.rennsteiglauf.de
Strecken:72,7k; 43,5k; HM
Beschaffenheit:95% Waldwege
Profil:sehr hügelig, 1500Hm bergauf, 1000Hm bergab
Wetter:~15°, bewölkt
Teilnehmer:1797 SM
Name des Berichtenden: hst LID1672
nur für eingeloggte Benutzer sichtbar

Bericht vom 30.5.2008 (Fri)
Fast 2 Wochen nach dem Lauf verklärt sich dieser so langsam. Tatsache ist, dass ich meine Ziele erreicht habe: das in Schmiedefeld um ca. 16:12, und mit Würde, d.h. lächelnd und laufend. Also ein genialer Lauf.

Die Vorbereitung war ja alles andere als optimal gewesen. Zunächst hatte ich langsam das Trainingspensum gesteigert im Dezember, und dann zunächst die Ismaninger Winterlaufserie mit ihren wachsenden Distanzen als Formüberprüfung genutzt. Nach dem dortigen HM dann 5 Wochen Verletzungspause kurz vor dem Testmarathon in Linz. Diesen dann im 6-er Schnitt mit harten Waden, aber ganz zufrieden beendet. Danach kurze Erholung und wieder wachsende Distanzen und Umfänge. In dieser Phase, die ja nur noch 5 Wochen betrug, durfte nichts mehr schief gehen. Was mir fehlte, so dachte ich, waren einige hundert km und Bergläufe. Davor hatte ich am meisten Angst, vor den Thüringer Bergen. Die Entfernung schreckte mich weniger, auch nicht die wahrscheinliche Endzeit von 9 - 10 Stunden. Da fühlte ich mich gestählt von einem Medoc-Marathon in 6h.

Für die Psyche hatte ich die Karte mit der gesamten Laufstrecke samt Höhenprofil an meiner Pinwand gesteckt, so dass ich jeden Tag sehen konnte, auf was ich mich da einlasse.

Den letzten Tip meines Kollegen, die 2 Wochen vor dem Lauf nichts mehr zu tun und nur zu regenerieren, befolgte ich - fast. Einmal noch 16km und dann 4 Tage vor dem Lauf noch einmal 5km, um die Beine zu lockern. Irgendwie meinte ich, noch einen langen machen zu müssen, um die Gewissheit zu bekommen, aber ich konnte mich zurückhalten.

Wie sieht unsere Strategie aus? Bergauf gehen und bei allen Verpflegungsstellen kurze Pause und keine Hektik und kein Zeitdruck.

Freitags reiste ich frühzeitig an, um den Staus aus dem Weg zu gehen. Bei der kurzen Erkundigung der Stadt fand ich die Startnummernausgabe und den Startbereich. Zur Startnummer gab es gleich das Finisher-T-Shirt. War das wohl eine Aufforderung? Zum verabredeten Zeitpunkt am Zelt in Eisenach fand sich niemand ein. Alle steckten wohl in irgendwelchen Staus. Trotzdem fanden sich dann noch Günther, Anna und ich zum Klöße essen und Köstritzer trinken im Zelt ein. Da saßen sie alle, die Kühnen, die am nächsten Tag den Supermarathon bestehen wollten.

Die Kleidungsfrage erschien schwierig. Der Wetterbericht für den Thüringer Wald war die ganze Woche schlecht gewesen.Nur Regen und kühle Temperaturen. Freitags dann sah es etwas besser aus: bewölkt mit Schauern, aber gute Lauftemperaturen. Also kurz und Anna mit Reserve- und Regenweste zum Rondell - falls es wirklich schlimm kommen sollte. Günther meinte, was von heftigen Regenschauern und Gewittern im Radio gehört zu haben.

In der Nacht rumort es im Bauch. Waren es die Klöße oder ist es die aufkommende Nervosität? Um 4:45 geht der Wecker. Um 5Uhr sitzen wir bei Kerzenschein beim Frühstück. Der Raum ist voller Läufer, die meisten schon in ihren kurzen Laufklamotten. Also liege ich wohl richtig. Um 5:30 gehen wir los die paar Meter zum Marktplatz. Dort herrscht ruhige, lockere Anspannung (gibt es das überhaupt?). Ich gebe meine Sachen fürs Ziel ab. Alles bestens organisiert.

Steffen ist auch schon da - noch früher als wir aufgestanden und aus Oberhof angekommen. Günther ist auch bald da. Wir fachsimpeln noch ein wenig, diskutieren unsere Befürchtungen. Die Luft ist lau, wohl so um die 13°, noch blauer Himmel. Die Ultras sind eher ein ruhiges, gelassenes, aber auch etwas sonderbares Völkchen. Nach einem Abschiedkuss gesellen wir uns zur wartenden Menge. Vorne wird wohl eine kurze Rede gehalten, wir hören einen Startschuß, aber erst ganz langsam setzt sich der hintere Teil der Menge in Bewegung. Keine Eile, keine Hektik, wir haben alle noch was vor heute.

Es geht durch die Fußgängerzone mit den ersten applaudierenden Zuschauern und mir kommt der Gedanke, dass hier um 6 mehr los ist als in Schwabing um 10. Dann durch das Stadttor und rechts die Straße hoch. Wenn man die runterfährt, wird man wegen der 9% Gefälle gewarnt. Noch laufen wir. Aber dann, nach dem Linksschwenk den Berg hinauf, gehen wir. Wir haben alle Zeit und wollen Kraft sparen. Bald sind wir im Wald und auf entsprechenden Wegen mit Löchern, Steinen und Wurzeln. So wird es bleiben bis zum Schluß. Manchmal laufen wir, wenn es eben ist oder bergab geht, dann gehen wir wieder bergauf. Eigentlich geht es bis zum Großen Inselberg fast nur bergauf auf den nächsten 25km. Ca. 700Hm. Die erste Getränkestelle ist da, kurz vor dem Erreichen des Rennsteigs.

Wir machen Pause, trinken 2, 3 Becher und dann geht\'s weiter. Alles ist ruhig und locker.

Immer höher geht der Weg, faszinierende Aussichten auf die von Nebel gefüllten Täler eröffnen sich. So, dass Günther das eine oder andere Foto schießt. Manchmal eine kurze, steile Kuppe, bergauf und dann wieder steil bergab. Noch tänzele ich sie locker herunter. Wir treffen Wolfgang und Egon vom Laufpark Stechlin. Sie trainieren für Biel. Auch sie gehen die steilen Anstiege. Im Ziel sehen wir sie wieder. Bald die erste Verpflegungsstation. Wir probieren Schleim - sehr lecker und nahrhaft.

Das Zwicken im Bauch wird stärker und bald muss ich das erste Mal in die Büsche. Danach fällt das Laufen wieder leichter. Die ersten 10km absolvieren wir in 1:18. Ich rechne, und auch nach 20km rechne ich noch. Danach ist mir das egal. Wir haben kein Zeitziel und somit sind die Zwischenzeiten zwar interessant, aber ich lasse mich nicht hetzen. Wunderbare Buchenwälder wechseln sich mit kahlen Kuppen mit weiter Sicht.

Jetzt beginnt es zu regnen. Oh je. Ich male mir aus, wie es ist, 60km im Regen zu laufen. Irgendwann prasselt es und es fühlt sich kalt an. Ich sehe skeptisch nach vorne. Das erste Tief. Aber nach 20 Minuten ist es vorbei. Werden wir Glück haben?

Zum Inselberg geht es noch mal steil hoch, dann haben wir km25 erreicht. Danach eine längere Pause am kl. Inselberg mit Schmalzbroten und Schleim sehr lecker. Immer wieder finden sich hier kleine Grüppchen zusammen, die hochmotiviert sind, aber toll drauf, trotz teilweise fürchterlicher Verletzungsgeschichten. Irgendwo hier geht es einen supersteilen Abstieg, allerdings auf einem Weg runter. Da spüre ich das erste Mal mein Knie; scheint wohl eher ein bergab- als ein bergauf-Problem zu geben heute???

km30, km35. Dort die schönste Verpflegunsstation auf der Ebertswiese. Hier wird man mit Namen begrüßt. Man könnte verweilen, so schön ist es. Ich lasse meine Waden von der Bergwacht massieren, da \"die auch mal was tun sollen\", wie mir gesagt wird. Dann geht es wieder auf eine dieser langen Anstiege. Noch ist alles ruhig. Der Kreislauf läuft run, Günther misst immer unter 80%Hfmax. Die Beine sind noch locker. Bei km32 hatte ich den Hinweis auf den noch zu bewältigenden Marathon erwartet, aber da gibt es kein Schild. Macht auch nichts. Erstaunlicherweise löst aber die Aussicht, jetzt noch einen Marathon laufen zu müssen, keine Panik aus. Es läuft einfach. Einfach so. Vielleicht schweben wir ja jetzt über die Wege - ohne Kraftanstrengung. km40, km 45, keine besonderen Vorkommnisse, nur dass inzwischen die Rennsteig-Wanderer mit Startnummern auf unserem Weg sind. Das schließt die Lücken, die inzwischen in der Läuferkette entstanden sind. Wunderbare Landschaft, hervorragende Verpflegungsstellen, liebenswürdige Betreuung, nette MitläuferInnen. Nur meine Verdauung hat sich immer noch nicht beruhigt und schickt mich noch 3x in die Büsche. Ärgerlich.

Bei km 50 habe ich wieder einen Hänger. Zumindest überlege ich, ob es Sinn macht, darüber nachzudenken, bei km55 offziell auszusteigen. Dort ist ein großer Verpflegungspunkt, der auch Ziel der Wanderer ist. Auch fängt es an zu stürmen und dunkle Wolken sind zu sehen. Aber der Gedanke wird schnell verworfen. Ich will ankommen - in Schmiedefeld. Die Umgebung bei km55, am Biathlonstadion ist hässlich. Aber es gibt warme Brühe, die mir sehr mundet. Wir machen, dass wir wieder in den Wald kommen. Dort ist es schöner. Nach 2km sind wir am Rondell. Von weitem sehe ich schon Anna in ihrer weißen Jacke. Wir umarmen uns und erzählen. Steffen ist vor einer halben Stunden vorbeigekommen. Soll ich die Weste und ein trockenes T-Shirt anziehen. Blödsinn! Ist sowieso alles egal. Wir machen weiter, so wie wir es bis hier geschafft haben.

Jetzt geht es noch einmal richtig bergauf zum höchsten Punkt der Strecke. Wir gehen den meisten Teil. Uns entgegenkommende Wandergruppen klatschen und feuern uns an. Es ist eine wunderbare Stimmung. Ich habe völlig das Zeitgefühl verloren. Ist ja auch völlig egal. Oben auf der Höhe laufen wir wieder ein paar km. Sehr locker. Ich vermute, dass wir immer noch einen 6:30 Schnitt laufen. Dazu kommt, dass wir ja jeden Schritt setzen müssen wegen der Steine und Wurzeln. Dann überqueren wir eine Strasse, laufen einen Trampelpfad entlang und sehen Schmücke vor uns. Aber es geht nicht über die Straße, sondern über eine holprige, steile Wiese. Ich tue mich schwer, da runter zu laufen. Leicht meldet sich das Knie. Wo ist überhaupt km65?

An der Verpflegungsstation laben wir uns ein letztes Mal mit Tee und Schleim. Dann geht es weiter. Das Anlaufen fällt jetzt etwas schwer. Aber jetzt geht es ja nur noch bergab. Also alles easy. Zunächst ja - aber über Stock und Stein. Dann im rechten Winkel weg von der Straße und über eine steile Serpentine bergab. Die kann ich nicht mehr laufen. Mein Knie meckert. Nach ein paar hundert Metern wird es wieder eben und wir traben weiter. Das Ziel ist in Reichweite. Die letzte Verpflegungsstation lassen wir aus. Bald wieder ein letzter Anstieg, und dann der Zielschuß. Ca. 3-4km bergab. Irgendwann sagt das Knie: Stop. Das war\'s. Bergab laufen nicht mehr möglich. Ich gehe bergab, etwas frustriert. Und wo ist das km70-Schild???? Das muss doch schon lange da sein.

Irgendwann sehen wir es, nein, das km71 Schild durch den Wald schimmern. Über eine letzte Strasse, Linkskurve, ein paar Ordnerinnen, die uns zum Laufen bewegen wollen. Aber da es immer noch bergab geht, läuft hier nichts. Aber ein paar Meter kann ich noch laufen. Und dann ist das Ziel in Sicht. Also noch mal den schönen, lockeren Laufstil starten und lächelnd ins Ziel. Anna winkt. Geschafft. Locker und mit Würde. Welch Erlebnis.

Wir holen unsere Sachen von der Gepäckwiese, quatschen noch was mit anderen Finishern, duschen - es gibt warmes Wasser auch so spät am Nachmittag und trinken dann unser verdientes Schwarzbier und essen eine Thüringer Bratwurst. Noch nie hat sie so gut geschmeckt.

Am nächsten Tag fühlen sich die Muskeln locker an, die Gelenke schmerzen noch etwas und ich bin einfach noch gesund müde. Nächstes Jahr wieder? Mal sehen. Der Rekordhalter hat zum 34. Mal - von 36 - teilgenommen.

Noch was zur Statistik. Der Sieger lief 5:16h - unglaublich, das ist ein Schnitt von unter 4:20. Immerhin bin ich unter seiner doppelten Zeit geblieben. Von den 1797 Startern sind 1730 in Schmiedefeld angekommen, von den restlichen 67 sind wahrscheinlich die meisten bei km55 offiziell ausgestiegen; d.h. dass alle sehr gut vorbereitet waren und sich ihr Rennen sehr gut eingeteilt hatten. Das sah man auch allen LäuferInnen, die wir so auf den letzten 40km getroffen hatten, an. Alle waren gut drauf, sowohl körperlich als auch psychisch. Nur ein Chaot tauchte an der Verpflegungsstelle bei km45 auf, drängelte alle beiseite, und raste dann mit Ellenbogeneinsatz weiter. Aber der hatte keine Startnummer......

Die km-Schilder, d.h. eigentlich die 5-km-Schilder, sind nicht sehr präzise gesetzt, um es mal vorsichtig auszudrücken. Auch die Angaben der Zuschauer waren selten hilfreich. Und meine Einschätzung ist, dass ein Rennsteig-km länger ist als ein normaler km, vor allem gegen Ende :-)





Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=2199


Info Startseite | Regeln | Impressum | Datenschutz

News kmspiel Blog / Newsletter | Mini-Foren | neueste km / Log
Rennen Kalender | 7-Tage-News | Bestenliste | Berichte
Hilfe Handbuch | FAQ | Hilfe-Forum | Hilfeseite