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Bericht

Name des Laufes:100 km Self Transcendence Sri Chinmoy
mehr zum Lauf: VID3666
Datum des Laufes:28.5.2006 (Sun)
Ort:Wien
Plz:A
Homepage:http://www.srichinmoyraces.org/at/veranstaltungen/100km2006
Strecken:100k
Beschaffenheit:99% Asphalt
Profil:eben
Wetter:Dauerregen über 9 Stunden
Teilnehmer:55
Name des Berichtenden: Correcamino8467 LID3697
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Bericht vom 1.6.2006 (Thu)
28.Mai 2006, ein ganz normaler Tag, an dem drei gute Freunde, Körper, Geist und Seele in Harmonie ihren ersten 100km-Lauf bestreiten und im Einklang durch die Natur laufen werden…

3:45 Uhr, der Wecker schrillt durch ein finsteres, eben noch stilles Schlafgemach…
Geist: Wer spinnt denn da so laut??
Seele: Auf, auf! Es ist soweit! Heute ist mein großer Tag. Endlich! Lange Jahre hab ich mich danach gesehnt…
Körper: Muss es wirklich sein? Fühl doch mal, wie kalt es ist. Es hat die ganze Nacht geregnet. Und so schön warm wär’s in diesem Bett…
Seele: Nix da! Auf! Waschen, frühstücken und ab nach Wien mit uns! :)

4:30 Uhr, die Kiste vorm Haus wurde soeben angestartet. Auf Grund der Anreise aus OÖ zu Verwandten am Vortag bleiben nur noch gut 40km zum Prater…
Körper: Oh mein Gott, ich fühl mich wie ne Ameise vorm Mt. Everest. Hundert Kilometer laufen!
Seele: Körper, das wird halb so schlimm. Du wirst schon sehen. Wir müssen nur an einem Strang ziehen.
Geist: Wir?... Ich sag besser nix dazu. Du hättest Körper besser darauf vorbereiten sollen, hast aber nie auf mich gehört. Klar, dass er sich nun in die Hosen macht. Hübsche Zehen hast Du übrigens, Körper. Ob die heute Abend auch noch so…
Körper: Klappe!
Seele: Er wollte ja nicht. Erst jammerte er von November bis März, dass ihm der 5.Lendenwirbel schmerze, da der Tollpatsch bei der Arbeit von der unter ihm zusammengebrochenen Leiter fiel, und als die Wirbelsäule endlich wieder eingerenkt war und ich seine Wochenkilometer steigern wollte, lamentierte er die vergangenen zwei Monate von wegen seiner Beinhaut, dass sie so sehr steche… Tritt auf’s Gas, Körper, und lasst uns endlich innere Ruhe sammeln! Uns bleibt noch etwas mehr als eine Stunde bis zum Start.

5:10 Uhr, Wien, Prater, Regenluft von der Nacht, Pfützen und Matsch am Parkplatz, etwas kühl, jedoch nicht kalt und es regnet derzeit nicht, was sehr gut war und auch bis zum Start so bleiben sollte. Startnummer abgeholt, Nervosität vor solch einer Prämiere langsam abgebaut und auch gleich ein paar nette Gleichgesinnte kennen gelernt. Nummer 136. Die meisten heften sich ihre Nummer auf das Leibchen. Ich entscheide mich für die Laufhose, da der nächste Regen ganz bestimmt kommt und bei einem Wechsel des total durchnässten Shirts die Startnummer ebenfalls zu wechseln wäre und den Stress mit den Sicherheitsnadeln möchte ich mir während dem Rennen ersparen.

Geist: Das war meine Idee! Echt geist-reich! :)
Körper: Ach, wenn wir dich nicht hätten!...
Seele: Ruhe jetzt! Wir sollen an die Startlinie kommen, hat der Platzsprecher gesagt.
Körper: He Jungs, ich glaub, da stimmt etwas nicht mit meinem rechten Knie!
Geist: Vergiss es, Körper! Du hörst zu viel in dich hinein. Nimm einfach nur die Beine in die Hand und laufe langsam und konstant wie wir zuhause gesagt haben, 13:30 pro Runde. Ich meinerseits schalte jetzt ab, wie es so schön in den Lektüren stand. Wenn ihr mich braucht, ruft mich.
Seele: Ok, und ich genieeeeße! :-))
Körper: Und das ist das Unfaire! Blöde Ideen und genieeeeeßen… und ich darf ausführen.
Seele: Körper, Du bekommst eine wohltuende Massage dafür. Ist das was?
Körper: Dein Wort in Gottes Ohr!

„Also, seid Ihr alle soweit? Dann eröffne ich hiermit den diesjährigen Sri Chinmoy 100km-Lauf von Wien. Ich wünsche euch allen viel Glück und Erfolg und dass Ihr eure Herausforderung besteht.“ – Start erfolgt.

Körper: Kann man mit dem Sprecher nicht tauschen?
Geist: Klappe und lauf!
Seele: Hihi!

Die ersten zwei Runden wurden von den drei Freunden in 13:38 und 13:34 so gut wie kommentarlos zurückgelegt. Bald begann es wieder zu regnen. Die dritte Runde jedoch endete mit 13:09.

Geist: Körper, unterlass das! Das ist zu schnell!
Körper: Sorry! Weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Es ging alles so „wie geschmiert“.
Runde 4-7 folgten dann in unmerklich gebremsten 13:19, 13:20, 13:15 und wieder 13:07.
Geist: Ich hoffe, Du weißt, wer der Leidtragende sein wird, Körper, hehe!
Körper: Was soll ich machen? Schön langsam bin ich warm gelaufen und fühle mich glücklich und entspannt. Der Dauerregen prasselt auf mich herab und kühlt mich angenehm. Herz, was willst Du mehr? Ich fühl mich wie unter der angenehmen Dusche.
Seele: He habt Ihr schon gesehen? Der Läufer mit der Nummer 144 hinter uns macht Druck! Der wird doch nicht vorbei wollen…
Ego: Oh Gott, der will mich demoralisieren! Tut mir das nicht an!
Geist: Typisch Ego, Du hältst dich da raus! Du spielst in ner andren Liga.

Runde 8-10 folgen, was in Distanz 20-27km bedeutet. 12:48, 12:47 und dann sogar noch in 12:37…
Körper: Oops!
Geist: Ach, mach doch was Du willst. Du hörst so und so nicht auf mich. Ich freu mich schon auf dein Jammern, hehe.
Seele: Könnt ihr beiden nicht endlich mal Harmonie erlangen? Schaut euch mal diese ehrwürdigen, herrlich Sauerstoff spendenden, uralten Bäume hier an. Ob in eine dieser Rinden schon Kaiser Franz Josef etwas eingeritzt hat?
Geist: Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass wir bereits dreieinhalb Minuten schneller sind als das, was wir uns in unserer Laienhaftigkeit zugetraut haben und Körper nicht hören will.
Seele: Ach lass ihn doch! Er ist jung und gesund, die Folgen trägt auch er… (*zwinker zu Geist*) Was war das noch gleich, das wir uns ausgerechnet haben?
Geist: Knapp unter 9 Stunden, also 13:30/Runde. Wenn das nicht drin ist, dann zurückfallen lassen und knapp unter 10 Stunden, also 15:00/Runde. Wenn das noch immer zu hoch geschätzt war, dann weiter zurückfallen lassen, beten und zumindest DURCHKOMMEN!
Seele: Na also. Und wir haben bis jetzt nach 25km ein Polster von 3:30, also peilen wir eine Endzeit von 8 Stunden 56:30 an. Juchhu!
Körper: Ja, und ich fühl mich total locker. Wir laufen noch immer um 3 km/h langsamer als in einem zweistündigen Trainingslauf.
Geist: Herr, sind eigentlich alle deine Seelen so, wenn sie in ihrem Element sind??
Körper: Und außerdem, habt Ihr bei Start/Ziel gehört, wie eine weibliche Stimme dort gefragt hat „He, wie heißt denn der da?“
Ego: Ich hab’s gehört! Ich hab’s gehört! Es war einfach wunnnderbar!
Geist: Ego, lass Körper augenblicklich in Ruhe! Du hast hier überhaupt nichts zu melden. Du irritierst uns nur.
Ego: Hmpf!
Körper: Melde gehorsamst, Runde 11-14 in gemächlicheren 13:01, 13:16, 13:20 und 13:37. Zufrieden mit mir? Ach übrigens… es zieht!
Geist: Ja, zufrieden. Gut gemacht. Klar, dass es zieht. Wir sind im Freien, der Regen prasselt wie aus Kübeln seit knapp 3 Stunden auf unser Haupt, der Wind weht kräftig und dem Himmel nach zu schließen ist auch kein Ende der Schlechtwetterfront in Sicht.
Körper: Ääh, nein… Es zieht. …in den Oberschenkeln. Ganz leicht aber nur.
Geist: *grunz* Naja, das macht doch nichts, Körper. Du hast doch schon 35km hinter dir. Die läppischen fehlenden 65 schaffst Du doch mit links, wie ich dich kenne.
Körper: Klar doch. Ääh, die Runden 15+16 lief ich nun übrigens in vorsichtigen 14:51 und 16:09. Ein gewisser Alfred Neumayer hat uns eben überholt. Kennt den jemand?
Geist: Ach, das war bloß der Vorjahrsdritte mit einer Endzeit von knapp unter 8 Stunden. Warum hängst Du dich nicht etwas bei ihm an?
Körper: Ääh, ich denke, das wäre nicht besonders geist-reich.
Geist: Ach, Du denkst? Klingelt’s schön langsam, worauf Du seit dreieinhalb Stunden zuläufst, Du Schleimer? :)
Seele: Was haben wir denn für eine Marathon-Durchgangszeit? :)
Körper: Melde gehorsamst, 3:49:12. Das Ziehen in den Schenkeln erweist sich übrigens als hartnäckiger als erwünscht. Kann mir das nicht jemand von euch beiden abstellen?
Ego: Hee Körper, die Nummer 144 vom Anfang hat dich gerade verputzt. Quatsch nicht dauernd, sondern lauf!
Körper: Klappe! Mir wurscht. Ich kann nicht schneller. Weiß auch nicht, was da los ist. Ich bemühe mich vielmehr als zu Beginn und nach 15:32 in Runde 17 reichte es gerade noch zu 17:07 in der 18.
Geist: Hehehehe! Das heißt, das Spiel kann beginnen. Endlich kommt mein Part.
Seele: Verderbt mir ja nicht meinen großen Tag, ihr beiden! Immer schön langsam! Hauptsache durchkommen.
Körper: Ok, aber da gibt es noch etwas, das Ihr wissen müsst… Das rechte Knie schmerzt hinten etwas, ab und zu sogar stärker und droht bei manchen Schritten, nach außen zu klappen. Ermüdungserscheinung?
Geist: Das ist allerdings bedenklich. Wir laufen weiter. Aber vorsichtig.
Körper: Runde 19 in 17:08. Das Knie-Wegknick-Problem erscheint mir gravierend. Nicht, dass eventuell ein Band oder eine Sehne oder so reißen kann… Sollten wir es nicht besser bleiben lassen und bei Km 50 aussteigen?
Geist: Hmm, schließlich besteht die Saison aus mehr als nur diesem einen Event und beruflich könnten wir uns auch keinen Gipsfuß erlauben…
Seele: Spinnt ihr? Jetzt, wo es gerade so schön ist? Ich wollte immer schon einen Hunderter laufen…
Geist: Wir könnten es auch als Vorstufe ansehen und bei einem weiteren Anlauf und mittels der heutigen *ähmm* Erfahrung nächstes Mal finishen. Körper, lauf noch bis zur 50km-Marke und dann entscheiden wir uns im Namen der Gesundheit für die Vernunft.

Runde 20 von 40 spulten die Drei-in-Einem-Atlethen in 17:34 herunter, gesamt 4:43:14 für 50km. Am Ende meldeten sie sich anstandshalber bei der überaus netten Rundenzählerin „K“ ab. Diese jedoch sah in ihnen das unwideruflich Unbesiegbare und überredete sie, ins Arztzelt zu schauen, da der dort Diensthabende sehr kompetent sei…

Geist: Sorry, Körper. Eine kleine Schwäche von mir, dass ich nicht „Nein“ sagen kann. Schon gar nicht bei netten Frauen…
Körper: *winsel* Das war Ego, nicht wahr? Dieser verdammte…
Geist: Lass uns einfach mal hören, was der Doc zu sagen hat.

Geist: Ich konnte mir das exakte Wort nicht genau merken. Irgendwie klang es nach Fiblia oder so, wie dieses Kniegelenk oder Knorpel oder so heißt. Es besteht jedenfalls kein Anlass zur Sorge auf einen Riss irgendwelcher Bänder. Eventuell wird der Schmerz noch etwas mehr oder er vergeht sogar wieder, sagt er. Weiterlaufen möglich, jedoch vorsichtig. Im Zweifelsfalle aufgeben.
Körper: Muss das sein? Eigentlich hab ich schon geistig abgeschalten…
Geist: Das kannst Du gar nicht. Du als Körper kannst nur stehen bleiben. Wir haben von Anfang an gewusst, das hier ist ein 100km-Lauf. Was lässt Du dich auch ständig von Ego zu Höchstleistungen provozieren? Der Arzt hat uns weitere 6 Minuten gekostet. Die gehen auf dein Konto.
Körper: Wieso auf meines??
Geist: Na, wer von uns dreien hat denn ein Knie? ;)
Seele: Ach, lasst uns doch einfach mal schauen, ob wir die 60er-Marke auch noch erklimmen und denkt nicht dauernd an die 100km. Wir liefen noch nie 60km in einem Stück. Lasst uns doch erforschen, wie lange wir für 60km laufend benötigen. :)
Körper: Wenn’s sein muss…

Die drei melden sich beim überaus netten Fräulein K zurück, dass sie doch noch die eine oder andere Runde anzuhängen versuchen, welche sich wahnsinnig über deren eisernen Willen freut, und Körper beginnt widerwillig sich in Bewegung zu setzen. Der Regen prasselt bis auf einige kurze Pausen übrigens immer noch unaufhörlich herab. Die Strecke klatschnass von Pfützen gesäumt (denen man bei gerader Linienführung ausweichen konnte… aber nur bei gerader), Matsch an der Spitzkehre, der dem angeknacksten Knie alles andere als gut tat.

Körper: Langsam wird der Regen und der Wind lästig. Ich bin von den Gehpausen ausgekühlt.
Geist: Laufen und Klappe halten, dann wird dir schnell wieder warm! Noch wenige Runden und wir sind auf km 60. Das hört sich zuhause dann schon besser an, wenn wir nach 60 anstatt schon nach 50km aufgeben.
Seele: Genau!
Körper: Man könnte meinen, Ego geistert immer noch herum…
Geist & Seele: Nicht, dass wir wüssten. Und jetzt lauf!
Körper: Ok, ich hab Runde 21-24 geschafft. In 18:22, 20:30, 18:38 und 17:34. Wie war ich? :)
Geist: Super! Das bedeutet 6 Stunden 05:10 Minuten für 60 Kilometer. Ich bin zufrieden mit dir. Wie geht’s deinem Knie?
Körper: Ganz gut. Der Schmerz klang ab…
Geist: Na prima. Dann lass uns doch noch mal 4 Runden anhängen! Was sind schon 4 Runden und es schaut doch ganz anders aus, wenn wir bei 70 anstatt bei 60km aufgeben, oder?
Körper: Ich war noch nicht fertig. Ich wollte sagen, …er klang ab, als die Krämpfe in den Oberschenkeln und mittlerweile auch in den Waden ihn dermaßen übertrumpften.
Geist: Kannst Du dich noch auf unsere kleine Übung bei der Coloskopie erinnern?
Körper: Wie könnte ich das vergessen? :(
Geist: Ok, den Schmerz verdrängen, indem Du den Schmerz nicht als Schmerz sondern als Erfahrung wahrnimmst und ihm eine andere Erklärung zuteilst. Und es klappte doch bestens, als wir uns auf den Monitor und unsere Innereien konzentrierten, nicht wahr? Weniger Schmerz ohne mehr Weisheit vereitelt unser Ziel. Das ist klar. Wir sollen uns nicht erlauben, bloß unendliche Freude zu erfahren, wollen wir weiter wachsen. Ziel ist es, Schmerz wenn schon dann schmerzfrei zu erdulden…
Seele: Ein wahrer Meister leidet still!
Geist: Naja, die Schüler in den Schulen der Meisterschaft leiden still, weil sie verstehen, dass das Leiden nicht der Weg Gottes ist, sondern ein sicheres Zeichen, dass es noch etwas über den Weg Gottes zu lernen gibt, noch etwas zu erinnern. Der wahre Meister leidet überhaupt nicht still, sondern scheinbar nur klaglos. Der Grund, warum der wahre Meister sich nicht beklagt, ist der, dass er nicht leidet, sondern lediglich gewisse Umstände erfährt, die andere als unerträglich bezeichnen würden. Er spricht nicht vom Leiden, weil er ganz klar die Macht des Wortes versteht und sich dazu entscheidet, einfach kein Wort darüber zu sagen. Denn worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, das bringen wir zu unserer Realität.
Körper: Bist Du bald fertig mit Philosophie? Diese gewissen Umstände, die ich gerade erfahren darf, ziehen sich mittlerweile immer stärker von den Oberschenkeln über die Waden. Überdies hab ich noch einen ganz neuen gewissen Umstand. Der Fußballen schmerzt beim Drauftreten.
Geist: Aber das ist doch hervorragend! Denk mal an deine Möglichkeiten, heute spirituell wachsen zu können. Punkt 1: Maul halten! Du weißt schon, still wie wahre Meister. Punkt 2: Schmerz ist nicht Schmerz sondern neue Erfahrung. Punkt 3: Hinter dir kommt schon wieder 144 und überrundet dich gleich zum 5. Mal wenn Du noch weiter jammerst. Dies sollte dich übrigens nicht demoralisieren. Er ist ein scheinbar alter Hase in der Ultralaufszene und läuft ein beherzt, fantastisches, taktisches Rennen und wird sicher unter 10 Stunden bleiben.

Körper: Ich bin nun bei km 70. – 19:07, 20:21, 18:23 und 19:35. 70km in 7:22:36 Ich denke, die 20 Minuten-Grenze halten wir mühelos in Schach und das mit dem Schmerz funktioniert tatsächlich. Im Schnitt sind wir gar nicht so weit weg von den 10 km/h.
Geist: Siehste? Ich nahm mir das schon seit km 50 zu Herzen. Krämpfe und Knie unter Kontrolle?
Körper: Yesss!
Geist: Na, dann würde ich sagen, lasst uns doch zur 75km-Marke aufsteigen.
Seele & Körper: Super! Wäre doch gelacht…
Körper: Ich hab die nächsten beiden Runden, Chef. 19:14 und 19:23.
Geist: Bravo! Fühlst Du dich imstande, den Doppelmarathon (84,4km) zu knacken? Das wären weitere 4 Runden.
Körper: Das geht schon noch. Obwohl ich langsam aber sicher doch müde werde.
Geist: Ich auch, wenn ich ehrlich bin. Aber das schaffen wir sicher noch. Veronika wird staunen! Der Regen hat nach 75km doch endlich nachgelassen.
Seele: Ruhe, ihr beiden! :) Wer wird denn jetzt noch ans Aufgeben denken?...
Körper: Melde gehorsamst…*autsch*… 19:29 und 19:40…*auweh*…80km in 8:40:21
Geist: Ok, lasst uns massieren gehen! Ich denke, das ist taktisch klug. Wir haben 32 von 40 Runden. Seit 2 Runden läuft der einstellige Countdown. Danach kann uns niemand mehr stoppen und es ist alles nur noch eine Frage der Zeit. Langsam blinzelt sogar die Sonne durch die Wolken. Mit dem hab ich heute nicht mehr gerechnet.

Geist: Mann, der Masseur hat uns 9:39 Minuten gekostet.
Körper: Und ich fühl mich steifer als zuvor. :(
Geist: Das vergeht, hat der Masseur gesagt. Ich denke, die Zeit war gut investiert. Wenn wir jetzt wieder 16 Minuten-Runden schaffen, haben wir den Masseur in 3 Runden herinnen. Also laufen!
Seele: Die Doppelmarathon-Zeit ist nicht wirklich verifizierbar, da sie sich mitten in der 34.Runde befindet und nicht gekennzeichnet ist. Schade!
Geist: Das war mir schon vorher aufgefallen, nur hab ich’s euch nicht auf’s Maul gebunden, hehe! Demoralisierung würde man das nennen…
Körper: Shit! Reingelegt. :( Und was jetzt?
Geist: Jetzt fehlen uns gerade noch 2 Runden zur 90 Kilometer-Marke. Willst Du denn so kurz davor noch aufgeben? Bist Du schon jemals 90 Kilometer gelaufen?
Körper: Während Du philosophierst laufe ich. Ich hab sie eben vollendet. Und zwar in 19:24 und 20:39. Vergiss deine 16 Minuten-Runden. Ich kann nimmer schneller. Veronika kam übrigens gerade an die Laufstrecke. 5 Runden vor Schluss.
Ego: Oh mein Gott! Veronika? *huch* Sogar mit Family! Kannst Du nicht die letzten 4 Runden wieder in guten alten 13 Minuten 30 zurücklegen? Kopf hoch, Brust raus und…
Körper: …leck mich!
Geist: Ok, die 90km schafften wir in 10:08:22, knapp unter 11 Stunden wird und kann sich nicht mehr ausgehen. Lasst uns das Bestmögliche noch erreichen und denkt daran… Nach den nächsten 4 Runden ist endgültig Schluss! Kein Aufgeben. Der Regen, die Krämpfe und Schmerzen haben uns nicht in die Knie gezwungen und die mentale Kraft Gottes in uns, die uns bis hierher verhalf, wird uns auch noch über die restlichen 4 Runden tragen.
Körper: Du sagst es. Runde 37 war übrigens nicht so erfolgreich. 23:55 (da haben wir aber auch kurz mit Veronika am Streckenrand gesprochen), danach 21:38 und 21:30. Schneller geht’s scheinbar nimmer. Ich bin ausgepowert.
Geist: Egal, ich auch. Es geht nur mehr ums Ankommen und je langsamer wir jetzt laufen, um so leichter schaffen wir nächstes Jahr eine persönliche Bestzeit. ;)
Körper: Nächstes Jahr??... Aaaaaaaaaaah!
Seele: Juchhuu! :)
Körper: Nur über meine Leiche! Ihr könnt ja das nette Fräulein K fragen, ob sie euch ihren Körper leiht… Sie hat mir übrigens gerade eben eine orangefarbene Fahne zum Zeichen der letzten Runde in die Händchen gedrückt. Darf ich die schwenken? :)
Geist: Klar darfst Du. Das sollst Du sogar. Dieses Fähnchen bekommt nicht jeder. 44% der Läufer haben heute aus den unterschiedlichsten Gründen dieses Fähnchen nicht erreicht. Du hast es geschafft! Gratuliere! Naja, eigentlich wir. Das regnerisch-windige Sauwetter ging über 9 ½ Stunden bei unserer Prämiere hindurch und wir haben’s geschafft!
Ego: Könnt Ihr mal kurz aufhören zu jubeln? 30 Meter hinter uns bekam ebenfalls gerade jemand ein solches Fähnchen…
Seele: Das ist doch egal. Eine Position auf oder ab, was spielt das hier für eine Rolle. Wenn er schneller ist, dann sei es ihm vergönnt.
Körper: Ich fürchte das ist er auch. Ich muss schon wieder gehen…

Der Athlet mit der Startnummer 128 entpuppt sich als genau so fertig. Ein sympathischer Innsbrucker, und anstatt dass er unsere drei Helden überholt, geht er auf ihrer Höhe ebenfalls in den Wander-Schritt über und so legen 2 gewachsene Seelen, 2 gestählte Geister und 2 marode Körper ihre letzten 2 Kilometer teils hinkend, doch größtenteils noch immer laufend auf ihrem Weg zur Meisterschaft zurück. Sogar noch mal in angespornten 19:12! Hätte 128 gewollt, hätte er die Nummer 136 kurz vorm Ziel noch auf Platz 25 (von 55 Angetretenen) verweisen können, doch wie es Rennen dieser Länge so an sich haben, geht es hier weniger um Konkurrenzkampf, sondern vielmehr um Freundschaft und gemeinsames Wachstum. Und so kam es, dass zwei bis vor 3 Kilometern noch unbekannte Seelen Hand in Hand und voller innerer Freude ob des Sieges über sich selbst die Ziellinie überquerten und die Nummer 136 erleichtert sämtliche Anspannung an Veronikas stolzer Schulter abtropfen ließ…

Die Siegerehrung war, typisch Sri Chinmoy-Marathon Team, ebenso gelungen wie die komplette Veranstaltung. Die Verköstigung 1A, die Musiker und das gesamte Organisations-Team unterstützten die Läufer trotz des miserablen Wetters über derart viele Stunden Dauerregens von Herzen und die drei kleinen Freunde haben zwar keine innere Harmonie gefunden, wie sie manch Ultra-Athlet beschreibt, doch zumindest ihr gemeinsames Ziel, einen Hunderter zu bezwingen, erreicht. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute. :)

Körper: Jaja, ich lebe noch. Montag, 29.5.2006… Kann mich jemand auf’s Klo tragen? Ich glaub, ich habe Muskelkater. Wooow! Sogar in der Sohle und den Zehen! Den Waden und Oberschenkeln *autsch* so und so. Auch im Gesäß spür ich ihn. :) Und im Rücken und wisst ihr was? Ich hab sogar Muskelkater auf der Innenseite der Arme, Höhe Ellenbogen, wo sie über all die Stunden abgewinkelt und leicht angezogen Tempo machten. :) Cool! Der Wolf ist mega-scharf, so einen hatte ich noch nie, dafür aber habe ich überhaupt keine Wasser- oder Blutblasen an den Zehen!!

Geist: Ich fühle mich auch prächtig! Völlig siegessicher. Was wir gestern geschafft haben, zeigt uns, dass wir noch weit größere Hürden im Leben meistern können. Egal, ob im Beruf oder der Freizeit. Man muss es sich bloß zutrauen, und… in der Ruhe liegt die Kraft! By the way… Habt Ihr schon mal etwas von Wörschach gehört?

Körper: Nein, was ist das?

Geist: Ach, nichts Wichtiges. Ein Ort. Gut zum Joggen… *zwinker*

Seele: Geist, Du sprichst mir aus der Seele. Oder so. …ach egal! Ich möchte euch beiden danken. Wir drei haben gestern etwas realisiert, wovon ich glaube, dass ich mein Element gefunden habe. :) – Übrigens, ich nehme dich beim Wort, Geist…

Körper: Darf ich wissen, um was es geht? :)

Seele & Geist: NEIN!

;-)



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