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25.04.2024, der 4. Tag der KW 17

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Bericht

Name des Laufes:4. Gettorf-Lauf
mehr zum Lauf: VID477
Datum des Laufes:6.6.2004 (Sun)
Ort:Gettorf
Plz:D2
Homepage:http://www.gettorf-lauf.de
Strecken:16090m
Beschaffenheit:Asphalt
Profil:eben
Wetter:bedeckt, nicht zu warm
Teilnehmer:323 im Ziel (nur 10 Meilen)
Name des Berichtenden:Thomas Naumann
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 7.6.2004 (Mon)
Sonntag, der 6. 6. 2004, 6 Uhr morgens. Der Wecker klingelt. Viel zu früh - muß ich zur Arbeit? Muß ich Kinder zum Kindergarten bringen? Nein! Es ist alles freiwillig: ich will in Gettorf 10 Meilen laufen. Ich könnte auch nach Gettorf 10 Meilen (16,09 km) laufen, denn soweit ist es etwa von Elmschenhagen dahin. Aber ich will meine Kraft nicht verschwenden, und daher fahre ich mit dem Bus und dem Zug dahin. Im Bus zum Kieler Hauptbahnhof sitzt ein Vater mit seinem Jungen zwei Sitzbänke weiter. Der Vater hat Schuhe mit einem schräggestellten "N" in einem Kreis an. Verdächtig. Außerdem hat er eine Sporttasche dabei, und der Junge sieht auch nach Bewegung aus. Sehr verdächtig. Und richtig: Es handelt sich um zwei Läufer - der Vater wird wie ich an dem Hauptlauf über 10 Meilen teilnehmen, sein Sohn an dem Lauf über 5 km.

Wir kommen in Gettorf an. Ein kleiner Fußmarsch vom Bahnhof bis zum Sportplatz. Schnell umziehen. Dabei belausche ich die üblichen Gespräche. Ein Läufer klagt über merkwürdige Schmerzen in seiner linken Wade und begründet verschiedenen anderen Läufern gegenüber, warum er nun nur 5 km laufen wird und nicht 10 Meilen. Er scheint es als Schande anzusehen. Ich dagegen bin glücklich, daß ich inzwischen in der Lage bin, mehr als 5 km zurückzulegen. Das ist wie mit den halbleeren und den halbvollen Gläsern - oder es ist einfach nur die Nervosität. Sie packt mich auch. Die Klorollen sind überall alle, aber ich habe Tempotaschentücher mit.

Ich beginne mich einzulaufen. Musik mit modernen treibenden Rhythmen knallt aus den Boxen. Ein Ansager verliest die Verdienste seines Vereins und beschreibt die Großartigkeit des "Lauf-Events", an dem wir nun teilnehmen werden. Es ist aber nach wie vor nur ein Volkslauf über 10 Meilen, ergänzt um einen 5-km-Lauf.

Der 5-km-Lauf startet eine halbe Stunde vorher. Den Start verpasse ich, weil ich noch beim Warmlaufen bin. Den Einlauf der ersten 5-km-Läufer kriege ich dann aber mit. Die erste Frau ist ein kleines Mädchen. In 21:04 min kommt die kleine Dame (Altersklasse Schüler B) ins Ziel. Erst eine halbe Minute später die Zweite, eine "alte Frau" (W40).

Der Start für den 10-Meilen-Lauf steht unmittelbar bevor. Selbstbewußt drängle ich mich nach vorne. Mein Zeitziel: 1:15 h als Pflicht, 1:10 h als realistisches, aber schwer zu erarbeitendes Ziel, möglichst deutlich unter 1:10 h als Traumziel. Ich habe mir ausgerechnet: Sollte ich unter 1:06 h kommen, habe ich gewisse Chancen auf den 3. Platz in meiner Altersklasse (M40). Letztes Jahr brauchte ich noch 1:27 h. Da kämpfte ich darum, nicht 3. meiner Altersklasse von hinten zu werden. Seitdem hat sich viel getan. Besonders die Fettmassen, die mich umgaben, haben sich entfernt.

Der Startschuß! Die ersten 7 km: Zu Beginn leichtes lockeres Laufen. Die Kilometerzeiten betragen um 4 Minuten, zwischen 3:55 min und 4:02 min. Die Strecke führt zunächst durch die Außenbereiche von Gettorf über Wohnstraßen. Dann laufen wir auf asphaltierten kleinen Straßen, die sich in anmutigen Kurven durch die grüne Weidelandschaft schwingen. Es gibt praktisch keine Steigungen. Das Wetter ist bedeckt, die Temperaturen sehr angenehm. Dennoch: ich merke, es wird mühsam. Ein Schnitt von annähernd vier Minuten - ich brauche ihn für mein Traumziel, aber ich weiß, daß ich ihn eigentlich nicht über 16,09 km halten kann.

Km 8: Es wird schwer. Meine Kraft verläßt mich. Ich muß nachgeben. Einen Läufer - irgendeinen Läufer, seinen Namen kenne ich nicht - erkiese ich zum Zugpferd. Stumpfsinnig trotte ich hinter ihm her und verfluche meine Entscheidung, so schnell anzulaufen. Wäre ich einen 4:20er-Schnitt gelaufen, wäre es ein angenehmes Rennen geworden. Den 8. km lege ich in 4:07, den 9. km in 4:18 min zurück.

Es geht bergab. Und irgendwas passiert in meinem Innern. Geheime Reservoirs öffnen sich, Hormone beginnen meinen Körper zu fluten. Das Laufen fällt wieder leicht! Ich setze mich von meinem Zugpferd ab und beginne die Jagd auf die nächsten beiden Läufer vor mir. Es ist eigentlich keine Jagd, es ist mehr ein Segeln vor dem Wind. Kilometer 10 vergeht in 4:01 min (10-km-Zwischenzeit: 40:26 min - ich bin zu benebelt, um zu erkennen, daß ich damit meine 10-km-Zeit erneut verbessert habe), Kilometer 11 in 4:02 min. Ich bin gleichauf mit den beiden vor mir und schließe mich ihnen an. Kilometer 12 absolviere ich in 4:06 min. Noch immer fällt das Laufen leicht, aber das Abklingen der Euphorie kündigt sich an.

Ich rechne. Wenn ich alles gebe, schaffe ich sogar 1:05:00 h. Dazu muß ich allerdings beschleunigen. Das tue ich, langsam, aber sicher, und löse mich von den beiden Mitläufern. Es wird wieder schwer, meine Muskeln schmerzen, meine rechte Hüfte jammert bereits leise vor sich hin. Aber es hilft nichts. Laufen ist eine Kopfsache, und mein Kopf sagt: "Lauf schneller!" Kilometer 13: 3:59 min, Kilometer 14: 4:03 min, Kilometer 15: 4:03 min. Das Ziel ist nah. Aber mehr geben kann ich nicht. Immerhin: Ich werde nicht langsamer. Der letzte Kilometer verbraucht 3:59 min.

Ich bin auf dem Sportplatz, auf den letzten Metern. 90 m vor dem Ziel: Das Schild "16 km". Ich drücke den Zwischenzeitenknopf. Für die Statistik muß gesorgt werden. Dann mit der Transponder-bewehrten Hand auf die Sensorfläche schlagen, es piept, die Zeit ist genommen. 1:05:00 h. Es hat tatsächlich geklappt! Ich habe einen Schnitt von 4:02 min/km über 16 km halten können! Ich fühle mich wie ein Weltmeister und wanke zum Getränkestand. Die Medaille (ja, es gibt in Gettorf Medaillen!) dreht sich mit der Rückseite nach oben auf meinem durchgeschwitzten T-Shirt. Das korrigiere ich sofort. Jeder soll sehen: ich bin ein Held! Ein Mineralwasser saufender, Bananenstückchen verdrückender Held!

Das Gettorfer Highlight sind die Duschen. Die Duschen sind nicht nur warm, sie sind heiß. Genauer gesagt: Die Temperaturen sind regelbar, wie man es möchte. Das nutze ich aus, vor allem, weil ich relativ früh damit beginne, und noch nicht so viele drängeln.

Danach suche ich feste Nahrung und habe die Alternative zwischen Haribo-Konfekt und Bratwurst. Wo sind Kuchen? Oder wenigstens Käsebrötchen? Na gut, dann eben hungern. Aber die Ergebnislisten sind raus. 1:05:00 h hätte letztes Jahr in M40 für den 3. Platz gereicht. Aber dieses Jahr, stelle ich fest, waren leider schnellere Läufer am Start (ich wurde 20. der Männer von 246, 5. meiner Altersklasse von 59). Alles Tricksen hilft nichts - ich muß einfach noch schneller werden.

Feste Nahrung finde ich dann bei "Bi Molle". Das ist eine kleine Kneipe neben dem Gettorfer Bahnhof. An der Theke sitzt ein 50jähriger, der offensichtlich kein Läufer ist, und erzählt einem anderen, wie die Welt funktioniert. Die Renten, der Irak, die Arbeitsscheuen, die Jugend von heute, die Immobiliensituation, Frauen - das volle Programm. Ich ärgere mich, daß ich nicht mitschreiben kann.

Auf dem Nachhauseweg treffe ich den Vater mit seinem Sohn wieder. Beide haben ihre Erfolgserlebnisse gehabt.

Es war ein schöner Lauf. Das Drumherum fand ich etwas mager. Als Vater von zwei grundsätzlich laufbereiten Kindern hätte ich es zum Beispiel gut gefunden, wenn es eine Kinderbetreuung gegeben hätte (wie vor zwei Wochen in Dersau beim Sepeler Wellenlauf). Auch die Verpflegung nach dem Lauf könnte etwas besser sein. Aber die Organisation des Laufs an sich war ohne Fehl und Tadel. Es gab drei Getränkestände unterwegs (die ich alle nicht genutzt hatte), heiße Duschen hinterher und die Kilometer waren ordentlich ausgeschildert. Die Strecke hat zwar hier und da kleinere Steigungen, aber sie sind nicht wirklich ernstzunehmen und fallen nur Norddeutschen auf. Ein schöner Test für den Halbmarathon in drei Wochen in Schönberg (27. Juni 2004).


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