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Bericht

Name des Laufes:22. Marathon du Medoc
mehr zum Lauf: VID3740
Datum des Laufes:9.9.2006 (Sat)
Ort:Pauillac
Plz:F
Homepage:http://www.marathondumedoc.com
Strecken:MA
Beschaffenheit:wechselhaft: Asphalt, Stein, Sand
Profil:leicht wellig
Wetter:brütend heiß
Teilnehmer:ca. 8.000
Name des Berichtenden:Reni LID1278
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Bericht vom 3.1.2007 (Wed)
Ja, sind denn hier alle jeck?

Dienstag spät am Abend lasse ich im Büro den Stift fallen - endlich Urlaub, wenn auch nur für eine Woche. Den Mittwoch verbringe ich mit Reisevorbereitungen und - oh Schreck - mit der Suche nach meinem Personalausweis und den Startunterlagen für Medoc.

Die Fahrt ins Medoc...
... zog sich mit dem Auto ganz schön in die Länge - Tempo 130 auf einer fast leeren Autobahn ist auf Dauer doch etwas ermüdend. In Royan, nach fast zehn Stunden Fahrt, kam bei mir zum ersten Mal richtige Urlaubsstimmung auf - strahlend blauer Himmel, die Sonne schien, ein wunderbar heller Sandstrand, plätscherndes Meer: einfach phantastisch! Und die Vorfreude auf den Marathon wuchs immer mehr - dazu haben auch die vielen anderen Medoc-Läufer auf der Fähre nach Soullac beigetragen, die unschwer an den Laufschuhen und an Finishershirts von früheren Läufen zu erkennen waren.

Der Tag davor...
... begann mit einem ausgedehnten Frühstück in unserem Ferienhaus, einem erfrischenden Bad im Atlantik und einem schönen Strandspaziergang. Am frühen Nachmittag sind wir - d.h. meine Laufvereinskollegen und ich - nach Pauillac gefahren, um unsere Startnummern abzuholen. Die Atmosphäre dort lässt sich eigentlich nur so beschreiben: eine Stadt im Ausnahmezustand. Die gesamte Uferstraße an der Gironde war zum „Marathondorf“ umfunktioniert, überall in der Stadt wiesen selbst in der kleinsten Gasse Plakate auf den Marathon hin, Läufer aus aller Herren Länder wuselten hin und her, dort hörte man ein paar Worte Englisch, da ein bisschen Deutsch oder Dänisch.

Vor der Startnummernausgabe treffe ich mich kurz mit Bernd (setanta) und seiner Frau. Peter (Miatara) und seine Frau sind zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Weg. Viel Zeit zum Schwatzen haben wir leider nicht, denn meine Mitläufer wollen noch einen Rundgang durch Pauillac machen. Aber am Abend würden wir uns ja auf jeden Fall wiedersehen.

Kurz vor 18 Uhr Start zur Riesen-Pastaparty ins Chateau Ducru-Beaucaillou. Noch waren die Tore verschlossen, aber was uns dahinter erwartete, machte Appetit auf mehr: große weiße Zelte, die innen festlich dekoriert waren, davor im Schlossgarten lange Tische mit einer riesigen Getränkeauswahl. Mit einiger Verspätung wurden die 1.400 Partygäste auf das Gelände gelassen und verkosteten die ersten Weine. Mittendrin entdecke ich wieder Bernd und lerne Peter kennen.

Nach zwei Gläsern Wein machte sich jetzt doch langsam mein Magen bemerkbar (ein Nutella-Crepes war anscheinend doch nicht genug) und schrie „Hunger!!!“ Ich konnte es kaum noch erwarten, denn in vielen Berichten hatte ich zuvor gelesen, wie toll diese Pastaparty sein sollte - 5 Gänge leckerstes Essen, erlesene Weine und tolle Partystimmung. Himmel, war ich gespannt!

Plötzlich kam Bewegung in die Menschenmassen: Die Türen gingen auf und die Zelte wurden gestürmt. Schon standen die ersten auf den Stühlen und stimmten die ersten Lieder an, johlten, pfiffen, klatschten. Huch, was bitte geht denn hier ab???? Ruckzuck verteilten die Helfer Rot- und Weißwein und Wasser an den Tischen und die ersten beiden Gänge wurden superschnell serviert. Auch die Band spielte schon, die Stimmung stieg immer mehr: In einer lustigen Polonaise hüpfte die Läuferschar durch das Zelt und ich war plötzlich mittendrin und hüpfte fleißig mit. Am nächsten Tag einen Marathon laufen? Irgendwie unvorstellbar.

Bis dahin war alles, wie schon so oft im Internet gelesen. Aber dann gingen die Lichter aus - Stromausfall. Und die noch fehlenden Menügänge ließen ewig auf sich warten und waren auch nicht lecker: Den matschigen Nudeln merkte man an, dass sie ewig in den Riesenpfannen draußen vor den Zelten hin- und hergeschoben wurden, weil das Fleisch noch nicht fertig war. Und die tolle Partystimmung konnte meine Mitläufer leider nicht über das fehlende oder schlechtere Essen hinwegtrösten und so sind wir kurz nach 23 Uhr nach Soullac zurückgefahren, um noch eine Mütze voll Schlaf zu kriegen.

Der Lauf
Nach einer kurzen Nacht gibt es ein gutes Frühstück mit allem, was das Marathoni-Herz begeht: Weißbrot mit Honig oder Marmelade und Bananen. So gestärkt düsen wir wieder nach Pauillac - und trauen unseren Augen nicht: was für Kostüme! Eine „Herde Kühe“ schlendert an uns vorbei, gefolgt von Bienen, Weintrauben, Obelixen und Asterixen, einem Hasen, der von Jägern verfolgt wird. Selbst Zidane und Materazzi laufen als „best friends“ nebeneinander her. Sofort ist klar: Wir sind komplett underdresst - wir hatten uns zwar ein Laufshirt mit einem extra entworfenen Medoc-Motiv anfertigen lassen, aber mit diesen phantasievollen Kostümen konnten wir absolut nicht mithalten.

Vor dem Startbogen baut sich nach und nach der Medoc-Karnevalsumzug auf. Alle sind wahnsinnig entspannt und lustig, kein nervöses Gescharre mit den „Hufen“, kein hektisches Piepen von Pulsuhren. Eine Tanzshow und ein kleines Feuerwerk verkürzen außerdem die Wartezeit.

Kurz nach halb 10 dann der Startschuss. Aber erst einmal tat sich gar nichts. Nur mühsam setzt sich der Läuferwurm in Bewegung. Von unserer Laufgruppe sind nur noch Uli, ein Marathondebütant, und ich übrig. Die anderen vier haben wir im Getümmel verloren, nur unsere Supporter stehen am Straßenrand und schreien unsere Namen, als sie uns entdecken.

Von vornherein habe ich diesen Marathon als Spaßlauf und als langen Lauf für Köln geplant - aber dass es dann ein sooooo langsamer Lauf wird, damit habe ich nicht gerechnet: Für die ersten beiden Kilometer brauchen wir 18 Minuten, den 10-Kilometer-Punkt haben wir „schon“ nach knapp anderthalb Stunden erreicht, die HM-Marke passieren wir nach circa drei Stunden. Zu dem Zeitpunkt kann ich mir absolut nicht vorstellen, noch einmal drei Stunden durch diese brütende Hitze zu laufen: Recht schnell kletterten die Temperaturen auf ca. 32 °C im Schatten - nur, wir hatten auf der gesamten Strecke keinen Schatten, die Sonne ballerte uns erbarmungslos auf den Kopf. Und die Verpflegung mit Getränken ließ echt zu wünschen übrig: Rotwein gab es natürlich an jedem Chateau - nur Wasser war schwer zu kriegen. An der ersten Wasserstelle - circa bei KM 4 - konnten wir gerade noch ein paar leere Becher organisieren. Wasser? Fehlanzeige. Nur leere Flaschen lagen noch am Boden. Im nächsten Örtchen stand schließlich eine alte Frau an ihrem Gartentörchen und verteilte Wasser an die Läufer - für jeden ein winziges Schlückchen, sie wollte halt so vielen wie möglich etwas geben. Ein paar Meter weiter stürmten wir schließlich ein Café - die Leute dort reagierten superfix, ließen sich durch das wilde Getümmel nicht irre machen und jeder bekam wenigstens einen Becher Wasser.

Die folgenden Kilometer glichen einem Kampf ums kühle Nass: An jeder Station musste man sich schnell orientieren, wo sich die meisten Menschen knubbelten - da war die Chance, etwas zu trinken zu bekommen, noch am größten. Mir ging es jedoch auch ein paar Mal so, dass genau vor mir die Wasserflasche leer war - echt frustierend. Das Verteilsystem war tatsächlich so, dass die Becher von einem der Helfer ungefüllt verteilt wurden, dann ging man zu einem anderen Helfer, der die ihm entgegen gestreckten Becher füllt. Erst ab KM 26 normalisierte sich dann die Verpflegung, aber Iso-Getränke oder Cola habe ich an der ganzen Strecke nicht einmal gesehen.

Die Laufstrecke an sich war wunderschön: durch die Weinberge - vor uns der riesige Läuferwurm und hinter uns auch -, vorbei an den schönsten Weingütern, durch tolle Schlossparks, Livebands sorgten für Straßenfeststimmung, vor einem Haus saß ein steinalter Mann, spielte auf seiner Zither und sang dazu, der Weg durch eine der größeren Parkanlagen wurde durch klassische Musik begleitet. Immer wieder machte ich halt, um besondere Kostüme und tolle Aus- (diese Chateaus sind wirklich prachtvoll) und Ansichten (auch prachtvoll: knackige Männerhintern im rosa Ballettdress) zu fotografieren.

Bernd begegne ich während des Laufs mehrere Male - schon beim ersten Mal sieht er selbst aus wie ein Springbrunnen, der Schweiß läuft ihm aus jeder Pore. Trotzdem „rettet“ er Uli und mich mit einem großen Schluck aus seiner Wasserflasche, die er an einem der Stände erbeutet hat. Und das Wichtigste: Er ist auch gut ins Ziel gekommen.

Überhaupt: Der Zieleinlauf in Pauillac sorgte noch einmal so richtig für Gänsehaut. Der rote Teppich schien endlos lang, plötzlich ein „piep“, die Laufendzeit war erfasst - und schon bekam ich meine Medaille um den Hals gehangen, eine Rose in die Hand gedrückt, dann noch eine Flasche Wein, ein paar Flipflops, ein Brettchen und einen Rucksack, um die ganzen Geschenke zu verstauen - und eine Flasche Wasser. ;-)

Hinter dem Ziel war mein dringlichster Wunsch: sitzen. Da saß ich nun mitten im Staub, süffelte mein Wasser und schaute mir noch ein bisschen den Zieleinlauf an. Mir ging es gut, einfach nur richtig gut. Irgendwann zwischen KM 30 und 35 brannten meine Fußsohlen etwas (was ja auch kein Wunder ist, denn so lange bin ich noch nie vorher gelaufen), aber ansonsten hat mein Körper diesen langen Lauf ohne irgendwelche muskulären Probleme weggesteckt.

Mein Fazit
Medoc ist ein wirklich toller Spaßmarathon, der irgendwie eigenen Gesetzen folgt und an den ich mich immer wieder gern erinnern werde. Dass das Ziel 6.30 Stunden geöffnet ist, wirkt nur am Anfang großzügig und beruhigend, denn aufgrund der merkwürdigen Verpflegungsmethodik bleibt nur wenig Puffer für die entspannten Momente. Von den gemeldeten ca. 8.500 Läufern sind nur 7.100 in der offiziellen Ergebnisliste erfasst. Der Rest hat entweder vorher aufgehört oder ist nach 6.45 Stunden ins Ziel eingelaufen. Zu essen gab es an den Stationen mehr als reichlich - das Angebot reichte von Bananen über Aprikosen, Orangen, Zitronen, Früchtekuchen, Würfelzucker bis zu den Highlights wie Austern, Entrecote, Käse, Oliven und Eis am Ende. So wie ich es auch von anderen Läufern mitbekommen habe, gab es drei größere Schwachstellen: die Verpflegung zur Pastaparty, das fehlende oder merkwürdig verteilte Wasser und auch die Verpflegung auf der sonntäglichen Wanderung muss nicht für alle Teilnehmer gereicht haben (meine Mitläufer hatten ein tolles Menü aus Senf, Mayonnaise und Apfelkuchen...). Wenn die Orga das beim nächsten Mal in den Griff kriegt, ist Medoc sicher wieder ein rundum perfekter Lauf.

Ach ja, für die Statistik: Ins Ziel bin ich nach 5:56:06 eingelaufen.



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