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24.04.2024, der 3. Tag der KW 17

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Bericht

Name des Laufes:Rund um den lainzer Tiergarten
mehr zum Lauf: VID121
Datum des Laufes:29.6.2003 (Sun)
Ort:Wien
Plz:A
Homepage:http://www.runnersworld.at
Strecken:25km
Beschaffenheit:Asphalt, Wald, Schotter, Forstwege
Profil:650 Höhenmeter
Wetter:Strahlender Sommertag bei 30°
Teilnehmer:152
Name des Berichtenden: horst LID40
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Bericht vom 6.7.2003 (Sun)
Kurze Vorgeschichte

Seit Winfried so nett war mir die Strecke rund um den Lainzer Tiergarten
zu zeigen, hat mich die Idee, beim Lauf zu starten nicht mehr
losgelassen. Das Problem war der Termin, weil der Samstag davor zwei
jährliche Highlights und Fixpunkte geboten hat plus ein Konzert des
Vienna Art Orchestras im Rahmen des Jazzfests Wien: Regenbogenparade,
und die Eröffnung des Rathausplatzes. Nachdem ein heißes Wochenende
auch vorhergesagt war, hat die Erfahrung der letzten 3 Jahre eher drauf
hingedeutet, dass die Biermenge, die dabei zu trinken ist, um nur ja
genügend hydriert zu sein, den Start am So. früh eventuell vereiteln
könnte. Ich habe mir die Teilnahme daher bis zum letzten Moment
offengelassen. Aber die Versuchung war so groß, dass ich bis auf 1 Bier
zum Abendessen und eines zum VAO Konzert trocken geblieben bin. BTW:
Wieder ein *ganz* feines Konzert: virtuos und grandios und ich sag nur:
"Ach Anna!" ;-) Nachdem die Tour im Oktober auch nach D führt; wer die
Chance hat, unbedingt anhören; es werden die beiden Programme "Duke
Ellington's Sound Of Love" (eher "leichtere" Kost - da muss man kein
Jazzfanatiker sein) und Art&Fun (das Programm zu 25 Jahre VAO) gespielt.
Bspw.: 12.10. Bochum, usw. Details dazu auf www.vao.at). So, nach dem
Abschweifen geht's nun los:

Der Lauf

Wecker am So. auf 6:45 gestellt, mit der Option, mich einfach umzudrehen
und weiterzuschlafen, wenn ich Lust habe. Dann war's soweit: einen ganz
kurzen Augenblick habe ich wirklich damit spekuliert liegen zu bleiben
(weiterschlafen wäre noch sooo fein), aber ein strahlend schöner
Sommertag treibt mich aus dem Bett. Ein lachendes und ein weinendes
Auge: strahlend blauer Himmel, aber dafür *heiß*: um diese Zeit schon
um die 20°. Gemütliches Frühstück mit Weißbrot, Kaffee und
Topfenbällchen und ungefähr 2 Liter Wasser - in Ruhe die Zeitung
gelesen; danach habe ich mich drangemacht, mir Zwischenzeiten für die
einzelnen Abschnitte auszurechnen. Basis dafür war der Trainingslauf mit
Winfried vor 2 Wochen. Achja Winfried: der ist dran schuld, dass ich
hier sitze: bei einem kurzen Gespräch nach dem Trainingslauf über das
Rennen habe ich gemeint, beim Rennen könnte ich wohl 2:10-2:15 schaffen,
worauf Winfried gemeint hat, dass ich das wohl in 2h kann. Und genau
*das* hat mir keine Ruhe gelassen. Ich möchte heute ausprobieren, ob ich
die Umrundung wirklich in 2 Stunden schaffen kann. Also alle
Zwischenzeiten mit 0,73 multipliziert, den Zwischenzeitplan auf ein
Sticky Note geschrieben: 43, 24, 19, 30, 6 und beim Hinfahren aufs
Armaturenbrett geklebt, um sie auswendig zu lernen ;-)

Dann Einpacken: großes Handtuch (es gibt einen Swimming Pool),
trockenes Gewand und die Kühltasche mit einer Flasche Wasser bestückt.
Um 8:30 Richtung Novotel die Westausfahrt rausgefahren, kurz vor 9:00
fix und fertig angemeldet und die Startnummer ausgefasst. Ute hat sich
bereiterklärt, zum Anfeuern zu kommen und beim Zieleinlauf Fotos zu
machen und sie wollte bis dahin selbst im Lainzer Tiergarten einen
langen Lauf absolvieren. Ich starte mit ihr ganz langsam bis zum
Pulverstampftor zum Aufwärmen. Kaum ist sie drinnen und ich drehe
Richtung Start um, höre ich von hinten ein freundliches "Guten Morgen,
Horst". Winfried ist also auch gekommen - allerdings mit dem Fahrrad
(als ob die 25km bei der Hitze nicht genug wären ;-)). Wir plaudern
kurz; er meint, nach einer Party letzte Nacht habe er nicht so viel
geschlafen, außerdem sei seine Form komplett im Keller: der 100km Lauf hätte
doch seinen Tribut gefordert (oder vielmehr die lauffreien Wochen
danach); aber er will trotzdem starten. Dann ist er weg zur Anmeldung;
ich trabe wieder zum Hotel zurück, ganz kurz Anfersen, Knieheben,
seitwärts- und rückwärts laufen und danach im Schatten dehnen. Bis zum
Start sind es noch ca. 15 min, die wie im Flug vergehen (dazwischen
ungefähr 5 Teiletappen, um die 2 Liter Wasser vom Frühstück wieder
loszuwerden...).

Ich nehme mir ganz fest vor, das Rennen langsam und kontrolliert
anzugehen und setze mir bis auf den Hufeisenberg (die erste Steigung,
die's in sich hat) ein Pulslimit von 170. Dabei werde ich auch versuchen
von Laufen auf Gehen zu wechseln, sobald es steiler wird. Das wäre mir
selbst ja nie in den Sinn gekommen (ich dachte immer, *richtige* Läufer
laufen, auch wenn's noch so steil wird). Winfried hat mir aber bei
unserem Trainingslauf dazu geraten, er mache das auch so, das spare
unheimlich Energie. Und erst recht an so einem heißen Tag wie heute
wird das wohl das Mittel der Wahl sein.

Kurz noch Winfried, der in der 2. oder 3. Reihe steht, alles Gute und
viel Glück gewünscht und ungefähr im ersten Drittel des Feldes
aufgestellt. Es folgt eine kurze Erklärung zur Strecke, von der ich aber
kein Wort mitbekommen weil einige Veteranen neben mir "Schmähführen":
Egal. Mit kurzer Verspätung der Startschuss. Stoppuhr gestellt. Ich
finde schnell mein Tempo bei so ca. 160/165 Puls. Der erste Teil vergeht
wie im Flug: durchs Gatter, Wald, über die Autobahn und schon kommt der
erste Getränkestand. Ich nehme einen Becher, trinke die Hälfte und leere
mir die Hälfte über den Kopf. Danach beginnt die Steigung zum
Hufeisenberg. Mittlerweile ist das Feld um mich sehr dünn geworden, ich
hefte mich an die Ferse eines vor mir Laufenden. Wir überholen einen
Läufer, der jetzt schon gehen muss. Mein Weggefährte bedauert ihn und
meint, dass das wohl für diesen wirklich schwer werden würde, wenn er
jetzt schon gehen müsse. Ich lasse mich das erste Stück hinauf von ihm
ziehen, merke aber, wie er immer mehr ins Schnaufen kommt. Er erklärt
mir, dass sich hier am Hufeisenberg wohl bereits die Spreu vom Weizen
trennen werde und ich beschließe dann vor ihm zu laufen, damit er sich
nun ein bisschen ziehen lassen kann. Beim zweiten Stück bergauf beginne
ich zu gehen; er läuft weiter und überholt mich. Ich merke allerdings,
dass ich im Vergleich zu den anderen um mich relativ schnell bergauf
gehe (naja, nachdem ich ja auch ab und zu bergsteigen und erst vor 4
Wochen über 5000Hm in 3 Tagen im Gesäuse zurückgelegt habe, ist das ja
auch nicht so verwunderlich) und ich fühle mich wirklich stark. Kaum
lässt die Steigung nach, beginne ich zu laufen und habe meinen Gefährten
sofort wieder eingeholt; dieser hat das Durchlaufen allerdings bitter
bezahlt: er schnauft mittlerweile so laut, dass ich befürchte, dass das
nicht gut gehen kann. Ich setze mich wieder vor ihn, um ihm die Chance
zu geben hinter mir ein bisschen auszuschnaufen. Bei der nächsten
Steigung probiert er erst gar nicht mehr durchzulaufen, sondern beginnt
mit mir zu gehen und bleibt mir auf den Fersen. Aber seine Schnauferei
wird immer lauter: er schafft dann am Ende, als wir wieder zu laufen
beginnen noch den Hinweis, dass wir wohl durchs Gehen nicht allzu viel
verloren hätten. Ich antworte ihm, dass wir damit unheimlich viel Kraft
einsparen konnten und die Zeit hinten raus 3x wieder einholen. Aber bei
der nächsten Steigung kann er einfach nicht mehr mithalten und fällt
dann schnell zurück. An dieser Stelle: herzlichen Dank Winfried, die
Taktik mit dem Gehen war goldrichtig! Ich bin nachher beim Tratschen
beim Bier gar nicht draufgekommen, mich für diese Tipps zu bedanken, ich
war so angenehm müde und glücklich und geschafft. Aber das
kräftesparende Gehen bei härteren Steigungen hat mir für das ganze
Rennen einen enormen Vorteil gesichert und ich habe alle, die ein
bisschen einen Vorsprung durchs Weiterlaufen geholt haben, sofort wenn
es wieder flacher wurde, eingeholt. Eine wichtige Erfahrung für
zukünftige Rennen. Der Hufeisenberg war plötzlich geschafft, ich bin nie
über 175 Puls gekommen und fühlte mich *stark* ;-)

Dann das erste lange Bergabstück: ein breiter Forstweg: ich habe vor ca.
einem halben Jahr in einem Artikel (der Autor hat Boston mehrmals
gewonnen) gelesen, dass speziell beim Bergablaufen sehr viel zeit
gutzumachen sei: die Technik, die er vorschlug war: Oberkörper leicht
nach vorne (instinktiv macht man ja das Gegenteil), drauf schauen, dass
die Schritte nicht zu lange werden und bewusst auf kurzen Bodenkontakt
achten, d.h. sich einfach bergab treiben zu lassen. Meine ersten
Versuche beim Bisamberglauf heuer waren vielversprechend und nun
versuche ich es wieder. Vor mir ein Läufer, der wohl den selben Artikel
gelesen haben muss ;-) Wir überholen in diesem Bergabstück gemeinsam 4
oder 5 Läufer und ich habe das Gefühl zu fliegen. Nur mehr wirklich
fliegen kann schöner sein. Und die Geschwindigkeitsdifferenz zu den
Überholten ist enorm, am Ende beim links Einbiegen in das nächste
schmale Stück sehe ich sie nicht mehr. Danach kommt dann bald das
Dianator. Kurzer Blick auf meine Uhr: fein, unter meiner Planzeit für
die 2h! Beim Tor die zweite Versorgungsstelle: ich beschließe 2 Becher
Wasser zu nehmen: einen zum Trinken, den zweiten für den Kopf. Das ganze
erledige ich im Gehen. Beim Wiederanlaufen fällt mir ein, dass ich
vergessen habe, die Zwischenzeit zu stoppen, also jetzt: 44:24 nach dem
Trinken. Passt. Dann geht es weiter zum Gütenbachtor. 15:43. WOW! Ich
kann mich erinnern, dass mein Plan 25 Min. vorgegeben hat, da kann was
nicht stimmen, so schnell kann ich unmöglich sein. Aber leider keine
Verpflegungsstelle, mit der ich fix gerechnet hatte. Kurz ein langes
Gesicht, aber was soll's ich bin gut drauf und ich werde deswegen schon
nicht eingehen. Danach doch bald die nächste Verpflegungsstelle: ich
vergesse drauf zu stoppen, weil ich mir überlege, nun noch
mehr zu trinken und dabei komplett stehen zu bleiben. Ich habe das
Gefühl, das bisschen, was ich dabei an Zeit liegen lasse, kann ich
danach locker wieder aufholen; ich verschlucke mich nicht, bin durchs
Trinken nicht so außer Atem und habe bis jetzt kein Problem damit,
wieder anzulaufen. Gedacht, getan: 1 Becher isoton. Getränk, 1 Becher
Wasser und einer übers Haupt.

Danach bin ich die ganze Zeit wie in Trance: wieder dieses Gefühl,
leichtes Fieber zu haben und zu fliegen. Mich stört die Hitze nicht, ich
überhole laufend Konkurrenten und fühle mich *stark*. Ich kann die
Eindrücke zu diesem Teil des Rennens überhaupt nicht in der richtigen
Reihenfolge einordnen: das märchenhafte Aquädukt im Wald, das plötzlich
auftaucht (es erinnert mich an den Moment beim Wracktauchen, wenn man
nach 30m Abtauchen ins Dunkel plötzlich das Wrack erkennt), das sanfte
Bergablaufen aus dem Wald heraus, der Blick nach Laab, der Maurer Wald;
all das ist mir in Erinnerung, aber nicht mehr in welcher Reihenfolge.
Irgendwann läuft man dann wieder der Mauer entlang, wo man sehr weit
nach vorne sieht, weil es leicht bergab geht. Ich erkenne ca. 10 Läufer
in einem respektablen Abstand und bin mir sicher, die noch einholen zu
können. Ich schaue nun laufend auf den Pulsmesser und zwinge mich, nicht
über 175 zu laufen, mich nicht so zu treiben. Ich habe das Gefühl, bei
diesem Tempo ewig weiterlaufen zu können. Und dabei immer die
Gewissheit: alle, die ich jetzt sehen kann, werde ich heute noch
schaffen.

Dann erreiche ich die Wittgensteinstrasse, ich überhole wieder 2 Läufer
beim Bergablaufen und danach läuft man kurz durch eine Siedlung. Da
wird's verdammt heiß, der Beton und der Asphalt strahlen die Wärme um
die Wette ab, die Sonne brennt herunter. Ich sehen niemanden vor mir und
muss nun doch kurz die Zähne zusammenbeißen. Danach geht's steil bergab
zum Hydranten auf der Höhe des Lainzer Tors (?), wo die nächste
Verpflegungsstelle ist. Und wieder schnupfe ich einen Läufer. Beim
Trinken das selbe Ritual: ich bleibe kurz stehen: 1 Becher Iso, 1 Becher
Wasser, einer über den Kopf. Und mit frischer Kraft weiter. Durch mein
Stehenbleiben überholen mich die drei, die ich vorher überholt habe
wieder, aber ich kann sie sofort mühelos wieder stehen lassen.

Jetzt geht's - so weit ich mich erinnern kann - hauptsächlich bergab,
mit einer Ausnahme, nämlich der heftigsten Steigung des ganzen Laufes
beim Adolfstor. Ich bin nun wieder ein bisschen klarer im Kopf, dieser
Trancezustand weicht der Ungewissheit, ob ich das Tempo halten kann. Mir
fällt immer wieder die Geschichte von Constanze Wagner ein, die ich vor
zwei Wochen gelesen habe: sie hat bei den 100km von Biel 2002 bis km
96,5 geführt und im Ziel über eine halbe Stunde (!) Rückstand gehabt,
die letzten km mit ganz unglaublichen km-Zeiten. Was hilft es 97% ganz
toll zu laufen, wenn man es nicht ins Ziel bringt? So zwinge ich mich
konstant zwischen 170 und 175 Puls zu bleiben. Schließlich kommt die
letzte Versorgungsstelle: selbes Ritual, ich plaudere kurz mit dem
Betreuer dort: er meint, es seien nur noch 3km, ein Spaziergang. Ich
sage noch, dass ich mir die Hitze noch viel schlimmer vorgestellt hätte,
als ich sie tatsächlich empfinde und mir ginge es gut. Danach die
letzte, wirklich heftige Steigung. Ich gehe ;-) Ganz cool 175 Puls. Der
Läufer, den ich kurz vor der Verpflegung überholt habe und auch schnell
einen ordentlichen Abstand zwischen uns gebracht habe, wittert seine
Chance; er trinkt offensichtlich nur kurz und läuft die Steigung. Ich
höre ihn immer lauter heranschnaufen, und als die Steigung nachlässt,
kann er wohl nur mehr einen Schritt hinter mir gewesen sein, ich spüre
seinen Atem im Nacken. Und genau, als er zum Überholen ansetzte, beginne
ich wieder zu laufen: "ausgeruht" vom Gehen, er komplett ausgepumpt.
Innerhalb von 10 Metern lasse ich ihn stehen. Ich habe ihn dann nicht
mehr gesehen. Ich gebe ja zu, das *war* fies, umgekehrt hat's irrsinnig
Spaß gemacht >:->

Weiter geht's und ich beginne mich auf das nächste Stück einzustellen:
sehr steiles Bergab mit unendlich vielen Pflastersteinstufen hinunter
nach Hütteldorf (Winfried erkundigt sich nach dem Rennen bei Mischa, der
die schon einmal mitgezählt hat; dieser behauptet 400 Stufen - ich
hoffe, das habe ich richtig in Erinnerung). Ich bin auf einen weiteren
Läufer aufgelaufen, und versuche, mich am Geländer anhaltend, 2 Stufen
auf einmal zu nehmen; nachdem ich bei der 3. gefährlich strauchle, komme
ich davon ab. Mein neuer Gefährte gibt mir den Tipp, mich vom Geländer
wegzudrehen und so schräg versetzt 2 Stufen auf einmal zu probieren.
Damit ist es mit der Schrittlänge nicht so genau, weil man nach vorne
Spielraum hat. Und siehe da, *das* schaffe ich auch ;-) Ich bedanke mich
herzlich dafür. Unten angekommen bin ich dann schneller und er wünscht
mir noch viel Glück. Danach habe das bald das Nikolaitor passiert und es
beginnen die letzten beiden km. Ich beschließe nun leicht das Tempo zu
steigern; Puls 180, 185. Kurz vor dem Umspannwerk dann 2 Läufer: einer
kämpft und beißt, der andere treibt ihn an. Ich versichere beiden, dass
es sich noch für Sub 2 ausgehen kann und versuche ihn aufzumuntern. Ich sage
ihm, dass er die letzten Meter nun schafft, er soll zusammenbeißen, und
daran denken wie geil es sein muss, noch unter 2h zu finishen; er soll
sich anhängen. Und siehe da: trotz unmenschlicher Laute, die er von sich
gibt, gelingt es ihm, er wird dann im Ziel nur 10 Sekunden hinter mir
sein! Eine Leistung, vor der ich tiefen Respekt habe; ich glaube nicht,
dass ich mich in diesem Zustand noch so quälen könnte. Ich ziehe weiter
an: Puls 190 und ich komme in meinen 100% Bereich von 194. Das beginnt aber nun
wirklich zu beißen: kurz vor dem Ziel ist eine leichte Steigung, die in
der prallen Sonne liegt: hier überwinde ich mich noch einmal. Am Ende der
Steigung plötzlich der Blick aufs Hotel: vielleicht noch 100m zur
Ziellinie. Jetzt lasse ich auch nicht mehr nach! Durchs Ziel: kurzer
Blick auf meine Uhr: eine niedere 1:59. Ich falle unter einem Baum in
den Schatten und bleibe ein paar Minuten liegen, um zu Atem zu kommen.
Ute erklärt mir, dass das mit dem Zieleinlauffoto nichts geworden ist,
weil ich die Batterien in meiner Kamera leer waren und ich vergessen
hatte, neue zu kaufen... Aber egal, nach ein paar Minuten gehe ich zur
Verpflegung, trinke ein paar Becher; es gibt Bananen und Kuchen, die
Stimmung ist fein. Ich sehe kurz Winfried, der mit seiner Zeit überhaupt
nicht zufrieden ist, weil er um 6 Minuten langsamer war als im Vorjahr.
Ich beschließe, mich dann wieder zum Zieleinlauf in den Schatten zu
setzen und die nun Eintreffenden mit Applaus zu empfangen. Alle, die das
heute bei diesem Temperaturen gelaufen sind, haben eine tolle Leistung
erbracht. Irgendwann ziehe ich meine Laufsachen aus, dusche kurz und
springe dann in den Hotelpool. Hmmmmm...... Kurzes Trockenen in der Sonne
und dann kommt Winfried mit dem Vorschlag, ein Bier zu trinken. Wir
sitzen dann im Schatten beisammen und plaudern bis die Siegerehrung
beginnt. Der Sieger hat in 1:34 gewonnen. Eine Leistung, die ich mir
einfach nicht vorstellen kann. Wahnsinn!

Ich bin gesamt 19. geworden in 1:59:04 von 151 Finishern; in meiner
Altersklasse M30 7. Winfried ist in 1:51:38 gesamt 9. und in seiner
Altersklasse M20 4. geworden. Herzliche Gratulation!

Ich bin glücklich, komplett auf Endorphin und angenehm müde, so kommt es
mir nicht in den Sinn, mich bei Winfried entsprechen zu bedanken:
erstens für den Trainingslauf vor 2 Wochen und zweitens für die vielen
wertvollen Tipps, die er mir gegeben hat. Die haben mir mit Sicherheit
einige bittere Erfahrungen erspart. Danke vielmals dafür! Ich habe bei
diesem Rennen sehr viel gelernt und einige wichtige Erkenntnisse mitgenommen.
Der Tag klingt dann nach einer angenehmen Dusche zu Hause in einem
feinen Biergarten mit gegrilltem Schopf und natürlich ordentlich
Carboloading aus. Ein Tichyeis darf natürlich zum Abschluss
auch nicht fehlen.

Ergebnisse gibt es unter: http://www.runnersworld.at/rw2003/ergebnisse/Erg.lainz03.pdf
Fotos unter: http://www.lcwienerwaldsee.at/neuigkeiten/lainz03g/album.htm

Zum Abschluss möchte ich noch ein paar Anmerkungen zu diesem Bericht
loswerden: ich habe ihn zum größten Teil noch am Montag geschrieben
unter dem Eindruck des Laufes. Das Hochgefühl vom Lauf hat mich nahezu
die ganze Woche nicht losgelassen. Allerdings hatte ich nach dem ersten
Durchlesen einige Bedenken und so habe ich ihn 4 Tage liegengelassen, um
ihn heute nochmals durchzulesen und zu schauen, wie er nun auf mich
wirkt: ich habe ihn nicht geschrieben, um mich selbst zu beweihräuchern,
oder herauszukehren, was ich für ein Kerl bin. Ich habe während des
Laufens so empfunden und es war ein sehr starkes Gefühl, ein Erlebnis,
das einen intensiven Eindruck bei mir hinterlassen hat. Ich laufe nun
seit 14 Monaten nach über 10-jährigem Nichtstun und erbringe für mich
Leistungen, die ich vorher niemals für möglich gehalten hätte. In diesem
vergangebnen Jahr hat mir das Laufen in einer schwierigen Zeit weiter
geholfen; es hat mir Selbstwertgefühl und Selbstbestätigung gegeben.
Ohne Laufen wäre es für mich mit Sicherheit sehr viel schwieriger
geworden. Der Bericht dokumentiert meine Gedanken und Empfindungen
dabei: vielleicht fühlt sich der eine oder andere Leser davon
angesprochen und fasst das Laufen als Bereicherung ins Auge. Und nein,
ich will damit nicht missionieren. Laufen ist einfach grandios ;-)

Und zu meinen Zielen, meinen ersten Marathon im Herbst zu laufen und
nächstes Jahr mit 40 einen sub3 Marathon zu laufen hat sich nun ein
weiteres gesellt: ich möchte auf Winfried auch nur 8 Minuten verlieren,
wenn er in Topform ist ;-)


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=131


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