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24.04.2024, der 3. Tag der KW 17

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Bericht

Name des Laufes:34. real,- Berlin Marathon
mehr zum Lauf: VID5063
Datum des Laufes:30.9.2007 (Sun)
Ort:Berlin
Plz:D1
Homepage:http://www.scc-events.com/events/berlin_marathon/2007/
Strecken:MA
Beschaffenheit:Asphalt
Profil:flach
Wetter:trocken
Teilnehmer:400000
Name des Berichtenden: Kylie LID1677
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Bericht vom 9.10.2007 (Tue)
Sonntagmorgengrauen, Marathontag, der Tag, wegen dem wir alle diese Strapazen hauptsächlich auf uns genommen hatten, brach an.
Mein Zustand hatte sich nicht verbessert, aber auch nicht verschlechtert. Ich fühlte mich nicht gerade wie das blühende Leben, aber die Müdigkeit war verschwunden und einem dezenten, aber deutlich spürbaren Kribbeln gewichen.
Mensch, jetzt waren wir nun mal in Berlin, sollte ich wirklich nicht starten?
Ich brühte erstmal Kaffee auf, überlegte, was anzuziehen wäre, wenn ich denn doch starten würde, befestigte die Startnummer am Trikot und schaute immer wieder aus dem Fenster. Trotz der frühen Stunde war schon mächtig was los. Im Adlon brachten sie den roten Teppich und irgendeinen Pavillon in Sicherheit und etwas weiter die Straße hoch, hinter dem Holocaust-Mahnmal, pilgerten tatsächlich schon die ersten Läufer in Richtung Startbereich.
Na klar, ich würde starten, aber ich wusste, dass es nichts werden würde mit dem geplanten Genusslauf mit angezogener Bremse. Ein hartes Stück Arbeit lag vor mir, das ich aber jetzt endgültig bewältigen wollte, und zwar nach Möglichkeit ohne damit meine Gesundheit zu ruinieren.
Ausgerüstet mit genügend Papiertaschentüchern, zwei Geltütchen und ein paar Salzstangen reihte ich mich kurz nach 8 Uhr ein in die nichtendenwollende Schar der Läufer.

Orientierungslos ließ ich mich einfach treiben, fand auch das verabredete Sanizelt nicht, an dem möglicherweise nun auch Uli, Hase und Charly standen und warteten - ich wäre auch überrascht gewesen, wenn in dieser Hinsicht mal was geklappt hätte. Langsam, aber sicher, mit regelmäßigen Zwischenstopps an den reíchlich vorhandenen Dixieklos gelangte ich zum richtigen Startblock, genau richtig, ca 5 min vor dem Startschuss.
In diesen fünf Minuten kam tatsächlich eine sehr feierliche Stimmung auf, als die Hubschrauber über uns kreisten, die La-Ola-Welle unseren Block erreichte und die Luftballons aufstiegen. Jetzt waren die da vorne schon auf dem Weg!
Wir rückten zentimeterweise etwa 13 min lang vor, bis das Piepsen auf den Matten uns signalisierte, dass es jetzt ernst wurde und der Marathon begonnen hatte.
Jetzt erst bemerkte ich den 4 Stunden Zugläufer mit Schottenrock und Baskenmütze, der mit seinen Schäfchen wohl ein kleines Stück weiter hinten gestanden hatte und sich und der Schafherde mit dem Ruf "Ich bin Arzt, lasst mich durch" eine Weg bahnte. Den Kerl musste ich nun unbedingt ziehen lassen, keinen Gedanken an sub 4 verschwenden.
Ohne Bedauern sah ich den Luftballons hinterher, behielt sie aber doch noch lange im Blick. Irgendwann waren sie aber verschwunden, und ich lief 21 Kilometer lang ziemlich gleichmäßig in einem Tempo, das ich als angenehm empfand. Die Halbmarathonmarke passierte ich bei 2:02:14 h. Ich dachte, jetzt läuft Haile vielleicht schon gleich ins Ziel, ist schon kurz vorm Brandenburger Tor - aber dann fiel mir ein, dass ich ja in Bruttozeit rechnen musste, also war er schon längst fertig!
Ab und zu merkte ich, dass ich nicht topfit war. Dann pushten mich aber immer mal wieder kurzfristig schöne Momente an der Strecke. Ich fand es schon beeindruckend und toll, in Berlin zu laufen, aber es war nicht der Tag, die Sache richtig zu genießen. Ich wollte einfach nur den Wilden Eber erreichen, der musste doch jetzt bald kommen. Tja, und nach dem Eber kamen die ersten Anzeichen für meine späteren Beschwerden, die ich aber noch nicht richtig deuten konnte.
Ich bekam Krämpfe in den Zehen! Lachhaft, in den Zehen! Die großen Zehen versuchten sich in die Gegenrichtung abzuspreizen, was sich in den DS-Trainern natürlich äußerst fies anfühlte. Vorübergehend musste ich wirklich auf den Hacken humpeln, über die Zehen abrollen war unmöglich. So erreichte ich den nächsten Verpflegungsstand, etwa bei Kilometer 30 und ging ein paar Schritte, um die Füße wieder unter Kontrolle zu bringen.
Als ich wieder anlaufen wollte, haute es mich fast um: Das waren sie also, die berühmten Wadenkrämpfe, die ich noch nie, bei keinem meiner Läufe, weder bei Marathons noch beim Training oder bei anderen Wettkämpfen gehabt hatte und die ich nur vom Hörensagen kannte! Und ich gestehe, ich habe manchmal gedacht, dass sich die Leute mit ihren Krämpfen doch wohl etwas anstellen, das konnte doch nicht so schlimm sein! Nun bekam ich knüppelhart die Strafe für diese jahrelange krasse Fehleinschätzung. Ich konnte nicht mehr laufen, gar nicht mehr, es tat so weh, die Waden, teilweise auch die Oberschenkel, waren steinhart.
Dann, wie durch ein Wunder, gelang nach mehreren vergeblichen Versuchen das Anlaufen, und es war tatsächlich möglich, relativ normal weiterzulaufen.
Irgendwie fand ich das Ganze fast schon wieder komisch: Da war meine größte Befürchtung gewesen, zu schnell zu laufen und meine Erkältung dadurch so richtig zu verschlimmern, und nun hatten mir die Beine einen Riegel davorgeschoben. Ich hätte geschworen, mein größtes Handicap bei diesem Marathon sei die angeschlagene Gesundheit, und nun fühlte ich mich in dieser Hinsicht ganz gut, dafür ließen mich die Beine im Stich.
Nun war mir die Zielzeit komplett egal, ich war froh und dankbar, dass ich nicht sämtliche letzten Kilometer gehen musste! Ich lief, zwar langsam und ab und zu immer mal wieder mit dem Gefühl, dass sich da wieder was anbahnte - aber dann ging ich ein paar Schritte und versuchte, rechtzeitig etwas zu dehnen, bevor sich wieder alles verhärtete.
Ich sehnte das Ziel herbei, die Linden, das Brandenburger Tor, ich dachte urplötzlich an Greenie und ihre hübschen "Scheiß die Wand an" - Sprüche. Damit feuerte ich mich jetzt an, indem ich ununterbrochen dachte, Scheiß die Wand an, wann kommen denn endlich diese beschissenen Linden und dieses dreimal beschissene Tor und dieses noch beschissenere Ziel?
Ja, und endlich war es dann da, ich lief durch das Brandenburger Tor, drückte die Stoppuhr nach 4:23:03 h und war eine Berlin-Finisherin.
Wieder ließ ich mich mit der Menge treiben, in Richtung Medaillen- und Wärmefolienausgabe, dann zu den Verpflegungsbeuteln. Dort haute es mich dann förmlich um, gleichzeitiger Krampf in beiden Beinen, beginnend von den Waden bis zum Oberschenkel - ich hatte keine Kontrolle mehr, das war ein furchtbares Gefühl. Ich torkelte und kippte und konnte mich gerade noch an einem Läufer festhalten. Ein anderer bestellte die Sanis mit einer Bahre, aber da ging es schon wieder, und ich wollte nur in die warme Wanne, bloß nicht noch ins Sanizelt. Also, erhob ich mich und trottete langsam Richtung Familiensammelstelle. Dort sah ich aber am verabredeten Platz niemanden, wollte nun ganz, ganz dringend dieser Menschenmenge entfliehen und geriet in noch größeres Gedränge, als ich im Pulk zum Durchlass am Brandenburger Tor eingekeilt wurde. Weil nichts voran ging, sackte mein Kreislauf ab, mir wurde schlecht und schwarz vor den Augen, aber zum Glück wurden wir in diesem Moment durchgelassen. Bis zum Apartment waren es ja nur ein paar Meter, ich holte mir den Schlüssel, ließ mir ein heißes Bad ein, rief die Familie an um zu sagen, dass ich in der Wanne saß und war froh, dass es vorbei war!


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