Lauf um die Welt!
 
 
Aktuelle Saison: 2023-2
Menü jeder km zählt
 
18.04.2024, der 4. Tag der KW 16

[ /Rennen | Berichte Übersicht | Bericht suchen | Neuen Bericht schreiben ]

Bericht

Name des Laufes:3. Karstadt RuhrMarathon (Ost-Strecke)
mehr zum Lauf: VID716
Datum des Laufes:17.4.2005 (Sun)
Ort:Dortmund -> Essen
Plz:D4
Homepage:http://www.karstadt-ruhrmarathon.de/
Strecken:MA
Beschaffenheit:Aphalt, einwandfreier Zustand
Profil:hügelig
Wetter:leicht diesig, trocken, bei ca. 10° C
Teilnehmer:über 32000
Name des Berichtenden:Georg Kurek
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 18.4.2005 (Mon)
Hallo geneigte und geduldige Leserschaft!

17.04.2005. Ein Termin, wie in Marmor gemeißelt, der 3.Karstadt-Ruhrmarathon und wohl auch vorläufig der letzte mit Karstadt. Soweit ich weiß, sollen aber schon in den nächsten Wochen Gespräche mit potentiellen Nachfolgern stattfinden und die plakativen Hinweise "Wir sehen uns beim Ruhrmarathon 2006" geben Hoffnung. Ein Termin, der seit Dezember 2004 für mich feststeht, als ich mich online anmeldete und der mich seither antrieb auch den Winter durch und selbst bei widrigstem Wetter und trotz manchmal größter Unlust, nach einem stressigen Arbeitstag, zu laufen. Gut sowas!

Blicken wir kurz zurück. 2003 raffte ich mich endlich auf, einmal wieder etwas für meine Gesundheit zu tun. Vergangen waren fast 12 Jahre mit nur minimaler bis gar keiner sportlichen Betätigung und zwei Zusammenbrüche, in deren Verlauf Bluthochdruck und Extrasystolen diagnostiziert wurden. Also nahm ich die Blutdrucksenker ein, sowie die alten Sportschuhe aus dem Schrank und fing an zu joggen. Aller Anfang ist schwer und als Raucher, mit 30 Zigaretten pro Tag flogen mir nach ca. 3 km die Bronchien um die Ohren. Das war aber nicht so schlimm, denn die Beine konnten ja auch nichts mehr, außer zittern. Das war der Anfang.

Ich lief also in 2003 schon ein paar km zusammen, in völlig veralteten und brettharten Schuhen, immer nach der Methode ein paar Minuten laufen, ein paar Minuten gehen und schaffte schließlich sogar locker die 7 km um den heimischen See am Stück zu tigern.

Mit dem Winter und dem damit einhergehenden schlechten Wetter kam der Einbruch. Im Februar 2004 ging es zaghaft weiter, noch mit witterungsbedingten Aussetzern, ab Mai wurde dann regelmäßig trainiert. Das Rauchen hatte ich inzwischen zu gunsten des Laufens auch aufgegeben, was mir insgesamt und meiner Lunge insbesondere, wirklich spürbar gut tat und tut.

Vor dem Hintergrund dieser Historie hatte ich nun also meinen ersten Halbmarathon vor mir.
Ansich gab es im Vorfeld keine Besonderheiten. Einmal mußte ich vorher die volle Distanz laufen, weil ich doch erhebliche Bedenken hatte die Strecke in einer Zeit zu bewältigen, die mich aufrechten Hauptes durch das Ziel laufen lassen würde. Zu oft war der Trainingsplan, besonders in den letzten Wochen, aus den Fugen geraten, weil irgendwas dazwichen kam, Krankheitm, Termine, usw. Der Probelauf gelang
und lag mit 02:19 weit über meinen Erwartungen.

Sonntag, 17.04.2005, 06:00 Uhr der Wecker klingelt. Ich werfe die Blutdruckpille ein und drehe mich wieder um, habe noch fast eine Stunde Zeit. Zur Erklärung: die Tablette entwässert und ca. 1 Stunde nach der Einnahme kann, nein vielmehr muß man, dann im allgemeinen pinkeln wie ein Pferd. Das wollte ich nicht unbedingt in der Startaufstellung erleben oder gar unterwegs. 07:00 Uhr, jetzt aber raus aus den Federn. Schnell duschen, ein paar Scheiben Toast mit Gelee einwerfen und nein, dieses Mal kein Frühstücksei. Der Rucksack mit den wichtigsten Dingen war gepackt. 08:05 Uhr Abfahrt. 08:12 Uhr, in unmittelbarer Nähe der BAB-Auffahrt durchzuckt es mich. Ich habe die Pulsuhr vergessen! 180° Turn und mit Dampf wieder nach Hause, die Uhr holen. 08:25 Uhr ich fahre auf die BAB-Auffahrt. 09:00 Uhr wollte ich in Dortmund sein. Das wird jetzt verdammt knapp bis unmöglich.

Die Bahn ist frei, der Fahrer auch und das Gaspedal fest auf dem Bodenblech verankert. Alles läuft blendend, bis ca. 5 km vor der entscheidenden Abfahrt, denn da stehe ich dann im Stau. Es ist bereits nach 09:00 Uhr und das Duschen heute morgen hätte ich mir echt sparen können ich schwitze jetzt schon, wie ein Vollblut-Araber-Hengst kurz vor der Deckstation.

Verdammt, denke ich, jetzt wirst du den Start deines ersten Halbmarathons im Stau verpassen und das, wo Dir Ingo extra geraten hat früh genug zu fahren. Ich schaue mir das Spiel einige Minuten an. Es passiert absolut nichts, nicht einen Meter geht es weiter, absolute Stagnation. Nach einer kurzen Diskussion mit DBEVA [1], entscheide ich mich für den Pannenstreifen und benutzte diesen bis zur nächsten Abfahrt, die G.s.D. nicht allzuweit entfernt war, dann geht es Dank Navi doch noch relativ schnell bis ungefähr 1,5 km vor die Startzone. Hier ist Schluß, alles Sackgasse, Streckenposten, hektisches Rumgewinke und Nebenstraßenverstopfen. Nun die KLamotten unter den Arm genommen und ab zum Start. 09:45 Uhr ahja, das muß die Straße sein. Wo ist denn Block E? Ach, da gaaaaanz hinten. Ich bewege mich in die Richtung und es wird immer dünner, bei Block D beschließe ich, daß das reichen muß und stelle mich hier auf.

Rambazamba wie auf der Loveparade. Hr. Metzelder kann nicht laufen, sagt er der Masse übers Mikro, zu viele OPs. Naja, wenn er meint.
Ich bekomme noch ein Motivationsküsschen von DBEVA und meiner Lütten und dehne mich noch ein wenig. Wenig später fällt der Startschuß. Peng. Alle laufen, alle stehen. Alle gehen, alle laufen, alle gehen, alle stehen. Alle gehen, alle laufen, alle gehen, alle laufen, die Startmatte naht. BING, ab jetzt geht es los. Und die nächste Stunde durfte ich dann damit verbringen, von rechts nach links im Zickzack über die Straße zu laufen, um irgendwo zu überholen.

Ich meine, das kennen wir alle von der Formel 1. Da sausen sie nach dem Start auch alle nach links, nach rechts und suchen die Lücke, aber da ist das nach der ersten Kurve erledigt. Hier nicht. Ich bin ja nun weiß Gott nicht schnell und ich stand nicht einmal in Block E sondern in Block D, aber ich habe die ersten 10 km nur überholt und bin selber kaum überholt worden. Oft ging dies nur durch Ausweichen auf den Grünstreifen oder den Bürgersteig. Das kostet Energie. Man springt auf den Bürgersteig hoch, sprintet an so vielen Reihen wie möglich vorbei, bis der Bürgersteig unpassierbar wird und springt dann wieder in eine Lücke auf der Straße, wo man sich auf sein normales Tempo zurückfallen läßt. Eine Weile im Tempo bleiben, um zu regenerieren, dann, bei der nächsten Lücke auf dem Bürgersteig wieder ein Sprint oder weiteres zickzacklaufen. Wie mag es da wohl erst den schnelleren Läufern ergangen sein?

Die Kennzeichnung der Entfernung geht mir völlig ab. Auf den ersten zwei km meine ich ein Schildchen gesehen zu haben, das nächste sah ich imho erst bei km 5. Ich habe einigermaßen meinen Rythmus gefunden und soweit es durch die Überholerei nicht unmöglich war auch gehalten. ich hatte das Gefühl, recht konstant zu laufen. Überprüfen ging leider eben nicht, weil ich die km-Schildchen nicht gesehen habe, obwohl ich danach geschaut habe. Ich hätte schon recht gerne jeden km gewußt, ob ich in meinem Zeitrahmen war und vorallem hätte ich gerne gewußt, wann die größere, im Höhenprofil der Strecke zwischen etwa km 5 und 10 liegende Steigung naht. So laufe ich also recht planlos in die Steigung hinein. Insgesamt war die Strecke für mich als Flachlandtiroler schon recht anspruchsvoll. Die Steigungen haben ihre Spuren in den Oberschenkeln hinterlassen. Mit jedem Hügel wurde es schwerer und die Schmerzen nahmen zu. Da ich mir den mit 1L Wasser befüllten Camelbak auf den Rücken geschnallt hatte, brauchte ich an keinem der Versorgungspunkte bremsen und lief durch. Somit erlaubte ich mir dann bei einer Steigung einfach mal ein paar Meter zu gehen. Bis, ja bis mich eine Omi aus den Zuschauerreihen ansprach: "Wat is Georch? Kannze nich mea?" Da mußte ich ihr zugrinsen und konnte das natürlich nicht auf mir sitzen lassen, also ging es weiter.

Die Zuschauer um es einmal ganz deutlich zu sagen - waren die Wucht in Tüten. Was da entlang der Strecke abging, kann ich kaum in Worte fassen. Da haben sich einige beim Anfeuern bestimmt genauso sehr verausgabt, wie andere auf der Strecke. Das war Party vom ersten bis zum letzten Meter. So ein Engagement, daß man da als Läufer meiner Zeitkategorie noch angefeuert wird, als wäre man der zweite oder dritte im Feld, unglaublich. Einfach nur geil. Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß sich so viele Menschen für eine Laufsportveranstaltung interessieren würden.

Zum Ende hin kam ja noch einmal eine Steigung, vor dem Wendepunkt, wo sich die HMler von den Mlern verabschiedeten, die ja noch einiges vor sich hatten. Diese Geschichte fand ich für mich persönlich psychologisch nicht besonders wertvoll. Wenn man nach oben sieht, die Steigung hinauf und den Wendepunkt nicht sehen kann einem gleichzeitig eine schier endlose Kolonne entgegenkommt, das ist schon fast frustrierend, finde ich.

Dann kamen die letzten paar Hundert Meter, rein in die Fußgängerzone, durch den Bogen und nur noch abwärts. Ich wollte noch einmal sprinten, aber meine Beine wollten nicht. Ey, ihr verdammten Gehstöcke, dachte ich, jetzt aber los, aber nein, ich mußte irgendwie froh sein, daß die Füße noch kontrolliert die Stelle trafen, die ich für sie vorgesehen hatte. Irgendwo auf diesem Stück dann eine Art rundes Podium, das man wahlweise umrunden oder überqueren konnte. Da ich nicht sicher war, ob ich am anderen Ende des architektonichen Kleinodes vielleicht Stufen herunter hätte laufen müssen, entschied ich mich fürs Umrunden. Irgendwie hatte ich Angst, auf einer Stufe umzuknicken oder so. War natürlich völlig unbegründet, weil die Stufen am Ende durch eine Rampe bedeckt wurden.

Ja und wie das so zum Ende eines Wettbewerbs ist, es näherte sich das Ziel. Ich riß die Arme hoch, als wäre ich der Sieger, schaute auf die Zeit und war von den angezeigten 2:27 fast schon enttäuscht. Andererseits, sagte ich mir, kannst Du schon zufrieden sein. 2:30 hattest Du einkalkuliert, weil es hier nicht so flach ist wie zu Hause, da ist 2:27 doch o.k. Natürlich habe ich vergessen meine Uhr zu stoppen, sodaß ich auch keine Vergleichszeit hatte. Erst später ging mir das Lichtlein auf, daß das ja die Brutto-Zeit war! Am Ende waren es dann 2.18.25 netto also noch 1 Minute schneller, als beim heimatlichen Testlauf auf platter Scholle.

Nicht ganz so toll fand ich die organisatorische Situation nach dem Ziel. Eine Linkskurve und schon stand man eingepfercht wie das Schlachtvieh in einer Abfertigungsgasse zur Medaillenausgabe. Hier ging lange nichts mehr voran und nicht nur mir wurde spürbar kalt bei der Rumsteherei. Leider hatte man nicht einmal genug Platz, um sich ein wenig Stretchen zu können. Nach der Ausgabe lockerte es sich dann wieder auf, bis man zu dem eingezäunten Bereich kam, an dem es die Urkunden und die Verpflegung gab. Da war dann eine vielleicht vier Meter breite Öffnung im Zaun durch die einerseits Massen hineinströmen wollten, andererseits andere wieder hinaus. Das ist imho deutlich verbesserungswürdig. Die drei Erdinger bleifrei, die ich dort verzehrte, schmeckten dennoch ausgezeichnet. :-)

Anyway, solche kleinen Unannhemlichkeiten können dem unbeschreiblich geilen Gefühl nichts nehmen, den ersten HM gelaufen zu haben, mit 43 Jahren und 6 kg Übergewicht. Wenn ich nun noch einmal den Bogen zum Anfang zurück spanne, wo ich mit 5 Minuten laufen, 5 Minuten gehen anfing, möchte ich sagen, ja, ich bin auf dme richtigen Weg.

Ruhrpott, ich danke Dir!

Und dem werten Leser, der es bis hierher aushielt, danke ich ebenfalls :-)

Last, not least auch ein dickes Danke an Ingo, der mir diese Veranstaltung wärmstens empfohen hat, denn ohne ihn hätte ich meinen ersten HM wahrscheinlich in irgendeinem Provinznest gelaufen und gar nicht gewußt, was ich da verpaßt hätte.

In diesem Sinne: hit the ground running!

Ciao
Georg



Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=912


Info Startseite | Regeln | Impressum | Datenschutz

News kmspiel Blog / Newsletter | Mini-Foren | neueste km / Log
Rennen Kalender | 7-Tage-News | Bestenliste | Berichte
Hilfe Handbuch | FAQ | Hilfe-Forum | Hilfeseite