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Bericht

Name des Laufes:22. Conergy-Marathon Hamburg 2007
mehr zum Lauf: VID4811
Datum des Laufes:29.4.2007 (Sun)
Ort:Hamburg
Plz:D2
Homepage:www.marathon-hamburg.de
Strecken:MA
Beschaffenheit:eben
Profil:flach
Wetter:genial
Teilnehmer:22.000
Name des Berichtenden:Peter Löhr
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 17.5.2007 (Thu)
Hamburg, 29. April 2007, 8:55 Uhr, die Sonne scheint, der Kloß sitzt. Und zwar mir im Magen. Es ist zwar schon mein zwölfter Marathon, der in 5 Minuten gestartet wird, aber die Nervosität lässt sich nicht abschütteln.

Es mag daran liegen, dass ich bei den elf vorher gelaufenen bislang nur einmal das Gefühl hatte, wenigstens halbwegs gut gelaufen zu sein. Deutlich zu wenig für den Aufwand, den ich in die Vorbereitung stecke. Wobei ich gut weniger an der Zeit festmache, als an dem Gefühl, gut durchgekommen und mehr oder weniger gleichmäßig von vorne bis hinten gelaufen zu sein.

Erklärungen, warum ich meist zwischen Kilometer 28 und 35 einen Einbruch hatte und ausgedehnte Wanderpassagen einlegen musste, gab es zahlreiche. Häufig bedingen sich die Gründe wechselseitig, so dass deren Vermeidung schwierig und mühsam ist, wenn man im Jahr nur ca. zwei Versuche hat, einen Marathon zu bestreiten. Dieses Mal kam noch erschwerend hinzu, dass ich in den 13 Wochen der Vorbereitung wegen Beruf und Erkältung weit von meinem angepeilten Wochenkilometerpensum entfernt blieb. Aber den reduzierten Trainingsumfang kann man ja zumindest durch eine reduzierte Zielsetzung kompensieren. Schließlich kommt es auf gleichmäßiges Durchlaufen an.

Ich stehe am Ende des ersten Startblocks. Es wird ca. fünf Minuten dauern, bis ich nach dem Startschuss die Startlinie passieren werde. Die Stimmung unter den 23.000 Startern ist prächtig. Irgendein amerikanischer Sänger intoniert mehr schlecht als recht das Deutschlandlied, das aus den Lautsprechern scheppert. Dann geht es los.

Obwohl ich vorher zweimal die Dixi-Klos aufgesucht habe, spüre ich schon wieder einen Druck auf der Blase. Mist! Die Entscheidung, den Lauf schon auf dem ersten Kilometer noch mal kurz zu unterbrechen, ist schnell getroffen und erweist sich als goldrichtig. Kilometer zwei läuft sich deutlich entspannter.

Zu entspannt, wie die Zwischenzeitkontrolle zeigt. Also Tempo drosseln, ehe wir einem Lindwurm gleich auf Lindenbergs „geile Meile“ einbiegen. Aber so früh ist hier nichts los. Zumindest nichts, wofür die Reeperbahn berühmt ist. Zuspruch von außen gibt es dennoch reichlich. Das liegt nicht zuletzt an meinem rot-weiß gestreiften Fortuna-Trikot mit Totenkopf-Emblem und Namen drauf, das speziell St. Pauli-Fans Anfeuerungsrufe entlockt.

Dreißig Meter vor mir entdecke ich noch ein F95-Hemd. Ich arbeite mich heran und erfahre, dass es Jörg aus Fortunas Laufabteilung gehört. Wir unterhalten uns über einen Kilometer lang nett miteinander, tauschen Erfahrungen aus und zum Abschied ruft er mir hinterher: „Wir sind Fortuna Düsseldorf – Wir können alles!“

Mittlerweile auf der Elbchaussee, zieht der Läufertross an Hamburgs chicen Villen vorbei den Landungsbrücken entgegen. Mein Tempo fühlt sich nach wie vor gut an und ist konstant. Wenn ich ehrlich bin, konstant zu schnell für meine reduzierte Zielzeit. Aber in dem Moment bin ich nicht ehrlich zu mir. Fühlt sich ja gut an. Ich laufe ein wenig wie in Trance.

Jubelnde Zuschauer rechts und links sorgen für großartige Stimmung am Rand und bei den Läufern. Und als es durch einen zuschauerfreien Autotunnel geht, übernehmen die Läufer die Stimmungsmache kurzerhand selbst, indem sie auf Kommando laute Schlachtrufe ausstoßen und sich am Echo freuen. Läufer sind Kleinkinder.

Ich nehme fast jede der alle zweieinhalb Kilometer aufgestellten Wasserstellen wahr. Immer nur einen halben Becher, der Rest wird über den Kopf geschüttet. Dehydrieren käme jetzt ganz schlecht. Mittlerweile sind wir auf dem Weg nach Norden, lassen nach zwanzig Kilometern die Alster links liegen und arbeiten uns über Barmbek, den Stadtpark, die City Nord zum Alsterdorf vor. Kilometer dreißig und ich fühle mich immer noch gut. Sollte es diesmal klappen?

Nur noch zwölf Kilometer.

Am nördlichsten Punkt der Strecke verdichten sich die Zuschauerreihen. Der permanente Applaus wird zum Orkan und peitscht mich vorwärts. Ich werde schneller. Zu schnell! Denn kurze Zeit später spüre ich, dass ich nichts mehr zusetzen kann. Der Wunsch, eine Pause einzulegen, macht sich vom Kopf aus im ganzen Körper breit. War’s das? So wie zehnmal vorher schon? Mehr gehend als laufend Durchschleppen bis zum Ziel? Bitte nicht! Ich gebe nach.

Mit einer Mischung aus Ärger und Trotz werfe ich die letzte Ration Kohlehydrate ein. - Und fange nach anderthalb Kilometern mit einmal wieder an zu laufen. Im Unterschied zu sonst mit dem Gefühl, es kontrolliert laufend schaffen zu können. Schritt für Schritt.

Noch zwei Kilometer.

Die Bässe von „Smoke on the Water“ dröhnen mir in einer Unterführung entgegen und lassen meine Gänsehaut im Takt zucken. Überschlägig rechne ich aus, dass mich der kleine Einbruch nur knappe fünf Minuten gekostet hat und der Gedanke an eine Bestzeit mobilisiert weitere Kräfte. Auf meiner Uhr kann ich nichts mehr erkennen. Augen zu und durch. Im Hochgefühl überhole ich Läufer um Läufer. Wir sind Helden.

In meinem Blut werfen die Endorphine Blasen
Wenn hinter meinen stillen Hasen-
Augen die Gedanken rasen. (*)

Auch ich rase. Wie ein Hase. Und gänzlich unbescheiden reiße ich beim Überqueren der Ziellienie die Vorderläufe hoch.

YEP!

Nüchtern betrachtet, völlig übertrieben, sich so über so etwas profanes wie eine Marathonzeit zu freuen. Aber in dem Moment bin ich nicht nüchtern. Immer noch nicht.


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