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Bericht

Name des Laufes:44. Essen-Marathon
mehr zum Lauf: VID3400
Datum des Laufes:15.10.2006 (Sun)
Ort:Essen
Plz:D4
Homepage:http://www.essen-marathon.de/
Strecken:MA
Beschaffenheit:flach, durchwegs asphaltiert
Profil:flach; Ein flacher Anstieg ca 1-2% über 3km; sonst kleinere Brücken
Wetter:morgens ideal, ca. 12 - 14°C; ab 12 Uhr etwas wärmer 18 - 22°C; frischer böiger Wind um den gesamten See
Teilnehmer:Mit Nachmeldungen ca. 2.500
Name des Berichtenden: professor LID1885
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Bericht vom 15.10.2006 (Sun)
FEUERSCHUH UND WINDSANDALE – Laufdrama in 4 Akten

zum 44. Baldeneysee-Marathon am 15. Oktober 2006


KURZER PROLOG:

Ein Buch aus meiner Kindheit ...

Vielleicht kann sich mancher der älteren LäuferInnen und Läufer noch aus seiner Kindheit an das schöne Buch mit dem Titel >>Feuerschuh und Windsandale<< erinnern . Ich habe es jedenfalls einmal mit 8 Jahren zum Geburtstag geschenkt bekommen und es gerne gelesen ...

Heute im Nachgang zu meinem 6. Marathon am Baldeneysee denke ich an diese Buch aus mehreren Gründen :

Zunächst kurz zum Inhalt : TIM ist unzufrieden: Sein angeborener Name gefällt ihm gar nicht und er möchte auch nicht so pummelig sein und überhaupt will er ein ganz anderer Mensch werden. Doch wie soll er das bloß anstellen ??

Zum Glück hat er aber bald Geburtstag und sein VATER, der von Beruf Schuster ist ( wer kennt diesen Beruf denn noch ? ) hat ihm bereits ein ganz besonderes GESCHENK versprochen, das wohl all seine Probleme lösen soll. Als dann der große Tag endlich gekommen ist, bekommt TIM ein wunderschönes Zelt und zwei nagelneue rote Schuhe und, was das Allerbeste dabei ist: Sein Vater hat sich VIER WOCHEN ZEIT für ihn genommen, um mit ihm auf eine Wanderschaft zu gehen - vier lange Wochen !

So beginnt für die beiden eine abenteuerliche Reise, auf der Tim >>Feuerschuh<< mit seinem Vater >>Windsandale<< jede Menge Erlebnisse haben und am Ende überglücklich nach Hause zurückkehren - als sie zurückkehren, weiß Tim, dass er eigentlich alles hat, um ein glücklicher Mensch zu sein: Eltern und Freunde, die ihn lieben, die auch Zeit für ihn haben und die ihn ernst nehmen.

[BILD=http://www.carlsen.de/images/cover/cover_m/135390_m.jpg]


Was hat das nun mit mir zutun ?

Im Jahr 2001, also vor 5 Jahren war ich erstmals am Baldeneysee meinen ersten Marathon gelaufen – eigentlich nicht toll vorbereitet bzw. fast ahnungslos. Damals war ich privat und beruflich sehr unzufrieden mit mir selbst gewesen und ich wollte in meinem Leben etwas verändern, einfach etwas anderes machen als nur Beruf und Karriere : so entdeckte ich das Laufen als Abenteuer zu mir selbst !

Damals endete mein erster Marathon in 4:28 Stunden zwar erfolgreich, aber auf einem ganz hinteren Platz im vierstelligen Bereich (1133. Platz gesamt; 160. PLatz M45). Doch dieser Marathon löste eine Kettenreaktion aus: ich fand Freunde, denen ich mich anschließen konnte, die mir ohne jedes Aufhebens ihre Erfahrungen mitteilten, die mich ermunterten. Ich lernte Landschaften und Natureindrücke tiefer und intensiver kennen – tags und nachts, bei Kälte zur Winterzeit und bei Hitze in den Sommermonaten. Neue Begegnungen mit Menschen, sonntägliche Läufe mit wachsender Distanz – und allmählich auch das Glücksgefühl sich in dieser Natur laufend immer wohler zu fühlen ...

Natürlich ging meine Entwicklung weiter, auch packte mich der Ergeiz, dennoch konnte ich damals nicht im Traum daran denken zu sein, wo ich heute angekommen bin – leistungsmäßig aber auch innerlich gestärkt. Insofern passt also die Geschichte von Feuerschuh (>ich selbst<) und Windsandale (>meine Lauffreunde<) ganz gut ...


Das LAUFTHEATER öffnet den VORHANG:


1. AKT:

Wie ist es heute, 5 Jahre später, gelaufen ?

Seit 5 Jahren hatte ich ja laufend neue Bestzeiten erreicht, im Jahr 2005 mit 2:55:18 erstmals unter 3 Stunden! Es war ja also fast selbstverständlich, dass ich diese Bestzeit nun attackieren wollte.

Die ganze Jahresplanung war danach ausgerichtet: weitere Steigerung der Wochenkilometer auf etwa 100 - 150km; weiterhin Berg- und Crossläufe neben den Intervalleinheiten ab Mai 2006; und sogar erstmals die Teilnahme an Ultramarathonläufen, um im Ausdauerbereich stärker zu werden ...

Die Leistungstests im Vorfeld waren gut ausgefallen und wiesen auf eine NEUE BESTZEIT hin. Geplant war eine Zeit von 4:03 – 4:06 pro Kilometer über die ersten 30 km, danach evtl eine Steigerung oder Tempo halten, so dass eine Zielzeit von 2:54 – 2:52 Stunden möglich wäre.

Das einzige Manko hatte ich mir aber 10 Tage zuvor bei einem Fahrradsturz zugezogen : eine RIPPENPRELLUNG, die mir doch deutliche Beschwerden beim tiefen Durchatmen und auch nachts im Liegen machte. Ich hatte nach dem unglücklichen Ausfall von Stefan Herdick (auch Rippenprellung !) mit Johannes Becher (Adler Bottrop) einen idealen Laufpartner im gleichen Leistungsbereich gefunden. Die Nacht davor war dann ruhig und ausgeglichen. Das Wetter war morgens frisch und klar, vielleicht etwas zu windig ...

Start des ältesten Landschaftsmarathon Deutschlands

Der älteste und schönste Landschaftsmarathon in Deutschland wurde durch den im Marathon ja schon erfahrenen Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger für die Läufer gegeben. Dort und am ETUF-Gelände herrschte eine Riesenstimmung. Das Marathon-Maskottchen >Kalle< vom RWE hopste im Rhythmus des Count-Down auf und ab. Entspannt stand ich am Start: im üblichen Getümmel der Spitzenläufer fand ich relativ rasch mein Tempo mit JOHANNES und auch ARNE (von Medico Sport Leistungsdiagnostik) im DREIERPACK !

Natürlich stürmten auf den ersten 3 Kilometern bei leichter bergab Passage viele Läufer an uns vorbei; doch bei 3 km (12:12) wußte ich mich exakt im Zeitkorridor – es fühlte sich locker und leicht an und zu dritt schwatzten wir uns doch über die eine oder andere Beobachtung am Rande der Strecke aus. Riesenstimmung dann schon wieder bei 4 km (16:16) an der Werdener Staumauer - und dazu viele Freunde mit Anfeuerungsrufen.


2. AKT:

Die WINDSANDALEN bei STEIFER BRISE auspacken ...

Schon hier merkten wir aber deutlich eine STEIFE BRISE aus dem OSTEN, die uns kräftig um die Ohren fegte, aber auch angenehm kühlte ... jetzt die WINDSANDALEN auspacken !! Leichte Vorlage, die Beine locker nach vorne ausgreifen lassen und RHYTHMUS spüren. Das gute Ergebnis war eine geradezu traumhafte Punktlandung bei 5 km (20:21) und 10km (40:41) – wir lagen also total richtig 4:04 pro KIlometer !!

Ab 12km (sub 48:50) begann dann der leichte Anstieg auf der Wuppertaler Straße – auch hier herrschte immer noch GEGENWIND und die WINDSANDALEN mussten ein bisschen schärfer zupacken – doch Anstiege sind ja eh ein feine Sache für mich und auch JOHANNES und ARNE gingen das Tempo locker und immer lustig mit.

Die ZEITMASCHINE tickt im Supertakt ...

Da hier zwischen km 12 und km 18 eine WENDESCHLEIFE gelaufen wir, kann man anhand der entgegenkommenden Läufer seine eigene Position im Rennen sehr gut bestimmen: Position 57 – 59 für uns DREI ! Elegant und nur noch von einem Zugläufer begleitet kam uns der spätere Sieger Mario Kröckert als erster entgegen. Dann lange nichts – später kleinere Grüppchen ! Wir lagen vorne mit dabei.

An der Wende bei 15km (41:01) – wieder eine Punktlandung ! Jetzt konnten wir locker den leichten Abhang hinunterlaufen. Ca 1:45 Minuten hinter uns tauchte die erste LÄUFERWOLKE um die 3:00 Stunden-Zugläufer auf, in ca 3:30 Minuten Abstand folgten dann die weiteren LÄUFERWOLKEN von 3:15, 3:30 und 3:45 Zielzeit; die 4:00 Stunden-LÄUFERWOLKE konnten wir nicht mehr sehen, da wir bei 18 km (1:13:14) bereits auf die Seerunde abbogen. Als wir bei 20km (1:21: 21) und beim Halbmarathon (1:25:50) wiederum wie ein Uhrwerk unsere 4:04 pro Kilometer gelaufen waren, überkam uns ein Glücksgefühl ... es lief so schön leicht und unsere DREIER-GRUPPE taktete im Schritt wie eine Maschine. Doch auch hier immer wieder böiger und frischer GEGENWIND !! WINDSANDALEN waren also nötig – locker bleiben die Devise !


PACEMAKER und HELFER ...

Ab 24km gesellte sich unser Lauffreund THOMAS BÜRKLEIN (TVK Kupferdreh) als unser Pacemaker dazu und auch mein Sohn SEBASTIAN gab uns auf dem Fahrrad immer wieder seinen ermunternden Begleitschutz.

Tolle Stimmung schlug uns am Regattaturm entgegen (der Sieger war natürlich noch nicht da !!) und die zweite Runde begann wie die erste recht locker! Auf der Werdener Brücke und am Stauwehr wieder Beifall durch Passanten – durch Anstiege und Kurven war unser Tempo zwar etwas langsamer geworden, doch bei Km 30 lagen wir mit 2:02:12 super im Zeitplan – Nur noch 12km, würde es zu einer NEUEN BESTZEIT reichen ?! Unter 3:00 sollte auf jeden Fall gelingen ...


3. AKT:

Die WINDSANDALEN werden zu FEUERSCHUHEN ...

Der GEGENWIND war nun deutlich böiger und heftiger als auf der ersten Runde : die WINDSANDALEN waren also unbedingt gefragt – bei JOHANNES lief es gut, doch ARNE war bei km 28 ausgestiegen. Wir waren aber mit THOMAS zu dritt.

Trotz frischer BRISE und lockerem Schritt, entwickelten sich aber nun meine WINDFSANDALEN immer mehr zu FEUERSCHUHEN – es brannte schon seit dem km 28 unter dem rechten Fuß und seit dem km 30 auch noch unter dem linken !! Da bahnte sich also etwas an ... und es fühlte sich ziemlich unangenehm an: der flache schnelle Schritt war plötzlich nicht mehr möglich – das Reiben schmerzte zu heftig ! Ich versuchte nun mehr auf die Mittelfuß- und weiche runde Ablauftechnik zu setzen ... anfangs ging das noch GUT und so kam ich bis km 32 mit 4:15 /km auch recht gut zurecht ! MARTINA SCHWANKE passierte uns dann kurz darauf ...

JÜRGEN KRAUSE (Gerscheder SV) als Moderator kündigte am Haus Scheppen zwar schon meine >neue Bestzeit< an: das tat der Moral sehr gut, doch es währte nur kurze Zeit ! Ab km 35 konnte ich wegen der heftigen Schmerzen überhaupt keinen Druck mehr vom Vorfuß her aufbauen – das Abdrücken vom Ballen war noch schmerzhafter als das reibende Aufkommen der Ferse und anschließende Abrollen – und das BEIDSEITS !!

Aus meinen schönen WINDSANDALEN waren nun endgültig FEUERSCHUHE geworden – es glühte und arbeitete dort unten. Mentale Ablenkungsmanöver halfen leider auch nichts mehr, nur das Umstellen auf einen extrem Fersen-betonten Laufstil mit Anziehen der Zehen und eine Zurücknahme des TEMPOS : 4:30 pro Kilometer – schade, schade, das reicht so nicht mehr zur Bestzeit merkte ich spätestens bei km 36 (2:29:04).

Toll war dennoch , dass THOMAS BÜRKLEIN bei mir blieb und mich immer wieder motivierte – locker bleiben, Laufhaltung verbessern etc. Denn mein Laufstil war schmerzbedingt und ablauf-technisch jetzt nicht mehr locker: JOHANNES hatte ich schon weggeschickt – er lief sein Rennen locker nach Hause und schaffte mit 2:54:45 eine neue Bestzeit !!


Der WILLE hilft die FEUERSCHUHE zu zähmen ...

Ich selbst verlor im Durchschnitt nun praktisch 20 Sekunden pro Kilometer ab km 30 und damit insgesamt 4 Minuten auf die angepeilte Bestzeit ! Es war nun, wie in dem Kinderbuch eine reine WILLENSFRAGE – die Muskeln waren locker, aber die Schmerzen bei jedem Schritt stärker – es kamen nun auch die ersten Überholer ! Ein untrügliches Indiz für meine neue LANGSAMKEIT !

Bei km 40 (2:47:19) kamen die letzten 2 km ! Der Beifall wurde lauter ! Bei km 41 sagte THOMAS : >>Den letzten KM geniessen !<< Da hatte er vollkommen recht – der Tag war herrlich, viele Menschen fieberten mit uns und schenkten uns ihren Beifall ! ANERKENNUNG nach grosser LEISTUNG – DANKBARKEIT, dass es wieder einmal gelungen ist. Schon weit vor dem Regattaturm bei km 42 immer wieder von mehreren Seiten MEIN NAME ! Ja, ja, es gibt mich also noch trotz meines Tanzes auf dem GLÜHENDEN OFEN !


DER SCHLUSSAKT :

Das ZIEL erreicht und mit 51 Jahren wieder 51. Platz !

Auf der Zielgeraden klickte die Uhr in der Ferne 2:57, als ich durchs Ziel kam 2:57:16 – WINDSANDALEN, FEUERSCHUHE und WILLEN hatten mich durch diesen Lauf getragen : zwar keine Bestzeit, doch trotzdem war wieder ein Abenteuer und Kampf mit mir selbst erfolgreich durchgestanden ! Wie der Junge TIM – in der Geschichte mit seinen FEUERSCHUHEN - war ich durch die Erfahrungen des Vaters in meinen WINDSANDALEN wieder um eine Erfahrung gereift : es reicht eben nicht sich immer nur eine NEUE BESTZEIT vorzunehmen, sondern aus den Umständen das jeweils BESTE zu machen.

Und das war auch gelungen, denn wie schon in BIEL beim 100km Lauf erreichte ich mit meinen 51 Jahren den 51. Platz im Gesamtklassement ! Doch noch viel schöner: das bedeutete Platz 2 in der Altersklasse M 50 – und damit das erste Mal ein Platz auf dem Siegertreppchen mit POKAL bei einem MARATHON ! Im Vergleich dazu hatte ich im Vorjahr 2005 mit 2:55:18 nur den 4.Platz in der M50 erreicht – alles ist doch RELATIV !


Kurzer Epilog:

ANALYSE auf der Massagebank ...

Im Ziel die übliche Medaille, dann Glückwunsche durch JOHANNES und FREUNDE wie z.B. STEFAN HERDICK. Dann ein erster kurzer Check: ich öffne meine Schuhe ... siehe da – zwei schöne große triangelförmige Blasen, die vom 1.Zeh bis zum 4.Zeh auf dem Vorfußballen beginnen und zum Hohlgewölbe ca. 4 – 5 cm spitz auslaufen – und das gleich BEIDSEITS !

Was wollte ich jetzt eigentlich tun : MASSAGE ?! Aber eigentlich war die Muskulatur ganz locker, keine Verhärtung, keine Sehnenbeschwerden – trotzdem nur ein kurzer Weg zum Zelt: nach kurzer Wartezeit zwei herrlich warme Hände von BRITTA – aber auch sie entdeckte keine Verhärtungen !

Ich fasste meine Socken an: sie waren ziemlich FEUCHT und DICK; beide Füsse hatte ich aber doch vorher mit VASELINE gut eingeschmiert ! Doch beim Nachdenken auf der Massagebank kam ich nach kurzer Zeit zu folgender ANALYSE : die FALKE-Socken mit ihren verstärkten Polstern im Fersen- und auch im Zehen-Ballenbereich hatten sich mit Feuchtigkeit und Schweiß ziemlich vollgesogen und die NEUEN MIZUNO-LAUFSCHUHE (waren ca. 150km eingelaufen !) waren wohl noch nicht weich genug – und beides zusammen erzeugte den schönen heißen >>REIBEKUCHEN<< unter den Füssen ...

Also Freunde, die ihr bis hierher so geduldig die dramatische Geschichte gelesen habt: Merkt Euch, gut DÜNNE SOCKEN saugen weit weniger SCHWEISS auf und MARTATHON-SCHUHE sollten wohl 500km alt sein !


Und noch ein RAT:

Lest doch einmal das Buch >>Feuerschuh und Windsandale<< mit Euren Kindern oder Freunden !


HEINRICH SEEGENSCHMIEDT aus ESSEN am 15. OKTOBER 2006



Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=1692


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