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19.04.2024, der 5. Tag der KW 16

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Bericht

Name des Laufes:33. GutsMuths - Rennsteiglauf
mehr zum Lauf: VID1024
Datum des Laufes:21.5.2005 (Sat)
Ort:Schmiedefeld
Plz:D9
Homepage:www.rennsteiglauf.de
Strecken:HM ,MA , SM
Beschaffenheit:Gelände und Straße
Profil:gebirgig
Wetter:17 Grad, bedeckt, trocken
Teilnehmer:2800
Name des Berichtenden:Jan Döring
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 22.5.2005 (Sun)
Ok, zu meinem 12. Marathon, der einer meiner Härtesten, aber auch Schönsten werden sollte, folgt nun endlich auch einmal ein Bericht von mir.

Vorbereitung: Knie-Probleme seit dem Paris-Marathon. Deshalb eingeschränktes Training. Grundkondition sollte für 4 Stunden reichen. Auch am Rennsteig. Keinen Wetterbericht gelesen (Ist am Rennsteig oft egal)

Ziel: Anständig laufen. Nicht zu sehr die Knie quälen. Vor dem Rest der Ver- und Bekanntschaft ankommen.

Vor dem Start:

Wie immer: Ehrungen, Rennsteiglied, Ansprache vom Bürgermeister, Schneewalzer. Die Relikte aus den alten DDR-Zeiten halt. Macht immer wieder Spaß, man fühlt sich irgendwie heimisch, geradezu zugehörig. Auch wenn man 25 Jahre alt und damit der "Zone" irgendwie auch nie wirklich zugehörig gewesen. DAs Wetter besserte sich plötzlich. Kein Regen mehr. Ich habe trotzdem vergessen mein langärmliches Trikot mit auf den LKW zu werfen. Naja, muss man es halt einmal quer durch die Wälder Thüringens schleppen. Es gibt schlimmeres. Zum Beispiel Bauchkrämpfe. Dazu später mehr.

Der Start:

Ab geht es. Erstmal Tempo finden. Das ist schon schwer genug, wenn man seit Wochen kaum gelaufen ist, keine Tempogespür mehr hat. Erst recht wenn das eigene Laufspektrum sich zwischen 3:15h und 4:15h auf die Marathondistanz bewegt. Mein Motto: Schau mal wie es läuft auf den ersten 22,7 Kilometern. Genau bis zum Verpflegungspunkt Schwalbenhauptwiese, der Rest läuft sich von alleine. Gesagt getan, fixiert an zwei Läufern eines örtlichen Laufvereins und drangeblieben bis zum Masserberg.

Km: 18,8

Wer einmal hier gewesen ist, will das immer wieder machen. Die Leute, der Krach, der Berg. Herrlich. Gänsehaut. Zeitnahme: 1:32h. Oh,oh, Jan: Das ist die schnellste Zeit, die du jemals bis hierher gelaufen bist. Das wird sich rächen. Yes! Darauf habe ich gewartet. Mein Knie tat bis dahin noch nicht weh. Eher machte mir mein Magen sorgen. Leichte Krämpfe bahnen sich an und sollten bis zum Ende nicht wieder weichen.
Jetzt geht es abwärts. Vor dem langen Abstieg nach dem Masserberg hatte ich den meisten Respekt gehabt. Weil er eine sehr hohe Belastung der Kniegelenke bedeutet. Und 20km können lang sein mit schmerzenden Knien. Auch deshalb bin ich so schnell glaufen am Anfang. Seit meinen ersten beiden Marathons am Rennsteig weiss ich, dass man nicht zu sehr bummeln darf auf der ersten Hälfte, sonst muss man an den Stufen und in den Kehrungen Schlange stehen. Dieses habe ich gebummelt. Ich habe alle vorbeigelassen, die wollten. Blos Druck vom Knie runter! Ging auch halbwegs gut. Mein Magen machte mir mehr sorgen. Erstmal Bemmchen essen. Bei all den Riegeln, Traubenzucker, Iso-Gtränken, Bananen und Kuchen hängt einem der Zucker manchmal zum Halse raus. Die Schnitten bekommen mir gut. Noch kann ich Gas geben:

km 25: 2:08h

Nichts spekatuläres passiert. Ich merke, dass ich langsamer werde.

km 28,8: Ich hasse den Berg, den ich gerade hinter mir habe. Jedesmal. Zum ersten Mal seit 5 Jahren frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Zum ersten Mal kommen wirkliche Zweifel auf, ob es dieser Lauf wert ist, gerannt zu werden. Es gibt so schöne flache Läufe. Paris zum Beispiel. Selbst Dresden, im Übrigen der finsterste Eintrag meiner Mararthon-Palmares, schien hier und heute besser. Oben habe ich 5 Minuten auf den Sanitäter mit Pflaster gewartet. Meine Brustwarzen waren aufgerieben, meine Pflaster abgefallen. Ich rätsele heute auch noch, ob ich mir die Pflaster nur geben lassen habe, damit ich eine Minute pausen machen kann, oder ob ich wirklich ich an deren Sinn geglaubt habe. Jedenfalls waren die Pflaster nach 300m dem Schweiss wieder gewichen.

km 30:

And die 30km Zeit kann ich micht mehr erinnern. Doch es wird schwerer. Der Mann mit dem Hammer sitzt hinter mir. Der Schweinehund auch. Zumindest Letztgenannter bekommt mich garantiert nicht. Ich renne jeden Berg, ich halte nur in Verpflegungspunkten kurz an. Das mache ich immer so. Ganz einfache Philosophie: Wer den Berg rennt, ist schneller oben. Wer schneller rennt, ist eher im Ziel. Keine Ahnung, ob das bei den Laufgurus in den tollen Büchern auch so steht, habe nie eines in der Hand gehabt. Normalerweise laufe ich sehr ausgeglichen. Ich ziehe eine Kilometerzeit, die ich mir vorgenommen habe, bis zum Ende stur durch. Das ist einfach eine Frage der Erfahrung. Dazu braucht man keine Bücher, sondern Lehrzeit. Andere gehen hier am Berg längst. Das motivert mich. Noch.

km 34:

Hätte mich jemand gefragt, wo ich mich gerade befinde, ich hätte meine Laufschuhe verwettet, dass ich das km 35 Schild verpasst habe und mich nun auf dem 36. Kilometer bewege. Pustekuchen. Einbruch. Motivation tot. Hammermann hämmert. Schweinehund lacht sich tot. Ich bin tot. Fast. Kämpfen, Junge. Kämpfen. Ich realisiere, dass ich die 4 Stunden heute nur mit Krampf schaffen würde. Ich gab dem Sanitäter dafür die Schuld. Dann kam die Vernunft. Ist doch egal was du heute hier machst. Beweisen musst du dir gar nichts. 3:48h bist du 2003 hier gelaufen. Ganz locker flockig. Genieß doch die Landschaft, die Leute, das Köstritzer Schwarzbier.

km 37,83

Den Becher Bier habe ich mir schon verdient, denke ich. Mein Magen sah das allerdings anders. Die nächsten 4 km lief ich dann noch leicht gebückt. Ich mag eigentlich gar kein Köstritzer Schwarzbier! Ziwschendrin habe ich mir noch die Waden massieren lassen. Im Ziel ist immer so eine Drängelei. Das nenn ich ausgleichende Gerechtigkeit, das DRK hat seine Bummelei wieder gut gemacht. Die 4 Stunden habe ich abgehakt. Immer diese deutsche Symmetriesucht. Alles muss immer rund, glatt oder schön aussehen!

km 41,9

Das wars. Kopf hoch, Rücken gerade und nun nur noch gut aussehen am letzten Berg. Wenn man verbissen rennt, bekommt man die netten, anfeuernden Laute gar nicht so mit. Doch ich kenne diesen Berg. Vielen Läufern raubt er noch einmal den letzten Willen. Ich habe 10 gehenden Läufern auf die Schulter geklopft. Kopf hoch noch ein paar hundert Meter. Alle sind zumindest kurz weiter gerannt.

Der Zieleinlauf:

Alpe d'Huez in Thüringen. Ganz schmale Gasse. Auf einmal sehe ich meinen Bruder. Der hat es richtig gemacht. Ist "nur" den Halben gelaufen und kann jetzt feiern. Ich mache kurz halt, und laufe dann mit 4:04:34 ein. Dieses Gefühl des Glückes hatte ich zuletzt nach meinem ersten Marathon, das war auch hier in Schmiedefeld. Manchmal muss man eben erst etwas verlieren, um etwas zu gewinnen...


bis zum nächsten Jahr am Rennsteig,
Euer Jan.


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