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25.04.2024, der 4. Tag der KW 17

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Bericht

Name des Laufes:Vienna City Marathon
mehr zum Lauf: VID3869
Datum des Laufes:7.5.2006 (Sun)
Ort:Wien
Plz:A
Homepage:http://www.vienna-marathon.com/
Strecken:MA
Beschaffenheit:Straße
Profil:leicht wellig, knapp 100 Hm
Wetter:11 bis 16°, bewölkt, zeitweise sonnig, trocken, etwas windig
Teilnehmer:5567 im Ziel (5427 beim HM, 1575 Viererstaffeln)
Name des Berichtenden: wi(e)nfried LID32
Winfried aus

Bericht vom 21.12.2006 (Thu)


"Schnelle Füße, rascher Mut, schützt vor Feindes List und Wut."
- W.A. Mozart, Zauberflöte

Der heurige Wien-Marathon stand offiziell im Zeichen des 250.
Geburtstags von Mozart, mit ein bisschen entsprechendem
Rahmenprogramm und teilweise Mozartmusik an der Strecke. Naja, es hat
immerhin gereicht, um zwei starke japanische Läuferinnen anzulocken,
von denen besonders die 21-jährige Tomo Morimoto mit einem Sieg in
2:27 bei ihrem erst zweiten Marathon eine beeindruckende Vorstellung
geliefert hat.

Für mich ist der Marathon diesmal im Zeichen der österreichischen
Staatsmeisterschaften gestanden, ohne die wäre ich hier
wahrscheinlich gar nicht gelaufen, da ich letztes Jahr auf dieser
Strecke nach einer Aufgabe bei der Hälfte keine rechte Freude gehabt
und danach im Oktober sowieso schon mein sub2:40-Ziel geschafft habe.
Außerdem ist die Strecke des Vienna City Marathons nicht besonders
schnell und durch den Termin auch immer hitzeanfällig. Eine Bestzeit
war für mich auch sonst nicht zu erwarten, da ich nur minimal mehr
als im Herbst für den Marathon im Prater trainiert habe, dort aber
sehr gute Bedingungen auf einer völlig flachen Strecke gehabt habe.

Da ich sonst fast nur bei kleineren Veranstaltungen laufe, ist es zur
Abwechslung aber nett in einem großen Starterfeld zu stehen und auch
ein paar Mitläufer für das eigene Tempo zu finden - für Letzteres
sollten die Meisterschaften sorgen. Für mich hat das jedenfalls
bedeutet, mir keine spezielle Zielzeit vorzunehmen, sondern lieber
möglichst sicher eine solide Zeit zu laufen, natürlich ohne dabei
gleich Minuten zu verschenken. Leider ist schon einige Tage davor
einer von meinen vier gemeldeten Vereinskollegen mit
Achillessehnenproblemen ausgefallen.

Am Mittwoch vor dem Wettkampf habe ich noch einen Test über 5 km im
Marathontempo gemacht, das war anstrengender aber auch ein bisschen
schneller als geplant, also ist mir für einen guten Tag mit kühlem
Wetter ein Tempo von 3:47/km denkbar und damit eine Zielzeit von 2:40
möglich erschienen. Eine Verbesserung meiner PB ist damit zwar nicht
ganz ausgeschlossen gewesen, aber schon wegen der Höhenmeter, die
sicher eine Minute kosten, ziemlich unwahrscheinlich und sicher kein
Ziel. Mir ist das so eh lieber gewesen, weil ich nach dem völlig
versemmelten Zehner in Kremsmünster, bei dem ich klar eine neue
Bestzeit erwartet habe, nicht gewusst habe, ob ich meine Form
überhaupt richtig einschätzen kann. Zum Vergleich: Im Herbst 2005 bin
ich 10 km in 34:35 gelaufen, den Marathon fünf Wochen später in
2:39:37, heuer waren es 35:28, wieder genau fünf Wochen davor.


- Wettkampftag:

In der inzwischen bewährten Art wache ich kurz vor dem Weckerläuten
auf, frühstücke ein bisschen und studiere die Wettervorschau. Im
Moment hat es noch unter 10° und die Höchsttemperatur soll nur 17°
erreichen - also sicher keine Ausrede für eine schlechte Zeit. Beim
Gewand ist ganz kurz angesagt, und die Handschuhe - hmm, kurz
überlegen - können auch zu Hause bleiben. Etwas stören könnte nur der
Nordwind, aber der soll erst am Nachmittag stärker werden, die
Nierschlagswahrscheinlich ist zwar hoch, aber es sind nur geringe
Mengen zu erwarten. Also eigentlich wirklich gute Bedingungen.

Ich selber fühle mich nicht so besonders, sondern eher müde und eine
Vorstartfreude oder -nervosität will sich auch nicht richtig
einstellen. Am Donnerstag habe ich mich noch mit dem Hals
beziehungsweise Kopf blöd beim Einsteigen an der Autotür angehaut,
weshalb ich einen Lauf um einen Tag auf Freitag verschieben habe
müssen, davon ist jetzt wenigstens nichts mehr zu spüren. Bei der
Fahrt zum Start mit Schnell- und U-Bahn benütze ich wie immer die
Stufen für einen Test, wie sich die Beine anfühlen: keine
Beschwerden, aber einfach nicht munter und spritzig, wie man das vor
einem wichtigen Wettkampf gerne hätte. Ob das was wird?

Zum Aufwärmen jogge ich ein bisschen auf der bereits gesperrten
Reichsbrücke, wo nur wenige Läufer unterwegs sind, darunter aber
einige, die später sicher im Fernsehen zu sehen sein werden. Mehr als
ungefähr einen Kilometer möchte ich vor dem Start aber nicht laufen,
also überquere ich nichteinmal die Neue Donau komplett, sondern
stelle mich zwischendurch ans Geländer, schaue zum Kahlenberg, wo
immer die Wiener Berglaufmeisterschaften ausgetragen werden, und
betrachte das Wetter: Es ist weiterhin schön bedeckt, schaut aber
trotzdem nicht nach Regen aus, auch hier auf der Brücke ist der Wind
noch nicht zu stark, und auf den ersten Kilometern kommt er sowieso
nur von hinten oder der Seite. Also fast perfekt, dabei habe ich mich
die ganzen letzten Wochen gedanklich auf einen Hitzelauf eingestellt.

Bei ein paar im Weg herumstehenden Absperrungen, die ich überqueren
muss, spüre ich ein ungutes Ziehen in Adduktoren, sind das die
Stellen, wo es in der zweiten Hälfte dann Schmerzen gibt? Oder noch
früher, wie es in Kremsmünster der Fall war? Sonst sind die Beine
etwas schwer und immer noch nicht ganz munter. Aber egal, unabhängig
wie gut oder schlecht es heute läuft, ich werde versuchen ein
vernünftig eingeteiltes Rennen zu laufen, selbst wenn es dann 2:45
werden.

Auch ohne ausgemachten Treffpunkt habe ich inzwischen schon die
anderen drei Läufer von meinem Verein Cricket getroffen, und auch die
drei vom Team Runsport, die von einigen anderen Läufen schon gut
bekannt sind. Bei der Startblockeinteilung kenne ich mich nicht so
ganz aus, weil die Läufer in meinem Block A1 anscheinend mit großem
Abstand von einem eigenen Eliteblock aufgestellt sind. Also warte ich
ab und entleere ungefähr zehn Minuten vor neun Uhr noch ein letztes
Mal meine Blase an einem Gebüsch neben der Abfahrt von der
Donauuferautobahn. Jetzt wird es langsam Zeit sich in den Startblock
zu begeben, inzwischen wird das Feld hinter einer lebenden Absperrung
aus Footballspielern oder so an den Eliteblock herangeführt, also
warten wir einfach, bis die an uns vorbeikommen, klettern dann über
die Absperrung und stehen jetzt ungefähr in der fünften Reihe hinter
dem Eliteblock. Noch kurz ein paar Gespräche über das Anfangstempo,
aber mit meinen 3:48/km für die ersten fünf Kilometer will niemand
mitlaufen. Schnell den bekannten Gesichtern rundherum noch viel
Erfolg und Spaß wünschen, und dann geht es auch schon los.

Nach dem Start-TRÖÖÖÖT dauert es einige Sekunden bis zur Startlinie,
die Uhr starte ich aber erst dort, damit ich die Kilometerzeiten gut
kontrollieren kann. Gleich zu Beginn kommt es vor mir zu zwei
Stürzen, aber es dürften alle gut vorbeikommen. Ich habe mich auch
bald freigelaufen und schaue mich nach bekannten Gesichtern oder
vielmehr Rücken um; ein paar Läufer, die schneller sind als ich, sind
ein Stück vor mir - passt! Die Beine fühlen sich zwar nicht gerade
toll an, aber das Tempo dürfte stimmen, also vorerst weiter so. Den
ersten Kilometer stoppe ich in 3:44. Gut, jetzt aber nicht schneller
werden! Schön rollend geht es über die Lassallestraße, der zweite
Kilometer dauert 3:37, auch wenn da noch ein Bergabstück von der
Reichsbrücke hinunter dabei war, jetzt muss ich wirklich Tempo
rausnehmen!

Nach der Umrundung des Pratersterns mit der großen
Bahnhofsumbau-und-U-Bahn-Verlängerungs-Baustelle geht es auf die
Hauptallee, auf der ich heuer die meisten langen Läufe und
Marathontempo-Einheiten gelaufen bin. Die Alleebäume sind heute auch
alle schön mit Kerzen geschmückt [Soll heißen, dass die Kastanien
noch in voller Blüte gestanden sind.] und hinein geht es in den
grünen Tunnel. Dabei wird es ein bisschen wärmer, also muss das jetzt
Rückenwind sein.

Direkt neben mir bildet sich eine Gruppe mit drei Frauen, ein
bisschen zu schnell bin ich zwar bisher schon, aber da mitzulaufen
wäre sicher ganz nett, hinter einer größeren Gruppe bildet sich
nämlich meistens ein großes Loch. Bei der ersten Labestation kurz vor
der 5-km-Tafel ist das aber ein Nachteil, da ich, um dem Gedränge
auszuweichen, versuche erst am Ende einen Becher mit Wasser zu
nehmen, dort aber von einem Läufer, der schon versorgt ist, wieder
weggerempelt werde und leer ausgehe. Er dürfte der Tempomacher einer
Italienerin sein, hat die Worte meines Unmuts also vermutlich nicht
verstanden. Das macht aber eigentlich nichts, bei dem kühlen Wetter
reicht es auch, wenn ich erst bei 10 km etwas trinke. Bei der
5-km-Marke bin ich, auch der offiziellen Zeitanzeige nach, deutlich
schneller als die geplante 19:00 (3:48/km), aber die Atmung geht sehr
leicht, viel leichter als im Training bei dem Tempo, und die Beine
fühlen sich plötzlich richtig gut an, also bleibe ich bei der Gruppe,
die anscheinend ein 3:45-er-Tempo anpeilt.

Bald nach dem 5-km-Schild taucht auch schon das für 36 km auf, die
nächsten paar Kilometer werden gegen Ende nämlich noch einmal
gelaufen. Gleich darauf in der Schüttelstraße herrscht Gegenwind,
deshalb bleibe ich weiterhin an der Gruppe dran, obwohl die
Kilometerzeiten jetzt teilweise auch unter 3:45 sind. Etwas
verwundert stelle ich fest, dass sich auch zwei Läufer vom Team
Runsport in dieser Gruppe befinden - mit ihren Bestzeiten (2:33 und
2:36) sollten sie doch schneller laufen. Bei einer kleinen Steigungen
bei einer Brücke lasse ich aber ein Loch aufreißen, weil mir das
schon zu schnell wird. Nach kurzer Überlegung schließe es dann mit
erhöhter Anstrengung wieder, weil ich weiß, dass die Gegenwindpassage
noch gut einen Kilometer andauert. Dann ist die Schwedenbrücke aber
erreicht, ich nehme etwas Tempo heraus und laufe mit etwas Abstand
zu dieser Gruppe ziemlich allein über Franz-Josephs-Kai und Ring. Das
ist auch nicht schlecht, so habe ich die volle Breite der Ringstraße
für mich, und Elisabeth, die wieder einmal mit lauter Stimme und
Ratsche anfeuert, übersieht mich auch nicht.

Kurz vor der 10-km-Marke schließe ich zu einer Läuferin auf, die den
Anschluss an die Gruppe gerade verloren haben dürfte. Auf der
Nebenfahrbahn scheint ihr Betreuer oder Trainer mit dem Rad zu
fahren, der ruft nämlich ständig Unverständliches in einer mir
fremden Sprache, nur ein Wort verstehe ich: "Rhythmus". Da merke ich,
dass sie genau die gleiche Schrittfrequenz hat wie ich, dabei ist sie
sicher 20 cm kleiner. Vielleicht mag sie ja ein Stück mitlaufen,
also passe ich auf schön gleichmäßig und nicht zu schnell zu laufen.
Eine Zeit lang dürfte es geholfen haben, dann ist sie aber irgendwann
weg. Die Gruppe vor mir enfernt sich zwar ganz leicht, bleibt aber
immer noch in Sichtweite.

Beim Stück über die Linke Wienzeile hinaus bis Schönbrunn bei km 16
tut sich nicht viel, immer wieder laufe ich mit ein paar Läufern ein
Stück zusammen, manche sind von hinten kommend etwas schneller, ein
paar Eingeholte hängen sich dran, ein paar werden überholt. Das Tempo
ist auch in Ordnung. Was nicht so ganz klappt ist wie immer das
Trinken aus den Bechern im Wettkampftempo, also versuche ich es mit
ein paar angedeuteten Gehschritten, das geht halbwegs. Ich hätte
natürlich auch Eigenverpflegung in Flaschen abgegeben können, aber
dann hat man wieder den Stress sie vielleicht suchen zu müssen, und
privat darf man sich wegen der Meisterschaften natürlich auch nichts
reichen lassen.

Nach Schönbrunn beginnt auf der Schlossallee der spürbare Teil der
Steigungen, die am Höhenprofil der Strecke die zweiten zehn Kilometer
prägen. Wie ich mir schon im Winter ausgerechnet habe, darf ich bis
km 20 deshalb ruhig 30 Sekunden verlieren, also lasse ich mich nicht
irritieren, wenn die Zeiten immer wieder ein paar Sekunden über 3:45
liegen, was ich mir jetzt doch als Richttempo genommen habe. In
diesem Abschnitt verliere ich auch meine unmittelbaren Mitläufer und
orientiere mich an ein paar einzelnen Läufern vor mir. Aber auch wenn
es mehrere Minuten dauert bis ich einen davon eingeholt habe, bringt
mir das nicht viel, weil der mir dann doch zu langsam ist, um mich im
Windschatten auszuruhen. Der Wind ist hier zwar auch nicht stark aber
doch spürbar. Die Gruppe, mit der ich am Anfang gelaufen bin, ist
dabei immer noch in Sichtweite und jetzt anscheinend auch nicht
schneller als ich, aber zum Aufschließen doch zu weit weg.

Auf der Inneren Mariahilfer Straße erwische ich endlich einmal einen
Läufer, der ungefähr das gleiche Tempo läuft und auch nicht nur einen
Windschatten sucht. Bei der 20-km-Verpflegung wechsle ich plangemäß
von Wasser auf das blaue Isozeug "Powerade" (in der Namensgebung nur
von Motoröl der Marke "Motorex" geschlagen ), natürlich auch nur
in Bechern, also landet ein großer Teil davon auf Händen, Startnummer
und Gewand. Hmm, das muss ich in fünf Kilometern besser machen, wenn
ich nennenswert Kohlenhydrate zuführen will.

Aber zuerst einmal kommt ein längeres Bergabstück hinunter Richtung
Ringstraße, das nehme ich in der gern in drsl empfohlenen Technik:
leichte Vorlage, schnelle Schritte - hui, das zischt! :-) Der Läufer
von vorher ist allerdings weg. Gleich darauf darf man auf den Ring
einbiegen, hier ist die Straße geteilt, da kurz darauf die
Halbmarathonläufer nach rechts auf den Heldenplatz einbiegen, ich
sehe aber keinen davon und interessiere mich mehr für die
Halbmarathonmarkierung auf der Marathonstrecke. Die Uhr zeigt dort
1:19:17, das ist auch exakt meine Zwischenzeit vom Oktober. Noch dazu
steht dort auch mein Vereinskollege Josef, der auch letztes Jahr im
Mai an dieser Marke gestanden ist, genau dort, wo ich damals
aufgegeben habe. Das löst natürlich Gedanken daran aus, wie mies es
vor einem Jahr gelaufen ist, und wie leicht es heute bis hier war. Es
läuft einfach, und der Lauf macht mit jedem Kilometer mehr Spaß.
*Und* ich bin auf *Bestzeitkurs*! Dabei war das garnicht geplant ...

Nach dem Einbiegen in die Liechtensteinstraße geht es nocheinmal
bergab. Beim Hinunterollenlassen erinnere ich mich wieder an letztes
Jahr, damals waren an dieser Stelle sogar erst 16 km gelaufen,
trotzdem habe dort das Tempo schon nicht mehr halten können. Jetzt
schließe ich dafür wieder zur Gruppe mit den Frauen auf, mit der ich
bis zum zehnten Kilometer gelaufen bin, die inzwischen aber stark
geschrumpft ist. So schön wie ich gerade in Schwung bin, setze ich
mich gleich an die Spitze der Gruppe. Davor war es mir zum Teil egal
wie schnell ich genau laufe, es hat sich sowieso gut und richtig
angefühlt, aber beim 23-km-Schild kontrolliere ich wieder einmal die
Uhr: Sie zeigt 3:35 an, das scheint mir auch für ein Bergabstück
etwas flott, also schön aufpassen, dass ich nicht übertreibe, zum
Gasgeben ist es noch zu früh! Aber auch bei vorsichtigerem Tempo
bleibt von der Gruppe niemand an mir dran, und ich laufe bald wieder
allein, dabei hätte ich durchaus gern ein Stück den Hasen gespielt.
Ein bisschen vor mir habe ich dafür eine kleine Gruppe mit Albert und
Alex vom Team Runsport in Sichtweite, die waren am Anfang etwas
schneller als ich, meistens aber noch zu sehen; jetzt komme ich ihnen
eindeutig näher.

Bei km 25 erwische ich sogar eine Flasche mit blauem Powerade, sodass
ich endlich vernünftig trinken kann, auch wenn es recht grauslich
schmeckt. Ganz sauber bleiben die Hände dabei trotzdem nicht, also
nütze ich den Becher Wasser von einer zusätzlichen Station
haupstsächlich zum Händewaschen, so klebrig ist das Zeug. In der
Schüttelstraße wird die Strecke wieder mit Radion Wien beschallt, und
so kann ich ein Interview mit Kate Allen (in Athen Olympiasiegerin im
Triathlon) hören, die offensichtlich den Halbmarathon gewonnen, also
Andrea Mayr geschlagen hat. Mift, da hat wieder einmal die Falsche
gewonnen!

Bald darauf hole ich Alex ein und frage ihn ein bisschen aus, warum
Albert nicht schneller unterwegs ist, und wie er die Chancen von
Pumper heute österreichischen Rekord zu laufen einschätzt. Er meint,
sie wäre viel zu schnell angelaufen, ist sonst aber nicht gar so
gesprächig. [Die Idee, dass es für ihn zu dem Zeitpunkt vielleicht
schon recht mühsam, und er dehalb nicht gerade zum Tratschen
aufgelegt war, ist mir erst später gekommen. :-)] Am unteren Ende der
Schüttelstraße im Gegenverkehrsbereich bei km 29 ist von der Spitze,
die hier schon acht Kilometer weiter wäre, noch niemand zu sehen
[Dazu hätte der Sieger aber auch ungefähr 2:03, also Weltrekord,
laufen müssen], also biege ich nach links in den grünen Prater ab.
Bei der Verpflegung kurz vor km 30 stehen auf den Tischen wieder nur
blöde Becher, aus denen ich kaum trinken kann. Ganz hinten erspähe
ich aber ein paar Flaschen, also zwischen den Tischen durch und eine
davon geschnappt. Einen Teil muss ich zwar auch davon wieder
ausspucken, weil das blaue Isozeug mit der Atmung in Konflikt gerät,
aber insgesamt bekomme ich doch eine ordentliche Menge davon
hinunter, bevor ich die Flasche wegwerfe. Gleich darauf geht es am
Cricket-Platz (meiner leichtathletischen "Heimat") vorbei zum
Wendepunkt in der Meiereistraße: schön von außen anlaufen, am
Kurvenscheitel möglichst wenig Tempo verlieren, gleich wieder
beschleunigen - hui, das macht heute Spaß! Anschließend in der
Hauptallee ist auch wieder Gegenverkehr, hier sieht man zu Beginn die
Läufer, die 4,5 km voraus sind, und dann zum Schluss vor der Schleife
um das Lusthaus auch noch die, die nur knapp vor einem liegen.

Wie ich beim 32-km-Schild auf die Uhr schaue, muss ich schon wieder
lachen, sie zeigt nämlich 2:00:00 an, also bin ich bisher exakt
3:45/km gelaufen und damit schnell genug für eine 2:38-er Zeit. Kurz
darauf kommt mir Susi Pumper entgegen, die bei ihrem ersten
ernsthaften Marathon versucht den österreichischen Rekord zu brechen,
sie schaut noch schnell aus, wie schnell sie tatsächlich ist, kann
ich aber nicht abschätzen. Sonst ist es hier ziemlich ruhig,
Zuschauer gibt es nur sehr vereinzelt, und ich laufe allein. Nach der
Umrundung des Lusthauses kommen mir dann die Läufer hinter mir
entgegen, und ich suche nach meinen Vereinskollegen. Herbert taucht
nach einiger Zeit auf, ich feuere ihn an, und er streckt mir eine
Hand mit dem Daumen nach oben entgegen, aber Niki kann ich nicht
entdecken. Inzwischen spüre ich, dass die Beine ermüden, das heißt
aber nur, dass sie nicht mehr automatisch laufen, sondern schon mit
etwas Nachdruck darum gebeten werden wollen. Beim Trinken bei km 35 -
zum Glück wieder eine Flasche erwischt - merke ich auch, dass ich
schon etwas näher am Limit bin als zuvor.

In der Stadionallee stehen auch wieder zwei Vereinskollegen, die mich
anfeuern, aber warum hängt Lisa noch ein "Vai! Vai! Vai!" an? Kurz
darauf beim 36-km-Schild in der Autobusstation "Klaschkaweg"
[84A-Benutzer wissen Bescheid] läuft direkt hinter mir plötzlich eine
Italienerin. Wo kommt die denn her? Ich habe mich doch erst am
letzten Kilometer umgeblickt und niemanden mehr gesehen. Na gut,
vielleicht kann ich ihr ja auf den nächsten Kilometern noch etwas
Windschutz geben, eine nützliche Aufgabe zu haben wäre auch
zusätzliche Motivation das Tempo hoch zu halten. Und außerdem, was
würden sich die Zuschauer denken, wenn ich mich hinter einer zwei
Köpfe kleineren Frau verstecke? Aus dem guten Vorsatz wird aber
nichts. Gleich nachdem wir auf die Schüttelstraße einbiegen, wo
wieder deutlicher Gegenwind bläst, geht sie an mir vorbei, und ich
komme schlicht nicht mehr mit. Sind meine Energiereserven schön
langsam doch zu Ende? Bricht mein Tempo ein? 3:50 für km 37 trotz
Wind und einer deutlichen Steigung beruhigen mich aber wieder, und
ich bin sicher: Heute wird mich nichts mehr bremsen oder gar stoppen.

Fast zwei Kilometer gibt es auf der Schüttelstraße wieder
Gegenverkehr, ein durchgehend dichtes Feld kommt entgegen, immer
wieder sind ein paar Läufer dazwischen, die schon ziemlich fertig
ausschauen. Ob das für die wohl angenehm ist, wenn ihnen grinsende
Läufer entgegenkommen, die nur noch 4 km vor sich haben, während sie
noch weitere 10 km zurückliegen? Weit ist es für mich wirklich nicht
mehr, die Steigung zur Franzensbrücke (dort, wo ich nach 8 km fast
abreißen habe lassen) kann ich noch kraftvoll nach hinten
wegschieben, ich quere die Brücke, und leicht bergab in die
Radetzkystraße muss ich wieder grinsen - es läuft heute einfach so
gut. In einer Rechtskurve überhole ich einen Läufer, der sich nur
noch im "Notprogramm" dem Ziel entgegenbewegt, während mein Tempo
immer noch ziemlich konstant ist.

Der 40. Kilometer ist in der Vorderen Zollamtstraße geschafft, wo
auch mein Vater steht und anscheinend versucht mich mit dem Handy zu
filmen ... Dort gibt es auch eine Verpflegung, aber was soll ich
jetzt noch damit? Also daran vorbei und nach rechts ums Eck auf die
Brücke beim Stadtpark und gleich darauf nach links auf den Ring -
wieder zwei Ecken, die in der Ideallinie genommen werden wollen. Das
Grinsen wird wieder einmal breiter, aber die Zuschauer können ruhig
auch wissen, wieviel Spaß ein Marathon machen kann. Am Ring sehe ich
dann Alfred Sungi ein gutes Stück vor mir, das erinnert mich an den
Lauf "Rund um den Lainzer Tiergarten" vor zwei Jahren, wo er dann
noch eine Minute vor mir gewonnen hat. Diesmal komme ich ihm aber
näher, ich versuche auch die letzten Reserven abzurufen, aber die
Beine wollen nicht mehr schneller. Alfred habe ich trotzdem schon
beim 41-km-Schild erreicht, er ist doch schon deutlich langsamer
unterwegs, also rufe ich ihm noch etwas Aufmunterndes zu.

Kurz darauf geht es an der Oper vorbei, am Rand immer mehr Zuschauer,
die die Ringstraße schon recht schmal machen. Dann kommen aber bald
die Absperrungen, das 42-er-Schild, und gleich darauf geht es rechts
ums Eck durch das Burgtor auf den Heldenplatz. Genau in dem Moment
springt die Uhr im Ziel auf 2:38:00 um. Im Winter, wie ich öfters
schnelle 200-er in der Halle gelaufen bin, habe ich mir vorgenommen,
die letzten 200 m ähnlich schnell zu laufen. Daran erinnere ich mich
jetzt und wechsle auf den Vorfuß. Vor mir entdecke ich noch einen
Läufer, der in komischen Bogerln zum Ziel läuft, er hat mich aber
auch schon gesehen, und ich erreiche ihn nicht mehr.

Kurz vor der Ziellinie fliegen ausnahmsweise sogar meine Arme in die
Höhe, und ich weiß, dass das der beste und auch leichteste Marathon
war, den ich je gelaufen bin. Meine Uhr zeigt 2:38:26 an, was ich
gleich ein paar mir bekannten Läufern zufrieden zeigen kann. Auch
Andrea kommt gerade durch den Zielbereich, wundert sich, dass ich
schon da bin, und erzählt mir, wie knapp Kate Allen den Halbmarathon
für sich entschieden hat. Mift, ... [Ah, das haben wir schon gehabt.
;-)]

Ein paar Helfer üben sich schon darin, die Läufer aus dem
unmittelbaren Zielbereich zu vertreiben, also bewege ich mich schön
langsam weiter Richtung Verpflegung. Am Weg dahin bekommt man die
Finisher-Medaille umgehängt, die an einem Band mit Noten und dem Text
"Schnelle Füße, rascher Mut, schützt vor Feindes List und Wut."
befestigt ist. Die Zielverpflegung ist ziemlich dürftig, besonders
findet sich in dem Sackerl, das man dort bekommt, wieder eine Flasche
vom IMNSHO grauslichen blauen Isozeug von Coca-Cola, das jetzt
garantiert keiner mehr sehen oder trinken will. Wenn man schon keinen
anderen Sponsor findet, der so viel dafür bezahlt, seine Produkte
ausschenken zu dürfen, hätte man wenigstens hier auf das deutlich
gelungenere Stammprodukt des Hauses zurückgreifen können.

Mir ist ein bisschen schlecht und die Beine bewegen sich sehr
schwerfällig, also wird der Weg zu den, ein gutes Stück entfernt vor
dem Kunsthistorischen Museum geparkten, Garderoben-LKWs ein bisschen
weit. Nachdem ich mich dort aber gemütlich mit meinem Gewandsackerl
zum Umziehen, Essen und Trinken in der Wiese niedergelassen habe,
geht es schon wieder besser und ich kann die SMS mit den
Zwischenzeiten kontrollieren, die eines Vereinskollegen fe len
leider. Die Beine erholen sich ziemlich schnell, über die Stufen
bergab in die U-Bahn-Station zieht es zwar noch, aber später beim
Umsteigen nehme ich bergauf lieber die Stiege statt der Rolltreppe,
im gleichen Tempo wie immer, und ich spüre wie sich schon zum
wiederholten Mal heute ein Krampf anbahnt - in der
Gesichtsmuskulatur. :-D


km-Zeiten:

3:43, 3:37, 3:45, 3:46, 3:43, 3:45, 3:41, 3:43, 3:46, 3:50 37:18
3:44, 3:49, 3:50, 3:48, 3:43, 3:50, 3:52, 3:49, 3:47, 3:49 38:00
3:37, 3:45, 3:35, 3:45, 3:47, 3:46, 3:44, 3:45, 3:46, 3:49 37:19
3:38, 3:45, 3:43, 3:44, 3:50, 3:47, 3:50, 3:48, 3:47, 3:41 37:33
3:46, 3:47 (+ 0:41 für 0,2 km)

1. Hälfte: 1:19:16
2. Hälfte: 1:19:08

Die offizielle Zeit beträgt 2:38:31 (2:38:24 netto), das ergibt Rang
19 bei den Staatsmeisterschaften und (leider nur) Rang 6 bei den
Wiener Meisterschaften.


Fazit:

Ich glaube, das war mein bisher bester und auch schönster Marathon.
Auch auf den letzten zehn Kilometern noch das Gefühl zu haben, dass
es immer noch richtig gut läuft, ist einfach nicht zu überbieten. Von
den vielen Wettkämpfen, die ich in den vergangenen sechs Jahren
gelaufen bin, kann ich mich nur an zwei damit einigermaßen
vergleichbare Läufe erinnern: einen Halbmarathon letztes Jahr im
April und 1500 m in der Halle heuer im Februar.

Beim letzten Mal im Oktober 2005 habe ich übrigens geschworen, nie
wieder einen Marathon mit so wenig Training zu laufen, damals waren
es 82 km im Durchschnitt über die letzten 20 Wochen vor dem
Wettkampf, diesmal 84 km. :-)


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