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Bericht

Name des Laufes:Deutsche Meisterschaften Halbmarathon
mehr zum Lauf: VID6341
Datum des Laufes:2.9.2007 (Sun)
Ort:Bad Liebenzell
Plz:D7
Homepage:http://www.wlv-sport.de/index.php?wlv=webpart.pages.WLVDynamicPage&navid=10815&coid=10815&cid=1&wlvsid=5d5a4100f01322848a5609fdc95aad2d
Strecken:HM
Beschaffenheit:Straße
Profil:leicht wellig
Wetter:16 Grad, wolkig
Teilnehmer:Männer: 124 platziert
Name des Berichtenden: Sebastian LID55
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Bericht vom 3.9.2007 (Mon)
Mit was fängt man den Bericht zu einem so großartigen Ereignis wie einer DM im Halbmarathon am Besten an? Na klar, mit der Idee, dort zu laufen!
Nach der sehr erfolgreichen Bahnsaison im Frühjahr habe ich zusammen mit meinem Trainer Mitte Juli beschlossen, dass ich die gelaufenen Zeiten im Herbst kaum noch einmal deutlich toppen können würde. Und so entstand der Plan, sich eine neue Herausforderung zu suchen. Und wenn Du nicht schneller wirst, wirst Du eben länger! So (oder so ähnlich) war das Ergebnis der Überlegungen und der Plan "Ein Herbst mit DM Halbmarathon und DM 10"
aufgestellt.
Obwohl ich in meinem Läuferleben zwischen Volkslauf und Leistung schon acht Halbmarathons gelaufen bin, war es dieses Mal alles ganz anders. Bei den letzten beiden Versuchen 2004 und 2005 hatte mir vor allem das Knie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das ITBS mochte die Umfänge nicht, die Bestzeit ist daher mit 1:16:42 von 2004 uralt und inzwischen natürlich völlig unangemessen. Es musste also ein neuer Trainingsplan her. Erstens, um das Knie unter Kontrolle zu behalten und Zweitens um herauszubekommen, was man denn so als typischer 5000/10000m-Spezialist auf der ungewohnt langen Distanz Halbmarathon laufen kann.
Das Training für dieses noch unbekannte Zeitziel begann für mich in der Woche nach dem Göttinger Altstadtlauf, Mitte Juli, mit einer deutlichen Umfangerhöhung auf regelmäßig über 100 Wochenkilometer. Die Ausgangsbedingungen hätten besser nicht sein können, denn nach dem bestandenen Examen und dem Warten auf das Referendariat ab November habe ich natürlich alle Zeit der Welt, mich mit sehr viel Dehnarbeit, Eisbeuteln usw. usw. vor erneutem Knie-Aua zu schützen. Dass ich dann am 28.07. an meinem Geburtstag in einem tollen Test-Halbmarathon-Bergrennen in Bad Pyrmont eine 1:15:44 lief und gewann, zeigte schon, in welche Richtung die Formkurve gehen kann. Und langsam wurde der Traum von der sub1:10 geboren. Als dann noch Magnus mit einem ähnlichen Zeitziel im Trainingsposting hier in drsl auftauchte und wir einen gemeinsamen Rennverlauf ins Auge fassten, da war eigentlich endgültig klar, wofür ich mich im Training im August gequält habe.

Samstag, 01. September. Die Fahrt in den Schwarzwald nach Bad Liebenzell verlängert sich stundenweise, da wir erst eine Vollsperrung der A5 und dann auch die völlig überlastete Umleitung umkurven (Navi sei dank, schöne Dörfer da in der Gegend!) und dann in Pforzheim einer weiteren Umleitung folgen - bis meine Begleitung Susanne feststellt, dass sie "diesen Aldi schon mal irgendwo gesehen" hat. Nun kennen wir also auch die Innenstadt von Pforzheim. Magnus übrigens auch. Und auch der Typ, dem ich beim Umziehen kurz vor dem Start am Sonntag einen Satz Nadeln für die Startnummer leihe. So Umleitungen verbinden. Nur den Scherzkeks, der das Umleitungsschild verdreht hat - den kennen wir nicht. ;-) Schließlich trotz aller Umwege gegen 19 Uhr doch in Bad Liebenzell eingetroffen, checken wir im Hotel in einem Bergdörfchen oberhalb der Stadt ein, holen anschließend meine Startnummer ab und begeben uns zu einem Italiener. Auf dem Weg dorthin fällt auf, dass die Strecke doch nicht so ganz flach ist, sondern schon einige lang gezogene Steigungen enthält. Das schockt mich zu diesem Zeitpunkt aber wenig, ändern kann ich es sowieso nicht. Mehr irritiert mich, dass nun auf einmal Magnus nicht mehr auf dem Handy erreichbar ist! Da er im Gegensatz zu uns nicht mit dem Auto aus dem Hoteldorf in die Stadt runter fuhr, sondern nach eigener Aussage "mal zu Fuß einen Waldweg" ausprobiert, habe ich langsam den Verdacht, dass er nur nach einer guten Ausrede sucht, wenn ich im Rennen doch unerwartet schneller bin als er. ;-) Schließlich taucht er glücklicherweise doch noch auf, wir mampfen unsere Nudeln und kehren gegen 22:30 Uhr gemeinsam zu den Hotels zurück.

Sonntag Morgen, 6 Uhr. Wecker klingelt und ich bin sofort vol da, da ich um 5:57 schon von alleine aufgewacht war. Im Gegensatz zu Magnus' Herberge bietet unser Hotel das Frühstück erst um 7:30 an (Notiz: nächstes Mal schon bei der Buchung danach fragen!). Ich ernähre mich also auf unserem Zimmer mit Weißbrot, Banane, Honigwaffel und Wasser. Gut, dass erfahrene Sportler immer mit Eigenverpflegung reisen! Um 8:30 fahren wir mit Magnus zusammen runter nach Bad Liebenzell - langsam steigt das Adrenalin in meinen Adern und ich bin das erste Mal richtig angespannt, auch wenn man es hier noch nicht sieht:

Nun sprechen wir beim Einlaufen auch über die Taktik, die eigentlich sowieso klar ist. Nicht zu schnell anfangen, damit man hinten nicht zu früh aufhört. Aber wie das so mit Plänen und Taktik ist - sie erweisen sich meistens als mangelhaft. Es sollte alles ganz anders kommen… Beim Einlaufen entdeckten wir auch Udo und Torsten - für Anfeuerung ist also gesorgt! Die Steigerungen und die Konzentration dann jeder für sich. Routine, alles wie immer.

Man beachte das geschickte Ausnutzen des Auto-Windschattens bei Magnus ;-)

9:29, Startaufstellung, wir stehen etwa in Reihe drei.



Die Strecke führte über eine Auftaktrunde und drei 6-Kilometer-Schleifen immer wieder durch Bad Liebenzell hindurch. Ein schneller Kurs, der aber entgegen der Ausschreibung wie gesagt dann doch nicht flach wie ein Brett war, sondern auf den beiden langen Geraden einige unangenehme Steigungen enthielt. Und dann war da noch das Problem mit der geplanten Pace. Die wollte außer uns nämlich keiner laufen! Vorne flog die Spitze und in unserem Bereich formierte sich sofort eine große Gruppe aus Läufern mit Kurs 1:09, also deutlich unter 3:19/km. Dahinter ein Rattenschwanz aus Läufern, die versuchten, ihr eigenes Tempo zu finden. Nach der kurzen Auftaktrunde sah das in etwa so aus:


Das Tempo in dieser Gruppe war konstant hoch, ohne uns abzusprechen war sowohl Magnus als auch mir klar, dass wir hinter dieser Gruppe jedoch früher oder später völlig alleine sein würden. Also mussten wir da mit! 3:09/12/15/08/24 (hier merkt man die Steigungen!) machten schon nach fünf Kilometern klar, dass das sogar deutlich unter der geplanten Pace war. Ich begann zu grübeln, verkrampfte und bekam prompt bei Kilometer 7 leichte Seitenstiche. Magnus war zu der Zeit am Ende der Gruppe (was ich aber nicht wusste, konnte mich ja nicht umdrehen!) und ich fragte mich ernsthaft, ob er vielleicht schlauer als ich wäre und dort gar nicht erst mitlief, nur um mich dann bei 15 oder 16 wieder einzusammeln! Zunächst hatte ich aber mit der Bekämpfung meiner Stiche zu tun. Und bis Kilometer zehn hatte ich die dann auch endlich rausgedrückt, noch mal Glück gehabt! Gerade rechtzeitig, um bei 10 noch schnell auf die Uhr zu drücken - 32:45! Ein Betreuer rief seinem Athleten zu "einfach gleichmäßig so weiter, dann wird es eine 1:09". Toll, dachte ich noch, dann waren wir auch schon vorbei. Und Magnus war entgegen meiner zwischenzeitlichen Annahme auch noch da. ;-)


Die Gruppe funktionierte jetzt. Das Tempo konstant bei 3:18 bis 3:20, Schwankungen durch die Steigungen nicht groß zu merken, endlich also "mein" Tempo. Entsprechend häufig wechselte auch die Führungsarbeit, jeder beteiligte sich mal.



Ich hatte nun aber schon mächtig zu kämpfen. Vor allem an den Steigungen fiel ich immer häufiger zurück an das Ende der Gruppe, einige Meter hinten ab, kämpfte mich wieder heran und versuchte, trotz stärker werdenden Verkrampfung in der linken Wade, locker zu laufen, als wir auf die letzte 6-km-Runde zuliefen.

Bei Kilometer 16 musste ich dann endgültig abreißen lassen. Ich hatte die nun in Zweiergruppen zerbröckelte Truppe aber noch immer in Sichtweite, vor allem Magnus etwa 100m vor mir, was moralisch unheimlich wichtig für mich war!
< http://www.drsl.de/seb/liebenzell/SD531510.html>
Als es zum letzten Mal durch den Kreisel am Wendepunkt der Strecke ging, (ca. Kilometer 18), wusste ich, dass die 1:10 nicht mehr fallen würden, zu schwer war jetzt mein Schritt an der Steigung. Aber es ging natürlich dennoch um jede Sekunde!


Vor mir kotzte ein Läufer im schwarzen Trikot, der vorher auch in unserer Gruppe gewesen war - und lief dann doch 50 Meter vor mir weiter. Mist, hätte der nicht ein paar Sekunden länger…?

Aber immerhin, es ging also nicht nur mir schlecht! Als ich über die Kuppe des letztens Hügels kam, 500 Meter vor dem Ziel, wusste ich, dass die 1:10 vorne stehen bleiben würde. Einen Läufer, der mich kurz zuvor an der Steigung noch überholt hatte, kassierte ich jetzt wieder ein und rettete mich bei 1:10:41 als 27. ins Ziel! Magnus war in 1:10:05 angekommen.

"Zufriedenheit und völlige Erschöpfung", so könnte man das beschreiben, was da so im Ziel rum lag, wankte und sich auch übergab, ich schließe mich da bedingungslos an, auch wenn mein Magen viel zu leer zum Spucken war. Nach diesem taktisch notwendigen Blitzstart noch so eine Zeit zu laufen, das hätte ich zur Halbzeit des Rennens nicht erwartet. Und was war ich froh, als ich 10 Minuten später Magnus wieder traf, der nach dem ersten kurzen Abklatschen im Ziel auch erst einmal alleine irgendwo herumgewankt war und entdeckte, dass sein Schritt genauso eierte, wie meiner! ;-)

Auch jetzt, nach 5 Stunden Heimfahrt, einem lockeren Auslaufen und einer Nacht drüber geschlafen, tun meine Beine herzlich wenig anderes, als rumeiern. Aber das muss so sein. Genuss und Schmerzen passen gut zusammen, wenn man erfolgreich war! Und wenn dann in ein paar Tagen die Erholung eingesetzt hat, dann kommt auch ein neuer Gedanke. Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. - Wir sehen uns schon in zwei Wochen bei den DM 10 in Mannheim wieder!

Hier alle Fotos:


Vielen Dank fürs Lesen und besonderen Dank an alle, die in den letzten Wochen in den Trainingspostings mitgedacht- und lacht und Daumen gedrückt haben!
Sebastian


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=2021


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