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18.04.2024, der 4. Tag der KW 16

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Bericht

Name des Laufes:2. Klingenpfadlauf
mehr zum Lauf: VID646
Datum des Laufes:1.8.2004 (Sun)
Ort:Solingen
Plz:D4
Homepage:http://www.klingenpfadlauf.de/
Strecken:bis 75km
Beschaffenheit:Trampelpfade und alles andere
Profil:bergig
Wetter:sonnig bis Hitze
Teilnehmer:~50
Name des Berichtenden: Olzo LID1
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Bericht vom 2.8.2004 (Mon)
Solingen Graefrath, der Marktplatz der mittelalterlichen, verwinkelten
Altstadt, voll mit Stuehlen und Tischen und Leuten der Biergaerten und
Eisdielen. Die Sonne ist herrlich, 30°C. In der Mitte der Brunnen, auf
dessen Rand eine handvoll gut gelaunter Laeufer sitzen, die Beine ins
Wasser baumeln lassen, und wenig spaeter gar eine Polonaese durch den
Brunnen auffuehren und "Auslaufen! Auslaufen! Die 80km machen wir heut
noch voll!" singen. Wie konnte es soweit kommen?

Dafuer muessen wir 10 Stunden zurueck gehen in der Zeit, auf 7Uhr am
Sonntag, den 1. August 2004. Matthias 'Sportminister' Dietrich hatte
mich um 6:30 abgeholt, weil ich mir selber das Autofahren noch nicht
zutraute (Samstag vorher tolle Gartenparty mit Pool und faesserweise
Bier, auf die ich hier aus Zeitgruenden leider nicht naeher eingehen
kann). Das war schon eine lustige Hinfahrt, auch wenn sie nur 10min
dauerte, denn Graefrath zaehlt zu meinem Laufrevier. Die problemlose,
familiaere Anmeldung, diesmal mit farblicher Laeuferkennzeichnung durch
ein Klettband (je nachdem, ob man 12, bis 8 oder bis 4 der insg. 12
Etappen laufen wollte), dann der Start auf dem sonst noch leeren
Marktplatz, und langsam setzte sich der muntere Trupp von jetzt schon
gut 25 Laeufern in Bewegung.

Zu der Strecke selber muss man sich die atemberaubenden Fotos ansehen,
es sind 75km und 1750 Höhenmeter. Die Landschaft ist halt toll, die
Wupper, Muengstener Bruecke, Schloss Burg, Sengbachtalsperre, Ohligser
Heide sind nur einige Hoehepunkte. Meist geht es ueber holprige, enge
Trampelpfade, und die Wurzeln und dicken Steine sind nach einigen Stunden
eine echte Herausforderung. So kam es auch ab und an zu Stuerzen, die
aber allesamt glimpflich verliefen (hoffe ich mal ... Carsten Jablonskis
Arm sah nicht gut aus, aber wie immer nimmt er auch die groessten
Strapazen mit einem freundlichen Laecheln).
Vor allem geht es immer auf und ab.

Es wurde uebrigens nicht auf Zeit, sondern zusammen gelaufen. Ausgehend
von einem 7er-Schnitt, wurde nach jeder Etappe 3min und nach jeder 4ten
Etappe 10min Pause gemacht. Brems- und Zuglaeufer hielten das Feld
zusammen. Muss man sich am Anfang noch bremsen und echt zusammennehmen,
um nicht zu schnell zu laufen, sieht das nach 10 Stunden schon wieder
ganz anders aus...

Ich hatte mir die Strecke sowieso nicht nach Kilometern oder Stunden
aufgeteilt, sondern nur in die 12 Etappen. Da ich einen guten Teil des
Feldes persoenlich kannte und im Laufe des Tages nochmal soviel dazu
kamen, bin ich auf dem Quatschen kaum heraus gekommen. Am Anfang der
2. Etappe entdeckte ich dann auch den netzbekannten Jens 'gehtlaufen'
Vieler und Stephan 'Steppenhahn' Isinghaus. Immer wieder lustig, Netz-
leute im echten Leben zu treffen! Schnell gingen so die naechsten
Etappen vorrueber, schon waren wir bei 4. 10min Pause, die Sonne schien
inzwischen praechtig, das alte Hemd war voll, schnell Trikotwechsel.

Immer mehr Laeufer stiegen jetzt ein, die Truppe war sicher auf 50
Laeufer angewachsen. Locker-lustig ging es weiter, nach Schloss Burg
und um die Sengbachtalsperre (meine HM-Bestzeit-Strecke) liess ich
mich gar zu ein paar Bergwertungen hinreissen. Es ging mir richtig
gut! Das viele Gepinkel hoerte auch langsam auf, weil der Koerper mehr
Wasser ausschwitze und verdunstete. In Gluedern unten hoerten dann die
ersten auf, auch von meinem Verein, es waren jetzt glaube ich 33km um.

Der Berg der jetzt kam presst einem alles raus, wir waren allerdings
diesmal von Anfang an jedes steilere Stueck gegangen. Wer den Berg noch
hochlief, konnte kein Voll-Umrunder, wie der Blick aufs farbliche
Baendchen dann auch immer wieder bestaetigte.

Nach einem schoenen langen Berg gab es oben nach der Burg wieder
Verpflegung, war das jetzt Etappe 6 gewesen? Hier stieg wieder eine
Truppe von uns ein, frisches Blut, neue Gespraechspartner, neue Chancen
fuer alte Spaesse.

Langsam kamen wir in die Naehe des Etappe8-Endes. Nicht nur, dass ich
mich hier ueberhaupt nicht auskenne, sondern langsam wurde es auch
schwerer. Bei km45 hatte ich noch freimuetig erzaehlt, dass es mir
viel besser ginge als letztes Jahr, jetzt merke ich die Distanz doch.
Letztes Jahr war bei km50, nach Etappe 8, Schluss gewesen. Das Hirn von
der Sonne verbrannt und auch ansonsten nicht ganz richtig im Kopf, hatte
ich mir damals mit dem Sportminister geschworen, dass wir dies Jahr die
ganze Runde laufen wuerden. Gut, dass wir ueberhaupt nicht darauf
trainiert haben, sonst haetten wir noch den Fehler gemacht, uns darauf
vorzubereiten.

Wieder knalle es gnadenlos an der Hasenmuehle, und ich fing an, mich
doch ernsthafter mit der Strecke auseinanderzusetzen. Ich schaute mir
auf dem Plan an, wieviel km die restlichen Etappen noch hatten. 8.5,
4, 5.5, 6. Oh wei. Die schwerste Etappe also vor mir. Das Hemd wieder
gewechselt (das alte war voll, ausserdem hatte ich mir einen Wolf unter
den Armen gescheuert), trinken trinken trinken, jetzt auch Wasser ueber
den Kopf, ah, danke Gerd (hallo, das ist Gerd Fuchtmann, einer der
Streckenscouts, der die ganzen 75km mit- und vor- und zurueckgerannt
ist!). Jetzt geht s wieder. Sportminister, machen wir weiter? Klar
machen wir weiter!

Schon wieder ein Berg, aua. Das Antraben tut jetzt am meisten weh. Wenn
man in Bewegung ist, geht s dann irgendwann wieder. Bis auf die Beine
ging es mir erstaunlich gut. Trotzdem musste ich zu mentalen Tricks
greifen: ich dachte nur noch bis zum Ende der aktuellen Etappe. Auf
keinen Fall weiter. Hier also: 8km * 7min = 56min. Eine ganze Stunde.
Immer wieder der Blick auf die Uhr: noch 40, noch 30, noch 20 ... da
wusste ich, dass ich es schaffen wuerde. Und sollte ich die letzten
paar kroetigen Etappen im Wanderschritt bewaeltigen muessen: ich wuerde
es schaffen!

Freudig lief ich also am Etappe9-Ende ein, das Sportministerium lag
zerstoert neben mir auf dem Boden und musste sich massieren lassen.
Aber Aufgeben kam auch fuer ihn jetzt nicht mehr in Frage. Und immer
wieder: neue Gespraeche, neue Leute im Feld, mit denen man sich noch
gar nicht unterhalten hatte.
Auf, die naechste Etappe, nur max. 4 * 7 = 28min. Ein Klacks!
Freudige Gesichter hinterm Vogelpark, weiter, nur noch max. 35min.
Das geht doch. Die Atmosphaere im Feld hatte sich inzwischen grundlegend
geaendert, das Geschnattere im Haufen war gewischen, das Feld lang-
gezogen, die meisten liefen fuer sich oder in 2er- oder 3er-Grueppchen.
Kaum kommt man mal nicht zum Toettern, schon spuert man wieder die
Beine.

Da! Der letzte Verpflegungspunkte im Ittertal! Vertraute Lauf-Umgebung!
Mann, war ich gut gelaunt! Ich konnte dem WDR-Reporter sogar noch
Interviews ueber die Deutschlandstaffel in die Kamera texten. Da laeuft
auch schon alles weiter, nur aus den Augenwinkeln sehe ich den
Sportminister noch unterm Baum liegen. "Matthias, los!" rufe ich,
vielleicht sogar ein wenig verzweifelt. "Ich kann nicht mehr..." winkt
er ab. Ich wuerde ihm gerne helfen, aber ich habe Angst, die Truppe, den
Rhythmus und den Anschluss zu verlieren. Die ersten Laufschritte sind
jetzt sowieso eine Qual. Wenn ich jetzt zurueckbleibe, schaffe ich es
vielleicht nicht mehr. Ausserdem hat das Sportministerium noch seine 3
Begleiter, also lasse ich ihm etwas schwermuetig im Stich und versuche,
mich um das zu kuemmern, was von mir uebrig geblieben ist.

Dummerweise geht s bis Graefrath eigentlich nur noch hoch. Gut, dass
ich wieder mit Jens Vieler, seiner Frau und deren Husky laufe. Das
lenkt ab, und Gehpausen am Berg macht jetzt natuerlich jeder. Bis auf
Jens sehen die meisten Voll-Mitlaeufer, die ich treffe, noch schlechter
aus, als ich mich fuehle. So schlimm kann s bei mir also nicht sein ;)

Dann die letzten 2-3km. Die Sportminister-Truppe kommt hinter mir
in Sichtweite, Matthias ist dabei, Juhu! Bald schon geht Lisa an mir
vorbei "ich kann gerade nicht langsamer", dann Lena "ich kann die
Lisa nicht alleine laufen lassen". Frechheit! ;) Die haben zwar nicht
die ganze Strecke gemacht, aber ich glaube trotzdem 30 oder so - da
darf man ruhig ein wenig kaputter sein und vor allem Respekt vor dem
Alter zeigen!
500m vor dem Ziel hat Matthias mich, wir schliessen uns in die Arme.
Geschafft! Der Rest wartet unter der Bruecke, so viele! Fotos, noch
auf die Letzten warten, und dann der gemeinsame tolle Einlauf auf
dem vollbesetzten Marktplatz. Wowowow! Insgesamt haben gleich 12 Leute
die vollen 12 Etappen geschafft, tolle Kerle muessen das sein ;)

Die nachfolge Episode am Brunnen ist legendaer.



Netto habe ich 7:59 Laufzeit gestoppt, mit Pausen sind s fast 10 Stunden
geworden. Vielleicht hatte ich noch schneller gekonnt, ich fuehlte mich
so, und nach vielen Marathons hatte ich mich schlechter gefuehlt als
nach diesen 75km, auch die Beine fuehlen sich jetzt ganz ok an. Aber
wahrscheinlich haette ich die Distanz (vor allem bei den Hoehenmetern)
wohl nicht geschafft. Und das ist doch das wichtigste! Immerhin hat Atze
mich schon erfuerchtig "Laufgott" genannt, und was kann man in seiner
Sportlerkarriere mehr erreichen? ;)


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=498


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