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16.04.2024, der 2. Tag der KW 16

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Bericht

Name des Laufes:34. real,- Berlin Marathon
mehr zum Lauf: VID5063
Datum des Laufes:30.9.2007 (Sun)
Ort:Berlin
Plz:D1
Homepage:http://www.scc-events.com/events/berlin_marathon/2007/
Strecken:MA
Beschaffenheit:gut
Profil:gut
Wetter:kühl
Teilnehmer:>40.000
Name des Berichtenden: bottombiker LID5737
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Bericht vom 22.3.2008 (Sat)
Mann, tut das weh. Steifbeinig wanke ich durchs Büro. Die Schuhe habe ich ausgezogen, weil die Blutblase am rechten Fuß so drückt. Müde bin ich. Heute nacht bin ich aufgewacht. Mehrmals. Die Beine haben geschmerzt. Ich wußte gar nicht, auf welche Seite ich mich drehen sollte.

Sonntag: Um 6.00 Uhr aufgestanden, Docrob's Rat befolgt. Weißer Tee, ein Brötchen mit Honig. Die Nervosität steigt. Der Gang zur U-Bahn, ganz allein, ohne Erwartung auf Monsieur K oder running bunny fühlte sich an wie der Gang zum Schafott. In der U-Bahn schon die ersten Läufer. Kleine Grüppchen, aber auch Einzelkämpfer wie ich, erkennbar an Laufschuhen und dem orangefarbenen Kleidersack. Wissend gucken wir uns an. Der große Tag, endlich ist er da. Aber es fühlt sich eher so an wie die mündliche Prüfung beim ersten Staatsexamen.

Am Potsdamer Platz Betrieb wie auf dem Tauentzien am dritten Adventssamstag. Klar: eine mittlere deutsche Kleinstadt hat sich aufgemacht, den Marathon in Berlin zu laufen. Im Startbereich viel los, aber gute Organisation, alles gut zu finden, das hilft, die Nervosität im Zaum zu halten.

Dann zum Start, und da stehe ich, zwischen über 40.000 anderen Läufern, nach acht Monaten Training, gesund, fit, bereit, die Herausforderung anzunehmen. Ich denke zurück, ein toller Sommer in Berlin, alles hat gestimmt, Monsieur K, der mir rechtzeitig zu Beginn des Trainings sagte: Du läufst viel zu schnell, langsam laufen ist auch schön, dann das zufällige Wiedersehen mit running bunny im Tiergarten, unser Sommer mit idealen Trainingsbedingungen, nicht zu heiß, unsere langen Läufe am Samstag mit anschließendem Frühstücksritual, unser Spass, unser Lachen, der Nervenkrieg, ob sie mitlaufen kann oder nicht, und jetzt: die Krönung oder der Absturz?

Noch 20 Minuten bis zum Start, die Spannung lässt sich mit Händen greifen, meine Mitläufer scharren und schnaufen wie Rennpferde vor dem Start, fünf Helikopter über uns tanzen in der Luft, da: auf einmal steigen Hunderte von Luftballons in die Luft, es rast mir tatsächlich ein Schauer über den Rücken, vorne setzten sich die ersten Läufer in Bewegung, wir gehen im Schneckentempo nach vorne, zum zweiten Start, und auf einmal geht es ganz schnell, an der Zeitmatte noch schnell die Stoppuhr gedrückt und los gehts.

Richtung Ernst-Reuter-Platz, der Versuch einen Rhythmus zu finden, hier schon die ersten Leute, Alt-Moabit auf einmal ein lauter Ruf, A. und N. winken mir zu wie Verrückte, offensichtlich genauso überrascht mich zu sehen wie ich sie, weiter geht die Tour, am Reichtstag vorbei, Torstraße, überall Applaus, Musik, Menschen, in der Mollstraße wieder ein lauter Ruf, das kann doch gar nicht sein, meine Freunde wollte ich doch erst bei Kilometer 20 treffen, aber nein, das ist Herr B. mit seiner Freundin, laut rufend feuert er mich an, ich winke zurück, laufe weiter, wenig später tippt mir jemand auf die Schulter, ich dreh mich um, H. grinst mich an, "ich hab gehört, wie jemand Deinen Namen gerufen hat, da wollte ich mal gucken, ob Du das auch wirklich bist...", das ist unglaublich, Berlin ist so ein Dorf, unter mehr als 40.000 Läufern trifft man auf alte Bekannte, gemeinsam setzen wir den Weg fort, das ist so schön, nicht mehr allein zu laufen, noch sind wir frisch, quatschen ein bischen, Leute an der Straße, wo ich es überhaupt nicht erwartet hatte, an der Jannowitzbrücke überraschend viele Leute , Superstimmung, ein türkischer Sänger auf nem Kleintransporter am Kottbuser Tor, am Hermannplatz Party auf offener Straße, die Hasenheide runter verliere ich H. an irgendeinem Verpflegungspunkt, weiter Richtung Schöneberg, Am Kleistpark bei Kilometer 21 endlich mein Freund mit den Freunden, die angereiste Mama, schreiend, winkend, jubelnd, das Plakat, das mir mein Neffe gemalt hat, hochhaltend, Oskar schwanzwedelnd, als er mich erkennt, ist das toll!! Und etwas später Grunewaldstraße Ecke Martin-Luther-Str. steht tatsächlich auch noch Monsieur K., um zu gucken, ob ich auch brav mitlaufe.

Und dann: ist auf einmal etwas die Luft raus. Ich bin ganz gut in der Zeit, auch nicht übermäßig kaputt, aber nach 2 Stunden vergeht mir die Lust. Ich kenn das schon aus dem Training, die Zwei-Stunden-Marke, da muss ich durch, das vergeht auch wieder.

Am Breitenbachplatz stolpere ich fast über running bunny, was macht die denn hier, ich bin so perplex, dass ich kaum reagieren kann, sie drückt mir ein Stück Traubenzucker in die Hand und schon bin ich weg. Am Wilden Eber ist ein Spektakel, ich kann gar nicht so schnell gucken, um mitzukriegen, was sich dort alles abspielt, Menschen über Menschen, eine große Bühne mit Band, eine Cheerleadergang, ein Lärm ohnegleichen, Gejohle, Geschreie, Anfeuerungsrufe, Applaus, unglaublich. Dann auf den Hohenzollerndamm eingebogen und:

auf einmal Stille. Keine absolute Stille, aber fast 2 Kilometer kein Zuschauer, nur das Trappeln hunderter Sportschuhe auf dem Asphalt, das Schnaufen der Läufer, keiner sagt was, ich finde es fast unheimlich, gerade jetzt, wo man bei Kilometer 30 so nötig Unterstützung brauchen könnte, ist das der Vorgeschmack auf den Mann mit dem Hammer? Kilometer 31, ich werde müde, noch mehr als 10 Kilometer, noch mehr als eine Stunde, warum tue ich mir das an? und da, am Fehrbelliner Platz, löst sich aus der Zuschauermenge ein vertrautes Gesicht, "hey Marathoni, wie gehts Dir, alles klar?", running bunny strahlt mich an, setzt sich neben mir in Bewegung und meint, "komm, noch 10 Kilometer, die läufst Du doch auf der linken Arschbacke", "brauchst Du was, ich habe Wasser, Gummibärchen..." Dann auf der Konstanzer Straße noch einmal mein Freund mit Oskar, D., H., ist das schön, sie zu sehen...

Ich hätte nie geglaubt, dass das so gut tut, die vertrauten Gesichter an der Strecke, die Freunde, die Anfeuerung, der Jubel, und jetzt running bunny, die mir Mut macht, weil ich mir zwischenzeitlich vorkomme wie auf der Tour der Leiden. Es ist nicht der Hammermann, der hat offensichtlich Urlaub, kein Einbruch, keine größeren Atemschwierigkeiten, schwere Beine ja, aber alles im Rahmen, nur: der Hammermann hat offensichtlich den Endorphinmann mit in die Sommerfrische genommen, von Glücksgefühlen merke ich nichts, von Beflügeltsein auch nicht, ich hatte erwartet, der Kudamm würde ein Highlight, aber es ist nur anstrengend, ich bin so müde, und alles das, war ich vor 10, 15 Kilometern noch toll fand, geht mir jetzt tierisch auf den Geist, die Tröten verursachen mir Kopfschmerzen, ich spüre jede kleine Unebenheit des Asphaltes durch die Sohlen der Laufschuhe, eigentlich habe ich die Schnauze total voll, keinen Bock mehr, was mache ich eigentlich hier, und für was und für wen?, hört doch auf so rumzuschreien, davon geht es auch nicht leichter, "Geht's dir gut? Soll ich Dich ein bischen ablenken und Dir was Nettes erzählen?" "Nee, nix sagen, nur laufen und dasein!" "OK, du bist der Boss, dann halt ich die Klappe."
Ich kann jetzt nicht aussteigen, r.b. hat alles versucht, mitzulaufen, ich kann jetzt nicht aufhören, so eine Blamage, und gegangen wird auch nicht, wenn ich jetzt gehe, dann fange ich nie wieder an zu laufen, gehen geht gar nicht, "Guck, jetzt sind es nur noch 7 Kilometer", nicht denken, laufen, bei Kilometer 36 erkenne ich auf einmal A aus den Augenwinkeln, habe ich jetzt schon Halluzinationen, nee, die wird U-Bahn gefahren sein, "Guck mal, bunny, so viel bin ich in meinem ganzen Leben noch nicht an einem Stück gelaufen, 38 km", gleich ist es geschafft, Breite Straße wieder Herr B., schreit mich an, "Super Leistung, Große Klasse", ok, jetzt noch einmal die Kräfte gesammelt, Unter den Linden den Blick auf den Asphalt gerichtet, rechts und links zu gucken ist viel zu anstrengend, vorne taucht das Brandenburger Tor auf, "Wo genau ist das Ziel?" - "Kurz hinter dem Brandenburger Tor", wir laufen durch das Haupttor, nein, auch hier kein Glücksgefühl, nur der Gedanke, oh Scheiße, das sind ja mindestens noch 200 Meter bis zum Ziel, ein Blick auf die Tribünen, haben es die anderen zum Zieleinlauf hierher geschafft? und dann endlich, endlich die Zielmatte, drübergelaufen und stehenbleiben, nicht mehr laufen, nur stehenbleiben, stehen, nicht mehr laufen, ich bin durch, ich habe es geschafft, ich habe es geschafft. Running bunny fällt mir um den Hals, und da ist er, der Endorphinmann, angekettet am Zieleinlauf und schüttet mit großer Geste die Glückshormone über die ankommenden Läufer aus. Geschafft. GESCHAFFT!


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