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Bericht

Name des Laufes:Grand-Prix Bern
mehr zum Lauf: VID2999
Datum des Laufes:13.5.2006 (Sat)
Ort:Bern
Plz:CH
Homepage:www.gpbern.ch
Strecken:16,093 km
Beschaffenheit:Asphalt, kurze Passage auf Wanderwegen
Profil:nicht gerade topfeben
Wetter:Warm
Teilnehmer:15.000 bei 10 Meilein
Name des Berichtenden: Oli Sch LID7
Oliver aus

Bericht vom 14.5.2006 (Sun)
Grand Prix von Bern - Motorengeheul, Auspuffgase, Benzingeruch, Boxenluder... ich kann nur sagen, ein totaler Etikettenschwindel.

Im Gegenteil, wir sind wieder beim Programm des Jahres: Oli erlebt die Schweizer Volksläufe.

Bergauflaufen ist so eine Sache für mich als eher schweren Läufer, als Radiergummi.
Seit über zwei Monaten trainiere ich jetzt in der Schweiz und hab schon einige Höhenmeter in deiser Zeit unter meine Füsse gebracht aber so richtig gefallen will es mir noch nicht. Acuh scheinen einige Muskelgruppen bei mir für Hochlaufen noch nicht richtig trainiert zu sein. Selbst wenn ich mit eher moderatem Puls eine Steigung hinauflaufe, fühlen sich meine Beine daraufhin wie nach einem 1000m Bahnrennen an und wollen einfach nicht mehr brav weiterlaufen.

Aber was man nicht kann, kann man ja noch lernen.

In diesem Sinne hab ich mich dann für den GP von Bern angemeldet. Eine der grössten Laufveranstaltungen in der Schweiz und definitiv nicht flach.
Wenn schon ein Jonathan Wyatt mitläuft...

Der Grand Prix von Lauf ist ausgeschrieben als die schönsten 10 Meilen der Welt. Start ist auf dem Messegelände im Nordosten der Stadt, führt in einigen Schlenkern durch die Berner Innenstadt (Weltkulturerbe) durch den Bärengraben an der Aare entlang dann darüber, um durch das Dählhölzli die erste heftigere Steigung zu nehmen und darauf dann auf dem Rückweg wieder durch die Innenstadt geführt werdend die letzte Steigung zum Schlusskilometer hinaufgejagt zu werden. Das Streckenprofil sah für mich als Flachlandläufer und Deichjogger recht bedrohlich aus. Wie ich in drslt schrieb, mein erster Lauf mit Ambitionen und real existierenden Höhenmetern.

Gemeldet hatte ich mich für ein Zielzeit bei 1:20, insgeheim wollte ich aber eine 1:15 laufen, was auf einen Schnitt von 4:40 pro Kilomter deuten würde. Aber wie kann man auf solch einem profilierten Gelände einen gleichmässigen Schnitt laufen? Bis jetzt kenne ich nur solche Läufe, wo man am Anfang des Rennens sein Tempo so genau wie möglich trifft, dann den Kopf ausstellt, die Beine den Rest des Laufes alleine machen lässt und bei den Kilometerschildern nur zur Steuerung auf die Uhr schaut. In Anbetracht der Tatsache, dass mir kein ordentlicher Plan für eine Taktik einfiel, beschloss ich, flachere Abschnitte ein wenig schneller als 4:40 laufen und den Rest des Rennens so schnell wie möglich, also bergauf nur so viel Zeit verlieren, wie ich bergab herauslaufen könnte. Ich gebe zu, "ausgefeilt" ist anders, aber als grobes Richtmuster sollte das für den Lauf reichen - dachte ich mir.

Die Vorbereitung lief natürlich mal wieder nicht optimal. Die Arbeitswoche vor dem Wochenende war mal wieder ziemlich stressig, beim Kunden ein neues Release eingespielt und am Freitag noch die letzten Tests gefahren, meistens spät Abends nach Hause gekommen, läuferisch ein wenig zu viel Ruhe vor dem Rennen.

Am Samstag ist dies jedoch alles vergessen, das Wetter ist traumhaft, d.h. viel zu warm und man schwitzt schon beim Autofahren. Chrissi und ich holen noch Kiki ab und fahren dann ganz dreist direkt zum Startplatz des Bern GP und kriegen auch den wahrscheinlich letzten Parkplatz in der Parkgarage des Messegeländes.

Nachdem wir unsere Startnummern abgeholt haben, trinken wir erstmal weiterhin brav unser Wasser, bringen es dann wieder zu den zahlreichen Dixieklos und laufen uns gemeinsam ein wenig ein.

Irgendwann wird es dann Zeit, sich in die Startaufstellung zu begeben. Chrissi bekommt noch einen Abschiedskuss, noch einmal wird gewunken und dann stehe ich in meinem Startblock.

Die Startnummern scheinen nach Zielzeiten vergeben zu werden, die Einteilung in die einzelnen Starterblocks erfolgt dann nach der Startnummer und wird recht strikt gehandhabt. Alle 90 Sekunden wird ein Läuferpulk von 1000 Startnummern auf die Reise geschickt. Eine gute Massnahme, denn knappe 15.000 Teilnehmer ohne solch einen Wellenstart das erste Gefälle runterlaufen zu lassen wäre schlicht unmöglich.

Ich stehe im 7. Block, alle 90 Sekunden wird man dem Start ein Stück näher geführt, bis es dann letztlich um 16:09 Uhr für mich losgeht.
500m kann ich frei laufen, bis es dann das Gefälle in den Bärengraben runtergeht. Hier laufe ich auf die ersten auf... "Hallo... laufenlassen" rufe ich, aber keiner scheint mich so richtig ernstzunehmen und so knalle ich in Slalommanier zwischen den Läufern und Läuferinnnen hindruch, kann aber kein richtiges Tempo machen sondern lass mich mit angezogener Handbremse runtertreiben, bis wir in der Innenstadt von Bern sind.

Die Altstadt ist voll von anfeuernden Zuschauern, die Häuserwände beflaggt, zu Berns Wahrzeichen, der Zygtglogge, wieder hoch, an ihr vorbei geht es in einer Schleife runter an die Aare. Aber auch hier lässt wieder keiner richtig laufen sondern bremsen eher ein wenig ab. Nach drei Kilometern (km1: 4:16, km2: 4:22, km3: 4:26) ist man aber endlich ganz unten an der Aare angelangt, jetzt folgen einige Kilometer ohne nennenswerte Steigungen und ich versuche so schnell wie möglich mein Tempo zu finden.

An einigen Stellen der Strecke stehen grosse Wasserbassins, meine Vorläufer tauchen ihre Hand hinein und schütten sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht. Bei der Wärme eine gute Idee, denke ich... Gut das muss ich noch üben und entschuldige mich danach bei den um mich herum Laufenden laut für die Wasserattacke, die mir selber leider keine Kühlung brachte.

Kurz darauf ist der erste flache Kilometer vorbei, die Uhr zeigt einen Split von 4:38, perfekt. Am nächsten Wasserbassin tauche ich meine Baseballkappe in das kühlende Nass und hab kurze Zeit später einen Liter Wasser auf meinem Kopf... klasse. Darauf danach renn ich auch noch durch die Dusche aus Feuerwehrschläuchen, die man hier wegen der Hitze organisiert hat und bin erstmal pitschepatschenass, so gefällt es mir.

An der Getränkestellen schnapp ich mir jedesmal einen Becher (Pappbecher!) Wasser und benetze mir damit zumindest den trockenen Mundraum. Ansonsten verläuft das Rennen aber wie geplant, für die nächsten zwei Kilometer brauche ich genau 9:19, also knapp unter meinem anvisierten Flachlandschnitt und bin an sich guten Mutes, da dann auch der siebte Kilometer genau mit 4:40 zu Buche schlägt und sich das auch so anfühlt, als könne ich das noch gut weiter so durchhalten.

Der siebte Kilomter führt dann auch schon zur ersten richtigen Steigung hinein, ins Dählhölzli. Der Strassenbelag wechselt von Asphalt zu Split, die Bäume spenden Schatten und Kühlung, aber jetzt gehts aufwärts. Ich versuche irgendwie ein lockeres Tempo zu finden, schiele auch ab und zu mal auf die Pulsuhr. Sich an anderen zu orientieren fällt schwer, da man mittlerweile schon auf die Langsameren der vorher gestarteten Blocks aufläuft oder Schnellere an einem vorbeiziehen. Durch die kleinen Kürvchen kann man auch nicht erkennen, wo die Steigung endlich aufhört also beschliesse ich eine Augen-zu-und-durch-Taktik und will bis Kilomter 8, ab da muss es ja wieder abwärts gehen, so weiterlaufen.

Nur wenige Minuten später (5:17) ist Kilomter 8 da, die Hälfte des Rennens ist gelaufen, mit genau 37 Minuten liege ich supergut in der Zeit, meine Beine fühlen sich an wie Mousse au Chocolat und es geht immer noch aufwärts.

500m weiter bin ich endlich oben angelangt und meine Beine haben mittlerweile die Konsistenz von Wackelpudding. Ich hoffe nur, dass sich die auf dem nun folgenden Gefälle einigermassen wieder beruhigen, ein paar Kilometerchen und Höhenmeter liegen ja noch vor mir.

Eine voll mit Wasser gefüllte Baseballkappe später passiere ich km10 und liege genau in meinem 4:40er Schnitt, aber das werde ich nicht halten können, zumindest nicht auf den Steigungen.

Km 11, 4:41 und ich muss beissen.

Das Laktat schwappt in den Adern, jeder noch so kleine Höhenunterschied, sei es rauf oder runter, tut weh. Bei km12 ist es dann soweit. Wir laufen allmählich wieder in die Altstadt ein, aber eine kleine Steigung von 10Hm hat mich 14 Sekunden gekostet.

Mein Schritt wird immer eiriger, ideal für einen Lauf auf historischen Kopfsteinpflaster. Am Bundeshaus hat ein Sponsor einen über 100m langen roten Teppich für die Läufer ausgelegt. Eine schöne Abwechslung für meine malträtierten Knochen aber gleich darauf geht es wieder in einer engen Kurve am Münster vorbei rauf zur Zygtglogge.

Das Publikum ist fantastisch und feuert die Läufermassen frenetisch an. Die Innenstadt kann man eh nur staunend bewundern, die Arkaden sind mit Zuschauern gefüllt, das ist schon eins von diesen tollen Lauferlebnissen, die man da jetzt hat.

Die 1:15 ist mittlerweile nicht mehr möglich, das geben meine Beine einfach nicht mehr her. Dieser eine läppische Ansteig zur Zygtglogge kostet jetzt schon richtig Zeit, auch wieder runter in den Bärengraben sind die Beine merklich wackelig und das schlimmste kommt ja noch: Der Schlussanstieg zum Zielgelände. Den will ich noch ehrenvoll hochkommen. Was ich mit den paar 100 Metern, die danach noch folgen. passieren soll, überleg ich mir dann, wenn es soweit ist.

Beim Herauslaufen aus der Altstadt von Bern geht es ersteinmal ein wenig wieder herunter auf die Brücke über den Bärengraben. Die darauffolgende Linkskurve kann man genau überblicken und sieht einen Grossteil der Steigung und den Lindwurm von Läufern, der sich dort hinaufschiebt. Mein Herz rutscht mir in die Hose. Ich schiele auf die Uhr, unter 1:20 werde ich auf jeden Fall laufen aber da hoch muss ich trotzdem noch.

Auf beiden Seiten der Strasse stehen die Zuschauer und feuern einen an. Etwas Bergankunfstfeeling kommt schon ein wenig auf. Ich senke meinen Blick und fixiere nur die Strasse unter mir. Ich fühle mich irre langsam, schaue mich um, und stelle fest, dass ich in guter Gesellschaft bin und eher seit längerem mehr Leute überhole, als selber überholt werde.

Also Blick wieder nach unten und weiter das Übergewicht den Berg hochwuchten. Km 15 erreichen ich nach 72 Minuten, immer noch bin ich nicht oben, ich laufe am Anschlag, weiss aber, dass es nicht mehr weit ist. Am Rosengarten vorbei durchlaufen wir das Tor mit dem Teufelslappen, das den letzten Kilometer anzeigt. Schlagartig wird es kurz darauf wieder eben und ich versuche, wieder ein wenig Tempo aufzunehmen. Die andersgeartete Belastung, auf einmal wieder horizontal statt vertikal, bekommt meinen Beinen aber überhaupt nicht und ich bekomme fast einen Krampf. Einige Meter Ruhe gönne ich meinen Waden und laufe ein wenig ruhiger, bevor ich dann doch wieder langsam beschleunige. Das Ziel kann man sehen und das beflügelt zusätzlich und letztendlich bin ich mit 1:17:27 zwar deutlich an meinem Ziel, der 1:15 gescheitert, aber ich bin nur froh endlich im Ziel zu sein.

km1 4:16 82%, flach und runter
km2: 4:22 88%, rauf und runter
km3: 4:26 87%, mehr runter als rauf
km4: 4:37 88%, flach
km5+6 9:19 89%, flach
km7 4:40 90%, knapp hoch
km8 5:17 92%, rauf...
km9 5:03 92%, rauf und runter
km10 4:34 92%, runter und wieder... rauf :-)
km11 4:42 93% eher flach
km12 4:54 94%, eher rauf
km13 5:17 94% rauf zur Zygtglogge
km14 4:45 94% eher runter aber nix geht mehr
km15 5:37 96% rauf
km16+ 5:27 97% rauf und Zieleinlauf

Im Ziel dauert es ein wenig bis man an den Medaillenaushändigern vorbei ist und etwas zu trinken bekommt. Ein zwei Bananen nimmt man dann auch noch mit. Chrissi finde ich recht schnell am vereinbarten Treffpunkt und ich kann ersteinmal ein kleines Resumee ziehen. Berge sind blöd und machen einen Höllenspass. Bern ist ein sehr schöner Lauf und lebt von seiner tollen Innenstadt, seiner Abwechslung mit der Schleife im Dählhölzli und den tollen Zuschauern und kann bedenkenlos als tolles Laufevent empfohlen werden.

Kiki ist knapp an ihrem Ziel unter 1:30 zu bleiben gescheitert, aber auch bei ihr hat sich das ziemlich warme Wetter bemerkbar gemacht.

Was meine Zeit wert ist? Koi Ahnig, schneller gings bloss nicht.
Wenn man nach Zieleinlauf mal wieder seine maximale Herzfrequenz bestätigt, ist das zumindest kein schlechtes Zecihen. Ich hab mich auf jeden GFall angestrengt.

Vielleicht hätte ich bei km8 ein wenig auf die Bremse treten sollen, denn da habe ich ziemlich viel Körner verbrannt. Für den Hinweg 37 Minuten, für den Rückweg über 40 sind ein beredtes Zeichen, aber Steigungen laufen muss ich schliesslich noch lernen.

Auf dem Rückweg nach Hause waren wir zumindest alle rundum zufrieden, weil alles mal wieder richtig Spass gemacht hat.






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