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Bericht

Name des Laufes:Northsea Beachmarathon
mehr zum Lauf: VID5868
Datum des Laufes:1.7.2007 (Sun)
Ort:Hvide Sande --> Vejers Strand
Plz:(EU)
Homepage:http://www.beachmarathon.com/
Strecken:MA
Beschaffenheit:Sandstrand
Profil:flach
Wetter:Wind und Regen bis zum Umfallen
Teilnehmer:etwa 350
Name des Berichtenden: Karmaik LID2693
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Bericht vom 8.7.2007 (Sun)
Eine windige Angelegenheit

So, erst einmal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich mir für diesen Bericht eine Woche Zeit gelassen habe. Aber zwischen dem Zieldurchlauf in Vejers Strand und den ersten Worten dieses Rückblickes lagen noch weitere aufregende Tage einer Klassenreise, die mir und meinen Schülern die eine oder andere Grenzerfahrung bescherte: Wir waren Paddeln auf der Müritz, aber das ist eine ganz andere Geschichte das Wetter aber das gleiche...

Es war am Samstag letzter Woche, als ich mit meiner Familie mit dem Wohnmobil in Richtung Dänemark aufbrach. Ziel der Reise war Hvide Sande an der Nordsee, dem Startort des diesjährigen Northsea Beachmarathons. Das Wetter war hochgradig durchwachsen. Schon auf der Autobahn wechselten sich unwetterartige Regengüsse mit dem allerschönsten Sonnenschein ab.

Nach gut viereinhalb Stunden und einer kurzen Rast hatten wir unser erstes Teilziel erreicht: Nörre Nebel. Genauer gesagt das Bade- und Erholungscenter „Sea West“ etwas nördlich von Nörre Nebel. Hier holte ich mir die Startunterlagen ab. Liebevoll wurde ich begrüßt, wie eigentlich jeder, der zu der Zeit um mich herum stand. Sie sind halt ein freundliches Volk die Dänen. Ich nahm also meine Startnummer an mich und ging zurück zum WoMo. Das Wetter machte ab jetzt einen hervorragenden Eindruck. Es war warm, sonnig und der blaue Himmel lud zu einer weiteren Spritztour ein.

Von nun an überließ ich meiner Frau das Steuer und wir schauten uns die Bedingungen im Zielbereich an. Wir fuhren also nach Vejers Strand, ein kleiner touristischer Ferienort an der Nordseeküste mit breitem und festem Sandstrand. Vor einigen Jahren habe ich hier bereits ein paar Tage Urlaub verbracht – zu einer Zeit, als ich niemals im Leben daran gedacht hätte, 42,2 km auf Sand einen Marathon zu laufen.

Es war sehr windig hier in Vejers. Die Sonne wusste auch nicht so recht, immer wieder schoben sich einzelne Wolkenformationen vor sie. „Na, das kann ja heiter werden...“, dachte ich noch so bei mir und malte mir die schlimmsten Bilder für den morgigen Strandmarathon aus. Dass es noch schlimmer kommen würde, konnte ich da noch nicht vorausahnen...

Wir fuhren weiter Richtung Norden nach Nymindegab. Hier war der offizielle Start der Halbmarathondistanz. Auch hier war es meiner Frau wichtig, wie sie hier parken und zum Strand kommen kann, um mich morgen bei Halbzeit standesgemäß anfeuern zu können. Auf eine noch längere Autofahrt hatte dann Baby-Piet keine Lust mehr und wir fuhren gen Ringköbing Fjord zum Camping Platz. Bei herrlichstem Abendwetter schmeckte die Pasta besonders gut und die kommende Nacht verlief erstaunlich ruhig. Danke Piet :o)

Es war Sonntag, der 1. Juli 2007. Nach dem gemütlichen Frühstück fuhren wir zum Start nach Hvide Sande. Windig war es und der Wind kam natürlich genau und ausgerechnet aus Süd.... Eine Besserung war nicht in Sicht und so entwickelte sich eine windige Angelegenheit über vier Stunden und einem Sandkeks.

Es herrschte eine familiäre Stimmung am Start. Die dänischen Nationalflaggen sowie das dazu farblich passende Flatterband umfassten den Startblock, der mich irgendwie schmunzelnd an einen Rinderpferch erinnerte. Aber das nur so nebenbei bemerkt... Schnell warf ich noch einen Stein mit meinem Kleinen in die Nordsee und machte mich dann etwas warm. Ich wollte meine Sehnen, Muskeln und Bänder dann doch nicht ganz unvorbereitet loslaufen lassen, wer weiß schon, wie die Horde losrennt. Ich trabte also gut 800 Meter auf bestem Strandsand und fühlte mich gut. Ich hatte richtig Lust zu Laufen, auch wenn ich etwas skeptisch und gar ehrfürchtig an die kommende Aufgabe denke.

Wir wurden alle auf das herzlichste in den verschiedensten Sprachen begrüßt, auch wenn ich fast immer nur das Wort „Beachmarathon“ verstanden hatte. Im vergangenen Jahr soll es hier gute 30° C gehabt haben und Windstille... Dieses Jahr waren die Bedingungen „etwas“ anders!
Die Läufergemeinde hat sich im Startbereich versammelt und der Countdown begann. Dann der Start! Meine Fresse, was haben die denn vor? Da pesen tatsächlich einige in einem Tempo los, was mir sofort eine Sauerstoffschuld beschert hätte. Ich wählte ein Tempo so um die 5:30 min/km, lief eigentlich ohne genaues Zeitziel los und wollte unterwegs noch ein paar Eindrücke per Schnappschuss einfangen.

Zunächst wurde eine Schleife gelaufen, die uns zum Startbereich zurückführte. Hier im Richtungswechselbereich machte ich noch schnell ein Foto und winkte meinen beiden Lieben zu. Schnell war der erste Kilometer erreicht, aber überwältigt von den Natureindrücken, der herrlichen Dünenlandschaft, dem weiten Blick voraus auf den zu bewältigenden Strand und die traumhafte Brandung der aufgewühlten Nordsee, vergaß ich diesen zu stoppen. War ja eh egal.

Ich fand mein Tempo immer so um die 5:45 und 5:30 min/km und es wurde viel mit den Nachbarn geplaudert. Sofern man sich denn einerseits muttersprachlich verständigen konnte und andererseits der Gegenwind eine Konversation zuließ. Im Grunde war Windschattenlaufen angesagt, sonst geht man irgendwann ein. Wir hatten bestimmt Windstärken zwischen 6 und 7, das kostete Körner und nagte irgendwann an den Nerven und der Substanz.

Nachdem ich mich an die Bedingungen etwas mehr gewöhnt hatte, lief es eigentlich richtig rund. Nur der ständig wechselnde Untergrund von festen, ganz passabel zu belaufendem Strandsand zu weitläufigen Kiesflächen, in denen man herrlich wegrutschte bzw. arge Stand- und Abdruckprobleme bekam, störte etwas die läuferische Idylle. Oder war es gerade das, was diesen Lauf so besonders machte? Es sollte auf jeden Fall nicht langweilig werden.

Kilometer 5 stoppte ich bei 0:29:36 Std. ab. Wenn man bedenkt, dass ich noch das eine oder andere Foto vom Start und der Umgebung, den Läufern und der Monstersteine, die uns den Weg einschnürten, gemacht habe, dann bin ich eigentlich ganz zufrieden. Etwas später lief ich auf eine Gruppe auf. Der eine, sportliche Mann mit dem T-Shirt vom Itzehoer Störlauf kam mir doch recht bekannt vor. Ich sprach Gerd Freiwald an und dankte ihm für seinen Bericht vom Beachmarathon 200?, der mich vor ein paar Wochen überzeugte hier zu starten. Wie klein doch die Läuferwelt ist... Wir wechselten ein paar Worte und ich verabschiedete mich dann nach vorne. Ich hörte nur noch „Los hinterher – Windschatten ausnutzen !!!“ und fand schnell wieder meinen Rhythmus. Kilometer 10 habe ich verpasst zu stoppen, ein- bis zweihundert Meter weiter zeigte die Uhr dann 0:59:11 Std. Es war O.K., der Regen setzte ein...

Ich hörte ein leichtes Schnaufen hinter mir. Zu mir gesellte sich Frank aus Dortmund. Wir liefen immer abwechselnd im Wind und gaben uns Schatten... Wind und Regenschatten. Der Regen wurde doller, der Lauf von Schritt zu Schritt immer härter, der Schweinehund in mir blinzelte schon mit einem Auge und spitzte die Ohren. Mit Frank lief es dann immer besser, wir holten bis zum Halbmarathon Sekunde um Sekunde auf und es schien sogar eine Endzeit von SUB 4 plötzlich möglich. Mich quälte indes aber mein Laufgurt mit der Kamera und den zwei kleinen Trinkfläschchen. Immer wieder drehte der sich und ließ mich meinen Rhythmus verlieren. Nervig. Das Wetter dazu, der Regen, der Wind, ätzend. Kilometer 20 – vergessen zu stoppen, egal... Hauptsache gleich kommt die Stelle, an der meine Frau mich mit meinem Kleinen anfeuern wollte. Nymindegab, erinnerte ich mich an den Namen der Ortschaft.

Schreck... Meine Frau ist nicht da. Ist sie mit dem Wohnmobil nicht klar gekommen? Hatte sie vielleicht einen Unfall? Hat sie vielleicht hinter der Düne keinen Parkplatz bekommen?
Fragen über Fragen, die mich über den nächsten Kilometer überkamen. Schlimm war auch die zu laufenden Strecke hier... Kiesel und Sandmatsch... Kilometerlang... Dann plötzlich klingelte mein Handy. Ich pulte es aus der Oberarmtasche... „Wo bist Du gerade?“, hörte ich sie fragen. Ich gab Frank aus Dortmund ein Zeichen, verabschiedete mich dankend von ihm und klärte meine Frau über meinen körperlichen und geistigen Zustand auf. Sie stand in Nymindegab auf dem Parkplatz, es regnete Bindfäden und mein Sohn schlief träumend, wohl behütet und trocken in seinem Sitz. Da konnte sie es nicht übers Herz bringen. Ich hatte zwar meine eigenen Probleme – vor allem mit diesem sch..ß Gürtel, konnte aber dennoch irgendwie Verständnis aufbringen. Es ist schon erstaunlich wie gut mal beim Laufen telefonieren kann...Wir verabredeten uns für Henne Strand. Das waren für mich noch gut 8 Kilometer und so auch für meine Frau genügend Zeit dorthin zu juckeln. Das Treffen klappte optimal. Ich wurde meinen Gürtel los, die gefühlt 150 kg schwere Kamera konnte ich abgeben, dazu noch die Sonnenbrille, die ich so gar nicht brauchte. Wann auch? Es regnete immer noch Hunde, Katzen und Bindfäden, der Wind blies wie gehabt so doll er konnte aus Süd direkt ins Gesicht.

Das Windschattenlaufen hatte man schnell drauf. Nur musste man dann auch sehr reaktionsschnell und aufmerksam sein. Nicht nur, dass man aufpassen musste wo man hintrat ohne umzuknicken (da waren einige fiese Löcher im Sand), nein auch nicht zu unterschätzen war die Nordsee. Erst recht wenn man an der Wasserkante lief. Du bist da also in Deinem „Wind-und-Regenschatten-und-pass-auf-wo-du-hintrittst-Trott“, da springt der Typ vor Dir beherzt nach Backbord zur Seite. Geistesgegenwärtig musst Du mitspringen, wenn Du nicht mit einem Fuß mitten in der See baden möchtest. Nichts ist glaube ich unangenehmer als 42 km Salzwasser in den Schuhen...

Doch: recht früh hat meine linke Socke eine Falte geworfen. Das Ergebnis war eine schicke Flächenblase und dem Fuß. Aber egal, weiter ging es. Kilometer 30 habe ich bei 2:55:08 Std. abgestoppt. Es lief erstaunlich gut jetzt. Ich fühlte mich frei so ohne den Gurt. Die regelmäßigen Verpflegungsstellen waren liebevoll hergerichtet, immer ein lieber aufbauender Blick und hier waren immer ein paar nette Worte zu wechseln. Es gab für jeden Läufer eine gehörige Auswahl an Wasser in Bechern oder in einer 0,5 l-Flasche, Isodrinks, Bananen und halbierte Müsliriegeln. Gerade die haben es mir irgendwann angetan. Wahrscheinlich durch die Seeluft – ich brauchte immer etwas Süßes :o)

Noch 10 Kilometer. Vom Wetter gibt es nix Neues zu berichten, dem Schweinehund habe ich signalisiert, dass er null Chance hat hier Herr über mich zu werden. Ich wollte das Ding - koste was es wolle - auf jeden Fall nach Hause laufen.
Ich lief auf einen älteren Läufer vom VfL Bückeburg auf. Er humpelte etwas, ich bot ihm meine Hilfe an. Da die Zeit mir mittlerweile egal war – SUB 4 habe ich mir irgendwann abgeschminkt – blieb ich eine Weile mit ihm zusammen. Auch hier ergab sich dann ein nettes Gespräch, das uns über die nächsten Kilometer begleitete. Der Strand war hier zwischen Henne-, Graerup- und Vejers Strand wunderbar zu belaufen. Recht hart, nur etwas regenbedingt matschig. Wenigstens ist man nicht mehr im Kies weggerutscht und man musste auch nicht mehr an der Wasserkannte tanzen. Kurz vor Kilometer 35 (3:25:42 Std.) klingelte erneut mein Handy. Aufbauend ermunternde und gerne entgegengenommene Worte folgten der Frage: „Na, biste schon im Ziel ???“... Sehr witzig!

Ab Kilometer 40 (3:56:22 Std) konnte man das Ziel bereits sehen. Das große Zelt war zu erahnen, die Hüpfburg, von der meine Frau berichtete schimmerte durch die Regenmassen. Noch gut zehn bis zwölf Minuten dachte ich so bei mir, sammelte den Kollegen aus Bückburg wieder ein und präparierte mich und meine flatternde Startnummer für das Zielfoto. Das Ziel kam unspektakulär immer näher und näher. Plötzlich ein Aufschrei: Mist, Bückeburgs Oberschenkel streikte. Ich bot ihm erneut meine Hilfe an, ich hätte ihn sogar mit über die Ziellinie geschleppt, aber er ließ mich ziehen. Wie ich in den Ergebnislisten nachlesen konnte, hat auch er natürlich auch noch gefinished, an dieser Stelle – sollte er es Lesen – „Gute Besserung!“

Noch 200 Meter. Ich erkenne meine Frau und meinen Sohn. Sie waren überglücklich mich zu sehen. Und ich erst. Ich war überglücklich sie und vor allen DAS ZIEL zu sehen und zu überlaufen. Gänsehaut, Tränen. Ich stoppte meine Uhr bei 4:08:45 Std. und bekam die Medaille um den Hals gehängt. Die Tränen der Freude ob der vollbrachten Qual, äääh Leistung überkamen mich. Ein deutliches Zeichen, dass der Lauf einfach geil war. Schon dort im Zielbereich beschloss ich: „Ich komme wieder !!!“

Danke fürs Lesen,
Karsten


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