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Bericht

Name des Laufes:8. Ford Köln Marathon
mehr zum Lauf: VID489
Datum des Laufes:12.9.2004 (Sun)
Ort:Köln
Plz:D5
Homepage:http://www.koeln-marathon.de
Strecken:MA
Beschaffenheit:Asphalt, ein wenig Kopfsteinpflaster
Profil:fast völlig flach
Wetter:sonnig, trocken
Teilnehmer:etwa 17000 Läufer
Name des Berichtenden:Carsten Düllmann
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 25.10.2004 (Mon)
Mein erster Marathon! Wow! Die Wirklichkeit übertrifft tatsächlich noch alles, was ich vorher darüber gehört hatte. Und das im allerbesten Sinne!

P r o l o g

Das VWKGJ wurde ja inklusive kompletter Vorbereitungszeit und Knie-, Blasen-, Schienbein- und Hüftproblemen schon in meiner Neuvorstellung diskutiert. An nennenswerten Befürchtungen hatte ich dann am Rennwochenende eigentlich nicht mehr viele. Nur zum Beispiel noch die, daß ich wieder schlimme Blasen kriegen könnte. Außerdem war mein letzter lockerer Lauf am Mittwoch absolut miserabel gelaufen: Ich hatte meinen Rhythmus wieder einmal nicht gefunden, auf der rechten Seite hatten sich leise Hüfte und Knie gemeldet, und die neu gekauften Teflon-Wundersocken (wieder mal den bunten Versprechungen auf der Verpackung geglaubt) hatten an der Achillessehne gezwickt. Danach hatte ich beschlossen, doch lieber in den Aldi-Laufsocken zu laufen, die ich dann auch einen Tag lang trug und dabei als ausgesprochen angenehm am Fuß empfand. Allerdings nur, bis ich am Abend ein kurzes Stück darin ohne Schuhe über Teppich lief: Der Fuß rutschte in der Socke! Verdammt! Doch zu groß! Ich machte den Gegentest mit den Teflonsocken und - siehe da! - da rutschte gar nichts! Damit war die Entscheidung gefallen: Teflonsocken und Vaseline sollten am Sonntag die schwierige Aufgabe übernehmen, meine Füße vor Blasen zu schützen. Das große Loch, das die große Blase vom DrumnBase-Tanzen unter dem rechten großen Zeh hinterlassen hatte, deckte ich mit einem Compeed-Pflaster für Zehenblasen wenigstens zur Hälfte ab. Der allerletzte lockere Lauf am Freitag, den ich nach den Tipps von drsl noch eingeplant hatte, mußte wegen Arbeit und einer kurzfristig verschobenen Bandprobe leider ausfallen.

Der Samstag vorm Marathon war eigentlich als extrem ruhiger Tag geplant gewesen. Ich hatte nur ganz gemütlich meine Startnummer abholen, Pasta essen, Wasser trinken und ausruhen wollen. Dummerweise mußte aber noch einiges organisiert und erledigt werden, denn entgegen Olzos Rat hatte ich meine Eltern und einen Kumpel angestellt, mir während des Laufs Nahrung anzureichen. Auch meine kleine Unterstüzergemeinde mußte noch mit Durchlaufplänen versorgt werden, in denen ich - wieder gegen Olzos Rat - eine Endzeit von 3:30 angenommen hatte. Außerdem war irgendwie keine Pasta zum Kochen mehr da und auch das Mineralwasser war alle. Um es kurz zu machen: Der Samstag wurde dank dürftiger Vorplanung und kleiner Widrigkeiten wie unfreiwilligen Laufeinlagen und einem nur knapp erreichten Treffpunkt am durchfahrenden Zug leider doch ziemlich stressig, und ich kam erst nach Mitternacht ins Bett...

D e r g r o ß e T a g

07:29: Ich wache auf. Sekunden später geht auch die Weckmusik an. Bis auf einen Gang aufs Klo habe ich die ganze Zeit durchgeschlafen. Super! Meinen Start erwarte ich um 10:40, ich setze mich also entspannt an den Frühstückstisch, mache mir meinen grünen Tee und esse ganz gemütlich zwei Croissants. Die Morgenhygiene erledige ich wie immer, verteile Vaseline und Pflaster an verschiedene Körperstellen, ziehe die bereitgelegte Laufkleidung (mit Startnummer und großem Firmenlogo auf dem Rücken) an, darüber alte Klamotten zum Wegwerfen. Die Verdauung kommt leider nicht auf Touren, so daß die Gnocchi und die Pasta von Samstag den Marathon wohl werden mitlaufen müssen. Plötzlich fällt mir ein, daß ich noch eine Zwischenzeittabelle für mich selbst hatte ausdrucken wollen ? es wird zwar knapp, aber ich erledige das noch schnell. Beim letzten Halbmarathon hatte ich die Zwischenzeittabellen in Tesafilm ?laminiert?, dazu bleibt jetzt natürlich keine Zeit mehr ? das Ding wird also wahrscheinlich völlig im Schweiß zerfließen, wenn ich bedenke, wie schon die geschützten Tabellen nach dem Halbmarathon aussahen. Egal. Wird schon. Die Zeit wird knapp?

09:01: Mit Rucksack und gepacktem Kleiderbeutel gehe ich etwas später als geplant zur Bahn, die dann aber prompt kommt. Der Treffpunkt um 9:30 mit meiner Marathongruppe und meinen Eltern sollte noch zu schaffen sein. Etwas stutzig macht mich nur die Angabe "E18 Eifelwall" auf der Anzeige der Bahn. Da müßte eigentlich eine Station jenseits des Rheins stehen. Die Bahn hält dann tatsächlich schon am Eifelwall, denn ab da ist schon alles abgesperrt - sogar für Straßenbahnen! Überraschenderweise ist nämlich heute Marathon in Köln. Ich mache mich also zusammen mit der Horde Kleiderbeutelträger, die sich bis zur "Endstation" Eifelwall in der Bahn angesammelt hat, zu Fuß auf den Weiterweg. Weil ich nicht das Risiko eingehen will, wieder nicht weiterzukommen, gehe ich von da einfach den kompletten Weg zu Fuß, nicht gerade ideal, aber ich rede mir ein, daß das doch auch nur ein langsames Einlaufen mit Gepäck ist. Funktioniert gut! Außerdem habe ich so noch die Gelegenheit, am Barbarossaplatz die Skater vorbeifliegen zu sehen. Wenig Publikum haben die, stelle ich fest: Die Mehrheit der Leute, die hier stehen, bilden wir Läufer auf dem Weg zum Start!

09:40: Ich bin am Treffpunkt, die Kollegen und meine Eltern auch, sogar das Team vom Unternehmensfernsehen ist schon da. Nur die Trainer sind es noch nicht, was mein Gewissen ob meines eigenen Zuspätkommens vollkommen beruhigt. Den Kleiderbeutel gebe ich meinen Eltern zum Wegbringen, außerdem den Rucksack, einen Durchlaufplan, und das Wichtigste: Die Trinkflasche, die ich nach drsl-Tipps mit verdünntem Gel gefüllt habe: Zwei Päckchen Erdbeer/Banane-Geschmack auf etwa 750 ml Wasser. Zu meinem Erstaunen schmeckt das sogar sehr erträglich! Ich instruiere meine Eltern, zwischen Kilometer 23 und 24 eine freie Stelle auf der rechten Seite der Strecke zu suchen und da um 12:35 Uhr +/- zehn Minuten auf mich zu warten. Sicherheitshalber habe ich die Stelle auf dem Streckenplan fett für sie markiert. Die beiden machen sich auf den Weg, erst zur Beutelabgabe, dann zu Fuß über die Hohenzollernbrücke Richtung Treffpunkt - sie haben noch Zeit. Der Treffpunkt mit meinem Kumpel und dem nächsten Päckchen Gel (das ich ihm am Samstag am Bahnhof gab) ist zwischen km 29 und 30 geplant. Zum Start werde ich noch das eine Päckchen mitnehmen, das die Trainer für jeden von uns mitbringen wollen.

09:50: Die Trainer treffen ein, es wird einiges beratschlagt, und Holger, der Cheftrainer, gibt letzte Instruktionen und verteilt Marschpläne. Außer mir wollen noch drei andere Teilnehmer unseres Programms die 3:30 angehen: Thomas und Robert, die beide schon mehr als einen Marathon hinter sich haben, und Katja, Triathletin und schnellste Frau bei uns. Wir vier wollen versuchen, zusammen in den schwarzen Startblock zu kommen und dann möglichst lange zusammenzubleiben. Das erste Problem dabei ist, daß Thomas und ich laut Anmeldebestätigung eigentlich in Orange eingeteilt sind - laut Startnummer sogar nur in Blau - und wir unsere Zweifel haben, ob das mit Schwarz überhaupt klappen wird. Das zweite Problem ist, daß Katja noch nicht da ist (wir werden sie auch bis zum Ende des Rennens nicht mehr zu Gesicht kriegen). Vor dem Einchecken muß ich noch für kleine Jungs und da das nächste Dixi ziemlich weit scheint, gehe ich um die Ecke zu einem Mini-Park, um da die Hecken zu düngen. Vier oder fünf andere Läufer haben gleichzeitig mit mir dieselbe Idee, so daß dieser winzige Park (eher ein kleiner Platz mit Hecken und Bäumchen) eine ungewöhnliche Invasion erlebt: Fünf Gestalten, angetan mit Laufschuhen, Müllsäcken und abgerissenen Klamotten, stehen in der hellen Morgensonne und pinkeln gemütlich in die Hecke. Sonst kenne ich sowas nur von Rock-Festivals. Oder vom Karneval...

10:15: Es ist Zeit zum Einchecken. Wir verabschieden uns von Langsameren und Schnelleren unserer Gruppe, wünschen allen viel Erfolg und machen uns auf den Weg zum schwarzen Block. Wie erwartet werden Thomas und ich abgewiesen. Mist. Wir überlegen kurz, zwischen den Blöcken stehenzubleiben, entdecken dann aber, daß die linke Absperrung sehr niedrig ist und klettern einfach darüber ? eine Methode, die noch zahlreiche andere Läufer anwenden, was meinen Anflug von schlechtem Gewissen wieder etwas beruhigt. Die Hauptsache ist jedenfalls, daß wir es zusammen angehen können. Wir gehen noch ein Stück vor und warten auf den Start. Dann wird auch schon die rote Gruppe gestartet, ich ziehe die alte Hose und das T-Shirt aus, die mich bis hierher noch warmgehalten haben, und werfe sie über die Absperrung.

10:38: Unser Block wird heruntergezählt, wir drei klatschen ab, und los geht?s. Nach zwei Metern stehen wir wieder, dann drei Meter traben... wieder stehen... endlich geht es ziemlich zügig richtig los...

D a s R e n n e n

10:40: Wir sind auf der Startlinie. Bis hierher ist also alles voll im Plan! Mein erster Marathon hat angefangen, und ich beschließe, jede Sekunde davon zu genießen! Es geht nun auf die Deutzer Brücke und das Wetter ist genauso schön wie am Tag zuvor. Da hatte ich mir (zwischen all dem Stress) einige ruhige Minuten auf der Hohenzollernbrücke gegönnt, in denen ich mich einfach ans Geländer gelehnt, die Deutzer Brücke betrachtet, und die Sonne genossen hatte. Irgendwie hatte die Deutzer Brücke von da drüben überhaupt nicht steil ausgesehen. Das Tempo ist mir erstmal ganz egal, Überholen wäre zu anstrengend, wir rollen mit dem Pulk. Das mit dem Genuß klappt schon ganz gut: Ich genieße die Sonne, die Zuschauer, das Rheinpanorama und auch einfach die Tatsache, daß ich nun endlich laufe! Die Beine fühlen sich gut an und am Rand grüßt auch schon der erste Unterstützer: Michael aus meiner Abteilung, der wegen eines Bandscheibenvorfalls vor einigen Wochen leider aus dem Marathonprogramm hat aussteigen müssen.

10:45: Den ersten Kilometer drücke ich bei 5:31 min ab. Das ist zwar etwa eine halbe Minute über dem geplanten Schnitt, doch eigentlich ein gutes Zeichen: Wir haben uns zu nichts hinreißen lassen, sind aber schon ganz gut ins Rollen gekommen. Wir verabschieden uns mit gemischten Gefühlen vorerst von der Deutzer Brücke, die wird uns mit ihrem Anstieg ganz am Ende ja noch einmal begegnen. Ein bißchen mulmig ist mir bei dem Gedanken schon noch ? wie fühlen sich Beine an nach 42 Kilometern? Und sei es noch so ein flacher Anstieg ? wird der sich dann auch noch flach anfühlen?

10:55: Den dritten Kilometer sind wir in 4:47 Minuten gelaufen. Ups! Gute zehn Sekunden zu schnell! Ich bremse die beiden anderen etwas. Wir sollten nicht versuchen, die 40 ?verlorenen? Sekunden auf vier Kilometern wieder hereinzukriegen! Wir sind inzwischen schon am Neumarkt und unserer Firmenzentrale vorbeigelaufen und an den Ringen angekommen. Das Publikum tobt noch nicht gerade, aber ist schon deutlich zahlreicher als noch bei den Skatern heute morgen.

11:05: Entlang der Ringe sind uns die Afrikaner im Pulk entgegengekommen, das war ein kurzes Vergnügen ? ein Weißer ist sogar auch noch dabei. Richtig mitbekommen, wie schnell die sind, habe ich aber nicht. Die Menschen sind deutlich mehr geworden, und am Chlodwigplatz, den wir inzwischen erreicht haben, ist zum ersten Mal schon richtig viel los. Die Zuschauer stehen dicht an dicht und auch unsere Laufgasse ist relativ schmal. Das macht Stimmung! Die Sonne scheint mir ins Gesicht und ich lächele einfach alle Zuschauer an ? nicht zum letzten Mal für diesen Marathon fällt mir der Spruch aus Matthias Rosenkranz? Signatur ein: ?Have fun and keep smiling. (Time Penalty for infringement!!)?. Wenn es so weiterläuft wie gerade, werde ich kaum in die Gefahr einer solchen Zeitstrafe kommen.

Unsere Kilometerzeiten haben sich inzwischen recht konstant bei fünf Minuten eingependelt ? die Abweichungen sind nicht größer als ein paar Sekunden, mal nach oben, mal nach unten. Das funktioniert aber nur, weil ich dauernd bremse. Robert und Thomas würden eigentlich jetzt schneller laufen, lassen sich davon auch nur abhalten, indem ich bei jedem Kilometerschild laut die Zeit des letzten Kilometers ansage (die beiden können mit ihren Uhren wohl keine Zwischenzeiten nehmen) und mich bewußt hängen lasse. Ein anderer Spruch, an den ich dauernd denken muß, ist nämlich der von Magnus Kreth, daß der Marathon erst bei Kilometer 30 anfange. Davor ? denke ich ? muß man dann ja noch nicht so hetzen.

11:10: Mir fällt auf, daß wir wohl zufälligerweise genau in einem Pulk von Läufern mit genau unserem Zeitziel losgelaufen sein müssen. Alle hier halten recht konstant einen Fünfminutenschnitt. Vor allem fällt mir eine Frau auf, blond und eher klein, der ich auf den ersten Blick eine solche Zeit gar nicht zutrauen würde. Ein Weilchen laufe ich hinter dieser Frau her, dann fällt mir auf, daß sie nicht allein unterwegs ist, sondern mit einem Mann an ihrer Seite. Ich verliere sie aus den Augen, finde sie wieder, irgendwann entfleuchen sie und ihr Begleiter dann nach vorne. Die beiden werde ich noch wiedersehen.

11:15: Wir laufen am Rheinufer entlang und langsam bekomme ich Durst, was wohl kein gutes Zeichen ist. Seit dem Tee und ein paar Schlucken Wasser am Morgen habe ich nichts mehr getrunken, insgesamt nicht mal einen Liter ? teils deswegen, weil ich nicht zum Pinkeln anhalten müssen wollte und andernteils auch einfach aus Mangel an Gelegenheit. Um so mehr freue ich mich nun über den ersten Getränkestand. Wir rollen langsam an, ich greife mir schnell zwei Becher und bin als Schnellster von uns dreien auch wieder vom Stand weg. Das mit den Getränkeständen hat bei mir eigentlich schon immer ganz gut geklappt, beim Intervalltraining machte mir zum Beispiel auch das Kunststückchen Spaß, meine Trinkflasche aus vollem Lauf sicher von einer Bank am Rand der Strecke zu greifen. Das Trinken aus dem Becher erledige ich auch im Laufen - wie immer: Becheröffnung schmal drücken, mit dem geöffneten Mund die untere Hälfte der Öffnung bedecken und den Kopf nach hinten nehmen. Von dieser Technik hörte ich auch durch einen Tipp, diesmal allerdings nicht aus drsl, sondern von Börge, einem Triathleten aus Katjas Verein, den ich mal auf einer Party traf (und der sein Marathondebüt 2003 in Köln mit unglaublichen 2:59:xx hinlegte).

11:18: Wir biegen an der Bismarcksäule auf die Gürtel ein und kommen an einer Fachschule vorbei, an der ein Mitmusiker und guter Freund von mir Dozent ist. Zwei Dinge fallen mir dabei ein: Einerseits mein Erschrecken bei der ersten Betrachtung der Streckenführung - damals hatte ich die Strecke von Deutz bis hier mit meinem Alltagsstadtverkehrgefühl betrachtet, wobei sie mir ziemlich lang vorkam. Und das sollte noch ziemlich am Anfang des Rennens sein! Der erste Blick auf den Streckenplan hatte mir also einen echten kleinen Schrecken eingejagt. Nun, da es soweit ist, kommt mir die zurückgelegte Strecke vor, als sei es nichts gewesen. Die andere Sache, an die ich hier denken muß, ist ebenjener Dozent: Ein ganz guter Mittelstreckenläufer, der sich vor etwa sechs Wochen spontan zum Köln-Marathon (seinem ersten) angemeldet hat und dementsprechend nicht ganz optimal vorbereitet gewesen sein kann, als er heute morgen an den Start ging. Ich frage mich, wie es dem wohl gerade geht. Mir selbst geht es weiter sehr gut, nur mein Bauch gluckert ein bißchen ? stören tut das aber nicht.

11:49: Bei der Trinkstation an der Luxemburger Straße renne ich fast einen Mann um. Wie schon vorher war ich wieder schnell durchgekommen und wartete dann laufenderweise auf Robert. Thomas hatte sich vorher schon nicht mehr recht bremsen lassen und war mit seinen 20 Metern Vorsprung schon durch. Beim ?Warten? laufe ich halb seitwärts und blickte zurück, weswegen ich einen Läufer übersehe, der zum Trinken ins Gehen gefallen ist. Den erwische ich voll ? zum Glück passiert nichts außer daß ein wenig Wasser verschüttet wird. Der Mann sieht aber verständlicherweise sehr ärgerlich aus, und ich entschuldige mich zweimal. Danach mache ich Witze mit Robert über mein Viertel (kölsch: Veedel), das wir gleich erreichen werden. Wir machen aus, daß wir kurz bei mir einen Kaffee trinken und dann weiterlaufen wollen ? meine Wohnung liegt ja nur ein paar Meter von der Strecke entfernt. Dann fällt mir auf, daß ich meine Wohnungsschlüssel gar nicht dabei habe (stattdessen Gel in der Schlüsseltasche). Schweren Herzens geben wir den Plan also auf.

11:52: Wir sind mitten drin in meinem Veedel und ich beginne, intensiv das Publikum zu scannen. Zu meiner Überraschung sind da viel mehr Leute an der Strecke als ich gedacht hatte. Wahnsinn! In der Kurve stehen sie dicht an dicht, mehrere Reihen hintereinander, toll! Ich bin wirklich positiv überrascht von meinem Veedel! Mareike, die ich eigentlich zu sehen erwartet hatte, sehe ich nicht. Dafür aber Cathrin, die unser Trainingsprogramm organisiert hat und auch selbst mitlaufen wollte, kurz vor Schluß aber wegen einer Muskelentzündung aussteigen mußte. Man sieht ihr an, wie viel lieber sie jetzt mit uns unterwegs wäre! Ich reiße den Arm hoch und winke, danach hole ich schnell wieder zu Robert auf ? mein intensives Publikumscannen hat mich zurückfallen lassen. Wir sind nun auf der Berrenrather Straße (Kilometer 15 bis 16) und Thomas will es nun offensichtlich wissen. Robert und ich können ihn nur noch mit Mühe entdecken und beschließen, ihn nun einfach ziehen zu lassen. Wir sind uns sicher, daß wir ihn wieder einsammeln werden. Denn eigentlich fängt das Rennen ja in 15 Kilometern erst an? :-)

12:05: Wir erreichen die Dürener Straße, wo ich eigentlich erwarte, Uli an der Strecke zu sehen, denn dessen WG liegt da an der ersten Straßenecke. Ich scanne also wieder den Straßenrand, was da schnell geschehen ist, denn diese Stelle ist gerade wieder eine der etwas unbelebteren. Uli sehe ich aber nicht. Hmm? Vielleicht sehen er und seine WG sich den Marathon ja von ihrem Balkon aus an? Genau so haben das ja auch Julia und Anja vor, allerdings erst in der Severinstraße. Ich sehe also nach hinten rechts an Ulis Haus hoch und suche den obersten Stock ab ? das muß wohl recht seltsam aussehen, wie ich da mit nach hinten verdrehtem Kopf entlanglaufe. Plötzlich höre ich eine Frauenstimme meinen Namen rufen. Die WG steht eh nicht auf dem Balkon, also wende ich den Kopf und sehe gerade noch Anja, an der ich schon fast vorbeigelaufen bin. Schnell rufe ich noch Hallo und reiße den Arm wieder zu einem Winken hoch, dann bin ich auch schon vorbei. Komisch, Anja wohnt zwar auch direkt hier in der Ecke, aber die wollte doch bei Julia aufm Balkon? Egal. Ich freue mich einfach ein bißchen und laufe weiter. Kurz danach kommt die erste Station mit Bananen. Robert und ich trinken problemlos und ich esse ein ganz kleines Stück Banane. Das Kauen ist schwierig wie immer beim Laufen, ich beschließe also, von nun an nur noch Flüssiges und Gel zu mir zu nehmen.

12:12: Von der Dürener Straße sind wir nach rechts zur Aachener Straße durchgestoßen, wir haben etwa km 18,5 erreicht. Ich beginne mein Gel zu essen, Zitronengeschmack, den hatte ich im Training für erträglich befunden. Beim Herausnehmen der Gelpackung aus der Schlüsseltasche hinten an der Laufhose verliere ich meine Zwischenzeitentabelle, die auch in der Schlüsseltasche war. Auf der Tabelle sind auch die beiden Kilometerzonen markiert, bei denen ich Übergaben geplant habe. Ich fluche kurz, worauf Robert ganz richtig feststellt: Für 3:30 braucht man keine Tabelle. Auch die Übergabestellen habe ich eigentlich im Kopf, ich lasse also das Verlorene auf der Straße liegen. Ganz im Gegensatz zu einem Mann, der vor uns läuft und nun ebenfalls ein Gel zu sich nehmen möchte. Bei dem Versuch, dieses aus der Tasche zu holen, verliert er aber das Gel, was wohl weniger leicht zu verschmerzen ist als mein Verlust. Der Mann bleibt nämlich stehen - genau vor Robert, der prompt fast dagegen läuft. Robert flucht. Man könnte meinen, man habe es hier mit lauter Anfängern zu tun! Hat er ja auch, sage ich? Ich zum Beispiel bin genau so einer!  Robert scheint mir schon etwas gereizt, warten wir mal ab, wie sich das noch entwickelt. Kurze Zeit später kommt ein Getränkestand, an dem wieder alles glatt läuft, nur riecht und schmeckt das Wasser an dieser Station recht muffig.

12:25: Wir erreichen gleich Ehrenfeld, mein altes Veedel. Zwischen Bismarckstraße und Vogelsanger Straße laufen wir in einer Bahnunterführung über die Halbmarathonmatte. Wie jedes Mal habe ich bei der Matte Angst, sie könne meinen Chip möglicherweise nicht registrieren, deswegen trete ich bewußt genau auf die Matte. Die Uhr zeigt Erfreuliches an: 1:45 ? wir liegen exakt in unserem Plan. Die langsamen ersten Kilometer haben wir auch herausgeholt. Sonst passiert in Ehrenfeld nicht viel, die Zuschauer sind einigermaßen zahlreich und das Laufen macht weiter Spaß. Ich denke an ein paar Menschen, die hier wohnen und/oder gewohnt haben, einige Stellen rufen auch alte Erinnerungen wach, ich sehe aber niemand Bekanntes. Auch hier schmeckt das Wasser vom Stand wieder irgendwie muffig. Ich bin etwas irritiert und frage mich, ob nicht in Wirklichkeit nur meine Finger seltsam riechen ? doch den Riechtest ohne Becher überstehen die Finger problemlos. Seltsam. Auch das Gluckern im Bauch ist seit dem Gel wieder etwas stärker geworden, ist jedoch immer noch recht weit davon entfernt, wirklich störend zu sein.

12:35: Kilometer 23. Jetzt wird es spannend. Hier laufen wir nun ein Stück die Innere Kanalstraße entlang. Hier ist es recht unbewohnt, eine sechsspurige Ausfallstraße ? ich wußte vorher, daß hier viel Platz und wenig Publikum sein würden, weshalb ich auch genau hierher meine Eltern bestellte, um mir meine Gel-Wasser-Trinkflasche zu übergeben. Ich beginne also wieder einmal mit meinem intensiven Scannen des Streckenrandes, wobei ich auch wieder etwas langsamer werde. Diesmal ist es zwar wie erwartet sehr übersichtlich, aber ich scanne diesmal auch viel gründlicher als bisher. Allerdings ohne Ergebnis. Mich beschleicht eine schreckliche Vorahnung. Ich muß an Olzos Warnung denken: Was ist, wenn die Übergabe nicht klappt? Psychologisch wäre das sehr schlecht! Noch ist Kilometer 24 lange nicht erreicht, und trotzdem ist er schon da, der negative psychologische Effekt: Kurz hinter dem 23er-Schild wäre eigentlich die ideale Übergabestelle gewesen, kaum ein Mensch da, man hätte sich nicht verfehlen können, aber meine Eltern sind weit und breit nicht zu sehen! Sofort bin ich schlecht gelaunt. Ich laufe noch etwas langsamer, scanne noch intensiver den Straßenrand. Außerdem überlege ich schon, wie ich diese Katastrophe bloß in drsl erklären soll ? hätte ich doch mal auf Olzo gehört! Alles Scannen nützt nichts ? die Eltern sind nicht zu finden. Da geht es auch schon um die nächste Kurve, ganz und gar ungeeignete Stellen kommen jetzt. Unübersichtliche Parkbuchten, eine Unterführung, danach wieder sehr viel Publikum. Das Schild mit der 24 kommt in Sicht und ich finde mich mit dem Gedanken ab: Meine Eltern haben es nicht geschafft. Enttäuscht trotte ich etwa zehn Meter hinter Robert her. Immerhin, so sage ich mir, habe ich ja noch eine nächste Chance. Da wird es dann zwar kein leckeres Gemisch geben, aber immerhin eine neue Packung Gel. Plötzlich höre ich eine Frauenstimme meinen Namen rufen. Die Stimme kenne ich! Meine Mutter! Ich sehe in die Richtung, aus der die Stimme kam, und tatsächlich! Da stehen sie! An einer unmöglichen Stelle, inmitten von Menschen, an der äußersten Stelle einer Rechtskurve. Doch das ist natürlich egal: Meine Flasche ist da, das Powerbar-Gelb leuchtet mich an, meine Mutter winkt damit! Ich springe hin, nehme die Flasche und laufe in Nullkommanichts wieder zu Robert auf. Meine Energie ist da! Mein Wasser! Alles gleichzeitig, juppei! Ich biete auch Robert etwas aus der Flasche an, doch der will nicht. Nachher wird er mir sagen, ich sei da ganz schön ?herumgesprungen? - ihm selbst geht es an dieser Stelle wohl schon nicht mehr sehr gut. Am Kilometerschild 24 drücke ich die Zeit ab: 5:15 für den Kilometer. Der Übergabe-Krimi hat uns also 15 Sekunden gekostet, dafür entschuldige ich mich bei Robert, aber auch das interessiert ihn im Moment wohl nicht sehr. Er wirkt nicht mehr besonders frisch und ist sehr wortkarg geworden. Leider fällt mir nichts ein, das ich noch für ihn tun könnte und so lasse ich ihn einfach in Ruhe.

13:00: Die letzten Kilometer über war es recht ereignislos. Nach belebteren Streckenteilen an den Ringen kamen relativ öde Straßen auf dem Weg nach Nippes. Ich nahm immer mal wieder einen Schluck Flüssigenergie aus meiner Trinkflasche, ließ diese ab und zu von der rechten in die linke Hand wechseln, während sonst nicht viel passierte. Selbst die Verpflegungsstellen konnte ich einfach links bzw. rechts liegenlassen, da ich mit meiner Flasche ja ausreichend versorgt war. Immerhin: Kurt, unseren Schnellsten, sah ich uns entgegenkommen und Anja, eine nicht laufende Kollegin aus dem Büro nebenan, sah ich am Rand stehen. Dieses eine Mal war ich es sogar, der zuerst grüßte ? sonst erkenne ich die Leute ja immer erst zu spät und kann nur noch im letzten Moment den Arm zum Winken hochreißen. Nun also haben wir das nächste Veedel erreicht: Nippes. Aus früheren Köln-Marathons ist dieser Teil der Strecke als ?Hölle von Nippes? bekannt, weil Nippes früher immer erst jenseits von Kilometer 30 erreicht wurde. Diese Grenze erreicht man durch die diesjährige Streckenänderung aber erst kurz bevor man Nippes wieder verläßt, so daß die harten Kilometer jenseits der 30 auf der relativ unbelebten Strecke von Innerer Kanalstraße und Riehler Straße eingeleitet werden. Aber so weit sind wir ja noch nicht. Für mich wird es jetzt erst einmal wieder spannend: Wir sind in der Xantener Straße, und der nächste Übergabebereich naht. Meinen Kumpel Pascal, den ich gestern am Bahnhof abpaßte und ihm ein Päckchen Gel mit Apfelgeschmack übergab, habe ich für die Strecke zwischen Kilometer 28 und 29 bestellt. Das 28er-Schild, so habe ich mir gemerkt, muß irgendwo in dieser Straße stehen, ungefähr da, wo einmal Stephan wohnte, mit dem Pascal und ich Abitur machten. Blöderweise sieht nun aber die Straße völlig anders aus, als ich sie in Erinnerung habe. Prompt werde ich wieder nervös, kann mich aber ganz gut mit dem Gedanken beruhigen, daß die erste Übergabe ja schon funktioniert hat. Endlich kommt auch das Schild mit der 28 in Sicht und ich fahre erneut das Streckenrandsonar aus. Direkt am Schild wäre wie bei meinen Eltern eine ideale Stelle, es ist kaum etwas los. Pascal ? so er es denn hergeschafft hat ? scheint es aber auch genauso spannend machen zu wollen wie meine Eltern. Beim Kilometerschild steht er jedenfalls schon mal nicht. Also scanne ich ab da intensiv nach rechts. Gleichzeitig überlege ich, was ich mit meiner Trinkflasche machen soll. Gekauft habe ich sie gestern bei der Marathonmesse für 1,50 Euro, und eigentlich würde ich sie gerne Pascal in die Hand drücken, damit ich sie später weiternutzen kann. Das Problem ist nur, daß die Flasche noch nicht leer ist, und da das Gemisch mir so gut bekommt, möchte ich eigentlich nichts davon verschwenden. Es nun schnell auszutrinken, scheint mir auch etwas riskant ? das Gluckern im Bauch hat zwar inzwischen aufgehört, aber wer weiß, was mein Verdauungstrakt veranstaltet, wenn er nun eine kleine Flut verarbeiten muß, wo vorher immer nur kleine Schlückchen kamen? Ich beschließe, die Flasche zu behalten und langsam leerzutrinken. Danach werde ich sie den Reinigungsmannschaften zum Entsorgen liegenlassen müssen. Langsam fürchte ich auch, daß diese Gedanken ohnehin überflüssig sind, denn wir erreichen das Ende der Xantener Straße, und Pascal ist immer noch nicht in Sicht. Wir biegen nach links in die Niehler Straße ein? und das Streckenrandsonar schlägt an: Da steht Pascal: In seiner typischen Haltung blickt er in die Gegend und raucht. Aufmerksam ist er aber trotzdem, denn schon im nächsten Augenblick erkennt er mich und reagiert. Während wir auf ihn zulaufen, schlüpft er auf die Strecke ? sehr viele Läufer sind gerade nicht um uns herum ? und beginnt, ein Stückchen mitzulaufen. Wir begrüßen uns, ich danke ihm und versuche, auf die Schnelle meiner Freude Ausdruck zu geben, ihn zu sehen. Auch die zweite Übergabe hat geklappt! ?Du liegst gut in der Zeit! Genau wie auf dem Plan!?, sagt er dann, während ich irgendwie das Gel in meiner Schlüsseltasche verstaue. Auch ihm habe ich natürlich einen Durchlaufplan gegeben, und ich bin glücklich, daß dieser so schön aufgeht. ?Ja, es läuft wirklich gut! Aber der Marathon fängt ja erst bei Kilometer 30 an!? wiederhole ich mit einem inneren Schmunzeln diese Binsenweisheit. ?Da geht?s gleich rechts einen Berg hoch, da bin ich hergekommen!?, teilt Pascal mir noch mit, worauf ich den nächsten Spruch vom Stapel lasse: ?Jaja, das nennt man wohl auch die Hölle von Nippes!?. Wir verabschieden uns, und tatsächlich kommt kurz danach eine Rechtskurve in die Blücher Straße, in der es dann auch bergauf geht. Allerdings so wenig, daß ich es kaum bemerke. Irgendwie scheint mich diese Hölle nicht zu schrecken.

13:05: Wir sind ungefähr bei Kilometer 29 auf der Neusser Straße und es bietet sich mir ein Bild wie aus dem Reiseprospekt eines der großen Stadtmarathons: Die leicht schräg von vorne kommende Sonne taucht die Straßenschlucht in ein fantastisches Licht, die Menschen werfen harte Schatten, der Asphalt glänzt, obwohl er trocken ist. Eine Masse von Menschen streckt sich vor mir aus so weit ich blicken kann: Köpfe über Köpfe! Die Köpfe von Publikum und Läufern bilden eine gleichmäßige Oberfläche - die Oberfläche eines Flusses, durch den ich schwimme. Ein Fluß mit trägen Gewässern an der Seite und einem stetigen, mächtigen Strom in der Mitte. Und ich bin mitten drin, lasse mich treiben, die Sonne in meinem Gesicht! Ich laufe im Sonnenschein durch die Menschenmassen, breite die Arme aus und bin glücklich!

13:12: Wir haben Nippes verlassen und sind wieder auf der Inneren Kanalstraße, die hier noch öder ist als an der Stelle, an der ich meine Eltern eigentlich erwartet hatte. Durch die Breite der Straße fällt ab hier der Wind, der inzwischen aufgekommen ist, auch unangenehm auf. Dieser Wind wird uns nun bis in die Innenstadt begleiten, wo er in den engen Gassen nicht mehr angreifen kann. Ich beginne, mir bei Windböen Grüppchen von Läufern als Windschutz auszusuchen, aber leider ist die Bö meist vorbei, bevor ich eine geschützte Position erreichen kann. Inzwischen ist es auch so, daß wir trotz Roberts Zustand eher noch Läufer überholen, als daß wir überholt würden. Die Innere Kanalstraße, auf der wir laufen, erhebt sich hier langsam vom Grund und geht nahtlos in die Zoobrücke über, um auf der anderen Rheinseite noch eine ganze Zeitlang weit über dem Grund zu bleiben. Eigentlich ist dies mehr ein System von Brücken als eine einzelne Brücke. Als ich noch in Ehrenfeld wohnte, bin ich ? von der Autobahn kommend ? viele Male auf genau den Spuren der Brücke gefahren, auf denen wir nun laufen, allerdings in der Gegenrichtung. Ein bißchen befremdlich finde ich es schon, nun quasi als Geisterfahrer auf diesen Schnellspuren unterwegs zu sein. Noch soll es für uns noch nicht wieder über den Rhein gehen, wir verlassen also die Brücke und laufen eine Rampe hinab, die eigentlich eine Auffahrt für Fahrzeuge ist, die auf der Inneren Richtung Nippes, Ehrenfeld oder in den Kölner Süden streben. Die Zahl auf dem nächsten Kilometerschild wird eine 31 sein, und als hätten sie sich abgesprochen, die Prophezeiung zu erfüllen, begegnen wir nun zum ersten Mal einer größeren Zahl von Leuten mit Problemen. Die ganze Rampe hinab: Stehende Läufer mit Krämpfen, die Waden dehnend, gehende Gestalten, manche davon recht angeschlagen wirkend. Es scheint zu stimmen: Der Marathon fängt hier erst richtig an. So schlecht wie diesen Leuten geht es Robert jedenfalls nicht. Gehpausen hat er noch nicht nötig, und so machen wir uns zusammen auf den Weg über die Riehler Straße zurück zu den Ringen, wo die Party ist, und die Leute einen vorwärts tragen. An irgendeiner Ecke in dieser Gegend sehe ich auch das Team vom Unternehmensfernsehen wieder, das Läufer unserer Firma und den Marathon an sich einfängt. Zuerst halte ich sie einfach für irgendein Kamerateam, dann erkenne ich die Leute aber doch und winke kurz. Aus dem Bild bin ich da aber wohl schon herausgelaufen, was auch besser so ist.

13:20: An der Trinkstation kurz nach dem Ebertplatz bei Kilometer 32 überlege ich, ob ich einen Becher Wasser nehmen soll oder nicht. Meine Trinkflasche ist immer noch nicht ganz leer, aber bis zur nächsten Station könnte das zu wenig sein. Ich beschließe, möglichst nichts zu riskieren, nehme die Trinkflasche in die linke Hand, greife mit der rechten einen Becher und beginne zu trinken. Bah? vor lauter Erdbeer/Banane-Chemiegeschmack hatte ich schon den muffigen Geschmack des Wassers vergessen. Später wird niemand außer mir diesen muffigen Geschmack bemerkt haben ? seltsam. Vielleicht liegt es an dem Gel, das mich geschmacklich irritiert haben mag. Wie gewohnt reduziere ich jedenfalls mein Tempo an der Station kaum, so daß ich wieder einen ansehnlichen Vorsprung vor Robert bekomme und eine Weile rückwärts blickend weiterlaufe, um ihn zu suchen und gegebenenfalls auf ihn zu warten. Doch diesmal ist der Abstand zu groß geworden. Ich hebe fragend die Hand, und Robert winkt, ich solle laufen. Es tut mir leid, daß es ihm schlecht geht, aber ich möchte auch meine eigene Zeit nicht gefährden, und so ziehe ich los, allein den Rest der Strecke zu bewältigen. Von nun an beschreite ich gewissermaßen Terra Incognita ? weiter als 32 Kilometer bin ich noch nie gelaufen. Jetzt muß sie also kommen, diese berüchtigte, alles entscheidende Phase beim Marathon. Ich bin bereit! Ich habe meine Flasche und mein Gel, die Beine fühlen sich etwas leer, aber ansonsten noch gut an. Laßt sie nur kommen, die letzten Kilometer!

13:22: Ich bin kurz nach Kilometer 32, erreiche den Hansaring, die Trinkflasche ist leer. Sie war wirklich Gold wert. Zwei Versorgungsstationen konnte ich komplett auslassen, konnte mir das Gedrängel sparen und war trotzdem wahrscheinlich besser versorgt als die meisten im Gedrängel. Nun muß ich mich schweren Herzens von der Flasche trennen, ich hätte sie gerne behalten ? schon allein als Souvenir. Einen kurzen Gedanken, die Flasche jemand Unbekanntem in die Hand zu drücken und nachher wiederzuholen, verwerfe ich wegen mangelnder Praktikabilität und werfe die Flasche einfach an den Streckenrand. Es sind keine zehn Kilometer mehr! Langsam packt mich eine ungeheure Aufregung: Ich bin gerade dabei, meinen ersten Marathon zu finishen! Ich liege noch wunderbar in der Zeit! Meine Beine fühlen sich inzwischen zwar nicht mehr gerade frisch wie der Morgen, aber sie machen noch prima mit. Zweimal auf den letzten zehn Kilometern brauche ich für einen Kilometer deutlich länger als fünf Minuten, wohl auch wegen des Windes, aber beide Male kann ich danach ohne große Probleme das Tempo wieder erhöhen und die Kilometerzeiten wieder unter fünf Minuten drücken.

13:25: Ich bin gerade irgendwo an den Ringen und kämpfe einsam gegen die Uhr. Plötzlich höre ich eine Frauenstimme meinen Namen rufen. Ich sehe nach rechts und bin überrascht: Wieder ist es meine Mutter, mein Vater steht ein Stück dahinter. Ich schaffe es gerade so, meine Mutter abzuklatschen, auch bei meinem Vater will ich das unbedingt, aber er ist leider nicht schnell genug an der Strecke. Später werde ich erfahren, daß sie auf dem Rückweg zum Start-/Zielbereich hier nur zufällig gerade zu diesem Zeitpunkt vorbeikamen. Auch die Berichte über ihre typischen kleinen Kabbeleien (Vater: ?Das schaffen wir nie mehr [zum Übergabepunkt], laß uns ein Taxi nehmen!?, Mutter: ?Ach sicher schaffen wir das! Da kommen wir zu Fuß noch bequem hin!?) werden mir nicht vorenthalten bleiben. Jetzt weiß ich davon natürlich noch nichts, ich bin auch ganz gut mit Laufen beschäftigt.

13:35: Ich treffe alte Bekannte. Ich kenne sie seit noch nicht ganz drei Stunden, ihre Namen kenne ich gar nicht, aber ihre Rückseiten schon ganz gut: Es ist die Blondine vom Anfang des Rennens mit ihrem Begleiter. Als ich auf sie auflaufe, beschließe ich, sie anzusprechen. Ich sage: ?Auch 3:30 als Zielzeit?? und sie bejahen. Ich wünsche ihnen noch viel Erfolg, bis jetzt sähe es ja noch sehr gut aus, und lasse die beiden stehen.

13:38: Ich bin gerade auf einem kleinen Schlenker abseits der Ringe, werde diese aber gleich wieder erreichen. Eine weitere Prophezeiung erfüllt sich: Ich entdecke ein gutes Stück vor mir einen Schlacks in schwarzer Laufkleidung. Unser Firmenlogo prangt auf seinem Rücken: das ist Thomas, den ich nun überholen werde, genau wie ich es erwartet hatte. Mein Schritt wird automatisch etwas schneller, nach kurzer Zeit habe ich ihn erreicht. Mit einem Hallo hebe ich im Vorbeilaufen kurz die rechte Hand zum Gruß und lasse ihn stehen, ohne mein Tempo zu reduzieren. Auch wenn Thomas ein Teil meines Teams ist: Ich kann mich eines kleinen Triumphgefühls nicht ganz erwehren. Meine Rennstrategie scheint deutlich besser aufzugehen als seine! Zweimal hintereinander habe ich nun mehr oder weniger Bekannte überholt! Ich fühle mich also motiviert bis in die Haarspitzen für die letzten Kilometer!

13:40: Zum letzten Mal erreiche ich nun die Ringe. Den Salierring entlang geht es nun noch einmal bis zum Chlodwigplatz in der Südstadt, bevor es in das Labyrinth im Stadtkern um den Dom herum geht. Das Publikum läßt hier den Läufern nur noch eine schmale Gasse und gibt beim Anfeuern sein Bestes. Gänsehautatmosphäre! Ich werde schneller und es wird immer enger. Obwohl also das Überholen etwas schwieriger wird, überhole ich jetzt Läufer um Läufer. Einmal wechsele ich dazu an den linken Rand der schmalen Gasse, die uns noch bleibt, und höre von hinten lauten, schlechtgelaunten Protest: Ich solle da nicht so herumspringen, meint jemand! Schon bin ich an dem Überholten vorbei und mache Platz für denjenigen, der da so machtvoll von hinten zu kommen scheint. Natürlich motze ich auch zurück, denn schließlich wollte ich ja genauso überholen wie er. Ein paar Tage später werde ich diese Episode ein paar Leuten aus unserer Vorbereitungsgruppe erzählen, worauf mir eine der langsameren Läuferinnen eröffnen wird, daß sie so etwas bei mir überhaupt nicht verwundere. Schließlich hätte ich beim Überrunden während des Intervalltrainings auch immer so rasant überholt, da hätten sich einige oft sehr erschreckt. Jetzt weiß ich aber noch nichts vom unerwartet rücksichtslosen Eindruck, den meine Art des Überholens wohl macht, und fühle mich voll im Recht. Beschwichtigend faßt der Mann mich nun kurz an den Arm, sein Blick sagt: Haben wir wohl beide was überreagiert! Ich denke im Prinzip genauso, und schon ist die Sache vergessen. Danach stellt sich heraus, daß auch dieser Läufer nicht mehr mit mir mithalten kann. Ich strebe weiter dem Ziel zu, halte mein Tempo. Ich habe das Gefühl, daß nichts mich jetzt noch aufhalten kann. In dieser Stimmung und dementsprechend schnell unterwegs treffe ich nun auf meinen Bereichsleiter, der mich anfeuert (ich winke wieder mit meinem typischen hochgerissenen Arm) und kurz davor oder danach auch auf die Chefin unseres IT-Controllings, die mich noch lauter anfeuert. Die klatsche ich sogar ab, denn sie steht direkt an der Strecke. Irgendwo in dieser Gegend lutsche ich auch mein letztes Gel langsam aus und bin nun bereit für das Finale.

13:53: Ich bin im Labyrinth der Altstadt angekommen. Es geht mir gut, ich laufe schnell und ohne größere Probleme, aber meine Wahrnehmung ist doch deutlich fixierter geworden als sie das beispielsweise in Nippes noch war. Da war sie noch sehr nach außen gerichtet - inzwischen laufe ich aber schneller, tatsächlich und vor allem vom Gefühl her, und konzentriere mich nur noch darauf. Das Laufen, die Uhr, meine Kilometerzeiten, der Boden vor mir, Zielzeit hochrechnen. Alles in mir ist voll auf eine Sache ausgerichtet: Die Zielzeit ist drin, das sehe ich an meiner Uhr, ich werfe alles ins Rennen, um in ein paar Minuten meine Uhr anhalten zu können, solange nach der drei und dem Doppelpunkt noch eine zwei steht. Plötzlich höre ich eine Frauenstimme meinen Namen rufen. Diesmal ist es wieder eine junge Stimme. Und noch eine zweite Stimme ist dabei und beide rufen laut und rhythmisch. Ein kleiner Anfeuerungssprechchor! Ich reiße mich kurz aus meiner Fixierung heraus, mache den Quell der Anfeuerung ausfindig und bin völlig baff: Da stehen Anja (die von der Dürener Straße, nicht die Kollegin) und Julia am Streckenrand, feuern mich an und halten ein Banner mit meinem Namen drauf! Ein ganzes Bettuch, wie mir scheint! In riesigen Lettern darauf mein Name! Das größte Anfeuerungsplakat ist das, das ich während des ganzen Marathons sah! Zumindest unter denen, die ich überhaupt wahrgenommen habe. Am liebsten würde ich jetzt stehenbleiben und die beiden mindestens mal kräftig drücken für diese tolle Überraschung! Das geht natürlich nicht, daher bringe ich leider nur das Übliche zustande: Gerade noch kriege ich meinen Arm hochgerissen, um den beiden zu winken. Noch ganz beeindruckt laufe ich weiter, motivierter denn je!

13:55: Kurz nach Kilometer 39 gerät noch einmal alles in Gefahr: Ich laufe gerade ein Stück in einer Fußgängerzone, die ? wie Fußgängerzonen so sind ? nicht asphaltiert ist, sondern hell gepflastert. An diesem Pflaster bleibt nun direkt vor mir ein Läufer hängen und stürzt. Ich muß einen harten Ausfallschritt nach links machen, zu meiner Überraschung geht das nur recht schwer und tut weh. Normalerweise wäre ich so ohne Probleme an diesem plötzlich auftretenden Hindernis vorbeigekommen, aber nun, da der Ausfallschritt nicht mehr richtig funktioniert, wird es noch einmal richtig knapp, Bremsen kann ich auch nicht mehr. Ich mache noch einen Schritt, während die Füße des gefallenen Läufers hochschnellen, als er auf den Rücken abrollt. Der Läufer ruft laut ?Scheiße? und einer seiner Füße trifft meinen Oberschenkel. Fast wäre ich auch gestürzt, denn meine Koordinationsfähigkeit ist inzwischen offensichtlich ziemlich mies ? die Muskeln machen das monotone Laufen noch gut mit, aber alles darüber hinaus scheint sie jetzt zu überfordern. Ich sehe gerade noch, daß sich sofort Leute um den Gefallenen kümmern, laufe also weiter. Der Treffer am Oberschenkel wird mich als Bluterguß noch ein Weilchen begleiten, jetzt merke ich allerdings noch nichts davon, meine Lauffähigkeit ist nicht beeinträchtigt.

14:00: Irgendwo in den Gassen zwischen Dom und Rhein, noch knapp zwei Kilometerchen vom Ziel entfernt, entdecke ich vor mir noch eines unserer schwarzen T-Shirts. Das kann nur einer sein: Benjamin, das Phantom. Mein schärfster Konkurrent um den dritten Platz der Teilnehmer des Vorbereitungsprogramms. War nie beim Training, niemand kannte ihn, aber er tauchte auf allen Listen auf. Hat die viertbeste Zeit im Vorbereitungs-Halbmarathon hingelegt, knapp hinter mir. Bei diesem Halbmarathon muß ich ihn kurz vor dem Ziel überholt haben, nur hatte er da ein Vereinstrikot an, nicht unser Firmenlogo, wodurch ich ihn da nicht als Kollegen erkannt hatte. Auch jetzt kenne ich sein Gesicht noch nicht. Locker hole ich nun auf ihn auf und als ich auf seiner Höhe bin, frage ich: ?Benjamin??. Er dreht den Kopf, fast erschreckt, und antwortet: ?Ja??. ?Hi! Du warst nie beim Training!?. ?Ja, hatte viel zu tun!?. Ich sage ihm noch, daß er ja offensichtlich auch so einen guten Trainer hatte, und lasse ihn zurück (zu dieser Geschichte und Benjamins Vereinstrikot vielleicht später mal mehr). Das war gut! Das motiviert! Es folgt mein schnellster Kilometer im ganzen Rennen: 4:44,3 Minuten auf Kilometer 41!

14:06: Ich fliege die Deutzer Brücke hinauf. Das Kopfsteinpflaster, das ein paar Meter zuvor noch alle Läufer quält, liegt schon hinter mir. Ich überhole weiter massenhaft Leute, wie schon so einige Kilometer davor. Ich werde immer schneller, es ist kein ganzer Kilometer mehr bis zum Ziel. Ich laufe und laufe und verlange meinen Beinen alles ab, was sie noch hergeben. Meinen Kreislauf beeindrucken sie damit nicht mehr sonderlich, den langweilt das eher. Hätte ich einen Pulsmesser dabei, würde der wohl inzwischen mehr Aufregungspulsschlag registrieren als Belastungspuls. Ich bin wie im Fieber ? im Endspurtfieber. So kurz vorm Ziel sind das aber auch noch ein paar andere: Ich laufe jetzt auf einen Läufer in einem blauen Vereinstrikot auf, der mich kommen hört. So kurz vorm Ziel will der sich wohl nicht mehr überholen lassen, er beschleunigt daher sprunghaft. Dadurch wehrt er mich zwar zunächst ab, aber seinen Muskeln scheint das nicht gut zu bekommen: Nach ein paar Metern wird er wieder langsam, wieder laufe ich auf ihn auf. Da versucht er es tatsächlich noch einmal: Genauso plötzlich wie eben beschleunigt er, ich habe aber inzwischen auch noch mal etwas zugelegt, und jetzt habe ich die Faxen dicke: Ich lege noch einmal einen drauf und lasse dem Blaumann keine Chance mehr, er fällt zurück. Ich erreiche die Kuppe der Brücke und wundere mich: Wie, das war?s schon mit der Steigung? Plötzlich höre ich wieder meinen Namen, diesmal allerdings nicht von Frauenstimmen gerufen: Da stehen Matze und Robbi aus meiner Band, die eigentlich gar nicht hatten kommen wollen, und sehen sich meinen Zieleinlauf an. Später werden sie mir berichten, daß mein Laufen da noch ganz locker aussieht. Vor allem wohl im Vergleich zu den vielen Leuten, die ich die ganze Zeit überhole. Mein Gruß ist wieder wie immer: Ich reiße den Arm hoch und winke, wieder als ich schon fast vorbei bin. Langsam müßte nun das Ziel kommen, aber ich sehe noch nicht einmal das Schild mit der 42 drauf. Wo ist das Ziel? Wo ist das verdammte Schild mit der 42 drauf? Na?.? Na? Ich laufe weiter. Bergab. Immer schneller. Aaah, da ist es? Aber was ist das? Noch ein Firmenlogo-T-Shirt? Das kann nicht sein! Das hatte ich gar nicht auf der Rechnung! Das muß jemand von außerhalb sein, der nie beim Training war! Ich drücke noch ein bißchen härter aufs Gas, lasse die Beine fliegen (wenn?s auch für Vorfuß nicht mehr reicht) und werde tatsächlich noch etwas schneller! Meinen dritten Platz in der Firmenwertung lasse ich mir nicht nehmen! Das 42er-Schild kommt in Sicht, dann auch das Ziel selbst? Und dann? kassiert! Ich habe ihn noch gekriegt! Hahaaa! Zehn Meter vorm Ziel! Die letzten Schritte! Ich laufe durchs Zieltor, stoppe die Uhr? sehe drauf? sehe eine Drei, den Doppelpunkt? und eine zwei!! Geschafft!! 3:28:23!! Ich reiße die Arme hoch und jubele! Es ist geschafft! Der Plan ist aufgegangen, die Zeit ist geknackt! Mein erster Marathon, vorbei! Ein voller Erfolg!! Von nun an werde ich den ganzen Tag dieses Lächeln nicht mehr los?.

E p i l o g

Nachdem ich mich dann umgezogen hatte, Tobias, den Dozenten von der Fachschule (war unter vier Stunden angekommen) und noch einige andere Leute im Zielbereich getroffen und schon einige Zeit mit dem Reden über meinen fantastischen ersten Marathon verbracht hatte, gingen meine Eltern in der Nähe vom Dom in einem Steakhaus essen, wo wir direkt an der Strecke draußen saßen und noch die letzten Läufer vorbeischleichen sahen. Für die war der Marathon wohl eine viel größere Quälerei als für mich. Selbst von unserem Firmenprogramm war noch eine dabei.

Als meine Eltern dann wieder im Zug saßen, und auch ich gerade nach Hause fahren wollte - ich stand gerade in der U-Bahn-Station am Bahnsteig ? bekam ich noch einen ganz besonderen Anruf. Andreas, noch ein guter Freund aus meinem Abiturjahrgang, rief mich an, fragte nach meinem Marathon und gratulierte mir, obwohl es ihn nicht gerade begeisterte, daß ich seine eigene Debüt- und gleichzeitig Bestzeit um eine halbe Stunde unterboten hatte. Der Anruf an sich wäre nun nichts wirklich Besonderes gewesen ? wäre es nicht so, daß Andreas gerade im Ausland arbeitet. Er rief mich für viel Geld aus Afrika an, nur um nach meinem Marathon zu fragen! Wieder einmal war ich baff! Baff und glücklich! Ich war einfach so gut drauf, daß sich eben dieses konstante leichte Lächeln auf meinen Lippen hielt. Seit dem Marathon hatte ich es schon und es ging auch nicht weg, als ich nun in die Bahn einstieg. Als dann an einer Station eine etwas kleinere junge Frau aussteigen wollte, trafen sich unsere Blicke. Sie war zwar nicht direkt mein Typ, hatte aber ein hübsches Gesicht und faszinierende Augen irgendwo zwischen dunkelbraun und grün. An denen blieb ich hängen und guckte einfach weiter. Normalerweise wende ich in solchen Situationen recht schnell den Blick ab, weil ich nichts mit meiner Mimik anzufangen weiß. Doch nicht so an diesem Tag: Ich lächelte einfach noch ein bißchen mehr - und siehe da: Sie lächelte zurück! Erst nach geschätzten zehn Sekunden - die Bahn hielt gerade - mußte sie ihren Blick abwenden, sah danach aber direkt wieder hoch und ich lächelte weiter mein harmloses und glückliches Lächeln, lachte auch ein bißchen über die Situation und freute mich einfach über diesen netten Moment unverkrampften intensiven Augenkontakts mit einer völlig Fremden. Beim Aussteigen sah sie dann nochmal hoch, lächelte wieder - mit einem Blick, in dem ich durchaus ein bißchen Bedauern erkannte, daß sie nun schon aussteigen mußte... Wer weiß? Vielleicht wäre das ja die Frau meines Lebens gewesen? Ich wollte das aber nicht mit Worten verderben und einfach als einen von vielen schönen Momenten eines der wunderschönsten Tage meines Lebens in Erinnerung behalten... ein Tag, der dann mit ein paar Stunden Sauna und Thermalbad und einem alkoholfreien Weißbier einen passenden Abschluß fand, bevor ich völlig fertig und glücklich ins Bett sank.

Laufen macht glücklich!

Zum Schluß noch vielen Dank an alle hier in drsl.*! An alle, die diesen Bericht überhaupt (ganz oder auch nur teilweise) durchgehalten haben, denn er ist ja nun doch etwas länglich geraten! Und vor allem an Olzo, Magnus und all die anderen, die mir direkt geantwortet haben oder aus deren Beiträgen ich sonst lernen konnte. Ohne drsl hätte mein Marathon bestimmt anders ausgesehen!


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