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Bericht

Name des Laufes:Swiss Alpine Marathon - K78
mehr zum Lauf: VID138
Datum des Laufes:26.7.2003 (Sat)
Ort:Davos - Schweiz
Plz:k.A.
Homepage:http://www.swissalpine.ch
Strecken:78,5 km
Beschaffenheit:Asphalt, Schotter, Erde, Moos, Felsen,
Profil:2.300 Höhenmeter, höchster Punkt auf 2.600 m üNN
Wetter:Sonnig, heiß
Teilnehmer:ca. 1.000
Name des Berichtenden: MatthiasR LID87
Matthias aus

Bericht vom 2.8.2003 (Sat)
Swiss Alpine Marathon Davos/Bergün

An einem trüben Herbsttag im vergangenen Jahr las ich auf http://www.laufreport.de den Bericht von Nicole Kresse über ihre Teilnahme am Swiss Alpine Marathon. Sofort war ich begeistert, erinnerte mich an meine Teilnahme dort im Jahr 1993 (damals auf etwas kürzerer Strecke) und an die tollen Gigathlon-Bilder vom Scalettapass und beschloss spontan, mich anzumelden. Allerdings konnte man sich online noch gar nicht anmelden, aber immerhin ließ ich mich vormerken.

Auf der Suche nach einem geeigneten Vorbereitungsplan stieß ich wieder bei lauftreff.de auf deren Trainingsplan für die 100 km von Biel. Zuerst wollte ich den nur über den Winter zur Schaffung der notwendigen Grundlage für Davos verwenden. Als das Training aber gut lief, beschloss ich, den Punkt '100 km Lauf' auf meiner 'Things to do in life'-Liste gleich mit abzuhaken. In Biel lief es dann, vermutlich infolge einer Erkrankung drei Wochen vor dem Wettkampf, nicht so gut, aber immerhin konnte ich in 10:11 finishen.

In den sechs Wochen zwischen Biel und Davos galt es nun einerseits zu regenerieren und andererseits nicht zu viel Substanz zu verlieren. In Biel hatte ich üble Probleme mit der vorderen Oberschenkelmuskulatur, die mich in Davos spätestens auf den abfallenden letzten 18 km zum Spaziergänger gemacht hätten. Leider machte mir in den letzten Vorbereitungswochen mein linker Oberschenkel schwer zu schaffen, so dass ich sogar einige Trainingseinheiten ausfallen lassen

musste. Als letztes Mittel ließ ich mich in der Woche vor dem Wettkampf noch drei Mal massieren.Meine Erwartungen hatte ich aufgrund dieser Probleme auf 'Ankommen' abgesenkt, aber im Hinterkopf hatte ich schon eine Zeit von 8 h, mit der ich mich ungefähr so wie vor zehn Jahren plazieren würde.

Außer dem K78 (78,5km, +/- 2320m), an dem ich teilnahm, gab es noch einige andere Wettkämpfe im Rahmen des Swiss Alpine Marathon:
- K42 (42,2km, +1890m / -1710m)
- C42 (42.2km +830m /-990m)
- K30 (30.8km +390m /-920m)
- Walk (27.8km +390m /-920m)
- Team (81.5km +2620m /-2630m, 1 x MTB, 1 x Inlineskates und 3 x Laufen)
- drei verschiedene Mini-Läufe am Vorabend.
In der Ergebnisliste habe ich noch 'C39' entdeckt - das waren Läufer, die in Bergün versehentlich nicht die Abschlussschleife des C42 gelaufen sind.
Der Start war für fast alle Kategorien in Davos, nur die K42er starteten in Bergün.


Da meine Familie nicht mitwollte/-konnte, reiste ich am Freitag alleine an. Unterkunft hatte ich keine gebucht, schließlich habe ich ein großes Auto ;-)
Nachdem ich im Kongresszentrum die Startunterlagen abgeholt hatte, parkte ich das Auto strategisch günstig direkt am Eisstadion, ca. 200m von Start und Ziel entfernt. Abends war Pasta-Party, da gönnte ich mir auch noch (Hallo Uli!) ein Bier. Nach einem Bummel über das Straßenfest auf der Hauptstraße von Davos (war das extra für uns ausgerichtet?) legte ich mich schlafen. Wider Erwarten konnte ich sogar einigermaßen schlafen.

Kurz vor halb sechs am Morgen stand ich auf und ging zum Coop-Restaurant. Der Hauptsponsor Coop bot für die Läufer ein Frühstücksbuffet für 5 SFr an, da konnte man nicht meckern. Obwohl Milchprodukte vor dem Wettkampf eigentlich nicht zu empfehlen sind, konnte ich beim Bircher Müesli nicht widerstehen. Dazu noch Kaffee,O-Saft, Marmelade-Brötchen und zum Abschluss eine Flasche Wasser, dann war ich gut gesättigt und konnte auf der Restauranttoilette auch noch ein wichtiges Geschäft erledigen.

Zurück beim Auto widmete ich mich den Startvorbereitungen, also Fußzehen, Schritt und Brustwarzen mit Melkfett einreiben und alle Haut, die der Sonne ausgesetzt wurde mit Sonnencreme (LSF 26) schützen. Als Wettkampfbekleidung wählte ich trotz angekündigter großer Wärme Kurztight und T-Shirt, um ein Aufreiben an Oberschenkeln und Oberarmen zu vermeiden. Außerdem nahm ich einen Trinkgürtel mit einer Halbliterflasche und Platz für einige Powerbars/-gels mit.


Schließlich stand ich um kurz vor acht Uhr am Start. Die Walker und die Team-Mountainbiker waren bereits gestartet. Es war sonnig und bereits um diese Uhrzeit ziemlich warm.

Dann fiel endlich der Startschuss. Ich stand nicht allzu weit vorne, schließlich wollte ich nicht den Teilnehmern der Sprintstrecken (K30 und C42) ;-) im Weg sein. Am Anfang lief es deshalb etwas stockend, aber nach ca. 500 m hatte ich genügend Platz. Zuerst durften wir eine Ehrenrunde durch Davos drehen, bevor wir uns auf den Weg das Landwassertal hinunter machten.

Ich versuchte, mein Tempo zu finden (so ungefähr 5:00er-Schnitt), was aber mangels Kilometerschildern gar nicht so einfach war. Nach knapp 30 min schaute ich zum ersten Mal auf die Uhr - aha, das 5km-Schild hatte ich wohl übersehen. Ein Stück später verließen wir die sanft abfallende Straße und liefen rechts hoch zu einigen Bauernhöfen. Hier erfolgte der Zusammenschluss mit den Walkern (die bis hierher eine etwas kürzere Strecke hatten). Da der Weg breit genug war, bestand keine Gefahr der Kollision mit spitzen Stöcken. Nach dem kurzen Anstieg wurde es wieder flacher und schließlich ging es ziemlich steil abwärts. Nach einer kurzen Pinkelpause passierte ich das 10km-Schild. Mit 47:30 war ich angesichts des überwiegenden Gefälles bis hierher gut im Plan.

Kaum waren wir wieder auf der Straße unten angelangt, ging es auf der anderen Seite Richtung Spina in den ersten ernsthaften Anstieg des Tages. Ca. 200 Höhenmeter mussten wir zuerst auf Asphalt, später auf schmalen Trampelpfaden hinter uns bringen. Zum Glück hatte ich schon alle Walker überholt, von langsameren Läufern hörte man später Klagen über Behinderungen an den engen Stellen durch die Walker. Im Anstieg hielt ich mich ziemlich zurück, gehen wollte ich allerdings noch nicht - trotzdem wurde ich hier einige Male überholt.

Nachdem wir den Anstieg geschafft hatten, liefen wir einige Zeit auf einem sehr schönen, schmalen, fast flachen Weg durch den Wald, bis sich die Strecke Richtung Monstein wieder nach unten neigte. Hier in Monstein befand sich schon die vierte Verpflegungsstelle, die ich genauso wie die ersten drei ignorierte. Schließlich war meine Flasche noch halb voll und mein Magen hatte endlich das Bircher Müesli vom Frühstücksbuffet so einigermaßen verdaut. Außerdem war hier die 15km-Markierung. An der Zeit von 1:16:20 (also fast 29 min für die letzten 5km) konnte man schön den Anstieg bemerken.

Wieder ging es hinunter zur Straße durch das Landwassertal, zuerst auf Asphalt, später auf einem Schotterweg. Aufgrund des Anstiegs zuvor durften wir nun ziemlich weit und auch ziemlich steil runter. Da ich nicht durch unnötiges Abbremsen meine Oberschenkel belasten wollte, ließ ich es laufen und überholte ziemlich viele Läufer. Bei einem kleinen Bahnhof hatten wir die Talsohle erreicht und folgten ein kurzes Stück der Straße. Als diese in einem Tunnel verschwand, bogen wir links ab auf einen relativ breiten, geschotterten Fahrweg, der leicht abfallend an der immer tiefer unten fließenden Landwasser entlang führt. Dabei durchquerten wir auch einige kurze, schlecht beleuchtete Tunnel, in denen das Laufen ziemlich merkwürdig war.
Gerade als ich dachte, ich hätte es wohl verpasst, tauchte das 20km-Schild auf. Angeblich hatte ich für die letzten 5km 21 Minuten gebraucht. Ich vermute, das Schild stand falsch, da ich bei meinem Bergabtempo mit deutlich unter 20 Minuten für diesen Abschnitt gerechnet hatte (und dies auch von meiner letzten Teilnahme so in Erinnerung hatte).

Vermutlich aufgrund des hohen Bergabtempos fühlte ich mich auf diesem Abschnitt, der auch sehr sonnig war, ziemlich schlapp und dachte auch an ein Abbrechen in Bergün (mit Wertung im C42). Nach einem Power-Gel ging's mir allerdings wieder besser :-) . Hier lief ich einige Zeit mit einem Läufer zusammen, der im Vorjahr in 8:30 gefinisht hatte und sich dieses Jahr um 10 min verbessern wollte. Da ich problemlos mithalten konnte, wurde ich wieder etwas zuversichtlicher.

Irgendwann erreichten wir wieder die Straße, nur um sofort auf einen schmalen, welligen Trampelpfad zu wechseln. Dieser führte uns zum Bahnhof Wiesen, wo ich zum ersten mal die Verpflegungsstelle in Anspruch nahm. Die angebotenen Energieriegel waren leider völlig unbrauchbar - total trocken und bröselig und im Laufen kaum runterzukriegen. Kurz nach dem Bahnhof folgte der erste Streckenhöhepunkt, die Überquerung des eindrucksvollen Wiesner-Viadukts, einer Eisenbahnbrücke mit schmalem seitlichen Füßgängerweg hoch über dem Landwassertal. Schwindelfrei sollte man da schon sein.

Danach ging es auf schmalen Waldwegen weiter, mal hoch, mal runter. Dank Winfried hatte ich keine Bedenken, bergauf auch mal zu gehen, was sich ab einer gewissen Steilheit wirklich als schonend und trotzdem recht schnell erwies. Das 25 km-Schild passierte ich nach 1:57, also 20 min für die letzten fünf km. Entweder dieses oder das 20er-Schild (oder beide) musste also falsch stehen.

Irgendwo hier holte ich die 'Laufreporterin' Nicole Kresse ein, was mir allerdings erst in Bergün klar wurde, wo sie vom Sprecher angekündigt wurde. Kurz vor Filisur verließen wir den Wald und liefen auf asphaltierten Wegen ins Dorf. Hier, am tiefsten Punkt der Strecke auf ca. 1000 m ü NN, war es trotz der Morgenstunde (kurz nach 10 Uhr) ganz schön heiß. Die 30km-Markierung erreichte ich nach 2:20, das Ziel des K30 gut vier Minuten später.

Den einfacheren Teil des Rennens hatte ich nun hinter mir, von jetzt an sollte es bergauf gehen - insgesamt 1600 m bis zur Keschhütte auf gut 2600 m ü. NN. Ein Viertel der Höhenmeter waren auf den folgenden 10 km bis Bergün zu überwinden. Zuerst war davon aber noch nichts zu merken. Nach kurzen Pausen an der Verpflegungsstelle und beim Pinkeln ließ ich Filisur hinter mir und lief noch relativ flach auf breiten Wegen und auf der Straße. Kurz nach der 35km-Markierung (die Zeit dort habe ich leider vergessen) ging es allerdings auf einen frisch restaurierten ehemaligen 'Säumerpfad' (Was ist das eigentlich?), der steil nach oben führte. Hier war wieder Gehen angesagt. Das erste Stück dieses Pfades durften wir übrigens auf einem dicken Moospolster laufen (Ob davon nach dem Lauf noch was übrig war?). Der Rhythmuswechsel zwischen Gehen am Anstieg und Laufen an flacheren Stücken klappte inzwischen ziemlich gut. Als wir die Straße erreichten, hatten wir (fürs Erste) das steilste Stück hinter uns und ich konnte wieder laufen (viele andere nicht). Schließlich öffnete sich vor uns der Talkessel, es wurde fast flach und Bergün kam in Sicht.

An der dortigen Verpflegungsstelle (ca. km 40, Schild nicht gesehen, Zeit: 3:10) habe ich mir meine 'Effekten' bringen lassen, einen Beutel, den ich in Davos abgegeben hatte. Für's Hochgebirge wollte ich doch eine Sonnenmütze aufsetzen, um keinen Sonnenstich zu riskieren. Dummerweise habe ich das im Beutel befindliche Power-Gel nicht eingesteckt. Kurz nach der Verpflegung kam die Abzweigung für die Schlussrunde der C42er. Wie ich später erfuhr, wurden die beiden Führenden des K78
ersehentlich auch in diese Richtung geschickt und durften einige Meter (nicht die ganze Runde) extra laufen.

Kurz nach dem Ortsende mündete die Auftaktrunde des K42 in unsere Strecke. Da die K42-Läufer nur 25 min bevor ich in Bergün war gestartet waren und erst eine 2km-Schleife laufen mussten, holte ich schon bald die ersten, sorry letzten, von denen ein. Scheinbar wollten viele diese Strecke nordic-walken. Da der Weg breit war, gab es keine Probleme beim Überholen.

Auf den ca. 7km von Bergün bis zum Minidorf Chants ging es weitere 400 Höhenmeter hinauf. Auf dem anfänglich relativ flachen Stück überholte ich Nicole Kresse. Kurz danach wurde es steil, ich ging, und Nicole lief an mir vorbei. Auf flachen Wegstücken konnte ich den Abstand konstant halten, aber sobald es steiler wurde und ich ging, setzte sie sich ab, bis ich sie schließlich aus den Augen verlor. So langsam wurde die Sache auch richtig anstrengend. Immer wenn es eine Weile so flach war, dass man laufen konnte, wünschte ich mir, dass es steiler wird und ich wieder gehen kann...Schließlich kam ich nach 4:04 an der Verpflegungsstelle in Chants an. Dort trank ich etwas, versäumte es aber, meine halbvolle Flasche wieder ganz aufzufüllen.

Nun ging der Wettkampf wirklich los. Während sich die ersten 800 Höhenmeter auf 17km verteilten, folgten nun 800 Höhenmeter auf 5km Wegstrecke! Einige wenige Meter nach der Verpflegungsstelle waren noch laufbar, dann wurde es aber so steil, dass praktisch alle gingen. Der Einzige, den ich hier laufen sah, war nur minimal schneller (und bei km 75 habe ich ihn wieder überholt). Zuerst führte die Strecke noch durch den schattigen Wald, aber schon bald ging es oberhalb der Baumgrenze auf Geröllpfaden steil nach oben. Hier stützte ich mich sogar beim Gehen mit den Händen auf den Oberschenkeln ab, um die Beine etwas zu entlasten. Allerdings gab das Kreuzschmerzen und am nächsten Tag Muskelkater in den Oberarmen. Meine Flasche war ziemlich schnell leergetrunken, u.a. um ein Gel runterzuspülen, und ich wartete sehnlichst auf die nächste Verpflegungsstelle. Dass die hier nicht so dicht gesät waren wie am Anfang (vom räumlichen Abstand waren sie es sogar, aber halt nicht vom zeitlichen) war verständlich, schließlich konnte alles Material nur per Helikopter angeliefert werden.

Endlich erreichte ich nach scheinbar endloser Plackerei die Verpflegungsstelle, von der aus man auch schon die Keschhütte sehen konnte. Hier konnte ich auch mal die wunderbare Bergwelt rund um uns herum bewundern, zuvor hatte ich eigentlich nur den Boden auf den zwei Metern vor mir gesehen. Ich füllte meine Flasche mit Eistee, was sich später als Fehler herausstellen sollte, trank ein paar Becher und weiter ging's. Leider gab es nur diese bröseligen Müsliriegel und keine Gels, das hätte ich gut gebrauchen können.

Jetzt konnte man mal wieder ein Stück laufen, und wie schon weiter unten war ich froh, als es so steil wurde, dass ich wieder gehen durfte. Ich war mir nicht so recht sicher, ob ich heute überhaupt noch mal ein längeres Stück würde laufen können. Zum Glück hatten wir bei der letzten Verpflegungsstelle schon ca. 3/4 der 800 Höhenmeter geschafft, sodass wir relativ bald an der Keschhütte ankamen (Zeit: 5:16). Dort stand ein Arzt, der alle Läufer fragte, wie es ihnen geht. Ich antwortete: "Super!", was natürlich glatt gelogen war. Naja, dafür, dass ich schon 50 km gelaufen war (mit ein paar Höhenmetern) ging's eigentlich auch - auf jeden Fall _Viel_ besser als in Biel nach der selben Distanz.

Bei der Keschhütte war wieder Verpflegung, leider auch diesmal ohne was Anständiges zu essen. Danach ging es erstmal 200 Höhenmeter ungefähr so steil runter, wie wir zuvor hoch mussten. Aber Abwärtslaufen ist irgendwie mein Ding, da habe ich nur überholt. Die Oberschenkel machten zum Glück keine Probleme, außer dass sie sich etwas müde anfühlten. Nach einem etwas flacheren Stück (und ich konnte doch noch laufen!) trennte sich unser Weg von den K42- und Team-Läufern. Während diese noch einiges weiter nach unten zur Alp Funtauna mussten, wechselten wir auf den legendären Panoramatrail. Dieser sehr schmale Pfad schlängelt sich, im Schnitt leicht ansteigend, am steilen Hang entlang Richtung Scalettapass. Weit unten im Tal sieht man die K42er laufen und ist froh, da nicht runter (und später wieder hoch) zu müssen.

Vom vielen Eisteetrinken war mir inzwischen leicht übel geworden. Außerdem bekam ich Hunger und hätte jetzt gerne ein Gel gehabt. Auf Powerbars (die hatte ich noch dabei) hatte ich keinen Appetit. Also hoffte ich auf die nächste Verpflegungsstelle, die schon bald kommen sollte.

Als ich einmal im Gehen aus meiner Flasche getrunken habe, bin ich mit dem rechten Fuß neben den Weg getreten und einen halben Meter tiefer gelandet. Zum Glück konnte ich mich mit den Händen auf dem Weg abfangen und habe mich auch nicht verletzt - ein ganz schöner Schreck war es aber doch. Danach war ich wieder aufmerksamer, was auch notwendig war. Denn jetzt mussten wir ständig kleine Bäche queren und versuchen, so über die nassen und manchmal kippeligen Steine zu hüpfen, dass die Füße nicht nass wurden.

An der Verpflegungsstelle gab es wieder nur Brösel-Riegel und Brotstückchen zu essen. Ich habe das Brot vorgezogen. Nach ein paar Bechern Wasser ging's weiter über Stock und Stein. Bald war es mit der Einsamkeit vorbei, da sich unsere Strecke wieder mit der des K42 vereinigte. Nun waren wir schon dicht am Scalettapass, der ungefähr so hoch wie die Keschhütte liegt. Das letzte Stück musste ich aufgrund der Steilheit wieder gehen. Nach 6:23 war ich oben und wusste, dass es jetzt nur noch abwärts ging. Leider gab es auch hier nichts brauchbares zu essen für mich.

Bis Davos waren es jetzt 'nur' noch 18 km und 1.100 Höhenmeter abwärts, ungefähr die Hälfte der Höhenmeter allerdings auf den ersten 3-4 km! Extrem steil ging es über steiniges Terrain bergab, allerhöchste Konzentration war gefragt - was nach 60 Laufkilometern natürlich nicht mehr so einfach ist. In diesem Bereich gab es etliche Stürze, wie man im Ziel an blutverschmierten Extremitäten erkennen konnte. Ich selbst kam gut mit den Bedingungen zurecht und überholte fleißig. Kurz vor Ende des steilsten Teils passierte ich Nicole Kresse, von der ich nicht gedacht hatte, sie während des Rennens noch mal wiederzusehen.

An der nächsten Verpflegungsstelle gabe es endlich mal wieder Bananen. Ich aß zwei Stücke im Stehen und nahm noch drei oder vier mit. Die Strecke wurde nun flacher, das Tal lieblicher und die Sonne immer heißer. Meist liefen wir auf flach abfallenden Schotterwegen, zwischendurch ging es aber auch mal über Gras. Solange es abwärts ging, hatte ich keine Probleme, aber flache Stücke oder gar kurze Anstiege fielen mir nun doch ziemlich schwer. Trotzdem versuchte ich einen Schnitt von 5:00/km zu halten, das würde nämlich eine Endzeit von knapp unter 8 h bedeuten. Was mich etwas irritierte war die Tatsache, dass die 30 km- bzw. 35 km- Schilder des K42 deutlich mehr als ein Kilometer hinter dem 65 km- bzw. 70 km- Schild des K78 folgten. Bei 78 km zu 42,2 km hätten das eigentlich nur 800 m sein dürfen (ihr seht, ich konnte sogar noch rechnen).

Ungefähr nach 73 km war ich auf den oben erwähnten 'Bergaufläufer' aufgelaufen. Statt zu überholen gab ich aber der schon lange nagenden Versuchung, ein paar Schritte zu gehen, nach. Das war wohl ein rein mentales Problem, die Beine hätten bestimmt weiterlaufen können, aber der Kopf wollte einfach nicht mehr. Nach ca. 50 m trabte ich dann aber doch wieder los. Ein Stück weiter kam eine Steigung (minimal, vielleicht 2%), da bin ich nochmal gegangen. Zum Glück ging es danach wieder abwärts und bald kam die letzte Verpflegungsstelle. Hier gönnte ich mir zwei Becher Cola und hoffte, dass der Abfall des Blutzuckerspiegels nach der vermehrten Insulinausschüttung erst im Ziel passiert.

Direkt danach stand das 75 km Schild und ich hatte noch 20 min für die letzten drei km - das sollte doch reichen. Nach einer scharfen Kurve ging es nochmal steil bergauf - ohweh. Zum Glück war es nur ein kurzes Stück und die Strecke wurde wieder flach und dann abfallend. Ungefähr hier überholte ich endgültig den 'Bergaufläufer'. Außerdem fiel mir die Lösung für das Problem der großen Abstände zwischen K42- und K78-Schildern ein. Irgendwo in der Ausschreibung stand, dass der K78 78,5 km lang ist! Jetzt würde es vielleicht doch noch knapp werden mit den acht Stunden.

Nach dem Bergabstück kamen wir auf eine Straße, die scheinbar endlos lange geradeaus führte. Die Sonne brannte hier gnadenlos auf uns herab und ein Thermometer am Straßenrand zeigte 28°C. Weit vor mir sah ich eine Gruppe von Läufern, darunter eine K78-Läuferin, die ich am Anfang zeitweise dicht vor mir hatte. Ob ich die noch kriegen würde? Tatsächlich kam ich immer näher. Als es endlich mal rechts ab ging, hatte ich das Loch fast zugelaufen. In der nächsten Rechtskurve überholte ich die ganze Gruppe, direkt vorm Einlauf ins Stadion. Jetzt noch 200 m und es war vorbei! Da ich mich jetzt natürlich nicht mehr überholen lassen wollte, beschleunigte ich noch mal und endlich war ich im Ziel. Der Blick zur Uhr: 7:56:50 - hat ja doch noch unter 8 h gereicht. Später erfuhr ich, dass das Platz 91 in der Männerwertung bedeutete - genau dieselbe Plazierung wie 1993.

Nach der Ziellinie hätte ich mich am liebsten auf den Boden fallen lassen, aber ich musste erst noch durch einen langen 'Nachzielkanal' gehen, an dessen Ende ich mein Finisher-Shirt ausgehändigt bekam (die K42er bekamen nur eine Medaille). Mein Kreislauf war nun völlig am Ende. Ich wollte mich aber nicht hier auf den Boden setzten, weil ich einen Hitzschlag oder Sonnenstich befürchtete. Deshalb nahm ich mir noch einen Getränkebecher und schleppte mich zur nebenan liegenden Eishalle, wo ich mich in den kühlen Mauern auf die Holztreppe setzte (bzw. fallen ließ). Hier musste ich erst mal ein paar Minuten verschnaufen. Bevor ich mir eine Lungenentzündung holte, bin ich dann aber doch wieder aufgestanden, habe erst meine 'Effekten' und dann meine Duschsachen geholt und bin Duschen gegangen.

Den Rest des Nachmittags habe ich im wesentlichen verschlafen. Abends war in der Eishalle noch mal eine Veranstaltung mit Tombola (ich habe mal wieder nichts gewonnen), Musik (grauslich), Essen und Trinken. Die Nacht (die für mich ziemlich früh begann) verbrachte ich wieder im Auto. Am nächsten Morgen fuhr ich zuerst nach Zürich und schaute ein wenig beim Ironman Switzerland zu, bevor ich mich endgültig auf den Heimweg machte.



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