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Bericht

Name des Laufes:22. Conergy-Marathon Hamburg 2007
mehr zum Lauf: VID4811
Datum des Laufes:29.4.2007 (Sun)
Ort:Hamburg
Plz:D2
Homepage:www.marathon-hamburg.de
Strecken:MA
Beschaffenheit:Asfalt
Profil:flach
Wetter:trocken, ideal, Start: 9 Grad, Ziel (13 Uhr): 19 Grad
Teilnehmer:knapp 17.000 Finisher
Name des Berichtenden: AndroschG LID2168
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Bericht vom 2.5.2007 (Wed)
Hallo drslv,

nach 4 Monaten Training, unzähligen Litern Schweiß, etwas Blut aus aufgestochenen Blasen, Kilogrammen von Gels und Energieriegeln, (Hekto?-)Litern von allen möglichen Getränken, einer Tonne in den Schuhen heimgetragenen Steinen, Kilowattstunden Stromverbrauch für Pulsuhr, GPS und Computer sowie mehreren Mikrogramm verlorener Vernunft war es also endlich soweit, der Tag meines ersten Marathons war angebrochen.

Aber halt, natürlich gibt es dazu auch noch eine kleine Vorgeschichte.

Im Juli 2006 sprachen mich zwei gute Bekannte an, ob ich nicht nächstes Jahr mit ihnen zusammen den Hamburg Marathon laufen wollte, der wäre so toll und es würden noch einige Leute mitkommen, für Support, Leidensgenossen und Spectatores wäre also gesorgt. Ich winkte dankend ab, denn ich hatte gerade 10km Hitzerennen bei 35 Grad im Schatten hinter mir und mir tat so schon alles weh. Aber irgendwie begann der Gedanke in mir zu arbeiten und zu nagen, komm, wenn die da schon mitlaufen und alleine fährst du doch nicht nach Hamburg, aber die Laufdepression während des Italienurlaubs lies im Herbst bei jedem Gedanken an Laufen Widerwille in mir hochsteigen.
Ab Oktober wurde es wieder besser, der Spass am Laufen kehrte wieder. Ende Dezember schaute ich dann spasshalber mal auf die Homepage des HH-Marathons und siehe da, die Meldefrist war extra für mich verlängert worden, ein Wink des Schicksals :-)
Nachdem auch der Jahresabschluss 2006 mit neuer PB beim Silvesterlauf sub50 über 10k sehr versöhnlich für mich endete, machte ich mich also an die schwierige Aufgabe des Marathontrainings.
Alle Trainingspläne wiesen eine 4h Zeit für meine mitgebrachten Voraussetzungen aus, also war das mein erklärtes Ziel und Grundlage des TP. Die notwendigen Zwischenziele bei kürzeren Wettkämpfen wurden nahezu pulverisiert, Höhepunkt war die 1:44h beim HM Ende März in Forstenried.
Auch aus der Newsgroup kamen viele hilfreiche und unterstützende Kommentare und Aufmunterungen, die 4h würde ich locker schaffen, ich war selbst auch guten Mutes, auch wenn die letzten Wochen des Trainingsplans sehr hart waren.


Am Sonntag 2 Wochen vor dem M war der letzte lange Lauf, der mich bei ca. 25 Grad sehr viel Überwindung und zum Teil auch Motivation kostete, eine Woche vor dem M brachte mir mein Terassenneubau einen sagenhaften Muskelkater in der hinteren Oberschenkelmuskulatur ein. Schlechte Omen?


5 Tage Hamburg hies das Begleitprogramm, am 26.4. war der Hinflug gebucht, am 1.5. sollte es wieder aus der Großstadt gen verträumtes Allgäu gehen, dazwischen war am Sonntag 29.4. der Höhepunkt meines Lauflebens mit dem Marathon terminiert.

Begleitprogramm und Stadt wurden ausgiebig genossen, Stadtbummel, Pastaparty, Alsterrundfahrt und ein lockeres Läufchen am Freitag morgen sowie die Aussicht auf sinkende Temperaturen bis zum Sonntag liessen keine Langeweile und Grübeleien aufkommen. Also brach der Tag des Marathons an....

Am Sonntag um 5 Uhr aufgestanden, ausgiebig gefrühstückt und mit den Teilnehmern aus unserer Gruppe (4 Debütanten und 2 Wiederholungstätern) zum Startbereich aufgemacht. Der Startblock war schnell gefunden, Kleiderbeutelabgabe und diverse Meetingpoints für unterwegs und am Schluss ausgemacht, also musste es nur noch losgehen.

Die Stimmung bei so einem großen Lauf ist gigantisch, meine bisherige Teilnehmerzahlen waren nie über 2-3000 Leute hinausgegangen, jetzt also 10mal soviel mit entsprechendem Rahmenprogramm, schon vor dem Start ging es überall hoch her, Kompliment an die Hamburger unter den Lesern, die Veranstaltung ist suuper.

Kurz nach 9 ging es auch für unseren Startblock los, alle zählten gemeinsam die letzten Sekunden herunter, dann der Startschuss.
Die ersten km laufen von ganz allein, ich achtete vor allem auf die Beine der vor mir Laufenden, um niemand auf die Füße zu treten, ab der Reeperbahn bei km 2-3 wird es besser, da lichtet sich das Ganze etwas. Nach 5km mit knapp 29min prima im Plan, weiter so. An den Verpflegungsstellen nahm ich erst mal nur Wasser, das war sehr kalt, löschte aber den Durst und klebte nicht. Nach 10km an den Landungsbrücken der erste Stimmungshöhepunkt, die Menschenmassen drängen sich fast auf die Strecke, bei km 12 standen das erste Mal unsere Supporter, danach der Lauf durch den Tunnel, die LaOla Welle schwappte 3 oder 4 mal über uns weg und alle Läufer machten begeistert mit, geil.
Bei km 16 genau 1:30h, alles im Lot, ich fühlte mich gut, jetzt einfach so weiterlaufen. Bananen und Gel in regelmäßigen Abständen sowie Wasser und Isodrink stellten die Energiezufuhr sicher. HM-Durchgang knapp sub2h, super.
Bei km 22 sollten das nächste Mal die Supporter stehen, waren aber bis km24 nirgends zu entdecken, das zerrte das erste Mal etwas an den Nerven, der dritte Treffpunkt war dann erst wieder für km37 ausgemacht, au Backe, das ist aber noch weit bis dahin. Egal, bisher waren die Zuschauer ein prima Ersatz gewesen, die trieben einen immer weiter. Nach 2,5h waren 26km absolviert, immer noch im Plan, langsam wurde es zwar härter aber in erträglichem Maße.
Nun begannen sich aber die Gedanken zu regen, man horcht immer mehr in sich rein, alles im Lot? Die Gegend und die Zuschauer sind nicht mehr ganz so prickelnd, es stellt sich ein gewisser Gewöhnungseffekt ein,
und natürlich war es nicht mehr soo locker wie am Anfang. Mein Plan war ja gewesen, bis 3h so ca. die 32km zu knacken, damit ich noch ca. 1h für die letzten 10k übrig habe, jetzt begann auch verstärkt das Rechnen. Kurz vor km30 der Blick auf die Uhr, das wird sich wohl nicht mehr ausgehen, mit 32km, da machte irgendwas in mir drin Klick und schlagartig fiel meine Motivation ab. Scheisse, noch 12km, nur noch 1h 8m Zeit, das wird wohl nichts mehr, die letzten km waren schon soo anstrengend gewesen, wie soll ich das noch 12km weiter schaffen? Die Erinnerung an die Strapazen der letzten langen Laufes standen mir wieder (wohl übertrieben) deutlich vor Augen und ich kriegte die volle Psycho-Krise. Wenn da irgendwo ein U- oder S-Bahnschild gewesen wäre, ich wäre in die Bahn eingestiegen und hätte aufgehört. Also erst mal Gehpause gemacht, ein Gel genommen, die Magnesiumtablette aufgelöst (meine linke Wade zuckte so verdächtig) und an der nächsten Verpflegungsstation Bananen genommen und Iso getrunken.
Langsam siegte wieder die Vernunft, Mensch Alter, du wirst vielleicht nie ein Marathonläufer, wenn du jetzt einfach aufhörst. Mir doch egal, sagte das Teufelchen, du bist eh zu fett und untrainiert, leg dich doch einfach wieder auf die Couch und geniesse das Leben statt dich hier mit lauter Verrückten stundenlang wegen einem Stück Blech zu quälen.
Moment mal, was passiert denn hier, sagte ich mir, nee, das nun wirklich nicht, soo sollte meine Laufkarriere nicht enden, endlich machte es wieder Klick im Kopf und Plan B nahm Gestalt an. Junge, lauf einfach weiter, selbst mit 6er Gesamt-Schnitt kommt du noch auf 4:15 und das klingt doch prima für ein Debut. Gesagt, getan, wieder losgelaufen, der Bann, stehen zu bleiben war zwar gebrochen worden, aber auch die Mauer, dann wieder los zu laufen, war nur noch ein Ziegelstein, den ich mental entschlossen in die nächste Strassenecke kickte.
Das Ganze passierte so zwischen km30 und km33 während der Gehpausen und kurzen Laufabschnitten, auf einmal war auch km33 da, es war auf einmal nicht mehr so weit, es waren plötzlich nur noch einstellige Rest-km, die Motivation stieg wieder und auch die Zuschauer bekamen wieder ihren Reiz, es ging wieder zurück Richtung Innenstadt, noch 4km, dann kommen meine Supporter wieder, also los, einfach weiter, immer weiter. Die Gehpausen beschränkten sich nun auf das Essen und Trinken an den Verpflegungsstellen, dazwischen ging es zwar langsamer als geplant, aber weiter Richtung Ziel. Bei km37 waren auch wirklich die Supporter da, die jubelten mir zu, das machte noch mal Mut. Nur noch 5km, etwas unter 3:45 auf der Uhr, die 4:15 stehen noch, sehr gut.
An den Verpflegungsstationen verlor ich zwar durch die Gehpause immer etwas Zeit, aber das war mir inzwischen egal, ich wußte, jetzt würde ich ankommen, die Zeit war jetzt nicht mehr mein Gegner, sie lief einfach nur runter.
Am letzten kurzen Anstieg am Gorch-Fock-Wall nochmal kurze Gehpause, aber als dann eine wildfremde Zuschauerin sagt, komm, Andreas, es ist nicht mehr weit, auf gehts, dachte ich mir, Stimmt und lief einfach wieder los. Als ich dann um die letzte Ecke Richtung Ziel bog und den weissen Zielbogen immer näher kommen sah, begann sich eine tiefe Befriedigung in mir breit zu machen, ich genoss die letzten Meter richtig und lief lächelnd mit hochgestreckten Armen durchs Ziel.
Die Zeit danach mit Umziehen und Sonstigem schenke ich mir, der Bericht ist eh schon ziemlich lang, ich hoffe es haben ein paar überhaupt bis hierhin durchgehalten, Lesemarathon sozusagen :-)

Persönliches Fazit: Marathon hat unglaublich viel mehr mit Kopf zu tun, als ich mir das überhaupt jemals vorstellen konnte. Körperlich bin ich deswegen wohl auch nicht wirklich an meine Grenzen gestoßen, es war sicherlich mehr drin. Kurz nach dem M habe ich zu meinen Laufkollegen gesagt, nochmal tue ich mir das wahrscheinlich nicht mehr an, aber jetzt so nach 2-3 Tagen überwiegt die Freude am Ankommen, die Muskeln meckern auch fast nicht mehr und ganz insgeheim klein hinten drin in meinem Kopf leuchtet ein kleines Licht, daß ich das wohl doch nochmal erleben möchte, das Gefühl, an seine persönlichen mentalen und physischen Grenzen zu gehen und den inneren Schweinehund bei km 31 oder 35 einem Zuschauer in die Hand zu drücken.

Veranstaltungsfazit: Für Teilnehmer und Zuschauer sicher eine super Veranstaltung, die Stimmung ist grandios, die Strecke bietet tolle Ein- und Ausblicke auf Hamburg, das Wetter war optimal und auch für mich hat drumrum alles gepaßt. Meine Kollegen haben bemängelt, daß es dieses Jahr kein Geschenk (Handtuch o.ä.) für die Teilnehmer gab, auch auf der Messe sind Zuschauerartikel anscheinend nur gegen Kohle ausgegeben worden, aber das ist wohl eher nur Nebensache.

P.S. Übrigens kamen alle unsere 4 Debütanten ins Ziel, die beiden Wiederholungstäter sind nach dem HM ausgestiegen, einer geplant wegen Trainingsrückstand, der andere wegen Magenproblemen (er hat das kalte Wasser nicht so gut vertragen).

Vielen Dank fürs Lesen
Andy

BTW, hier noch die Splits:
5km: 0:28:51
10km: 0:56:47 (00:27:56)
15km: 1:24:37 (00:27:50)
20km: 1:53:16 (00:28:39)
25km: 2:22:37 (00:29:22)
30km: 2:52:41 (00:30:03)
35km: 3:28:28 (00:35:47)
40km: 4:01:36 (00:33:08)
42,195: 4:15:42 FINISHER :-)


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