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Bericht
Name des Laufes: | 3. Wiener Herbstlauf mehr zum Lauf: VID174 |
Datum des Laufes: | 21.9.2003 (Sun) |
Ort: | Wien |
Plz: | k.A. |
Homepage: | http://www.runthecity.at/ |
Strecken: | HM |
Beschaffenheit: | Asphalt |
Profil: | flach |
Wetter: | sonnig, 16°C, windstill |
Teilnehmer: | ~400 (HM) |
Name des Berichtenden: | Andreas Kaufmann (Autor-LID zuordnen: Login und [Edit]) Bericht vom 22.9.2003 (Mon) |
Wie viele gute Geschichten beginnt auch diese mit einer Rückblende ... Frühjahr 2003: -------------- Nach zwei Jahren gemütlichen Joggens befällt mich dieses Frühjahr plötzlich der Wettkampf-Virus. Schnell war ein 10er gefunden, für den Herbst ein Halbmarathon geplant und dann im nächsten Jahr vielleicht die magischen 42km? Der Zehner lief für meine Verhältnisse äußerst gut, ich hatte mich 6 Wochen sehr intensiv vorbereitet, und aus den geplanten sub-50 wurden 44:20. Ich hatte auf Anhieb mein "Fernziel" (10km unter 45min) geschafft. Was nun ? Aha, ein Halbmarathon in 5 Wochen, wäre doch schade um die antrainierte Kondition, nur 12 Euro Startgeld, schon bin ich angemeldet. Langen Lauf bis auf 28km ausgedehnt, hier in der NG mal angefragt, was ich den für eine Zeit anvisieren soll. Die Meinung der Experten: eine Zeit unter 1:40 ist möglich, aber mit dem erheblichen Risiko eines Einbruches verbunden. Ich riskiere es trotzdem und laufe unter ziemlich optimalen Bedingungen 1:39:40, nachdem ich auf den letzten zwei Kilometern meinen 10er-Schnitt erreiche und mich im Ziel entsprechend übel fühle. Nach fünf Minuten ist natürlich alles vergessen - Super Lauf! Aber was jetzt? Laufsaison schon im Mai beenden ? Wieder zurück zum gemächlichen Jogging ? Herbst 2003: ------------ Woche 3 von 8 in der Vorbereitung für den Herbstmarathon am 26.10. im Wiener Prater. Das intensive Training nach dem TP von Greif mit 2 harten Tempoeinheiten pro Woche, einem langen Lauf über 35km mit Endbeschleunigung und dann noch die Umfangerhöhung auf 80-100km pro Woche haben mir mental schon etwas zugesetzt, aber bis jetzt habe ich wenigstens keine körperlichen Probleme. Greif empfiehlt in der 4 Woche zur Formüberprüfung einen Halbmarathon, da ich da aber zu dieser Zeit keinen (flachen) finde fällt meine Wahl auf den Wiener Herbstlauf "Run the City 2003". Es sind 4 Runden zu 5.25km auf dem Ring (Prachtstraße rund um das Zentrum) zu absolvieren, in der letzten Runde ist noch eine kleine Extraschleife vor dem Parlament zu laufen, um die HM Distanz vollständig zu machen. Start für den HM ist um 8.30 beim Burgtheater, gleichzeitig finden auch noch ein 10km-Lauf, ein Schnupperlauf über 5.25km und ein Kinderlauf statt. Laufbericht: ------------ Um 6.00 klingelt der Wecker, für mich keine ungewohnte Zeit, als Papa von 3 Kleinkindern kann ich diesbezüglich schon auf ein jahrelanges fast ununterbrochenes Training verweisen. [Vor-WK-Gejammer] Schon wieder eine viel zu kurze Nacht. Wenig Schlaf wirkt doch sicher leistungsmindernd! Prüfend höre ich in mich: Ist die Verkühlung vielleicht doch gerade jetzt ausgebrochen? Wäre kein Wunder, bei den Virenmengen, denen ich in den letzten Tagen ausgesetzt war und dem harten Training, das ja bekanntlich das Immunsystem schwächt. Doch außer einer leicht verschnupften Nase spüre ich nichts. [mehr fällt mir jetzt an Gejammer nicht ein, wie wär's denn eigentlich mit vorgefertigten Jammer-Templates auf drsl.de?] [/Vor-WK-Gejammer] Schön langsam stellt sich das Gefühl der Aufregung ein. Ich frühstücke kohlehydratreiches Weißbrot mit Butter und Honig, verabschiede mich von Frau und Kindern (ich werde sie dann im Ziel wiedersehen) und mache mich um 7.15 auf den Weg. Ich hydriere mich reichlich, schaffe es vom Aufstehen bis zum Start 3.5 Liter Wasser unterzubringen. Beim Burgtheater angekommen gebe ich meinen Kleidersack ab und kann mich dann noch 20min einlaufen, bevor ich der reichlichen Wasseraufnahme Tribut zollen muss. Noch immer weiß ich nicht so recht, welche Zeit ich mir für heute vornehmen soll, schneller als im Frühjahr möchte ich natürlich sein, meine Trainingszeiten sind aber immer noch nicht ganz so gut wie damals. Ich nehme mir einen Schnitt von ~4:40min/km für die erste Hälfte vor, wenn ich den dann so wie beim letzten HM in der zweiten Hälfte ein wenig steigern kann, sollte sich eine gute Zeit ausgehen. Oder aber "ich geh ein wie eine Primel", wie man in Wien so treffend zu sagen pflegt. Mal sehen ... Runde 1: -------- Ich ordne mich so etwa in der Mitte des Starterfeldes ein. Es ist noch angenehm kühl mit etwa 16°, da im Laufe des Tages bis zu 30 Gräder angekündigt sind, beglückwünsche ich den Veranstalter innerlich zum frühen Startzeitpunkt. Um 8.35 erfolgt der Startschuss für die ca. 400 Läufer des Halbmarathons. Den ersten Kilometer laufe ich trotz des leichten Gedränges nach dem Start in 4:28, es geht hier aber vom Burgtheater zum Ringturm auch leicht bergab, ich nehme trotzdem Tempo raus. Der zweite Kilometer verläuft entlang des Donaukanals, ich laufe ihn und den nächsten bis zum Stadtpark etwa in meinem angepeilten Schnitt. Meine Beine fühlen sich irgendwie schwer an, die 5x1000m am Mittwoch etwa im 3k-Schnitt waren wohl doch nicht so ganz das optimale Tapering für diesen Wettkampf. Aber es geht mir ja auch um den Marathon in fünf Wochen, dieser WK ist ja nur Mittel zum Zweck. Vorbei geht's leicht bergauf am Schwarzenbergplatz und dem Parlament, entsprechend sinkt mein Schnitt über die geplanten 4:40. Den Beinen geht's aber zunehmend besser, und ich vollende die erste Runde in 24:30, absolut exakt im Schnitt. Runde 2: -------- Wieder geht es vom Burgtheater Richtung Donaukanal leicht bergab, und da kommt ES auch schon: das Laufen wird plötzlich ganz leicht, die Beine bewegen sich wie von selbst, ein Gefühl der Hochstimmung klettert vom Bauch langsam aufwärts bis in den Kopf - Runner's High, nur vergleichbar mit dem Tiefenrausch beim Tauchen! Wie ebendort heißt es jetzt aufpassen, ich versuche das Tempo zu halten und nicht zu übertreiben. Nach zwei Kilometern ist dann leider auch schon wieder Schluss und ich kehre wieder zurück auf den Boden der Wettkampfrealität. Ich nehme mir bei einer der Labestellen einen Becher Wasser, ich habe zwar nicht wirklich Durst, möchte aber die Wasseraufnahme für den Marathon testen. Ich komme durch das Trinken ziemlich aus dem Takt und empfinde das als sehr unangenehm. Nach etwa 100 Metern ist dann aber wieder alles normal und ich vollende die zweite Runde in 24:31, also wieder nahezu exakt im geplanten Tempo. Runde 3: -------- Kurz nach Beginn dieser Runde zischt ein farbiger Läufer an mir vorbei - der Führende Edward Kimosop aus Kenia, der das Rennen dann später in 1:07 gewinnen wird. Wahnsinn was der für ein Tempo draufhat nach über 15km. Ich rufe ihm noch ein "Bravo" zu, muss mich dann aber wieder meinem Lauf widmen. Mir wird langsam klar, das ich mein ursprüngliches Vorhaben, das Tempo in der zweiten Hälfte zu steigern, nicht durchziehen kann. Ich ändere daher meine Taktik auf "Tempo halten". An der nächsten Labestelle nehme ich wieder einen Becher Wasser, wieder komme ich gehörig aus dem Takt. Das war jetzt aber das letzte Mal! Ich hänge mich an einen Mitstreiter, der in etwa mein Tempo läuft und der zieht mich dann auch die nächsten zwei Kilometer mit, gemeinsam überholen wir etliche andere Läufer, dann muss ich ihn aber ziehen lassen und beende die dritte Runde in 24:32 - schön langsam frage ich mich, ob ich irgendwo ein Uhrwerk eingebaut habe. Runde 4: -------- Während der Anfang dieser Runde bedingt durch das leichte Gefälle noch recht gut anläuft, beginnt es ab Kilometer 17, so wie es sich ja auch gehört, richtig hart zu werden. Die Beine schmerzen zunehmend und werden immer schwerer, nun heißt es mentale Stärke zu zeigen und nicht nachzulassen. Ich finde in einem etwa gleich schnellen Läufer einen Partner für ein Laufduell, mal ist er vorne, dann wieder ich. Er trinkt bei der Labestelle und fällt dadurch etwas zurück, überholt mich aber nach kurzer Zeit wieder, dann ich wieder ihn - und dann ist er weg, ich sehe ihn bis zum Ziel nicht mehr. Da ich mich grundsätzlich nicht umdrehe, muss ich mir wohl ein neues Opfer suchen. Ich finde aber leider niemand, bis auf einige Läufer, die ich vermutlich schon überrunde, ist keiner in Sicht und ich muss mich wohl oder übel wieder meinen schmerzenden Beinen widmen, mein Tempo lässt entsprechend nach. Gerade in diesem kritischen Moment höre ich plötzlich ein lokomotivartiges Schnaufen näher kommen. Ein Läufer versucht mich zu überholen, scheint aber schon ziemlich am letzten Loch zu pfeifen. Na ja, so frisch fühle ich mich ja auch nicht mehr. Der Jagdinstinkt erwacht und ich hänge mich an seine Fersen. Puh, der ist aber noch ganzschön schnell! Doch als er ein wenig nachlässt, sehe ich meine Chance und übernehme die Führung. Die Freude währt allerdings nicht lange, nur Sekunden später zieht er wieder an mir vorbei. Da ich am letzen noch zu laufenden Kilometer nicht einbrechen will, bleibe ich bei meinem Tempo und er kann sich um etwa 10m absetzen. Jetzt kommt auch schon die haarnadelartige Schleife vor dem Parlament, ich fühle mich nun schon richtig fertig, die engen Kurven nehmen mir noch den letzten Rest meiner Kraft. Zurück am Ring ist jetzt aber das Ziel schon sehr nahe. Ich nehme noch die Zwischenzeit bei km21 (1:38:08), das Ziel ist nur noch etwa 90m entfernt. Diese Entfernung entspricht in etwa den Steigerungen (=kurze Sprints bis zur vollen Geschwindigkeit) aus meinem Training, und fast wie von selbst übernimmt mein Körper die Kontrolle und wir gehen in vollen Sprint über. Eigentlich sind es ja die Arme, die jetzt das Kommando übernehmen und durch den kräftigen Ausschlag das Tempo bestimmen. Da sehe ich auch die Lokomotive von vorhin wieder vor mir, diesmal hat er keine Chance, ich rase an ihm vorbei, überhole noch zwei weitere Läufer ehe ich mit einer neuen PB von 1:38:29 ins Ziel komme - Schnitt wieder exakt 4:40/min. Ich bekomme eine Finisher-Medaille ausgehändigt, im Ziel treffe ich dann meine Familie und einen Freund. Meine 6-jährige Tochter fragt mich, wann ich denn endlich mal Erster sein werde, ich kann sie diesmal immerhin mit der Medaille ein wenig beeindrucken. Fazit: ------ Ich konnte zwar meine PB marginal verbessern, habe mir aber insgeheim nach dem intensiven Training und den doch beträchtlich höheren Wochekilometern etwas mehr erhofft. Immerhin konnte ich aber meine Zeit vom Frühjahr unterbieten, obwohl ich insgesamt sicher nicht so am Limit gelaufen bin wie bei meinem ersten Halbmarathon. Die Strecke entlang der Prachtbauten am Ring war toll, die Veranstaltung selbst in Ordnung, das Startgeld von 22 Euro allerdings "geschmalzen", noch dazu, wo das Startpaket gerade mal ein Werbeshirt und ein paar Süßigkeiten enthielt und die Verpflegung im Ziel nur aus Wasser und Bananen bestand. |