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Bericht

Name des Laufes:Sparkassenmarathon 2005
mehr zum Lauf: VID2649
Datum des Laufes:17.9.2005 (Sat)
Ort:Minden-Lübbecke
Plz:D3
Homepage:http://www.sparkassenmarathon2005.de/
Strecken:M, HM, 10k
Beschaffenheit:Asphalt, Schotter, Waldwirtschaftswege
Profil:eben
Wetter:10° - 14°C, sonnig, kaum Wind
Teilnehmer:200 (Marathon)
Name des Berichtenden:Jochen Förster
(Autor-LID zuordnen: Login und [Edit])

Bericht vom 22.9.2005 (Thu)
So, jetzt war es also soweit: Ich stand am Start meines ersten Marathons, nervös, nicht warmgelaufen und meine Laufkameraden waren auch nirgends zu sehen. Dabei war das Starterfeld mit knapp 200 LäuferInnen (137m, 35w, 25Gäste) eigentlich recht übersichtlich. Aber irgendwie werden die Unterdistanzen 10km und HM in der Sparkassenorganistaion mehr geschätzt. Naja, wer investiert heute noch langfristig, sind halt fast alle auf den schnellen Return on investment aus :-) Ich hingegen hatte zu diesem Zeitpunkt 2 ? Jahre mehr oder minder planvolles Training hinter mir und hatte die letzten 12 Wochen nach einem modifizierten Steffny/Pramann-Trainingsplan für 3:30h absolviert. Meine Wettkampferfahrung reichte mittlerweile bis 25km@1:58 und Daniels prophezeite mir ein Potential von 3:30. Korrigiert um den Anfängermalus, hatte ich mir einen Zielkorridor von 3:40-3:45 vorgenommen, also einen Schnitt von 5:15min/km.

Für die weite Anfahrt am Freitag hatte ich mich der Bahn anvertraut, die zwar nicht ganz so ehrgeizige Zeitziele wie ich verfolgte, aber heute ihrerseits im selbstgesteckten Zeitrahmen blieb. Die 20 Minuten vom Bahnhof zu unserer Unterkunft war ich dann zu Fuß gegangen, somit hatte ich die letzte lockere Trainingseinheit vor dem WK auch gleich erledigt. Das Alte Forsthaus in Bückeburg war leider nicht halb so romantisch wie der Name versprach, und wir alle wunderten uns, wie das Haus noch im Januar 2005 zu seinen 4 Sternen gekommen war. Aber nach der Nudelparty im großen Zelt auf Kanzlers Weide (hat wohl nix mit Gerhard zu tun) tat es auch mein funktional eingerichtetes Kämmerchen, und nach peniblem Ausrüstungscheck war ich brav um 22:00h in der Heia. Schließlich sollte mein Körper ja morgen fit sein für die größte Strapaze seines Lebens.

Um 4:20h also raus aus den Federn, trotz Dunkelheit aufgestanden und ? momentmal, 4:20h? Was soll das denn? Ist doch viel zu früh! Also nochmal umdrehen und weiterschlafen. 5:30h: Jetzt aber! Rein in die bereitgelegten Klamotten, karges Frühstück (1 Tasse Kaffee und ein Weißmehlbrötchen mit Honig) vertilgt und dann ab in den Bus, der uns zum Start bringen soll. Das täte unser Fahrer dann auch wirklich gerne, aber der Plan scheitert leider erstmal an den Straßensperren, die die eifrigen Helfer von der Stadt schon um 7:30h aufgestellt haben und nicht erst um 8:00h, wie angekündigt :-( 12 Wochen intensives Training, 5 ? h Zugfahrt und dann an so einer Lappalie scheitern? Nix da ? getreu dem Motto unserer Konkurrenz machen wir den Weg frei und rücken hinter unserem Bus die Pylonen wieder zurecht. Bis zum Start gab es dann keine nennenswerten Hindernisse mehr zu überwinden, wenn man mal davon absieht, daß [VWKGJ] uns diese Aktion wertvolle Zeit gekostet hatte, die uns 3 Marathonis vom Warmlaufen abgehen würde. Außerdem trödelte unsere Truppe (Halbmarathonis, 10er und der Tross) auf dem Weg zum Stadion und bei der Errichtung des Basislagers für meinen Geschmack viel zu sehr, so daß ich irgendwann entnervt den Trainingsanzug ablegte und mich alleine warmlief und schließlich um 8:12h meine Startaufstellung einzunehmen. Die Sonne gab ihr Bestes, um uns etwas zu wärmen, aber es war schon ziemlich frisch, 10°C schätze ich mal. Außerdem blendete mich die tiefstehende Sonne, und mir fiel ein, daß ich an so ziemlich alles gedacht hatte, aber keine Sonnenbrille dabei hatte. O.k., schon wieder Gewicht gespart :-) Der übliche Countdown lief, bei ?Null? rannten wir los, und bereits 10 Sekunden später hatte die Bürgermeisterin den Abzug gefunden und gab den Startschuß. Bloß gut, daß man ihr nicht den Knopf für den Mika-Computer anvertraut hatte... [/VWKGJ]

Und so lief ich den ersten Kilometer meines ersten Marathons, oberflächlich sicher etwas nervös, aber irgendwo in mir drinnen hatte ich das sichere Gefühl, mich vernünftig vorbereitet zu haben. Natürlich war ich auf den ersten Kilometern mit 4:44 und 4:59 schon zu schnell unterwegs, aber irgendwie muß man die Maschine ja erst mal auf Touren bringen. Wir laufen also südwärts die Weser entlang, immer das eindrucksvolle Kaiser-Wilhelm-Denkmal im Blick. Zwei Läufer vor mir halten Geschichtsunterricht ? irgendwelche Schlachten mit den Franzosen - und ich folge den beiden nach meiner erprobten Devise, wer Luft zum Quatschen übrig hat, ist ein erfahrener Läufer und taugt als Zugpferd. Leider sind die beiden aber etwas zu schnell für meinen angestrebten Schnitt. Und da ich mich eh schon zurückhalten muß um nicht zu überpacen, lasse ich die beiden schweren Herzens davonziehen. Schade, jetzt muß ich doch selber nachschlagen, was es mit dem Denkmal auf sich hat.

Mittlerweile hatte ich mich diszipliniert auf ein Tempo zwischen 5:00 und 5:10 gedrosselt und dabei neue Gesellschaft gefunden: Eine Läuferin und ein Läufer in Trikots eines anderen großen Sparkassen-IT-Dienstleiters begleiteten mich die nächsten Kilometer. Er suchte immer mal wieder Anschluß an eine schnellere Gruppe, war aber beim nächsten Verpflegungsstand treu wieder bei uns. Sie war Bergläuferin und nahm mir bei jeder Brückenrampe einige Meter ab, die ich aber ohne Mühe wieder gutmachen konnte. Mittlerweile war auch die Sonne etwas kräftiger geworden und ich zwang ich, regelmäßig etwas Wasser zu trinken und mir den Rest über den Kopf zu kippen. Die 10km hatte ich bei 50:29 erreicht, eigentlich 2 Minuten zu schnell, aber ich wollte mich nicht noch weiter bremsen und fand mich einfach damit ab, so schnell zu sein. Noch schlimmer wurde es allerdings, als kurz darauf die frischen Halbmarathonis auf unsere Strecke trafen und uns gehörig aus dem Tritt brachten. Ich glaube, kein anderer Abschnitt des Laufes kostete mich mehr Disziplin als hier, wo ich die vielen ?Kurzstreckler? an mir vorbeiziehen ließ. Für Abwechslung sorgte auf den nächsten Kilometern auch die Brücke des Mittellandkanals über die Weser. Das muß man sich mal vorstellen: Die leiten da einen (künstlichen) Fluß ein paar Meter über einen anderen wie anderswo eine Landstraße über die Autobahn. Bin mal gespannt, wann die das zum Kreisverkehr umbauen :-) Irgendwo bei km15 mußten die Halbmarathonis dann schon wieder umkehren und wir hatten die Strecke wieder für uns. Schon merkwürdig, wie sich bei so einem Lauf die Maßstäbe ändern. Jetzt wurde es richtig einsam, vor allem, da ich meine IT-Konkurrenz auch hinter mir gelassen hatte. Spätestens ab km 17 lief ich mein eigenes Rennen und hatte auch kaum Erfolgserlebnisse durchs Überholen. Als es dann ab km 18 in die langen Waldpassagen ging, wurde mir schon etwas mulmig. Vor mir kein Läufer zu sehen, rückwärts schauen wollte ich nicht, nur an jeder Kreuzung ein Streckenposten oder DRKler. Um nicht ganz zu vereinsamen begann ich, jeden Streckenposten freundlich zu grüßen. Nach ein paar Anläufen hatte ich es auch kapiert und mein ?Grüß Gott!? gegen ein ortskompatibles ?Morgen!? eingetauscht. Mittlerweile hatte ich auch keine Probleme mehr, meinen ursprünglich angepeilten 5:15er Schnitt zu laufen und fasste als neues Ziel, diesen Schnitt für den Rest des Laufes zu halten. Der Puls stieg langsam von 82% auf 85%, alles im Rahmen also. Die ewiglangen schattigen Waldpassagen wären für ein Hitzerennen sicherlich optimal gewesen, an einem kühlen Spätsommertag wie heute freute ich mich aber über jede Lichtung und Rückkehr ins Helle. Kalter Schweiß lag unangenehm im Nacken, der Förster begann den Wald zu hassen...

Den HM hatte ich bei 1:48, also immer noch mit 2 Minuten Vorsprung gegenüber dem Plan. An die kommenden Kilometer habe ich wenig Erinnerungen, ich lief einfach, kontrollierte jeden Kilometer meine Zeit und nahm an jedem Verpflegungsstand ein Glas Wasser, je zur Hälfte als innere und äußere Anwendung. Bei km25 gönnte ich mir ein Bananenstück, die einzige fest Nahrung während des ganzen Laufs. Das wäre mir fast aus der Hand geglitscht, aber der Streckenposten kannte das Problem wohl und lief mit dem Tablett neben mir her, bis ich die verdammte Südfrucht endlich unter Kontrolle hatte. Spitze Service! Ab hier betrat ich ja auch wettkämpferisches Neuland, weiter war ich noch nie auf Zeit gelaufen. Und jetzt hatte ich auch endlich die große Waldschleife hinter mir und lief wieder am Kanal entlang diesmal westwärts. Es ging heimwärts! Die Sonne wärmte mich jetzt wieder und blendete gleichzeitig durch die Reflexionen auf dem Wasser. Gibt es eigentlich ein optimales Marathonwetter? Ohne ernsthafte Schwierigkeiten passierte ich die 30km, 3 Minuten unter meiner errechneten Durchgangszeit. Bei km32 hatte ich nun endgültig meine Trainingsleistungen hinter mir gelassen ? weiter war ich noch am Stück gelaufen. Bei km35 hielt ich Ausschau nach dem Mann mit dem Hammer ? nichts zu sehen. km36, km37 ? der Kerl machte heute wohl blau? Irgendwo zwischen km37 und km38 machte es Klick in meinem Gehirn und ich war mir plötzlich ganz sicher, daß ich meinen ersten Marathon ohne größeren Einbruch durchstehen würde. Ich schloß die Augen und träumte vom Zieleinlauf. Als ich die Augen wieder öffnete, stand in großen Lettern ?TANJA? vor mir, der Name meiner Frau. Schnell schloß ich die Augen wieder, kniff mich um die Halluzination loszuwerden, und Augenwiederauf: immer noch TANJA, diesmal sogar noch größer. Allerdings hing an den Buchstaben hintendran diesesmal ein großes Frachtschiff, das ich beim ersten Blick wohl übersehen haben mußte. Netter Gruß von meiner Frau, freute ich mich. 2 Kilometer wollte ich noch mein derzeitiges Tempo halten, das jetzt schonmal in Richtung 5:25 rutschte, und mich dann auf den letzten 2km noch richtig schön verausgaben. Da vorne ein Schild: ?Letzte Steigung vor dem Ziel!?. War natürlich gelogen ? es war der letzte ANstieg, später ging es wieder ein paar Meter runter, was nach 40km mindestens genauso übel ist. Der letzte Getränkestand. Ein Helfer: ?Iso oder Wasser? In 2 Kilometern gibt es dann Bier!? Ich: ?Ne danke, mach mir schonmal ein Bier fertig.? Die DRKlerin fands klasse: ?Mensch, der ist ja noch richtig fröhlich!?. Ja, in der völligen Gewissheit, daß ich es schaffen würde, fluteten da wohl ein paar lustige Hormone meinen Kreislauf und ich schaltete von Fett- auf Endorphinverbrennung um. Ich gab Gas, verschliss noch 3 oder 4 Zugpferdchen, ließ mich von den entegenkommenden (auslaufenden HM-?) Läufern anfeuern und bog ins Stadion ein. Der federnde Boden beschleunigte meinen Schritt nochmals und ich flog bei selbstgestoppten 3:38:00h ins Ziel. Waaahnsinn!

Das vorLÄUFIGE amtliche Endergebnis:
- offizielle Nettozeit 3:37:58h
- 62. von 137 gesamt, 10. von 24 M35, also beides Mal in der vorderen Hälfte.
Damit hatte ich Joschkas Einstand um 3 Prozent - äh: Minuten unterboten, aber das ist natürlich ein unfairer Vergleich: Er hatte ja nur Steffny als Trainer, ich hingegen Steffny&Pramann.
Fotos unter http://www.foto-team-mueller.de/ (Startnummer 194)

[NWKS = Nachwettkampfspaß]
Auf dem Bahnhof Hannover wollte ich endlich meinen Kalorienverlust ausgleichen und nach wochenlanger gesunder Ernährung schwebte mir hier ganz konkret ein Produkt der Marke Bürgerkönig vor. ?Mit Käse?? ? ?Klar doch?. Ich packte den Doppelwhopper ein und stieg in den ICE heimwärts. In einem 6er-Abteil fand ich glücklicherweise noch einen Sitzplatz zwischen einem Geschäftsmann mit Laptop und einer braven Familie (Vati, Mutti sowie Sohnemann mit MP3-Player). Anfangs herrschte eine etwas steife Stimmung unter den Mitreisenden. Das sollte sich aber schlagartig ändern, als ich anfing mein Mittagessen zu zelebrieren. Die doppelte Papierverpackung knisterte aufdringlich beim Auspacken und das Teil roch einfach nur lecker. Nach ein paar genießerischen Bissen war dann auch der ästhetische Part der Mahlzeit zu Ende und die Sauerei begann: Knisterknister, beiß, schlürfschmatz, zwiebelrunterrutsch, matschigesessensbestandteil-mitdenfingernindenmajoverziertenmund... Mein Publikum war peinlich berührt, blickte betreten aus dem Fenster und mir schmeckte jeder Bissen besser als der vorherige. Dann hielt es der Geschäftsmann nicht mehr aus, klappte seinen Laptop zu und ? holte eine Brotbox mit einem furchtbar gesund aussehenden belegten Brot aus seiner Tasche. Ich nickte ihm aufmunternd zu, jetzt waren wir zu zweit. Keine Minute später holte Mutti ein trockenes Körnerbrötchen aus ihrem Rucksack ? ein lächelnd entschuldigender Blick in meine Richtung ?Essen steckt einfach an? und wir kauten zu dritt. Bahnfahren macht Laune. [/NWKS]


Diese Seite ist zu erreichen unter www.kmspiel.de/?bericht=1192


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