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25.04.2024, der 4. Tag der KW 17

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Bericht

Name des Laufes:Rund um den Fühlinger See
mehr zum Lauf: VID787
Datum des Laufes:3.10.2004 (Sun)
Ort:Köln
Plz:D5
Homepage:http://www.llg80.de/
Strecken:10k
Beschaffenheit:Asphalt, befestigte Wege, insgesamt zehn Meter Sand
Profil:flach
Wetter:wolkenlos, kühl
Teilnehmer:insgesamt etwa 1100
Name des Berichtenden:Carsten Düllmann
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 3.10.2004 (Sun)
Ein gutes Beispiel, wie es nicht laufen sollte
Oder: Wie um alles in der Welt soll ich jetzt einen Apfel runterkriegen?

Man sagt ja, die Wochen nach einem Marathon seien dank Superkompensation eine optimale Zeit für Bestzeitversuche über zehn Kilometer. Um das nach meinem ersten Marathon (3:28 beim Köln-Marathon am 12. September) mal auszuprobieren, meldete ich mich also für den sehr flachen Zehner am Fühlinger See an und war frohen Mutes, da eine veritable Bestzeit hinlegen zu können, die mindestens acht Minuten unter meiner bisherigen liegen sollte. Die stammt aus dem April, von meinem ersten Wettkampf überhaupt, den ich relativ untrainiert gelaufen war. Damals war ich fast die ganze Zeit am Anschlag gelaufen und bei 50:31 Minuten über die Ziellinie gekommen. Einige hundert Trainingskilometer später hatte ich die letzten zehn Kilometer meines Marathondebüts aber schon in 48:39 Minuten zurücklegen können ? ich erwartete also eine wirklich beachtliche Verbesserung!

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Dummerweise hatte ich in den Wochen zwischen Marathon und Zehner einiges an Streß und kaum Zeit ? Liegengebliebenes bei der Arbeit mußte erledigt werden, Proben und Auftritte mit meinen Bands mußten absolviert werden, allein das Studium liegt noch im Sommerschlaf und wird erst in den nächsten Wochen wieder anfangen, Zeit zu rauben. Insgesamt war es aber eine recht angespannte Zeit und weder viel Zeit noch viel Konzentration blieben für das Zehner-PB-Projekt. Was an sich kein Problem darstellt: Der Körper sollte ja hauptsächlich regenerieren und superkompensieren. Wahrscheinlich hat er das auch getan. Das eigentliche Unheil nahte dann auch in Form der Uni-Examensprüfung, bei der ich am Samstag vor dem Wettkampf (also gestern) in einer Begleitband mitspielte und eben leider nachher auch mitfeierte?

Der Wettkampftag

Heute morgen ging es los. Um 7:15 Uhr stand ich auf und fühlte mich eigentlich ganz gut. Ich hatte mich immerhin noch so von der Feier abseilen können, daß ich noch vor zwei Uhr im Bett gewesen war und von den vier Flaschen Kölsch merkte ich nur ein ganz leises Kopfweh, das auch schnell verschwinden sollte. Ich warf mich also in meine Laufshorts und das sehr angenehme, leichte und schicke Köln-Marathon-Finisher-Shirt, zog die neuen 2090 an und machte mich auf den Weg ? inzwischen war es schon deutlich nach acht und ich war schon etwas spät dran (morgens frage ich mich immer, wo die ganze Zeit bloß bleibt?). Frühstück in Form von Kaffee und Croissant mußte ich bei der Bäckerei noch erst kaufen, und nahm es unterwegs im Auto zu mir ? was sich später noch rächen sollte. Der Start sollte um 9:15 Uhr sein und eigentlich wäre das noch bequem zu schaffen gewesen, hätte sich mir nicht wieder mein Orientierungssinn ? besser: dessen Mangelhaftigkeit ? in den Weg gestellt. Das Wettkampfgelände liegt an der Regattabahn am Fühlinger See im Norden Kölns und ist eigentlich problemlos zu erreichen, indem man einfach die Neusser Straße hochfährt. Ich war mir auch sicher, genau zu wissen, wo die Neusser Straße anfängt. Die Straße aber, die ich dann tatsächlich an jener Stelle vorfand, war eine gänzlich andere. Stadtplan hatte ich natürlich ? wie immer in solchen Situationen ? keinen dabei und so begann wieder einmal eine meiner berühmten Irrfahrten. Etwa fünf bis zehn Minuten vor dem Start ? ich hatte mich fast schon damit abgefunden, das Rennen wohl zu verpassen ? war ich zumindest in der Nähe der Regattabahn angekommen und konnte im Vorbeifahren einen Blick auf ein paar Läufertypen im Wald erhaschen. Einen gewagten U-Turn (nicht der erste für heute) und eine endlos erscheinende rote Ampelphase auf völlig leerer Straße später stand ich dann in einer großen Schar von Leuten in Laufklamotten mit Startnummern und war mir ziemlich sicher, richtig zu sein, was mir dann auch bestätigt wurde. Mir fehlte eben nur noch so eine Startnummer. Die gab es dummerweise am anderen Ende des Start-Ziel-Bereichs, und so kam ich dann doch noch zu so einer Art Warmlaufen. Eine Minute vorm Start hatte ich es geschafft, stand im hinteren Feld und hatte sogar meine Schuhe noch nachschnüren können. Benjamin, Kollege in meiner Firma und Mitglied in meinem (wahrscheinlich zukünftigen) Verein, den ich beim Startnummernergatterungswarmlaufen kurz getroffen hatte, fand ich nun nicht mehr. Das war schade, denn eigentlich hatte ich mit ihm zusammen das Projekt ?Sub 40 oder knapp darüber? angehen wollen. So war ich also nach dem Startschuß, der nach einer kurzen Ansage über das wie bestellt wirkende Wetter und den angeblich nicht vorhandenen Wind folgte, erst einmal allein unterwegs.

Zuerst ging es bergab, und ich erkannte, daß der Block von Läufern, in dem ich mich befand, größtenteils wohl Zeiten von über einer Stunde anstrebte, mußte daher recht viel neben der Strecke laufen um überholen zu können. Schon nach hundert bis zweihundert Metern hatte ich dann allerdings Benjamin und weitere Leute aus dem Verein entdeckt und beeilte mich noch ein wenig mehr, um auf sie aufzuschließen. Das Tempo war dann bereits ziemlich schnell: Den ersten Kilometer drückte ich bei 3:50 Minuten ab. ?Na toll!?, dachte ich, das würde wohl keine besonders geschickte Renneinteilung werden. Trotzdem wollte ich zu Benjamins Gruppe ? ich befand mich inzwischen in einem recht dünn besiedelten Teil des Feldes zwischen den Pulks der schnellen und der langsameren Läufer, hatte aber noch etwa 50 Meter Abstand zu den Vereinskollegen ? nicht abreißen lassen und hielt meinen langen Schritt.

Langsam machte sich allerdings meine Verdauung bemerkbar. Schon am Morgen hatte ich zweimal aufs Klo gemußt, einmal davon durchfallbedingt, und nun gingen das Bier vom Abend, Croissant und Kaffee eine unheilvolle Verbindung ein, die zu einem Bauchgefühl führte, das ganz und gar unpassend zur Tätigkeit des schnellen Laufens war. Jeder Schritt gab einen Stoß, und mit jedem Stoß wuchs sich das Gefühl ein wenig mehr zu einem veritablen Schmerz aus. Trotzdem schaffte ich es, an Benjamin dranzubleiben, der allerdings auf die Anderen schon ein wenig zurückgefallen war. Meine Kilometerzeiten blieben bis Kilometer drei unter vier Minuten, Kilometer vier ging in 4:02 weg. Die Strecke war sehr angenehm zu laufen und wirklich vollkommen flach, denn es ging immer am Ufer der Regattastrecke und anliegender Seen entlang. Die ungeheure Geradlinigkeit und Länge so einer Regattastrecke führte schlechterdings aber auch dazu, daß wir eine endlos erscheinende Gerade entlanglaufen mußten, an der mangels Zuschauern rein gar keine Ablenkung vorhanden war. Auch das kriegte ich aber noch ganz gut hin, und so war ich mit 19:53 Minuten bei Kilometer fünf auch recht zufrieden. An der Verpflegungsstelle kurz vor dem fünften Kilometerschild hatte ich mich allerdings gewundert, daß offensichtlich nur einer der Läufer vor mir einen Becher Wasser genommen hatte. Meinen eigenen Becher (die GEW muß übrigens wohl ein Monopol auf firmenlogobedruckte Wettkampfbecher in Köln haben) warf ich nach zwei Schluck Wasser zu seinem einsam auf der Strecke liegenden Kollegen, und bereute sofort, es nicht der vor mir laufenden Mehrheit gleich getan zu haben: Mein Bauchgefühl wurde durch das Wasser sofort schlimmer. Ähnlich ging es offensichtlich auch Benjamin zu diesem Zeitpunkt. Ich hatte mich etwas näher an ihn herankämpfen können, und eigentlich war meine Hauptmotivation, das Tempo hochzuhalten, zu ihm aufschließen zu können und dann nicht mehr allein laufen zu müssen. Was aber macht der? Er steigt aus! Direkt nach dem Fünfkilometerschild setzte er sich auf eine Bank und antwortete auf meinen Protest, daß er Magenprobleme habe?. ?Super!?, dachte ich, nun also nicht mehr allein mit Bauchproblemen, dafür aber allein auf der Strecke. Auch bei mir wurde es danach schlimmer im Darm, für den sechsten Kilometer brauchte ich 4:15 und meine Motivation war am Tiefpunkt angekommen. Ich gab auf. Jeder Schritt tat weh, ich war allein unterwegs, und eine so tolle Zeit, wie ich sie mir vorgenommen hatte, würde es auch nicht mehr werden. Ich wollte mich nur noch nicht festlegen, ob ich ganz aussteigen oder noch zu Ende laufen sollte, daher machte ich einfach eine Gehpause - meine erste Gehpause in einem Wettkampf! Tragisch! Kilometer sechs bis neun waren dann im Prinzip eine große, durchgehende Gehpause, in der ich mich immer wieder fragte, ob ich wirklich eine schlechte neue Bestzeit laufen oder doch ganz aufgeben sollte. Im Gehen ging es mir ganz gut, die Beine fühlten sich noch recht locker an, aber sobald ich wieder ein Stück lief, wurde der Bauch wieder schlimmer. Es war nicht mein Tag. Als ich mich gerade entschlossen hatte, ganz abzubrechen, kam Benjamin von hinten, die Startnummer schon abgenommen in der Hand, lachte kurz und rief, daß ich ja wohl nicht abbrechen würde, Finishen sei doch Ehrensache! Also liefen und gingen wir zusammen weiter und klagten uns gegenseitig unser Leid. Wären es wenigstens die Beine gewesen oder die Seite, die wehtaten, aber bei sowas? was sollte man da machen? Wir hielten gehend und laufend knapp einen Sechserschnitt, wurden von vielen Läufern überholt, und beschlossen beim Schild für Kilometer neun ? beiden ging es wieder etwas besser ? den letzten Kilometer noch einmal schnell zu laufen, was wir dann auch taten. Prompt holten wir uns Läufer um Läufer wieder, und kurz vorm Ziel legte Benjamin mit den Worten ?Komm, den Blauen holen wir uns noch!? einen Schlußsprint hin, den ich nicht mehr mitgehen konnte, weil meine Probleme schon wieder zugenommen hatten. Trotzdem lief ich den letzten Kilometer noch unter vier Minuten. Im Ziel hatte Benjamin den Blauen dann tatsächlich noch gekriegt, ich war kurz dahinter durchgekommen, meine Uhr zeigte für die zehn Kilometer genau 47 Minuten an. Damit hatte ich also meine Bestzeit um dreieinhalb Minuten verbessert, konnte mich aber kaum darüber freuen. Mein Bauch führte lustige Verrenkungen auf, und ich wußte, daß ich es viel besser hätte hinkriegen können! Ein bißchen hob es meine Stimmung dann, als ein paar Finisher knapp unter 50 Minuten blieben und darüber in Jubel und Umarmungen ausbrachen ? die freuten sich über eine Zeit, die ich noch im schlimmsten Wettkampf meiner kurzen Läuferkarriere um drei Minuten unterboten hatte! Außerdem freute ich mich natürlich mit ihnen, Freude ist ja was Ansteckendes! So schlimm konnte alles gar nicht sein?

Die LLG 80 Nordpark Köln, Veranstalter dieser insgesamt doch sehr schönen Veranstaltung, die neben dem Zehner auch noch Läufe über einen (Bambinilauf) und fünf Kilometer und einen Halbmarathon zu bieten hat, hat einen Apfel im Logo und wohl irgendwie eine besondere Beziehung zu diesem Obst, und so gab es als Zielverpflegung eben - einen Apfel. Wie um alles in der Welt sollte ich jetzt einen Apfel runterkriegen? Meine Eingeweide rumorten, und so war nach einem Schluck Eistee mein einziger Wunsch noch eine Toilette ? an der schien sich allerdings gerade ein Großteil der Halbmarathonstarter zu einem konspirativen Schlangestehen verabredet zu haben, so daß ich erst nach einer mir endlos erscheinenden Zeit, den Apfel immer noch in der Hand, in eine Kabine kam, wo ich dann erst einmal eine Menge Luft und Flüssigkeit los wurde.

Nach bestimmt fünf bis zehn Minuten auf der Toilette machte ich mich auf dem Weg zum Auto, sah mir unterwegs noch den Start des Halbmarathons an, und fuhr schnellstens nach Hause - es gab dringendes im Internet zu erledigen. Der Verein eines anderen Arbeitskollegen veranstaltet nämlich am 17. Oktober wieder einen Zehner?


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