Lauf um die Welt!
 
 
Aktuelle Saison: 2023-2
Menü jeder km zählt
 
19.04.2024, der 5. Tag der KW 16

[ /Rennen | Berichte Übersicht | Bericht suchen | Neuen Bericht schreiben ]

Bericht

Name des Laufes:47. Route du Vin Semi-Marathon
mehr zum Lauf: VID8847
Datum des Laufes:28.9.2008 (Sun)
Ort:Remich
Plz:(EU)
Homepage:http://routeduvin.rtl.lu/
Strecken:HM
Beschaffenheit:Straße
Profil:flach
Wetter:sonnig
Teilnehmer:1.600
Name des Berichtenden: Thestral LID1826
nur für eingeloggte Benutzer sichtbar

Bericht vom 29.9.2008 (Mon)
Vom Teufel geritten …

… oder der Route du Vin Semi-Marathon 2008.
Ich befinde mich ja gerade in der Vorbereitung auf den Schwarzwaldmarathon am 12. Oktober in Bräunlingen. In meinem Trainingsplan stand da auch noch ein Vorbereitungswettkampf ungefähr 4 Wochen davor. Leider lösten sich alle bisherigen Möglichkeiten in Luft auf. So blieb einzig und allein noch der Halbmarathon in Remich. Jetzt sagt man ja, daß man 2 Wochen vor einem Marathon in einem Wettkampf nicht mehr an seine Grenzen gehen soll. Ich wollte vernünftig sein. Aber ein kleines Teufelchen saß mir da im Kopf und flüsterte etwas von „die 6 Sekunden aus Trier wirst du doch wohl packen!“ Ja – je länger der Trierer Stadtlauf zurück liegt, um so mehr schmerzt die Zeit von 1:45:05. Dann schrieben noch zwei Foris aus dem anderen Forum, daß sie den Angriff auf die 1:45 wagen wollen. Aber ich bin ja vernünftig .

Wir trafen uns ungefähr 45 Minuten vor dem Start auf der Grenzbrücke. Gemeinsam begaben wir uns dann in den Trubel. Hier auf der luxemburgischen Seite der Mosel herrschte heut richtiges Mittelmeer-Feeling. Alle Straßen-Cafes waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Sonne brannte von einem fast wolkenlosen Himmel. Objektiv waren es vielleicht 20 Grad, gefühlt mindestens 25 Grad. Wir liefen uns gemeinsam eine gute Viertelstunde ein und begaben uns dann in den Startbereich. Bewußt stellten wir uns im Bereich der Zielzeit 1:40 auf. Um uns herum war viel Platz und so konnten wir den Ausführungen des letzebuergischen Sprechers lauschen (hier entschuldige ich mich ausdrücklich bei allen luxemburgischen Lesern dafür, daß ich nur mit dem deutschen Zeichensatz schreibe). Punkt 15 Uhr setzte sich das Feld in Bewegung, wir wünschten uns gegenseitig noch viel Glück.

Bis wir über die Startlinie dürfen vergeht erwartungsgemäß noch mehr als eine Minute, aber wir laufen mit Chip, da macht das nichts. Was mir schon mehr etwas ausmacht, ist die Tatsache, daß auch danach noch quasi eine Mauer vor mir steht. Stehen ist nicht das richtige Wort, aber gelaufen wird auch nicht richtig. Ich komme mir vor wie beim Chase-Lauf in Frankfurt, bei mehr als 1500 Läufern auch kein Wunder. Auf jeden Fall habe ich das Gefühl von 2-Stunden-Läufern eingekeilt zu sein. Ich suche nach einer Stelle zum Durchbruch und finde sie auf dem Gehweg auf der linken Seite. Chase-Lauf-Feeling kommt auf und das Teufelchen in meinem Kopf wächst zu einem richtigen Teufel heran. Kilometer 1 beende ich nach 4:40. Auch auf dem zweiten Kilometer bin ich nur am Überholen und habe mich nicht unter Kontrolle. Überall um mich herum nur Gegner, keine Mitläufer. Obwohl – ich mache mir schon Gedanken um die beiden Foris – wo die wohl sind? Plötzlich überholt mich Achim. Ich sage nur, er solle sein Ding durchziehen und wünsche ihm noch mal viel Erfolg dabei. Kilometer 2 in 4:47.

Vor mir läuft ein Läufer vom LT Hesper in einem Tempo, das mir gefällt, der Teufel in meinem Kopf triumphiert. Der Garmin zeigt eine Durschnittspace von 4;45 an – jenseits von Gut und Böse. Wann kommt endlich die erste Verpflegungsstation? Das ist hier das Manko: im Startbereich gab es kein Wasser für die Läufer und die Sonne brennt jetzt erbarmungslos. Wir erreichen den Ortseingang von Stadtbremius, einige Bäume geben schatten. Auf der linken Seite wird gerade der Verpflegungsstand bei Kilometer 18 auf dem Rückweg aufgebaut. Aber für uns gibt es noch nichts. Wir müssen weiter trocken laufen. Meine Zunge klebt förmlich am Gaumen. Nur noch wenige Gelegenheiten bieten sich zum Überholen – ich werde nicht überholt. Endlich, nach fast 5 Kilometern der erste Verpflegungsstand. Es gibt Wasser in Plastikflaschen, für deutsche Läufer ungewohnt, hier anscheinend normal. Und praktisch ist es: nicht kann heraus schwappen. Trotzdem gehe ich einige Schritte. Kilometer 3 bis 5: 4:47 – 4:45 – 4:54.

Wir laufen weiter auf der Nationalstraße. Die Sonne brennt noch immer, nur noch wenige Zuschauer stehen an der Strecke. Der Mittelstreifen wird jetzt von Pylonen verziert, bald könnten die führenden Läufer uns entgegen kommen. Aber noch ist es nicht soweit. Das Feld hat sich sortiert, meine Bezugsläufer habe ich gefunden. Kleine Rochaden im Feld verhindern, daß Langeweile aufkommt. Kurz nach Kilometer 8 ist es soweit: der Kenia-Express kommt uns entgegen. Die Veranstalter haben sich mächtig ins Zeug gelegt und ungefähr 30 Afrikaner eingekauft. So stehen die Sieger des Laufes von vornherein fest, obwohl es sich bei der Veranstaltung auch um die offiziellen luxemburgischen Meisterschaften im Halbmarathon handelt. Nach dem Pulk herrscht auf der anderen Straßenseite erst einmal Ruhe. Einige wenige weiße Läufer kommen uns entgegen, dann der Pulk der farbigen Läuferinnen, ungefähr bei Hettermillen. Weit abgeschlagen ein Troß mit der führenden Luxemburgerin. Kurz vor Kilometer 9 der zweite Verpflegungsstand. Wieder gehe ich einige Schritte. Die zweiten 5 Kilometer in 4:47 – 4:46 – 4:45 – 4:49 – 4:41.

Wir laufen jetzt durch Ehnen, viele Zuschauer säumen die Strecke. Bei Kilometer 10 liegt eine Zeitmeßmatte, damit niemand betrügen kann. Kurz danach kommt mir Achim entgegen, wir feuern uns gegenseitig an. Dann der Wendepunkt. Plötzlich laufe ich gegen die Sonne und werde geblendet. Ich kneife die Augen zusammen – Mist, es reibt im linken Auge. Ein Schweißtropfen verirrte sich und will jetzt die Kontaktlinse rausspülen. Ich blinzele, ohne Erfolg. Die Linse sucht sich ihren Weg aus dem Auge heraus und ich muß einäugig weiter laufen (sorry Christian -so konnte ich dich leider nicht entdecken!) . Bei einigen Häusern haben Anwohner Gartenschlauchduschen aufgebaut. Beim heutigen Wetter sicherlich angebracht. Doch ich laufe darum herum, schließlich will ich nicht noch die zweite Linse verlieren. Bei Kilometer 12 der nächste Verpflegungsstand. Danach wird es um mich herum richtig italienisch. Ich laufe in der Nähe einer Gruppe mit dem Aufdruck einer Pizzeria. Scheinbar sind die hier sehr bekannt und ich mache mir keine Freunde, als ich die überhole. Ansonsten ist es an der Strecke sehr französisch – überall schallt einem „Allez – Allez!“ entgegen. Kilometer 11 bis 15 in 4:40 – 4:59 – 4:53 – 4:45 – 4:53.

Es wird hart. Die Kilometer ziehen sich und erstmals biete ich dem Teufelchen Kontra: „hey, du – was soll denn die Quälerei! Ich bleibe sicher unter 1:45 – und das, obwohl ich mich hier zurückhalten soll. Da darf ich jetzt doch wohl etwas tempo rausnehmen!“ Diese Zwiesprache bleibt nicht ohne Folgen, ich werde langsamer. Die Veranstalter bieten uns jetzt einen besonderen Luxus: die Verpflegungspunkte stehen nicht mehr im 5-Kilometer Abstand sonder alle 2,5 Kilometer. Nach jedem Stand gehe ich einige Schritte, den Luxus kann ich mir leisten. Ich werde jetzt von mehr Läufern überholt, als ich überhole – und das, obwohl immer mehr Läufer gehen. Kilometer 16 bis 20 in 4:53 – 5:07 – 4:56 – 5:18 – 5:01.

Der letzte Kilometer. Längst sind wir wieder in Remich. Vor mir humpelt ein Läufer und bleibt mitten auf der Strecke stehen. Ich will ihn aufmuntern und rufe ihm zu „nur noch einer – komm weiter!“ Ich befürchte, daß ihm das nicht geholfen hat. Aber in mir löst es einen Turbo aus. Plötzlich läuft es wieder! Ich werde schneller. Das Tempotraining mit der Stadiongruppe kommt mir in den Sinn. Ja – für den Endspurt trainieren wir die kurzen Sachen. Die Grenzbrücke kommt in mein Blickfeld. Es ist nicht mehr weit – ich überhole munter weiter. Mir geht es gut – die Welt ist schön! Da vorne, da ist das Ziel – ich könnte ewig so weiter laufen – noch ein Läufer – die letzten 50 Meter – da ist die Matte – ich taumele mit einem Lächeln ins Ziel. Der Garmin zeigt 1:41:40. Kein Schritt weiter! Nichts geht mehr. Achim ist schon im Ziel und hält mir eine Flasche entgegen – danke! Wir warten noch auf Christian, er kommt kurz danach, auch er hat sein Ziel erreicht. Gemeinsam bleiben wir noch ein Weilchen zusammen.

Offizielle Nettozeit auf der Homepage des Veranstalters: 1:41:39.


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=2274


Info Startseite | Regeln | Impressum | Datenschutz

News kmspiel Blog / Newsletter | Mini-Foren | neueste km / Log
Rennen Kalender | 7-Tage-News | Bestenliste | Berichte
Hilfe Handbuch | FAQ | Hilfe-Forum | Hilfeseite