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Bericht

Name des Laufes:23. Rhein-Ruhr-Marathon
mehr zum Lauf: VID3116
Datum des Laufes:30.4.2006 (Sun)
Ort:Duisburg
Plz:D4
Homepage:http://www.rhein-ruhr-marathon.de/
Strecken:HM, MA
Beschaffenheit:asphaltiert, zum Teil gepflastert
Profil:flach, zwei Anstiege an Rheinbrücken
Wetter:kühl, bis auf einen Regenschauer trocken und sonnig
Teilnehmer:2214 (Marathon)
Name des Berichtenden: MadMag LID557
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Bericht vom 1.5.2006 (Mon)
Bericht:

_Der_ Marathon des Jahres. Saisonziel Nr. 1. Sechs Monate Vorbereitung. Vorbei. Was mach ich jetzt?


Als im letzten Herbst der neue Termin für den Duisburg-Marathon bekannt gegeben wurde (30.04.06) war die Verlockung groß. 30. April, gleiches Datum wie mein erster Marathon 2000, ebenfalls in Duisburg. Viel bessere Bedingungen als Anfang Juni, wo der Marathon in den letzten Jahren stattfand. Also wurde Duisburg mein Frühjahrsziel.


Eine Vorbereitung läuft ja selten optimal. Aber zweimal Bänderdehnungen im Dezember und Anfang Januar hätten nicht sein müssen. Die umfangreichen Wochen im Februar waren sicher hilfreich, aber trotzdem stressig. Schnell haben sie aber auch gemacht, was sich Anfang März über 10km (32:06min) und Anfang April in Bonn über HM (1:11:28h) zeigte. Bis dahin lief es mal lange Zeit sehr gut und kontinuierlich. Im April kam dann trotzdem noch der obligatorische Ausfall mit einer Erkältung und die Quittung für ein paar zu ambitionierte Trainingseinheit in Form einer Reizung des Schleimbeutels an der linken Achillessehne. Eine ordentlich Woche Training (155km) bekam ich trotzdem noch zusammen, leider war es ausgerechnet die vorletzte vor dem Rennen, da wollte ich schon gar nicht mehr soviel machen. Als Ausgleich bin ich in der letzten Woche nur zweimal zum Laufen gekommen, weil ein Projektmeilenstein mir eine 60h-Woche beschert hat. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, die gute Form aus Bonn in den Marathon mitnehmen zu können. Da saß ich nun und zweifelte an mir selbst.


Taktik

Ich will kein taktisches Rennen, ich will nur eine gute Endzeit. Darum mach ich mein Ding, egal ob jemand vorne weggeht oder ich allein laufen muss. Zumindest einen Mitstreiter habe ich in Tobias gefunden. Ich hatte ihn im Herbst schon gefragt, ob er in Duisburg mitläuft, evtl. nur bis HM. Durch die Überschneidung mit dem Termin des Herrmannslaufs wollte er sich aber so früh noch nicht entscheiden. Im Januar kam dann doch seine Zusage zum Duisburg-Marathon und gleich die Ansage, dass er auch den ganzen läuft. Schön, dass versprach zumindest etwas Zweisamkeit während des Rennens und vorher im Training.


Der Termin im April hat den Vorteil, dass es evtl. nicht so warm ist wie Anfang Juni. Nur kann sich der April so schlecht entscheiden und es wurde in der Woche vor dem Rennen auch schon mal 20°C warm. Hoffnung gab nur die Wettervorhersage fürs Wochenende, die deutlich kühlere Temperaturen vorhersagte. Leider aber auch Regen und Wind. Den Regen bekamen wir am Samstag, der Wind blieb aus.


Raceday

Inzwischen sehe ich alles ein bischen entspannter als noch vor ein paar Jahren. Mir reicht es auch aus, inzwischen nur drei Stunden vor dem Rennen aufzustehen und dafür zum Frühstück nur ein Brötchen zu essen. Tasche packen, umziehen, Trainingsanzug drüber, um 7:30 Uhr saß ich im Wagen und war auf dem Weg zum Stadion. Dort ist Start und Ziel und ich wohne so günstig, dass ich die Strecke auf dem Weg dorthin überqueren muss. Also bin ich vor dem ersten Start (der Inliner) schon unterwegs gewesen. Das verschaffte mir noch viel Zeit, mich im Auto mit Musik aufzuputschen. Und um oft genug in die Umkleiden springen zu können, um meine geschäftlichen Verpflichtungen zu erledigen.

8:40 Uhr, \"Boulevard of Broken Dreams\" ist gerade zu Ende und ich breche zum Warmlaufen auf. 10-15min reichen mir vor einem Marathon. Jetzt nochmal schnell aufs Klo und dann zum Start. Auf dem Weg dorthin noch den Kleiderbeutel am richtigen LKW vorbeigebracht und mir gedacht, dass es eine tolle Idee ist, 3000 Taschen einfach so zu stapeln, wie sie gerade kommen. So im knappen Hemd- und Höschen war mir jetzt doch ein bischen frisch. Also lieber noch einen Kilometer einlaufen.

Dann am Start gabs für mich keine großen Fragen, wie ich in meinen Startblock komme, wenn man vorne stehen will, geht man einfach von vorne rein. Macht man das rechtzeitig meckern auch die Jungs von der Zeitnahmefirma nicht. Aber in Duisburg gibt es auch keine abgesperrten Startblöcke, trotzdem funktioniert die Startaufstellung. Wie immer an dieser Stelle ein Blick in die Runde der versammelten Erstreihenstarter: Der angekündigte Ruben Welsch fehlt, Muharrem Yilmaz ist da und gut drauf, Markus Klönne aus Witten ist schon bester Deutscher beim Ruhrmarathon in 2:32h gewesen, die Brüder Schulz kennt Tobias von seinem Marathon in Münster. Und der letztjährige Zweitplatzierte http://www.insellaeufer.de/duisburg.htm ist auch wieder da.


Rennen

Km 1 3:29,9
Nach dem Startschuss geht es in einer sechsköpfigen Gruppe zunächst locker los. Dann ist Tobi der Erste, der die Initiative ergreift und die Flucht nach vorn ergreift. Ich bleibe dran. Okay für den ersten Kilometer, aber so sollte es eigentlich nicht lange weitergehen. Ich lasse Tobi in seinem ungebremsten Drang ein bischen davonziehen.

Km 2 3:31,4 (7:01,3) Besser
Km 3 3:33,6 (10:34,9) Gut
Km 4+5 6:57,4 (17:32,3) Wo kommt das denn plötzlich her, fühlt sich doch ganz locker an ;-)

Wir haben die Duisburger Innenstadt passiert und sind durch den Innenhafen durch. Hier stehen die ersten Frühaufsteher zum Anfeuern. Hier ist auch der erste Verpflegungsstand, den brauche ich aber nicht.

Km 6 3:43,7 (21:16,0) Die erste von wenigen Brücken, diese hier über die Ruhr.

Vorteil: Wir haben Kasslerfeld hinter uns gelassen. Nachteil: Wir laufen durch den zweithässlichsten Abschnitt des Rennens nach Meiderich.

Km 7 3:29,5 (24:45,5) Und wieder hinunter.
Km 8 3:34,6 (28:20,1) Treffer, das soll das Tempo sein.
Km 9 3:38,9 (31:59,0) Äh, wie jetzt? Ach so, es ging ein bischen bergan.

Am Rand steht der Pressewart unseres Vereins und freut sich einen Ast, dass Tobi und ich vorne sind. Stefan hat einen Link zu seinen Bildern nebenan in seinem Bericht gepostet.

Km 10 3:31,8 (35:30,8/17:58,5) 3:33min/km sind ja fast 3:35min/km, was ich hier eigentlich haben wollte. Passt.
Km 11 3:40,3 Kaum spürbarer Anstieg oder nur eine Ausrede?
Km 12 3:22,7 Das Tempo ist ein bischen angestiegen, aber nicht soviel. Ich tippe auf solide 7:03min/2km.
Km 13 3:31,4 Wir sind in Meiderich. Hm, ging es beim letzten Mal nicht durch die Einkaufsstraße? Jetzt laufen wir anders, Zuschauer stehen hier nur wenige.
Km 14 3:31,2 (49:36,4)

Ein Drittel ist geschafft. Ich realisiere was die 49:36min für eine Endzeit bedeuten würde und kann nur grinsen. Bisher fühlt sich alles gut an.

Km 15 3:29,0 (53:05,4/17:34,6)

Es geht jetzt durch den Freihafen nach Ruhrort.

Km 16 3:35,3 Gegenwind, wir wechseln uns vorne ab.

Km 17 3:37,5

Die erste VS an der ich eine eigene Flasche deponiert habe. Der erste Versuch mit eigenen Getränken in einem Wettkampf. Aufregend, wenn das nicht klappt, habe ich keinen Plan B für die Versorgung. Das Wasser an den Getränkestationen ist mir zu kalt, davon bringe ich während des ganzen Rennens nur drei Schlückchen runter. Isozeugs aus fremden Flaschen ausgerechnet im \"wichtigsten Rennen aller Zeiten\" auszuprobieren bringe ich nicht über mich.
Durch einen Kreisverkehr und danach um eine Kurve liegt da schon die VS vor uns. Vorne rechts auf einem Extratisch die übersichtliche Zahl von 8 Flaschen Eigenverpflegung. Die dritte ist meine, das klappt wunderbar. Drin sind 300ml \"Leistung\"s\"riegel\" \"Ausdauer\" Isozeugs. Die Hälfte trinke ich selbst, dann biete ich Tobias die Flasche an. Der will nicht, also gebe ich die Flasche an einen der Radfahrer weiter.

Km 18 3:41,4

Die erste Überquerung des Rheins von Ruhrort nach Rheinhausen. Das ist die eine von zwei Rheinbrücken, die während des Rennens zu überqueren sind. Steiler wird es also nicht mehr werden. Im Anstieg lasse ich mich etwas zurückfallen und laufe mit konstanter Belastung weiter. Die Lücke zu Tobias ist nach dem Scheitelpunkt der Brücke schnell wieder geschlossen. Geht es etwas bergauf ist er jedesmal schneller, bergab habe ich dafür die längeren Beine :-)

Km 19 3:27,9

Die letzten zwei Kilometer alos in 7:09,3min voll im Soll. Als hätte es die Brücke nicht gegeben...
Wir sind in Homberg, es geht durch die Einkaufsstraße wo die Zuschauer mal dicht stehen. Aus dem Führungsfahrzeug werden wir als zwei Duisburger in Führung beim Duisburgmarathon angesagt. Das lässt die Zuschauer noch viel mehr jubeln als vorher.

Km 20 3:36,5 (1:11:04,0/17:58,6)

Wir lassen das Zentrum von Homberg hinter uns. Jetzt wird es erstmal ätzend, die Strecke führt an einem Chemiewerk entlang. Hier ist die Luft überhaupt nicht gut, Nase zuhalten geht aber gerade nicht.
Die ersten zwanzig Kilometer sind vorbei, Zeit, das Tempo um ein paar Sekunden anzuziehen.

Km 21 3:28,4 (1:14:32,4)

Das Chemiewerk haben wir GsD hinter uns gelassen. Die Kilometermarkierung war sicher wirklich die für Km 21 und nicht die HM-Markierung. Trotzdem lag dort eine Zeitnahmematte und die genommene Zeit taucht auch als HM-Durchgangszeit in den Ergebnissen auf.
Tobias geht kurz vor der Matte an mir vorbei in Führung mit den Worten \"Du gewinnst ja das Rennen, lass mich hier führen\".

Km 22 3:29,5

Auf dem Rheindeich im Wind fühlte sich das viel anstrengender an. Plötzlich meint Tobi, er hätte Seitenstechen und müsse sich zurückfallen lassen. Nee, ne. Bei der Km-Markierung macht er es wirklich, wir wünschen uns beide noch viel Glück und laufen nun unsere eigenen Rennen. Schade, es war schön, mit Tobi überzulaufen.

Km 23 3:21,2

Weg vom Deich, Wind weg... Upps
Gefährliche sache, zu diesem Zeitpunkt den Druck zu erhöhen. Man ist noch zu frisch und schiesst offenbar leicht übers Ziel hinaus.
Ich habe ein schlechtes Gewissen, als ich mir vom Fahrradfahrer nochmal meine Trinkflasche geben lasse und einen Schluck trinke. \"Fahrradbegleitung verboten\" schiesst mir durch den Kopf und ich nötige den Fahrradfahrer, mit dem Rest in der Flasche zu Tobi zurückzufahren und ihm anzubieten.

Km 24 3:36,5

Wir kommen in Rheinhausen an, die nächste Zuschauerhochburg. Duisburg ist generell so ein Marathon der Stadtteile. Die Strecke ist nicht durchgängig von Zuschauern gesäumt, laut Aussagen der Polizei sind es auch \"nur\" 50000 Zuschauer gewesen. Aber an einigen Punkten der Strecke sammeln sich diese und es kommt schon tolle Stimmung auf. Am Innenhafen und in Meiderich ist immer schon ein wenig los, in Homberg und Rheinhausen wird schon richtig gefeiert. In Hochfeld und entlang der langen Düsseldorfer Straße stehen schon einige Menschen, richtig gefeiert wird aber vor allem in Buchholz und in Wedau auf den letzten Kilometern vor dem Ziel. Das ist immer wieder unterbrochen von längeren Stücken, wo es kaum Zuschauer gibt. Mich stört das nicht, es macht Spass durch diese Zuschauernester zu laufen, dabei bekomme ich noch jedes Mal Gänsehaut. Aber auch in den Stücken dazwischen kommt bei mir nie Langeweile auf, ich bin eh die meiste Zeit mit dem immer anstrengender werdenden Kampf mit mir selbst beschäftigt.

Km 25 3:31,6 (1:28:31,2/17:27,2)

Ich schaue mir nicht mehr jeden Kilometersplit an, den ich nehme. Es wird langsam anstrengend und ich merke es, wenn ein Kilometer ein paar Sekunden schneller war. Mein innerer Geschwindigkeitsmesser funktioniert besser als die vermessenen Kilometer oder gar technischer Schnickschnack. Im Rennen merke ich solche Kilometer auf denen ich 5s langsamer bin gleich als viel lockerer. Die Präzision soll mal ein Gadget erreichen.

Km 26 3:37,3

Der Kilometer endet oben auf der Rheinbrücke, die uns zurück auf die \"rechte\" Rheinseite und nach Hochfeld bringt. Die Brücke ist lang aber nicht steil. Ich habe bergan das Gefühl langsamer und lockerer zu laufen und rechne mit einem viel langsameren Kilometer. \"Nur\" sechs Sekunden, ist ja toll :-)

Km 27 3:31,7

Die Brücke gehts natürlich auch wieder runter, das rollt ganz locker. Ich laufe ohne viel Druck weiter. An der Strecke stehen nun die ersten, die heute den Halbmarathon schon beendet haben und nach dem Zieleinlauf den Weg an die Strecke gemacht haben. Darum sehe ich gleich noch ein paar bekannte Gesichter. Die strahle ich an, mir geht es gut.

Beim Einbiegen auf die Düsseldorfer Straße steht der Pressewart meines Vereins wieder mit dem Rad an der Strecke und begleitet mich/uns nun. Es sind jetzt vier Radfahrer mit mir unterwegs, drei davon aus meinem Verein, der Vierten kenne ich vom Radfahren. Es macht Spaß, mit ihnen zu flaxen, tut gut, sich von ihnen aufmuntern zu lassen, zu wissen, dass man den Spaß teilt. Geteilte Freude ist doppelte Freude? Ich habe mit _vier_ anderen geteilt :-)

Ich bekomme so langsam das Gefühl, dass das heute ein \"gutes\" Rennen wird.


Km 28 3:34,1 (1:39:14,3)

\"Fast\" zwei Drittel des Marathons. Für mich beginnt hier der Marathon erst richtig. Alles bisher war nur Vorgeplänkel und darf sich noch locker angefühlt haben. Auf den nächsten 14km wird das Rennen gegen sich selbst gewonnen oder verloren. Mir geht es körperlich noch nicht schlecht. Ich spüre die 28km, meine Muskulatur ist schon ermüdet, runter von der letzten Brücke habe ich auch gemerkt, dass meine Waden nicht mehr locker sind und bei falscher Belastung auch krampfen könnten. Aber ich bin körperlich noch gut genug und vor allem mental so gut drauf, dass ich jetzt schon fast sicher bin, heute ein Superrennen zu liefern.
Die Zwischenzeit gibt mir ausserdem Auftrieb. Ich kann noch gut genug rechnen, um zu sehen, dass ich die letzten 14km wieder unter 50min gelaufen bin. Nochmal so ein Ding, dann wären heute die 2:30h drin, unglaublich! Ich fühle mich aber doch sehr sicher, dass ich nicht mehr als 1-2min verlieren würde, dass also mein Ziel von 2:31h heute fast schon sicher ist.

Km 29 3:39,3

Ui, Gegenwind. Das tut jetzt weh. Und bricht meinen Willen auf eine Zeit <2:30h. Meine Laune steigt schlagartig, als ich mich für eine 2:31h \"entscheide\".

Km 30 3:36,1 (1:46:29,7/17:58,5)
Km 31 3:37,0
Km 32 3:37,7

Endlich wieder von der Düsseldorfer Straße abgebogen. Hatte ich erwähnt, dass die lang ist? Jetzt wird es wieder schöner. Wir laufen bis Km 35 durch Wohngebiete im Duisburger Süden, viele Anwohner sind draussen und feiern. Manche frühstücken noch, andere sind schon beim Bier. Gute Laune haben alle.

Früher fand ich es hier öde und anstrengend, man biegt ein paar Mal ab und ich kam mir vor, als würden wir im Kreis laufen. Heute kenne ich die Strecken und weiss, gleich biegen wir auf die Münchener Straße, da wird es wieder voll sein mit Zuschauern.

Es macht immer noch Spass, ich denke immer weniger daran, was noch passieren könnte. Jeder Kilometer bringt mich jetzt dem Ziel näher, ich zähle schon rückwärts. Ich höre auch nicht mehr darauf, was mir die Fahrradfahrer ansagen, wie weit der nächste Läufer zurück ist. Es interessiert mich nicht. Ich weiss, dieses Rennen gehört mir :-)

Km 33 3:35,8

Die nächste Verpflegung mit eigener Flasche. Ein Helfer steht zwar im Weg, aber ich komme an meine Flasche und trinke mal wieder.

Hier sind soviele Zuschauer und so tolle Stimmung, ich kann nur dauernd grinsen.

Km 34 3:38,1

Der langsamste der flachen Kilometer dieses Rennens. Das war meine \"größte\" Krise in diesem Rennen. Grad des gefühlten \"Einbruchs\": Ein Kilometer zum Sammeln, um danach wieder anzugreifen.

Km 35 3:34,1 (2:04:32,4/18:02,7)

Hier steht Christian. Er ist an die Strecke gekommen, obwohl es ihm nach eineinhalb Jahren voller Verletzungsprobleme und dem Aufgeben seines sportlichen Traums, Marathon <2:30h zu laufen sicher nicht einfach fällt, hier zu stehen. Vor zwei Jahren ist er in Duisburg seinen letzten Marathon gelaufen. In dem Frühjahr war er in Hamburg 2:32h gelaufen und hatte sicher nicht erwartet, dass das evtl. seine Bestzeit bleiben würde. Umso mehr freue ich mich ihn zu sehen.

Ich rufe ihm zu, dass ich heute die 2:31h laufen würde. Er meinte, \"Komm, jetzt jeden Kilometer nochmal fighten, da geht noch mehr!\". Ich kann darauf nur lächeln. Ich hab das Gefühl, dafür müsste ich jetzt noch viel schneller werden und das kann ich nicht.

Km 36 3:36,0

Direkt zu Beginn des Km geht es über eine Autobahn und direkt danach unter einer Bahnstrecke durch. Rauf, runter und wieder rauf. Und oben dann rechts, um eine Extraschleife durch ein Wohngebiet zu drehen. Ein grausamer Kilometer. Ich kann aber immer noch beissen und muss mich für die 3:36min nicht völlig verausgaben. Ich trinke das letzte Mal und konzentriere mich jetzt auf das Finish.

Km 37 3:35,3 Und immer noch Kilometer in 3:35min. Ist ja unheimlich.
Km 38 3:33,6 Noch schneller geht auch noch. Wow
Km 39+40 7:08,4 (2:22:25,7/17:53,3)

Die letzte lange Gerade. Vor sechs Jahren kam mir die unendlich lang vor. Heute freue ich mich einfach nur noch über jeden Meter, über jeden Zuschauer an der Strecke, über die Sonne...

Nur einer hat etwas gegen meinen Genusslauf. Aus dem Führungsfahrzeug kriege ich die Ansage, es könnte mit den <2:30h noch klappen, wenn ich nur noch ein kleines Schüppchen drauflegen würde. Ich Blödmann lass mir diese Flausen sogar noch in den Kopf setzen und fange an, jetzt nochmal zu kämpfen.

Km 41 3:32,0 Das Ergebnis ist noch ein bischen dünn.
Km 42 3:27,4

Bis zur \"flamme rouge\" hab ich gezögert. Beim Durchlaufen des roten Bogens zeigte die Uhr dann 2:26:39h, vielleicht noch machbar. Das kann ich jetzt wahrscheinlich niemandem klar machen, aber obwohl die \"magischen\" 2:29:59h \"greifbar\" erschienen, wollte ich dafür jetzt nicht mehr kämpfen. Die Marathonzeit wird auf den ersten 41km gemacht und der letzte Kilometer ist nicht mehr Sekundenhatz sondern die Ernte des Erlaufenen, ist für das Geniessen, die Belohnung für die 41km Quälerei vorher. Mir war es in diesem Moment egal, dass die 2:30:00h so nah waren. Aber rund um mich herum fingen nun alle Begleiter an, mich anzuspornen, anzufeuern und anzutreiben. Fast widerwillig hab ich das Tempo noch angezogen. Nach ein paar hundert Metern tat das aber so weh, der Spass war plötzlich so weit weg, dass ich mich entschieden habe, es nicht mehr darauf ankommen zu lassen, sondern nur noch zu geniessen und den Lauf mit einem Lächeln im Gesicht zu beenden.

Die letzten 300m bis zum Stadion läuft man durch dichtes Zuschauerspalier. Gruß an Andre, den ich in der vorletzten Kurve gesehen habe. Durch das Marathontor mit \"Diskoeinlauf\" geht es ins Stadion. Dort sind noch zwei Drittel einer Runde zu laufen um dann auf der Gegenseite vor der Tribüne voller Zuschauer ins Ziel einzulaufen.

M 0:45,1 (2:30:10,2)

Kann man nach einem solchen Rennen im Ziel anders als pathetisch sein?
Unbeschreiblich. Meine Arme gingen schon fünfzig Meter vor dem Ziel nach oben, Grinsen konnte ich schon seit einem halben Kilometer nur noch. Ich hab keine Schmerzen mehr gespürt, bin ins Ziel getragen worden, konnte kaum stehenbleiben.
Meine Uhr hab ich bei 2:30:10h gestoppt. Was für ein Gefühl, unglaublich, unbeschreiblich, I love it...


Nach dem Zieleinlauf begann der für mich neue Teil: der Marathon, den man als Erster im Anschluß noch zu überstehen hat. Dastehen, fürs Foto noch fünfzehnmal die Siegerpose nachstellen, spontan Blödsinn im Interview reden, die gleichen Fragen fünfmal beantworten, Hände schütteln. Ruhe habe ich erst bei der Massage wieder gehabt. Meine Beine taten da übrigens nicht mehr weh als nach dem Halbmarathon in Bonn, wenn jetzt aber jemand behaupten will, ich wäre nicht schnell genug gelaufen, komme ich persönlich vorbei und jage denjenigen in 3:33min/km über die Strecke ;-)

Nach der Massage und umgezogen habe ich Antje getroffen. Von ihr wusste ich, dass sie schon von Anfang an geführt hatte und hatte schon gehört, dass sie es endlich geschafft hatte, unter 3h zu bleiben. Aber auch wenn ich es nicht schon gewusst hätte, hätte ich sie nur anzuschauen brauchen. Ein Blick in ein glückliches Gesicht. Dazu gesellte sich Lisa, die den Halbmarathon in 1:24:50h gewonnen hat. Vor einem Jahr ist sie von unseren Jugendlichen zu unserer Tempotrainingsgruppe gestoßen und wird seitdem erst von unserem Trainer betreut. Drei Minuten schneller über 10km und sieben Minuten über HM sind das Ergebnis. Und das geht hoffentlich noch eine Weile so weiter.

Pünktlich zur Siegerehrung gab es einen Regenschauer. Der zweite und letzte während des Marathons. Zumindest ging die Siegerehrung dadurch schnell über die Bühne ;-)
Danach die nächste Premiere, ich soll zur Pressekonferenz kommen und noch mehr Unsinn über mein Rennen erzählen. Gut ist, dass ich hier einen heissen Kaffee bekomme. Ich hatte wohl schon blaue Lippen nach dem Rennen, warm war mir nur beim Laufen.

Anschliessend treffe ich Stefan zum Regenerationsschwimmen im Schwimmstadion und lasse mir von seinem Rennen erzählen. Wir diskutieren, ob man einen 5km-Split von 21:10min bei einem Zeitziel von 2:48 einen Einbruch nennen darf. Eigentlich sind wir aber nur zwei verdammt zufriedene Marathonfinisher, das zu bestätigen braucht es jetzt auch keine Worte.


Für die Statistik:
* Die ersten 21km in 3:33,0min/km, die folgenden 21,195km in 3:34,1min/km. Die Renneinteilung hat gepasst würde ich sagen.
* Der zweite hatte 2:33min Rückstand, ich hab ihm auch auf der zweiten Hälfte also noch Zeit abgenommmen.
* Vier Läufer unter 2:35h, im letzten Jahr keiner.
* Neun Läufer unter 2:40h, im letzten Jahr vier.
* 2214 haben den Marathon gefinisht, im letzten Jahr 1344.


Was für ein Tag. Ein fast perfektes Rennen gehabt, eine traumhafte Zeit gelaufen, mit vielen anderen Glücklichen zusammen gefeiert. Dabei habe ich mir noch ein Ziel offengelassen. Trotzdem muss ich mir erstmal ein paar Gedanken darüber machen, wie die Saison weitergehen soll.


Danke fürs Lesen an alle, die bis hierher durchgehalten haben.


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=1466


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