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28.03.2024, der 4. Tag der KW 13

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Bericht

Name des Laufes:3. Wiener Herbstlauf
mehr zum Lauf: VID174
Datum des Laufes:21.9.2003 (Sun)
Ort:Wien
Plz:k.A.
Homepage:http://www.runthecity.at/
Strecken:HM
Beschaffenheit:Asphalt
Profil:flach
Wetter:sonnig, 16°C, windstill
Teilnehmer:~400 (HM)
Name des Berichtenden:Andreas Kaufmann
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 22.9.2003 (Mon)
Wie viele gute Geschichten beginnt auch diese mit einer
Rückblende ...

Frühjahr 2003:
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Nach zwei Jahren gemütlichen Joggens befällt mich dieses
Frühjahr plötzlich der Wettkampf-Virus. Schnell war ein
10er gefunden, für den Herbst ein Halbmarathon geplant
und dann im nächsten Jahr vielleicht die magischen 42km?
Der Zehner lief für meine Verhältnisse äußerst gut, ich
hatte mich 6 Wochen sehr intensiv vorbereitet, und aus den
geplanten sub-50 wurden 44:20. Ich hatte auf Anhieb mein
"Fernziel" (10km unter 45min) geschafft. Was nun ? Aha,
ein Halbmarathon in 5 Wochen, wäre doch schade um die
antrainierte Kondition, nur 12 Euro Startgeld, schon bin
ich angemeldet. Langen Lauf bis auf 28km ausgedehnt, hier
in der NG mal angefragt, was ich den für eine Zeit anvisieren
soll. Die Meinung der Experten: eine Zeit unter 1:40 ist
möglich, aber mit dem erheblichen Risiko eines Einbruches
verbunden. Ich riskiere es trotzdem und laufe unter ziemlich
optimalen Bedingungen 1:39:40, nachdem ich auf den
letzten zwei Kilometern meinen 10er-Schnitt erreiche und
mich im Ziel entsprechend übel fühle. Nach fünf Minuten
ist natürlich alles vergessen - Super Lauf! Aber was jetzt?
Laufsaison schon im Mai beenden ? Wieder zurück zum
gemächlichen Jogging ?

Herbst 2003:
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Woche 3 von 8 in der Vorbereitung für den Herbstmarathon
am 26.10. im Wiener Prater. Das intensive Training nach
dem TP von Greif mit 2 harten Tempoeinheiten pro Woche,
einem langen Lauf über 35km mit Endbeschleunigung und
dann noch die Umfangerhöhung auf 80-100km pro Woche
haben mir mental schon etwas zugesetzt, aber bis jetzt habe
ich wenigstens keine körperlichen Probleme.
Greif empfiehlt in der 4 Woche zur Formüberprüfung einen
Halbmarathon, da ich da aber zu dieser Zeit keinen (flachen)
finde fällt meine Wahl auf den Wiener Herbstlauf
"Run the City 2003".
Es sind 4 Runden zu 5.25km auf dem Ring (Prachtstraße
rund um das Zentrum) zu absolvieren, in der letzten Runde
ist noch eine kleine Extraschleife vor dem Parlament zu
laufen, um die HM Distanz vollständig zu machen.
Start für den HM ist um 8.30 beim Burgtheater, gleichzeitig
finden auch noch ein 10km-Lauf, ein Schnupperlauf über
5.25km und ein Kinderlauf statt.

Laufbericht:
------------
Um 6.00 klingelt der Wecker, für mich keine ungewohnte
Zeit, als Papa von 3 Kleinkindern kann ich diesbezüglich
schon auf ein jahrelanges fast ununterbrochenes Training
verweisen.

[Vor-WK-Gejammer]
Schon wieder eine viel zu kurze Nacht. Wenig Schlaf wirkt
doch sicher leistungsmindernd! Prüfend höre ich in mich:
Ist die Verkühlung vielleicht doch gerade jetzt ausgebrochen?
Wäre kein Wunder, bei den Virenmengen, denen ich in
den letzten Tagen ausgesetzt war und dem harten Training,
das ja bekanntlich das Immunsystem schwächt. Doch außer
einer leicht verschnupften Nase spüre ich nichts.
[mehr fällt mir jetzt an Gejammer nicht ein, wie wär's denn
eigentlich mit vorgefertigten Jammer-Templates auf drsl.de?]
[/Vor-WK-Gejammer]

Schön langsam stellt sich das Gefühl der Aufregung ein. Ich
frühstücke kohlehydratreiches Weißbrot mit Butter und Honig,
verabschiede mich von Frau und Kindern (ich werde sie dann
im Ziel wiedersehen) und mache mich um 7.15 auf den Weg.
Ich hydriere mich reichlich, schaffe es vom Aufstehen bis
zum Start 3.5 Liter Wasser unterzubringen. Beim Burgtheater
angekommen gebe ich meinen Kleidersack ab und kann mich
dann noch 20min einlaufen, bevor ich der reichlichen
Wasseraufnahme Tribut zollen muss.

Noch immer weiß ich nicht so recht, welche Zeit ich mir für
heute vornehmen soll, schneller als im Frühjahr möchte ich
natürlich sein, meine Trainingszeiten sind aber immer noch
nicht ganz so gut wie damals. Ich nehme mir einen Schnitt
von ~4:40min/km für die erste Hälfte vor, wenn ich den
dann so wie beim letzten HM in der zweiten Hälfte ein
wenig steigern kann, sollte sich eine gute Zeit ausgehen.
Oder aber "ich geh ein wie eine Primel", wie man in Wien
so treffend zu sagen pflegt. Mal sehen ...

Runde 1:
--------
Ich ordne mich so etwa in der Mitte des Starterfeldes ein.
Es ist noch angenehm kühl mit etwa 16°, da im Laufe des
Tages bis zu 30 Gräder angekündigt sind, beglückwünsche
ich den Veranstalter innerlich zum frühen Startzeitpunkt.
Um 8.35 erfolgt der Startschuss für die ca. 400 Läufer des
Halbmarathons. Den ersten Kilometer laufe ich trotz des
leichten Gedränges nach dem Start in 4:28, es geht hier
aber vom Burgtheater zum Ringturm auch leicht bergab,
ich nehme trotzdem Tempo raus. Der zweite Kilometer
verläuft entlang des Donaukanals, ich laufe ihn und den
nächsten bis zum Stadtpark etwa in meinem angepeilten
Schnitt. Meine Beine fühlen sich irgendwie schwer an,
die 5x1000m am Mittwoch etwa im 3k-Schnitt waren
wohl doch nicht so ganz das optimale Tapering für diesen
Wettkampf. Aber es geht mir ja auch um den Marathon in
fünf Wochen, dieser WK ist ja nur Mittel zum Zweck.
Vorbei geht's leicht bergauf am Schwarzenbergplatz
und dem Parlament, entsprechend sinkt mein Schnitt über
die geplanten 4:40. Den Beinen geht's aber zunehmend
besser, und ich vollende die erste Runde in 24:30, absolut
exakt im Schnitt.

Runde 2:
--------
Wieder geht es vom Burgtheater Richtung Donaukanal
leicht bergab, und da kommt ES auch schon: das Laufen
wird plötzlich ganz leicht, die Beine bewegen sich wie
von selbst, ein Gefühl der Hochstimmung klettert vom
Bauch langsam aufwärts bis in den Kopf - Runner's High,
nur vergleichbar mit dem Tiefenrausch beim Tauchen!
Wie ebendort heißt es jetzt aufpassen, ich versuche das
Tempo zu halten und nicht zu übertreiben. Nach zwei
Kilometern ist dann leider auch schon wieder Schluss
und ich kehre wieder zurück auf den Boden der
Wettkampfrealität. Ich nehme mir bei einer der Labestellen
einen Becher Wasser, ich habe zwar nicht wirklich Durst,
möchte aber die Wasseraufnahme für den Marathon testen.
Ich komme durch das Trinken ziemlich aus dem Takt und
empfinde das als sehr unangenehm. Nach etwa 100 Metern
ist dann aber wieder alles normal und ich vollende die
zweite Runde in 24:31, also wieder nahezu exakt im
geplanten Tempo.

Runde 3:
--------
Kurz nach Beginn dieser Runde zischt ein farbiger Läufer
an mir vorbei - der Führende Edward Kimosop aus Kenia,
der das Rennen dann später in 1:07 gewinnen wird.
Wahnsinn was der für ein Tempo draufhat nach über 15km.
Ich rufe ihm noch ein "Bravo" zu, muss mich dann aber
wieder meinem Lauf widmen.
Mir wird langsam klar, das ich mein ursprüngliches Vorhaben,
das Tempo in der zweiten Hälfte zu steigern, nicht durchziehen
kann. Ich ändere daher meine Taktik auf "Tempo halten".
An der nächsten Labestelle nehme ich wieder einen Becher
Wasser, wieder komme ich gehörig aus dem Takt.
Das war jetzt aber das letzte Mal! Ich hänge mich an einen
Mitstreiter, der in etwa mein Tempo läuft und der zieht mich
dann auch die nächsten zwei Kilometer mit, gemeinsam
überholen wir etliche andere Läufer, dann muss ich ihn aber
ziehen lassen und beende die dritte Runde in 24:32 - schön
langsam frage ich mich, ob ich irgendwo ein Uhrwerk
eingebaut habe.

Runde 4:
--------
Während der Anfang dieser Runde bedingt durch das leichte
Gefälle noch recht gut anläuft, beginnt es ab Kilometer 17,
so wie es sich ja auch gehört, richtig hart zu werden. Die
Beine schmerzen zunehmend und werden immer schwerer, nun
heißt es mentale Stärke zu zeigen und nicht nachzulassen. Ich
finde in einem etwa gleich schnellen Läufer einen Partner für
ein Laufduell, mal ist er vorne, dann wieder ich. Er trinkt
bei der Labestelle und fällt dadurch etwas zurück, überholt
mich aber nach kurzer Zeit wieder, dann ich wieder ihn - und
dann ist er weg, ich sehe ihn bis zum Ziel nicht mehr.
Da ich mich grundsätzlich nicht umdrehe, muss ich mir wohl
ein neues Opfer suchen. Ich finde aber leider niemand, bis auf
einige Läufer, die ich vermutlich schon überrunde, ist keiner
in Sicht und ich muss mich wohl oder übel wieder meinen
schmerzenden Beinen widmen, mein Tempo lässt entsprechend
nach. Gerade in diesem kritischen Moment höre ich plötzlich
ein lokomotivartiges Schnaufen näher kommen. Ein Läufer
versucht mich zu überholen, scheint aber schon ziemlich am
letzten Loch zu pfeifen. Na ja, so frisch fühle ich mich ja
auch nicht mehr. Der Jagdinstinkt erwacht und ich hänge mich
an seine Fersen. Puh, der ist aber noch ganzschön schnell!
Doch als er ein wenig nachlässt, sehe ich meine Chance und
übernehme die Führung. Die Freude währt allerdings nicht
lange, nur Sekunden später zieht er wieder an mir vorbei.
Da ich am letzen noch zu laufenden Kilometer nicht einbrechen
will, bleibe ich bei meinem Tempo und er kann sich um etwa
10m absetzen. Jetzt kommt auch schon die haarnadelartige
Schleife vor dem Parlament, ich fühle mich nun schon richtig
fertig, die engen Kurven nehmen mir noch den letzten Rest
meiner Kraft.
Zurück am Ring ist jetzt aber das Ziel schon sehr nahe. Ich
nehme noch die Zwischenzeit bei km21 (1:38:08), das Ziel
ist nur noch etwa 90m entfernt. Diese Entfernung entspricht
in etwa den Steigerungen (=kurze Sprints bis zur vollen
Geschwindigkeit) aus meinem Training, und fast wie von
selbst übernimmt mein Körper die Kontrolle und wir gehen
in vollen Sprint über. Eigentlich sind es ja die Arme, die
jetzt das Kommando übernehmen und durch den kräftigen
Ausschlag das Tempo bestimmen. Da sehe ich auch die
Lokomotive von vorhin wieder vor mir, diesmal hat er
keine Chance, ich rase an ihm vorbei, überhole noch zwei
weitere Läufer ehe ich mit einer neuen PB von 1:38:29 ins
Ziel komme - Schnitt wieder exakt 4:40/min.
Ich bekomme eine Finisher-Medaille ausgehändigt, im
Ziel treffe ich dann meine Familie und einen Freund.
Meine 6-jährige Tochter fragt mich, wann ich denn
endlich mal Erster sein werde, ich kann sie diesmal
immerhin mit der Medaille ein wenig beeindrucken.

Fazit:
------
Ich konnte zwar meine PB marginal verbessern, habe mir
aber insgeheim nach dem intensiven Training und den doch
beträchtlich höheren Wochekilometern etwas mehr erhofft.
Immerhin konnte ich aber meine Zeit vom Frühjahr
unterbieten, obwohl ich insgesamt sicher nicht so am Limit
gelaufen bin wie bei meinem ersten Halbmarathon.
Die Strecke entlang der Prachtbauten am Ring war toll,
die Veranstaltung selbst in Ordnung, das Startgeld von
22 Euro allerdings "geschmalzen", noch dazu, wo das
Startpaket gerade mal ein Werbeshirt und ein paar
Süßigkeiten enthielt und die Verpflegung im Ziel nur aus
Wasser und Bananen bestand.



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