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Bericht

Name des Laufes:19. Olympus Marathon Hamburg
mehr zum Lauf: VID350
Datum des Laufes:18.4.2004 (Sun)
Ort:Hamburg
Plz:D1
Homepage:http://www.marathon-hamburg.de
Strecken:Ma
Beschaffenheit:Asphalt
Profil:relativ flach, örtlich Steigungen, 18 HM auf den letzten 2 km
Wetter:10-15°, bedeckt, ab und zu Sonne, Südwind: ca. 17km/h, subjektiv 2° zu warm
Teilnehmer:ca. 16000 Läufer
Name des Berichtenden:Thomas Mantay
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 24.4.2004 (Sat)
Heute soll also mein großer Tag werden; 8 Wochen knallhartes Training nach dem Greif-Countdown sollten endlich zur Liquidation der 3-h-Grenze führen.

Das Unternehmen fing mit dem Aufstehen um 5:50 Uhr an. Sofort ziehe ich mir 5 Scheiben Toastbrot mit Honig und Marmelade (abwechselnd) rein. Dazu drei Tassen Tee und anschließend ungefähr einen 3/4-Liter Apfelsaftschorle
im Mischungsverhältnis 1:1.

Gegen 7:15 mache ich mich auf den Weg zu den Messehallen, wo schon um 7:45 reger Betrieb herrscht. Ich mache ein paar Dehnübungen und erkunde schon einmal das Startgebiet. Die Stimmung ist gut, und die Zeit bis zum Start
vergeht schnell. Zweimal muss ich noch in die Büsche und ein paar Getränke loswerden. 20 Minuten vor dem Start ziehe ich mir einen halben Liter Mineralwasser rein. Auf das Einlaufen verzichte ich dieses Mal. Ich brauche heute jedes Mikrogramm Glykogen in den Muskelzellen. ;)

Nach Abgabe des Kleidersacks begebe ich mich in den schon gut gefüllten Startbereich. Mit einer bisherigen PB von 3:17:31 h habe ich mich für die
zweite Startgruppe des Startbereichs A (Karolinenstraße) qualifiziert. Um mich herum sind eine Menge Läufer aus der ersten Startgruppe - bin ich etwa zu weit vorne?

5 Minuten vor dem Start gieße ich mir den Rest meiner Wasserflasche über den Kopf, da ich Temperaturen über 14° erwarte. Noch eine Minute bis zum Startschuss; meine Pulsuhr zeigt eine Hf von 0 an - tatsächlich müsste sie bei etwa 150 gelegen haben. Offenbar wird mein Pulser durch die Geräte der vielen anderen Läufer gestört. Warum spielen die bloß so eine komische Musik
und nicht die Läufer-Kulthymne "Runner's high", so wie letztes Jahr!? Egal...

Mein Marschplan steht schon seit Wochen fest. Ich folge Greifs Vorschlag und laufe die ersten 15 Kilometer in MRT + 3 Sekunden, dann die nächsten 10 Kilometer in MRT - 4 Sekunden. Dann falle ich wieder langsam auf MRT zurück und schaue auf den letzten 10 bis 12 Kilometern, was noch geht. MRT habe ich hier mit 4:15 min/km angesetzt.

Ohne die letzten Sekunden herunterzuzählen drückt der Starter die Pistole ab. Das Rennen beginnt. Jetzt wird sich zeigen, ob sich ein halbes Jahr konsequentes Training auszahlt.

Auf den ersten Metern werde ich schon von etlichen Läufern überholt - ohne
allerdings das Gefühl zu haben, dass ich irgendjemandem im Weg stehe. Ich achte auch darauf, nicht in einer Reihe zu laufen. Wie oft habe ich mich darüber aufgeregt, dass die "Jogger" sich ganz nach vorne stellen und die
gesamte Breite der Straße blockieren. Ich selbst überhole nur selten und komme somit um das gefürchtete "Slalomlaufen" herum.

4:25 Minuten nach dem ersten Kilometer! Ui, 7 Sekunden zu langsam! Na ja, besser zu langsam als zu schnell, denke ich mir. Aber ich ziehe das Tempo ein bisschen an. 8:30 Minuten nach zwei Kilometern. Hm, ist gar nicht so einfach, das richtige Tempo zu treffen. Zwischen KM 2 und 3 kommt leichtes Seitenstechen auf. War der Tipp von Greif vielleicht doch nicht so gut, sich 20 Minuten vor dem Rennen noch nen halben Liter Wasser reinzukippen? Alles halb so schlimm; die Seitenstiche verschwinden nach ein paar Minuten wieder. Während der ersten 15 Kilometer
schaue ich alle paar Sekunden auf meine Pulsuhr. Im Training habe ich ermittelt, dass ich das MRT mit einem Puls von 148 bis 149 (entspricht
etwa 80% Hfmax) treffe. Ich achte also darauf, dass ich immer so um diese Hf-Werte liege. So langsam komme ich in den Rhythmus. An den nächsten Kilometerpunkten liege ich immer fast genau bei den Sollwerten meines Marschplans. Bei KM 4 treffe ich schon meinen ersten Kumpel - und schreie ihn lauthals an! :)

Nach 10 km liege ich bei 42:46 min - 14 Sekunden zu schnell. Zwischen KM 8 und 14 geht es 40 Höhenmeter bergab. Da heißt es: Tempo beibehalten und schön ausruhen - es werden noch harte Zeiten kommen! Vor dem Lauf habe ich mir zwei Pace-Bänder angefertigt und um die Handgelenke gebunden. Das für die erste Hälfte ist bereits abgefallen. Beim nächsten Mal werde ich darauf achten, dass sowas nicht mehr passiert. Das zweite droht auch abzureißen; ich reiße es vorsichtshalber ab und führe es in der Hand.

Bis KM 15 werde ich in jeder Minute schätzungsweise von einem Dutzend Läufer überholt. Entweder sind das die 2:45- oder 2:30-Läufer, oder ich sehe sie alle noch
vor dem Dammtor-Bahnhof wieder! Bei KM 15 liege ich etwa 8 Sekunden hinter meinem Marschplan. Ich merke zwar so langsam in den Beinen, dass ich "ein bisschen" was getan habe, aber von Schmerzen oder einem Erschöpfungszustand fühle ich mich noch weit entfernt. Jetzt beginnt
Phase 2 des Rennens - die Aufholphase (4:11 min/km)!

KM 16 absolviere ich in 4:19 min. - 8 Sekunden zu langsam! Ooops! OK, versuchen wir es auf dem nächsten Kilometer! 4:17 min.! Scheiße! Was ist
denn jetzt los, wieso kann ich denn das Tempo nicht anziehen!? Ich kann fühlen, wie sich ein leichtes "P" auf meiner Stirn formt. Den nächsten
Kilometer renne ich in 4:00. Bei KM 22 liege ich wieder im Soll. Zwischendurch erreiche ich eine 20-km-Zwischenzeit von 1:25:37 h. Der
zweite 10er-Abschnitt hat also 42:50 gedauert. Kurz nach KM 20 sehe ich meinen Kumpel Alex mit seiner Freundin am Straßenrand. Wie letztes Jahr
sieht er mich nicht, und ich muss ihn mit einem "gezielten Schrei" aus seiner Lethargie wecken. :) Ich merke, wie mir das Kraft gibt; mein Puls geht kurzzeitig auf 170 hoch. Ich bremse mich und halte in etwa dieses Tempo bis KM 25. Bei KM 24 laufe ich zu einem anderen Läufer auf, der mir eine Flasche mit irgendeinem orangefarbenden Inhalt anbietet. Ich lehne dankend ab. Weiß ich doch, dass man in solchen Rennen nichts zu sich nehmen sollte, was man nicht im Training vorher ausprobiert hat. Dann war ich aber der Meinung, dass wir den 25. KM schon passiert hatten. Dort hätte es den Ultra-Buffer gegeben, den ich somit verpasst habe. Ich bitte also den Läufer, mir doch einen Schluck aus seiner Flasche zu geben. Irgendwie hatte ich danach das Gefühl, dass ich pro KM auch ne halbe Minute schneller laufen kann. War vielleicht ein Plazebo-Effekt. :)

In den Kilometern zwischen 15 und 25 kann ich den Durschnittspuls von 148 - 149 nicht mehr halten; er steigt jetzt kontinuierlich auf 160 - 162 an.

Jetzt beginnt die dritte Phase des Rennens: Tempo langsam wieder auf MRT runterfahren und bis ins Ziel halten. Kurz vor KM 26 sehe ich wieder einen meiner "Streckenposten". Auch seine Augen eiern ziellos umher, während ich ihn schon 100 m vorher sehe. Ich ziehe natürlich ein
bisschen das Tempo an, um ihm zu zeigen, dass ich hier heute ernst mache! Seine Bekannten am Straßenrand zu sehen bringt einem unheimlich
viel Motivation - ist doch schön, dass man Menschen auf so einfache Weise glücklich machen kann. ;)

Ich merke, dass ich das MRT ganz gut halten kann, obwohl sich meine Beine jetzt so langsam "melden". Langsam nähere ich mich dem ominösen KM 29, bei dem ich letztes Jahr so jämmerlich zu Grunde gegangen bin. Aber dieses Mal ist alles anders. Ich stiefel einfach weiter und komme ohne große Probleme bei KM 35 an. Meine Beine werden allerdings jetzt deutlich schwerer. So langsam wünsche ich mir, dass die
Kilometerschilder schneller an mir vorbeiziehen. Aber ich merke schon hier, dass ich auf jeden Fall schneller sein werde als letztes Jahr -
erstes Ziel ist also schon so gut wie erreicht. Von diesem Punkt aus überholen mich nur noch 5 Leute, während ich hunderte Läufer hinter mir
lasse. Mit konzentriertem Tunnelblick geht die Reise weiter.

Da ich weiß, dass es ein knappes Ding wird mit dem Knacken der 3 h, beobachte ich meine Uhr genau. Ich merke, dass ich zu langsam werde,
wenn ich weiterhin mit Puls ca. 162 laufe. Daher strenge ich mich an und versuche fortan, mindestens Puls 165 zu halten. Bei KM 37 habe ich plötzlich einen Bonus von 12 Sekunden, ohne genau zu wissen, wie es eigentlich dazu kam. Ich habe Bedenken, dass ich dieses Tempo nicht bis
ins Ziel schaffe, werde einen Tick langsamer und glaube, dass ich den 12-Sekunden-Bonus jetzt bis ins Ziel strecken kann. Ab KM 39 habe ich
nur noch Blei in den Beinen. Mein Puls ist auf 170 hochgeschnellt, und ich versuche von jetzt an, die 170 nicht zu unterschreiten. Beim
KM-Schild 40 angelangt versuche ich auszurechnen, welchen KM-Schnitt ich jetzt noch "brauche". Aber ich bin so breit, dass ich es nach 20 Sekunden aufgebe. Ich schmeiße meine Pace-Bank demonstrativ zur Seite, beiß die Zähne zusammen und verballere meine letzten Mikrogramm
Glykogen. Auf den letzten 2,2 km sind noch 18 Höhenmeter bergan zu überwinden. Bei KM 41 muss ich diesem Umstand Tribut zollen. Meine
Atmung erreicht jetzt die Lautstärke von Monica Seles zu ihren besten Zeiten. Ich kann das Tempo nicht ganz halten und versuche, das Tempo mit
kleineren Schritten "am Leben" zu halten. Ich habe jetzt überhaupt keine Ahnung mehr, wie weit es noch ist. Erst als ich um die letzte Ecke bog und das große Zielbanner in ungefähr 250 m Entfernung sehe, blicke ich wieder
auf meine Uhr. 2:59:09 stand da drauf! Scheiße! Ich setze zum Endspurt an (was Herbert Steffny bei seinen Marathon-Kommentierungen immer zum
Kopfschütteln bringt). Meine Beine platzen, und ich stürme mit weit offenem Mund über die Ziellinie. 3:00:14 h stand auf meiner Uhr. Die
offizielle Zeit lag bei 3:00:11 h.

Zusammengefasst hier ein paar Zeitstatistiken:

Brutto: 3:00:39
Netto: 3:00:11

10k: 42:46
20k: 42:50
30k: 42:35
40k: 42:41

Halb1: 1:30:14
Halb2: 1:29:54

Ein paar Worte zur Vorbereitung. Die allgemeine Vorbereitung begann Ende November 2003. Bis zum Ende des Jahres nur GA1-Läufe und kontinuierliche Steigerung der langen Läufe auf 32 km. Wochenkilometerzahl lag zwischen 80 und 100 km. Seit Beginn 2004 jedes Wochenende einen 35er ohne Endbeschleunigung. In den ersten 7 Wochen des Jahres Steigerung des Wochenumfangs auf etwa 120 km. In den Wochen 5, 6 und 7 jeweils einen Tempodauerlauf und Intervalle. Heute habe ich das Gefühl, dass ich mit diesen Tempoeinheiten ein bisschen zu spät angefangen habe. 8 Wochen vor dem Marathon Training nach dem Greif-Countdown. Zunächst Gruppe 6, ab der 3. Woche Gruppe 7. Wochenumfang immer zwischen 125 bis 135 km. 3 Wochen vor dem Marathon ein HM-Test in 1:25:58 h.


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=330


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