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Bericht

Name des Laufes:39. Burg-Crosslauf Greene
mehr zum Lauf: VID5143
Datum des Laufes:27.1.2007 (Sat)
Ort:Greene
Plz:D3
Homepage:http://www.greene.de/sc/la/veranstaltungen.html
Strecken:ca 1,6/ ca 4, ca 9 km
Beschaffenheit:Neuschnee auf Querfeldein
Profil:Abwechslungsreich bergig
Wetter:0 Grad, wolkig
Teilnehmer:keine Ahnung
Name des Berichtenden: Sebastian LID55
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Bericht vom 27.1.2007 (Sat)
Was macht einen Cross zum Cross?
- Es muss Wintersaison sein [x] check
- Der Lauf muss irgendwo sein, wo man prima dreckig wird [x] check
- Das Ganze darf nicht um Bestzeiten gehen - es zählt nur der Kampf Mann gegen eigenen Schweinehund und den anderen Mann mit seinem Schweinehund [x] check
- Die Dornen unter der Spikes dürfen nicht kürzer als 9 mm sein [x] check
- Man muss beim ersten Anblick der Strecke denken \"warum tue ich mir das an - zu Hause ist es doch auch schön!\" [x] check

Kurz: Es ist Crosszeit!

Als gestern am frühen Abend mein Freund und ehemaliger Vereinskamerad Christian anrief und fragte, ob ich Bock hätte, keine 20 Stunden später in Greene beim Burgcross zu laufen, fand\' ich die Idee zunächst eher komisch. Immerhin war mein Fahrplan bis zu den Landesmeisterschaften Cross am 18.02. klar. Und von Greene stand da nix. Aber das erste Rennen gegen Christian im Trikot seines neuen Vereins... das reizt.
Als mein Trainer mir etwa zwei Stunden später grünes Licht gab und die Idee sogar gut fand, sich noch mal auf einer anspruchsvollen Langstrecke zu testen, bevor in einer Woche in Paderborn ein letzter Test auf einer kurzen Strecke ansteht, da war die Entscheidung also klar. Spontanausflug nach Greene am Samstag Mittag.

Während die Autobahn frei war, war es gar nicht so einfach, zur Burg und dann die 2 km in den Wald hochzufahren. Während meine noch frischen Winterreifen unterm Kleinwagen das Spiel noch mitmachten, hatten speziell heckangetriebene, schwerere Fahrzeuge im Neuschnee so ihre Probleme und blieben einfach mal draußen vorm Wald stehen. „Groß und sieht gut aus“ ist eben nicht immer das wichtigste, liebe Neureichs… ;-)
Als ich dann einige Minuten später vor dem Start stand, Iris und Christian ankamen und wir uns wenig später zum Einlaufen begaben, kam endgültig richtiges Crossfeeling auf. Spätestens, als ich mich für die 12mm-Dornen-Bereifung entschieden hatte, war alles bereit für ein Rennen, bei dem man sich mal so richtig die Waden wegknüppeln kann. Der Präsentierteller steht - wer räumt ihn also ab? ;-)

Schon beim Einlaufen wurde deutlich, dass das Rennen unabhängig vom taktischen Verlauf an die Reserven gehen würde. 10 cm frischer Pappschnee auf unebenem Waldboden mit deutlichen Anstiegen bedeckte dreiviertel der Runde. Der Rest waren 400 Meter abfallender breiter Waldweg mit festgetretenem Neuschnee als Zielgerade. Zu laufen waren nach Ausschreibung 3 große Runden - 8700m. Die Runde wurde wegen akutem Baumschlags jedoch abgewandelt. „Eine kleine plus drei etwas verkürzte große Runden“, so der Starter - 9100m, alles gut ausgeschildert und mit Streckenposten versehen. Na von mir aus... Alle gut aufgepasst? Ok… Ich sagte noch zu Christian: \"Taktik: ich hänge mich ca. 8,8 Kilometer bei Dir rein, trete Dir dann die Dornen in die Achillessehne und gehe vorbei.\" Gleichzeitig zählte der Starter die Läufer an der Linie – das kannte ich bisher nur bei Klassenfahrten, bevor man die Kids in die Stadt entlässt. Aber nun gut… Dann geht\' jetzt los! PENG.

Nach dem Start übernahm Christian sofort die Führung und stiefelte mit einem Affenzahn den ersten Anstieg hoch. Mir wurde angst und bange, denn ich konnte schon jetzt kaum an ihm dran bleiben. Dass ich, direkt hinter ihm laufend, immer erst im letzten Moment sah, wohin ich im Tiefschnee auf dem unebenen Waldboden trat, machte die Sache nicht wesentlich einfacher. Aber hilft ja nix. Hinten auf seinem Trikot stand jetzt \"TSV Kirchdorf\". Und ich hatte nicht vor, dieses Trikot vor mir wegziehen zu lassen! Am Ende des ersten Anstiegs war klar, dass das heute ein Zweikampf auf Biegen und Brechen werden würde. Der Rest des Feldes hielt sich vornehm zurück. Wir liefen die erste (verkürzte Runde) in 3:25 und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich wesentlich beschleunigen wollen würde. Christian anscheinend hingegen schon. Verdammt – was trainieren die Kirchdorfer da – nehmen die heimlich Höhentrainingslager zu sich? Christian jedenfalls hatte offensichtlich nicht vor, sich mein Trikot heute von hinten anzugucken, was ich ja irgendwie auch verstehen kann. Scheiß Konkurrenz unter Freunden. ;-)

Die erste lange Runde - im Wesentlichen einfach mehr Anstieg im Tiefschnee als die verkürzte Auftaktrunde (jaaaaa - das ist gut fürs Gemüt!) ging in 6:33 vorbei und ich hing schwer atmend hinter Christian. Verdammte Grütze - wieso ist der so gut drauf...? Im Tiefschnee der zweiten großen Runde zeigte Christian jedoch das erste Mal eine kleine Schwäche und wurde minimal langsamer. Meine Chance. Am Ende der Anstiege ging ich mit einer beherzten Attacke vorbei und übernahm ohne viel Nachzudenken die Führung. Etwa eine Minute später ging es in das Gefälle auf das Ziel zu. Hohes Tempo also. Und Christian probierte sofort, seinen langen Bergabschritt auszupacken und wieder vorbeizugehen, um in den Anstiegen wieder den Vorteil der freien Sicht zu haben. Ich hielt dagegen und beschleunigte erneut, so dass er zunächst hinter mir bleiben musste. 6:31 für die zweite große Runde. \"Jetzt nicht locker lassen\" schoss mir durch den Kopf, als es in den inzwischen plattgelatschten, deshalb aber nicht besser zu belaufenden Schnee der Anstiege in Runde drei ging. Den ersten mentalen Kampf hatte ich für mich entschieden. Also noch einmal Vollgas die Hügel hoch. Christian fiel zurück. Nicht viel, aber so, dass ich ihn in der Kurve im oberen Streckenabschnitt etwa 30 Meter hinter mir sah. Das musste jetzt reichen. Mit erneutem Vollgas ging es auf die Zielgerade. Gefälle. Langer Schritt, ein kurzer Blick nach hinten, ob noch eine Attacke kommt. Kein Christian. Ich ballte die Faust und...
... bekam zugerufen: \"Letzte Runde\".

SCHWARZ SCHMERZ WARUM WAS HÄÄÄÄH? SCHWARZ AUA AUA AUA WADENSCHMERZ.

Nach ungefähr drei Sekunden kam ich zu mir. Ich überlief gerade die vermeintliche Ziellinie und bog wie in Trance wieder auf die Runde ein. Sollte *ich* mich verzählt haben? Der Blick auf die Uhr brachte gar nix, da stand nämlich nur die aktuelle Rundenzeit – und um die kleine Zusatzanzeige mit der Gesamtzeit genauer zu fokussieren hatte ich viel zu viele Sterne vor Augen, denn der Anstieg begann. Die Beine waren völlig übersäuert - immerhin hatte ich gerade einen zur Sicherheit voll durchgezogenen Zielsprint hinter mir! Aber es waren doch schon verdammt noch mal die 1 kleine + drei großen Runden, die der Starter gesagt hatte?! Ich quälte mich den Anstieg hoch. Im absoluten Schneckentempo, so wie man das eben macht, wenn man gerade vollständige blaue Waden hat. Mir war jetzt klar, dass Christian bald an mich heranfliegen und spätestens nach der Hälfte der Runde gnadenlos vorbeilaufen würde. Mir schossen zwei Gedanken durch den Kopf:
1. Aufgeben. Die Schmach tue ich mir nicht an. Lieber sagen „umgeknickt“.
2. Heute Abend drsl-Laufkofferbewerbung 2007 absenden.

Der Blick zurück bei erster Gelegenheit in einer Kurve ergab, dass Christian nicht wesentlich näher dran war. Auch er schien also platt zu sein. Vielleicht gab es doch noch eine Chance? Ich fasste ein wenig Mut und brüllte mich innerlich an \"zieh das durch, verdammte Sch... du bist in der Form Deines Lebens - wenn nicht jetzt, wann dann! Du hast neulich 38 Runden MDL auf einer Laufbahn in einem Orkantief überlebt – du überlebst das hier auch!“
All dieses spielte sich in ca. 2 Minuten ab, denn so lange dauerte der Anstieg. Im oberen Streckenteil wurden die Beine nicht lockerer, aber der unbedingte Wille kam zurück und in mir brüllte es \"ich gewinne diesen verdammten Lauf jetzt. Ich gewinne dieses Scheißding jetzt erst recht!\" Als ich gute drei Minuten später aus dem dichten Wald heraus auf die letzten 400 Meter einbog und zum zweiten Mal im Gefälle den Schritt zum Endspurt lang zog, war mir klar, dass ich heute nicht nur in einem freundschaftlichen Wettkampf mit 1:0 in Führung gehen würde, sondern, dass ich dieses Rennen vor allem gegen mich selbst gewonnen hatte. In 6:50 beendete ich die letzte Runde und das Rennen in 29:54. Ich konnte diesmal nicht mehr sichtbar jubeln - in mir drinnen jubelte aber alles. Vor allem jubelten die Waden, dass es endlich vorbei war. ;-) Christian lief in 30:05 als Zweiter über die Linie. Auch er war fix und alle.

Aftershow:
Hier der späte Rennverlauf, wie Christian ihn mir nach dem Zieleinlauf und beim Austraben schilderte:
Als ich seine Attacke am Ende der zweiten Runde im Gefälle erfolgreich gekontert hatte, konnte er am Anstieg nicht mehr an mir dranbleiben und fiel Meter um Meter zurück. Auch auf der Zielgerade im Gefälle konnte er trotz aller Anstrengung nicht mehr näher kommen. Als ich dann die Faust ballte und eine kurze Sekunde später nach rechts auf die Runde abbog, dachte er, ich wollte mir sofort etwas überziehen (unsere Taschen standen auch in die Richtung). Er blieb dann nach der Ziellinie fast stehen, bevor man auch ihm zurief \"letzte Runde\" und er völlig geschockt sah, wie ich mich 40 Meter weiter vorne erneut den Berg hinauf quälte und sich dann erneut auf die Verfolgung machte.
Und nur so am Rande - ratet mal, was die spätere Siegerin des Damenrennens, Iris (Christians Frau), nach dem vermeintlichen Zieleinlauf zugerufen bekam... Nein - wir sind uns tatsächlich *sehrsehr* sicher, dass der Starter nur von drei großen Runden sprach... ;-)

Das waren natürlich nie im Leben 9100 Meter - sub30 bei den Bedingungen in dem Gelände - das wäre viel zu schön um wahr zu sein. Aber wie lang es auch immer war - kurz vor der Heimfahrt habe ich mit Christian beschlossen, dass wir bei den Landesmeisterschaften 10.000 Meter im April noch einmal gemeinsam eine 30:00 auf der Uhr sehen wollen. Und zwar genau 600 Meter vor der Ziellinie!

Bis dahin wird es aber noch einige weitere Duelle geben. Folge zwei in einer Woche in Paderborn beim Ahorncross. Ich freue mich drauf!

Vielen Dank fürs Lesen und einen schönen Abend in drsl, Sebastian



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