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Bericht
Name des Laufes: | Weibertreulauf mehr zum Lauf: VID1387 |
Datum des Laufes: | 27.2.2005 (Sun) |
Ort: | Weinsberg |
Plz: | D7 |
Homepage: | http://www.tsv-weinsberg.de/la/ |
Strecken: | HM |
Beschaffenheit: | 10cm Neuschnee, keine Ahnung, was da drunter war :-) |
Profil: | hoch - runter - hoch - runter (ca. 60 Hm) |
Wetter: | -2°C, bedeckt bis sonnig, eisiger Wind |
Teilnehmer: | 258, Finisher: 184 |
Name des Berichtenden: | Jochen Förster (Autor-LID zuordnen: Login und [Edit]) Bericht vom 28.2.2005 (Mon) |
Bericht vom Weibertreulauf Weinsberg [Geschichtsunterricht] Im Spätherbst 1140 belagerte und eroberte schließlich Kaiser Konrad III. die Burg Weinsberg. Die Burgfrauen verlangten freien Abzug, da sie ja schließlich nicht gekämpft und Widerstand geleistet hätten. Konrad, ganz Gentleman, gewährte dem Weibsvolk die Freiheit mit soviel Hab und Gut, wie sie auf ihren Schultern mit sich tragen konnten. Die treuen Weiber trennten sich von ihrer Schuhsammlung und schleppten stattdessen ihre größten Schätze ? nämlich ihre Männer ? auf dem Rücken mit sich fort in die Freiheit. Konrad fühlte sich um ein paar hypsche Hinrichtungen der Weinsberger geprellt, stand aber zu seinem kaiserlichen Wort. [/Geschichtsunterricht] Um 9:30 am Startplatz angekommen sah ich mit einem Blick, daß diese schöne Sitte nicht bis in den Spätwinter 2005 überlebt hatte: Viel zu wenige Weiber, und die wenigen zwar möglicherweise treu, aber viel zu zierlich für besagten Zweck. Selber laufen war also angesagt. Das hatte ich irgendwie befürchtet, und so zog ich mir die mitgebrachten Trabucos und die etwas dickeren Klamotten vom Markenhersteller TCM an. 10cm Neuschnee, eisiger Wind und angekündigte ?5°C ließen einen eher ungemütlichen Lauf erwarten. Die Halbmarathonis waren um 9:50h losgelaufen, und da war schon zu sehen, daß sich etliche Teilnehmer von den Witterungsbedingungen oder den Straßenverhältnissen abhalten lassen hatten. Tja, wäre ich bloß auch zu hause im gemütlich warmen Bettchen geblieben! So aber hatte ich 9,8km auf verschneiter Strecke vor mir, die zwischen km 3 und 4 auch noch eine fiese Steigung enthielt. Na, was solls? Nach viel zu kurzem WarmUp stand ich in der Startaufstellung und machte mir meine Gedanken über die Lautsprecherdurchsage ?Bitte unterwegs den Streckenhinweisen folgen oder einfach den Weg selbst suchen!". Na prima. 30 Sekunden vor dem Start fällt mein Blick auf die Polar und den leicht überhöhten Puls von 232 bpm. Komisch, soo aufgeregt war ich nun auch wieder nicht? Das war immerhin mein 4. Wettkampf. Also Störsignale von anderen Polarbären? So hatte ich mir den OwnCode meiner S210 aber nicht vorgestellt! (Auf der Rückfahrt wurde mir dann klar, daß ich dazu statt dem T31 besser den WearLink genommen hätte... Soviel zum Thema WK-Routine). Los gings die Bahnlinie entlang, schön eben zum Warmlaufen. Hier war der Untergrund auch noch halbwegs geräumt, ein gleichmäßiger Tritt also möglich. Der 4:50er Schnitt fühlte sich gut an, ich schonte meine Kräfte. Nach km 3 kam dann der Aufstieg. Hier wurde auch das Geläuf anspruchsvoller, der Neuschnee war teilweise festgetreten (von den HMlern?), teilweise in tiefen akelroraks (hach, was ist Inuit doch für eine schöne Sprache :-) zusammengeschoben. Erfreulicherweise durchbrach in diesem Moment die Sonne die Wolkendecke und wärmte uns Unverzagte, schnell verstaute ich Handschuhe und Stirnband in den Taschen. Nach dem Höhenprofil im Internet sollte ab km 4 die Stegung irgendwann hinter mir liegen, aber der Berg zog sich hin wie Kaugummi. Puls war bei 96%, am Berg vertretbar. Die Atmung war da schon eher das Problem, viel schneller konnte ich nicht mehr hecheln. Mein Schnitt näherte sich dem 6er-Tempo, so genau wusste ich das wegen teilweise fehlender km-Schilder nicht. Ade, mein Traum von sub50? Aber endlich kam der Wendepunkt in Sicht, ab dem es ab- und heimwärts ging. Ich verfiel auf meine Risikotaktik und ließ es den Berg runter so richtig rollen. Das kostete zwar auch Kraft und vor allem Konzentration, da ich teilweise neben der ?Spur" überholen musste. Dafür gewann ich ein paar Plätze, und schließlich war das hier ja ein Wettkampf, oder? Bei km 6 freundlicherweise mal wieder ein Kilometerschild, aber auf der offenen Fläche danach blies mir ein eklig kalter Wind entgegen, der jeden Anflug von Freude erstickte. Na toll, erst verliere ich bergauf Zeit, und dann kann ich es bergab nicht mehr wettmachen, weil der Gegenwind dermaßen bremst! Frust, erster Gedanke ans Aufgeben. Aber was dann? Dann müsste ich trotzdem zurück zum Parkplatz gehen. Also doch lieber weiterlaufen. Ich schmiege mich an meinen Vordermann und lasse mich vom Sog seines Windschattens mitziehen. Endlich km 8, die Burg kommt in Sicht, die letzten 2 km haben wir geräumte Straße als Untergrund. Ich gebe Gas, überhole ein paar Läufer, mit denen ich zuvor eine stille Karawane durch die schwäbische Eiswüste gebildet hatte. Ein Läufer überholt mich, ich hänge mich dran. Das scheint ihm nicht zu gefallen: Er wechselt scheinbar grundlos die Straßenseite, ich folge ihm nach links, er beschleunigt und zieht wieder nach rechts. Ah, das muß eines von den berühmten renntaktischen Spielchen sein, ersonnen den Feind zu zermürben! Beeindruckt von soviel Rafinesse und auch konditionell nicht mehr ganz in der Lage, dem rasenden Schachspieler im Rösselsprung zu folgen, lasse ich ihn ziehen. Pferd schlägt Läufer, pardauz! Aber der Frust dauert nicht lange: Da vorne zieht er schon wieder nach links, diesmal aber offensichtich zum Getränkestand. Und: Er bleibt stehen, um einen Tee zu trinken! Na warte, Bürschchen, denke ich mir. Abwarten und Teetrinken ist keine Siegertaktik. Ich ziehe an ihm vorbei, dem Teetrinker und Warmduscher, und pushe meinen geplagten Körper an die Leistungsgrenze. Dem vor Spannung nägelkauenden Leser sei verraten: Mr. Lipton hat mich bis zum Ziel nicht mehr eingeholt. So, der letzte Kilometer. Die Strecke ist wieder halbwegs vertraut, an der Bahn entlang, also eben. Aber hier spüre ich die Grenzen meiner derzeitigen Kondition, die fehlende Tempohärte. Ich muß bei jedem Schritt mit mir kämpfen, das Tempo zu halten und nicht nachzugeben: Die sub50-Zeit kommt wieder in greifbare Nähe, die Zielzeit auf dieser krummen Distanz auszurechnen fehlt mir der Sauerstoff im Hirn. Rennen, einfach nur rennen. Der Magen meldet sich, krampft leicht und frägt, wo heute eigentlich das (Mittag-)Essen bleibt? Ich sage ihm : ?Drin. Es bleibt da drin, wo es ist. Basta!". Magen an Großhirn: ?Pasta? Lecker, prima Idee! Wann?". ?Ruhe da drinnen, alle Systeme bis auf die Beine in StandBy- Modus!! Ende der Durchsage". Die Zuschauer am Straßenrand werden wieder mehr, ein paar haben diese Faschingsrätschen dabei und machen einen höllischen Lärm. Ich kann das Ziel schon erahnen. Die Straße kommt mir auch bekannt vor, sehr bekannt sogar. Ich sehe vor mir nur noch einen Läufer, rot gekleidet, und den visiere ich an: Target locked. Und Feuer: Ich schalte von Glykogen- auf pure Adrenalinverbrennung um, sprinte los wie blöd und überhole den Roten in der letzten Kurve, stürme durch die Zeitnahme (Armbandchip) und versuche einer aufdringlichen Frau zu entkommen, die mir im Ziel die Hand schüttelt und nicht mehr loslassen will. Ich renne noch weiter, will den Zielraum freimachen, ein paar Schritte auslaufen und mich irgendwo anlehnen, und schleife immer noch diese unbekannte Frau hinter mir her, die meine Hand partout nicht loslassen will. Ein Groupie? Wenn das meine Frau sieht... So langsam wird mir aber klar, daß die Dame mehr an dem Chiparmband interessiert ist als an mir und ich lasse mir brav von ihr das Geschirr abnehmen. Ich lehne mich über das nächste Straßengitter und lasse mich von meiner Frau zu einem heißen Tee überreden. Danach schnell nach hause, heißes Vollbad einlaufen lassen und Kaffee mit leckerem Kuchen genießen, den meine Frau in der Sporthalle gekauft hatte, so lange ich unterwegs war. Soll noch einer sagen, es gäbe keine treuen Weiber mehr! Für die Statistik: Plazierung: 8. von 30 in AK M35, Siegerzeit 36:55 (!) min. Kilometerzeiten (teilw. interpoliert): 4:55, 4:50, 4:50, 5:37, 5:49, 5:00, 4:49, 4:49, 4:30, 4:08. Schnitt: 5:01 min/km, neue HFmax: 195. |